Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
320. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 August 27
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Osnabrück 1646 August 27
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 45–45’, 72 = Druckvorlage – Kopie: KHA A 4 nr. 1628/
40 unfol.; Giessen 207 nr. 252 S. 950–951.
Übergabe der protestantischen Gegen-Erklärung vom 24. August 1646 auf die kaiserlichen
Weiteren und endtlichen Compositionsvorschläge vom 12. Juli 1646 zu den Religions-
gravima ; Differenzen wegen Gerichtsbarkeit. Kurbrandenburg: Keine Abtretung ganz Pom-
merns .
Verschienenen freytag, den 24. dieses, haben unß die protestirende reichs-
ständte ire gegenerclehrung auf iüngste der catholischen stendte intitulirte
endtliche erclehrung in puncto gravaminum außgeantwortet, dhavon ab-
schrifft hiebeykhombt, und ist auß beyverwahrtem prothocollo zu ersehen,
waß darbey ferners erinnert worden.
Waß in bemelter außgeantworteten schrifft wegen der dreyen dicasteriorum
eingeführt, solchs vernhemmen wir, daß von niemandt eifriger alß von dem
Braunschweig Lüneburgischen Hanoverischentheils, dem Dr. Lampadio, ge-
trieben werde, und wiewol man demselben repraesentirt, daß dardurch eine
dismembratio Imperii wölle eingeführt und das Reich gleichsamb in drey
theile getheilt werden, so hats doch bey demselben nit verfangen wöllen, son-
dern seine opinion gleichsamb tumultuarie behaubtet. Der Churbrandeburgi-
scher gesandter graff von Witgenstein hat unß noch gestern gesagt, daß er
sich ob dieses Lampadii procedere verwundere, der habe noch unlengst von
seinem gnädigsten hern eine starcke reprimenda bekommen und khere sich
dannoch gleichwol daran gar nichts.
Der freyherr von Löwen ist vorgestern wider alhie angelangt, haben densel-
ben heüd heimbgesucht, pringt haubtsachlich das mit, daß die churfürstliche
durchlauchtt zu Brandeburg gantz Pommern nit zurucklaßen wöllen, es
khomme daraus, waß wölle. Wirdt unß morgen oder ubermorgen revisitirn
und wir alßdan von deßen instruction waß mehr zu erfahren gelegenheit
haben.
Beilage [ 1 ] zu nr. 320
Protokoll, [ Osnabrück ] 1646 August 24. Kopie: RK FrA Fasz. 51a fol. 46–48’; ebenda fol.
50–53; ebenda Fasz. 91 II fol. 187–189’; KHA A 4 nr. 1628/40 unfol.; Giessen 207 nr. 253
S. 952–957.
Freytags, den 24. Augusti 1646, haben bey unß die protestirende reichsständte durch ihre
deputirte, die fürstlich Sachßen Altenburg- und Weymarische, Braunschweig Lüneburgische
und Heßen Caßlische, auch gräffliche Wetterawische
Ges. des Wetterauer Gf.envereins auf dem WFK 1645 August-1647 September waren Dr.
Johann Geissel (gest. 1650) und Dr. Jost Heinrich Heidfeldt (Lebensdaten und -umstände
konnten nicht ermittelt werden) ( Geisel , 81f.; Schmidt , Wetterauer Grafenverein, 67
Anm. 32, 456; Wolff , 214; Walther , 244, 280).
Ges. der Reichsstadt Straßburg auf dem WFK 1645–1649 war Dr. Markus Otto
(1600–1674), zugleich Direktor des Osnabrücker SR und Ges. der Städte Landau, Speyer und
Weißenburg im Elsaß sowie des Gf.en Johann Kasimir von Salm. Er war ein Vetter des Ges.
der Reichsstadt Ulm, Dr. Sebastian Otto, befand sich seit 1630 in straßburgischen Diensten,
seit 1635 war er diplomatisch tätig ( ADB XXV, 787ff. ; Katterfeld , 7; APW III A 6,
XXXVIIf; Wolff , 215).
und Nürrenberg gesandten und abgeordtnete ire gegenerclehrung in puncto gravaminum
auf jüngste der catholischen stendte intitulirte endtliche erclehrung außgeantwortet mit er-
pieten , dhafern selbe erclehrung denen catholischen stendten in ein oder anderm punct waß
dunckel oder beschwehrlich fürkommen möegte, dieselbe ferners zu erleütern und sich bey
künftiger mündtlichen conferentz also zu bezeigen, daß man ihr friedfertigs gemüth in der
that verspühren solte.
