Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
306. [Trauttmansdorff], Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 August 17
Münster 1646 August 17
Kopie: KHA A 4 nr. 1628/40 unfol. = Druckvorlage; Giessen 207 nr. 239 S. 901–908 –
Konzept: RK FrA Fasz. 92 X nr. 1396 fol. 169–171.
Konferenz der protestantischen Gesandten über die Religionsgravamina. Gespräch mit d’Avaux:
Frieden mit Spanien, Abreise Trauttmansdorffs bei ergebnislosen Verhandlungen. Spanische Ge-
sandte zu weiteren Verhandlungen. Kurbayerisches Drängen auf Behandlung der Pfalzfrage in
den Reichskollegien.
Ewer Kayserlicher Majestätt wissen wir bey dieser ordinari in gehorsambster
underthänigkheit ein mehrers nitt zu berichten, alß daß die protestirende
nunmehr ihre verahnlaste conferentz in puncto gravaminum ins werck zu
setzen vorgenommen und die alhiesige gestrigen tags nach Lengerich abge-
reist sein, daher wir erachten, sie mitt ihrer gegenerclehrung nechster tagen
bey unß einkommen möchten.
Sodan sollen wir auch unverhalten lassen, daß der Französische plenipoten-
tiarius conte d’Avaux vorgestern, mittwochs [ 15. August ], mich, graffen von
Nassau, besucht und neben abgelegten complimenti auch von diesen tracta-
ten , daß dieselben allerdings steckenpleiben theten, zu discurriren angefan-
gen . Unter andern vermeldet, er sehe wol, daß Ewer Kayserliche Mayestät die
Spanische tractaten nitt wolten von dem Teutschen weesen separiren lassen,
könte deroselben auch umb soviel nitt unrecht geben und müste bekennen,
daß der universalfriede ohne Spania nitt zu erheben. Eß hielten sich aber die
Espanische ministri selbst darmitt auff, dan obwohl die mediatores zwar, aber
gleichsamb vor sich selbst und ohne habenden befelch, sodan hernach die
Hollendische gesandten auff der Spanischen begeren bey ihnen, Französi-
schen plenipotentiariis, anregung gethan, daß sie der cron Franckreich alles,
waß sie in den Niderlanden biß daher eingenommen, und die graffschafft
Rossiglion, auch, wie der Hollendischen gesandten anbringen gelautet, die
vestung und merhaffen Rosas überlassen, zumahln mitt Catalonia einen an-
standt auff drey jahr lang eingehen wolten, so were doch solches nit in forma
debita geschehen, daß darauff weiter hette gehandlet werden können. Er ver-
meinte , wan man in allerseits auß dem handel kommen wolt, so würde eine
notturfft sein, daß die Kayserlichen, Spanisch und Frantzösische plenipoten-
tiarii ieder theil seine endtliche conditiones und oblationes, worauff man se-
mel pro semper den frieden zu schließen gedächte, heraußgeben und darauff
zu endtlichen abhandlung tretten solten. Vermeldet dabey, wan man mitt der
cron Franckreich der satisfaction halber verglichen, so wurde es der Pfaltzi-
schen sach und gravaminum wegen kein weiter difficultet haben, sondern sie
solches alles zu manuteniren wissen.
Darauff ich ihme geantwortet, wir hetten selbst nitt geringen verdruß, daß
alle handlung solchergestaldt ins stecken gerathen, eß were aber die schuldt
nitt bey unß oder den Spanischen, sondern bey ihnen, Frantzosen, alß die
sich mitt denen bißher beschehenen anerpietungen nitt vergnügen wollen.
Unsererseithen hette man alles gethan, waß man auffs allereüßerist nachzu-
geben entschlossen, derentwegen es nunmehr dahin kommen, daß nechster
tagen herr graff von Trautmansdorff von hier und widerumb ahn Ewer Kay-
serlicher Majestätt hoff verreißen werde.