Petunt 1., die catholische ständte dhahin zu vermöegen, dhamit dieselbe ihre deputatos för-
derlichst wieder anhero abordtnen und der handlung biß zu volligen schluß abwarten laßen
wollen, 2. mit denen Schweedischen abgesandten daraus zu communicirn und diese sach zu
völliger richtigkeit zu befordern. 3. Erclehren sich auf dasjenig, waß ihnen iüngsthin durch
unß wegen der Schweedischen abgesandten geführten discurs , ob sölte selbiger cron ar-
mada noch auf gegenwertiche stundt in dienst, auch aydt und pflichten der protestirenden
ständt stehen, per negativam dhahin, daß selbe Schweedische armada niemaln in einigs pro-
testirenden standts dienst noch aydt oder pflichten genhommen worden, also könten sich
auch nit dhazu bekhennen, daß selbe armada ihnen derzeit verpflichtet seie, ließen der
Schweedischen gesandten geführten discurs an seinen orth gestelt sein, gebühre ihnen nit,
dern worte außzulagen. 4. Intercedirn für Wirtenberg wegen der drey ambter Blabeüren,
Achalm und Hohenstaufen, dhamit dieselbe selbigen hertzogen nit möegten entzogen wer-
den . Item intercediern vor die statt Lindaw, daß die guarnison aldha post conclusam pacem
wieder müege abgeführt und selbige stadt in vorigen standt und freyheit gesetzt werden.
Responsum ad primum, daß wir unß in der ubergebener schrifft ersehen, dieselbe irer exzel-
lentz , herrn graven von Trautmansdorff, alß principal Kayserlichen abgesandten bey eignem
botten einschicken und darbey von den protestirenden stendten begehren wegen der catho-
lischen stendten deputation anhero gebührlich erinnern wolten; ire exzellentz würden nit
unterlaßen, denen catholischen stendten von ein und anderm communication zu thuen.
Waß aber das andere petitum anlangt, daß wir uber diese gravamina mit denen Schweedi-
schen gesandten handlen und dies werck vergleichen solten, dha wüsten wir nit, wie solchs
begehren zu verstehen, erinnerten unß noch zwar gutermaßen, daß bemelte Schweedische
gesandten hiebevorn ersucht worden, bey denen protestirenden stendten ire officia einzu-
wenden , umb dieselbe zu milterer erclehrung zu disponirn, weiln die Kayserlichen gesand-
ten damahls desgleichen bey denen catholischen stendten zu thun ubernhommen, auch ge-
thaen hetten, und würde das werck gewißlich so weith nit gebracht sein, wan sich die Kay-
serliche gesandten nit so eiffrig pacis publicae causa dieses wercks angenhommen und bey
denen catholischen stendten interponirt hetten. Daß man aber materiam ipsam denen
Schweedischen untergeben oder sich mit denselben darüber in tractat einlaßen und verglei-
chen sölte, dha gedeüchte unß, daß man zu weith gehen würdte; dan erstlich denen Kaißer-
lichen gesandten ein solcher gewaldt von den catholischen stendten nit eingeraumbt wor-
den ; zudeme so seie dieses eine lautere reichssach, so zwischen denen stendten zu verglei-
chen , dha würde es sich nit wol thun laßen, die außwertige cronen ohne beider interessirten
theile belieben pro interpositoribus hineinzuziehen. Drittens, so gebe es die erfahrenheit,
daß die außwertige cronen zu dergleichen vergleich und einigkeit der stendte khein groß
verlangen tragen, würde also eine solche interpositio gefehrlich und nit ohne nachdencken
sein.
Waß die erclehrung uber den andern punct der Schweedischen abgesandten geführten dis-
curs betreffend anlangen thue, dha habe es dhamit seine richtigkeit, ubrige puncta wölten
wir ad referendum annhemben.
Illi bedancken sich wegen beschehener erclehrung. Soviel aber die communication mit den
Schweedischen anlange, dha hielten sie dieselbe fur hochnötig, alß ohne welche auß der
sachen nit würde zu kommen sein. Es hetten einmahl die catholischen stende denen Kayser-
lichen , die protestirende aber denen Schweedischen gesandten die gravamina zu vergleichen
anheimbgestellt, und wehren sie deßen, soviel die catholische anlangt, von des herrn graven
von Trautmansdorff exzellentz selbst berichtet worden; dhabey müste es sein bewenden
haben und nichts darin geendert werden.
Nos: Könten unß nit entsinnen, daß wir solchs iemaln von ir exzellentz, herrn graven von
Trautmansdorff, gehört hetten, wölten unß darüber erkhündigen.
Illi acquiescunt nostrae responsionis, caßirn aber benebens ire jüngst ubergebene designa-
tion uber die ein und anderntheils inhabende immediatreichsstiffter und -clöster, quam di-
cunt esse erroneam et inadvertenter exhibitam, protestirn, daß dieselbe wieder sie zu ewigen
zeiten nit solle allegirt werden.
Beilage [ 2 ] zu nr. 320
Gegen-Erklärung der protestantischen Reichsstände (22 Punkte) auf die kaiserlichen Weiteren
und endtlichen Compositionsvorschläge in puncto gravaminum vom 12. Juli 1646, s. l.
1646 August 14/24. Kopie: RK FrA Fasz. 51a fol. 56–69; ebenda Fasz. 96 VI fol. 292–305’;
StK FrA Ka. 2 WF XXXV fol. 63–75’; GehStReg Rep. N Fasz. 69 pars 2 nr. 8 – Druck:
Meiern III, 330–340.