Uber diese redt hatt er sich in etwas bestürzt erzeigt mit vermelden, dießes
würde nitt gutt sein. Doch sagt er paldt darauff, wann der duca di Longavilla
und gedachter herr obristhoffmeister schon von hier abreisten, so würden
doch ubrige gesandtschafften allhie zu verpleiben und der ferneren tractaten
abzuwarten haben.
Hierwider ich replicirt, herr obristhoffmeister wurde ehender nitt abreisen,
alß bis er klärlich verspuhren must, daß kein friedt zu erheben, alßdan wür-
den auch ubrige Kayserliche gesandtschafften dieserenden nitt viel mehr nut-
zen . Und were dabey zu verwunderen, daß sie, Frantzosen, stetigs der pro-
testirenden halber so gutte vertröstung geben theten, da wir doch gewisse
nachricht, daß sie iemandt der ihrigen nach Oßnabrugg verordnet und er-
nandten protestirenden anzeigen lassen, sie solten ahn ihren praetensionibus
nitt zuviel nachgeben, dan der catholischen hinaußgegebene erclehrung were
noch nitt die letzte, sondern selbige würden noch wohl ein mehrers zulassen .
Diesen vorhalt hatt er anderst nitt beantwortet, dan er solte es nitt meinen
und könte mich versicheren, daß er nitt darzu gerathen hette.
Und alß er widerumb auff die Spanische tractaten kommen, hatt er vermel-
det , daß auß Spania vor gewiß berichtet werde, der conte Peneranda hette
befelch, sich gegen Franckreich einer mehrern satisfaction, alß bißher besche-
hen , zu erclehren. Waß aber den anstandt, so er mitt Catalonia auff 3 oder
4 jahr einzugehen bewilligt, anlangte, darzu könte man ex parte Franckreich
einmahl nitt verstehen, sondern dieser anstandt müste von gleicher jahracht
wie mitt Hollandt gemacht werden.
Waß nuhn ihne, d’Avaux, zu dergleichen discurs bewegt haben mag, lassen
wir ahn sein orth gestelt sein, haben iedoch biß anher im werck erfahren, daß
wenig fundament darauff zu machen.
Sonsten hatt unß der Spanisch pottschaffter angezeigt, daß die beyde herrn
mediatores dieser tagen auch bey ihme gewest und ihre meinung fast eben-
mässig dahin gesetzt, daß er sich gegen den Frantzosen dessen, waß durch die
Holländische gesandten angetragen worden, in schrifften vernemmen lassen
solte, unß aber dabey bewegliche considerationes vorgehalten, warumb er vor
nothwendig erachten thet, vorderist der widerkunfft seines ahn den königlich
Spanischen hoff vor etlich wochen verschickten curriers zu erwarten, so auch
innerhalb 10 oder 12 tagen gewiß widerumb zurugg kommen, auch seines
königs endtliche resolution mittbringen werde, welches auch unß rahtsamb
zu sein bedunckt, damitt man immittelst sehen möge, ob und wie weit die
composition in puncto gravaminum mitt den protestirenden zu erheben sein
werde.
Warzu dan auch die Churbayrischen abgesandten unß soviel mehrern anlaß
gegeben, indeme sie negstverwichener tagen unß im nahmen ihres gnädigsten
herrn ersucht, nunmehr darahn zu sein, daß die Pfalzische sach mitt allem
ihrem anhang unverlengt in allen dreyen reichsräthen ad consultandum pro-
ponirt werden möchte, zu welchem ende sie unß auch den in abschrifft beyli-
genden vergriff zugestelt, dabey aber angedeutet haben, daß solches wegen
abwesenheit irer fürstlichen gnaden, herrn bischoffs zu Oßnabrugg (so vorge-
strigen tags zu ihrer churfurstlichen durchlauchtt zu Cöln nach Bonn ver-
reist ), vorm 27. dießes nitt wurde geschehen können, innerhalb welcher zeit
nitt allein er, herr bischoff, widerumb alhie bey der stell, sondern auch auß
Spania, waß daselbst vor ein entliche resolution gefast, zu vernemmen, also
auch die weitere handlungen mitt besserm liecht mitt den Frantzosen zu
reassumiren sein werden.