Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
284. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 August 3
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Münster 1646 August 3
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 1–3’, praes. 1646 August 12.
Nachdrückliches Gesuch Trauttmansdorffs um Genehmigung zur Abreise vom Kongreß.
Welchergestalt auf Ewer Kayserlicher Mayestät allergnedigsten befelch ich
den 24. Octobris nechstverwichenen 1645ten jahrs von dero Kayserlichen
hoff ab zu diesen universalfridenstractaten verreist unnd den 29. des darauff-
gefolgten monats Novembris alhie zu Münster angelangt bin, solches ist
Ewer Kayserlicher Mayestät vorhin allergnedigst bekandt.
Nun hab ich mich seithero in beeden locis tractatuum dahie unnd zu Oßna-
brugg uber die acht monat aufgehalten unnd in dieser angestelten fridens-
handlung weder zeit noch stundt versaumbt, sonder mir alles dasienige, waß
sowohl zu befurderung der eusserlichen berühigung mit den cronen alß der
innerlichen verainigung der stände des Reichs under sich immer vorträglich
unnd ersprießlich sein oder erscheinen können, eussersten krefften nach
trewgehorsamist angelegen sein lassen, wie mir dessen nit allein die mediato-
res , sonderen auch beederley ständt, ia die feinde selbst zeugnuß geben mues-
sen .
Nachdem aber nunmehr der erfolg klar an tag gegeben, daß zuvorderst die
cron Franckreich sich von ihren ungerechten unnd unchristlichen anforde-
rungen weder die ehr Gottes noch die religion, viel weniger ihr selbsteigenes
gewissen abwendig machen läst, indeme sy nit allein durch den in Italia an-
gefangenen krieg die Päbstliche heyligkeit unnd andere fürsten daselbst zu
höchstem nachtheil der christenheit verhinderen unnd abhalten
republica zu Venedig wieder den Türcken dergestalt nit, wie sy gern wolten,
beyspringen unnd hülffe leisten können, sonderen auch darüber noch denen
Schweden unnd Hessen de facto ansehentlichen succurs schicken unnd dar-
durch verursachen, daß die protestirende, welche sich in ihrem tractat wegen
vergleichung der gravaminum eintzig unnd allein nach denen Schwedischen
gesandten unnd dem lauff der feindtlichen waffen richten, der catholischen
religion einzig und allein zu unwiderbringlichem nachtheil desto harter auff
ihren unbillichen postulatis beharren, die cron Schweden aber unnd deren
plenipotentiarii, wie unsere bißherige relationes außweisen, auff ihre vorige
postulata fallen unnd die freystellung der religion in Ewer Kayserlicher Ma-
yestät erblanden, den maiestetbrieff, die amnestiam universalem auff anno
1618 unnd darunden auch die Pfaltzische restitution unnd waß dessen mehr
ist, beginnen, unnd dahero weder bey den cronen einiger rechtschaffener
ernst zum friden ist, noch die protestirende zu einigem billigmessigen ver-
gleich unnd aufhebung des innerlichen mißtrawen, sondern bloß allein zu
undertruckhung der catholischen religion lust tragen unnd ihr absehen ge-
richtet haben, also siehe ich nicht, wan weder die Franzosen auff Gott noch
die religion, noch ihr selbstaigenes gewissen, die Schweden auf die ihnen an-
gebottene so ansehentliche conditiones, noch die protestirende auff die mehr
alß billiche erklerungen der catholischen und auf die rettung ihres selbstaige-
nen vatterlandts Teutscher nation von frembder beherrschung kein reflexion
machen und sich mit denen gegen ihnen allerseits gethanen oblationen nicht
begnügen lassen wollen, waß meine lengere anwesenheit alhie unnd die biß-
hero bey ihnen allerseits gebrauchte vielfaltige remonstrationes anders nutzen
können, alß daß gedachte cronen unnd protestirende in der mainung be-
sterckt werden, daß man ahn Ewer Kayserlicher Majestätt seithen alles endt-
lichen durch mich nachzugeben resolvirt seye.
Eß ist ihnen auch nunmehr alles dasienige gesagt worden, waß sowohl ich in
particulari alß meine mitabgesandten neben mir in befelch gehabt, dahero
dasselbe gestalten sachen nach zu widerhohlen oder zu thuen, ein ieder von
meinen mitabgesandten wohl wirdt verrichten können, unnd dieweiln sy ne-
ben mir zu allem deme, waß gehandlet, sambt unnd sonders plenipotentiirt
seindt, so können auch die cronen so wenig alß die protestirende die abforde-
rung meiner persohn fur einigen bruch achten, sonderen theilß selbst darvor-
halten , daß durch resolvirung meiner vorhabender abreise der fridenschlusß
befurdert werde, zumahlen allein bey ihnen steht, daß sy sich mit denen an-
gebottenen billigmessigen conditionen begnügen unnd damit ihrerseiths den
friden schliessen.
Ich will hiebey von denen grossen spesen, die zum theil Ewer Kayserlicher
Mayestät hoffkammer, zum theil unnd ahm meisten ich von dem mainigen
zu dieser obhabenden legation hergegeben unnd aufgewendet, und daß mir
solche in die lenge zu erschwingen allzu beschwerlich und unmüglich fallen
würden, nichts sagen. Daß vornembste aber, ausser der gegentheilen beharr-
licher obstination, ist dieses, nachdem bey denen vielfältig außgestandenen
müheseeligkeiten meine leibskrefften von tag zu tag dergestalt abnehmen,
daß ich mir nit getrawe, in diesem rauhen landt nach gestalt der schlechten
wohnungen die dem alter ohnedaß beschwerliche winterszeit unnd ungele-
genheit außzutauren. Solte ich nun den meinigen, ehe unnd bevor ich in mei-
nen privatsachen ein mehrere richtigkeit unnd disposition gemacht, entfallen,
würde es nit allein ihnen zu höchstem nachtheil unnd schaden gereichen,
sonderen auch mir gegen Gott nit wohl zu verantworten sein, daß ich die-
selbe in solcher beschwer gelassen.
Gelangt solchem nach ahn Ewer Kayserliche Mayestät mein allerunderthe-
nigste bitt, sy allergnedigst geruhen wollen, mir zu erlauben, wan die cronen
unnd die protestirende mit endt diß monaths Augusti oder lengst auf den 15.
nechstkunftigen Septembris sich zum fridensschluß nicht bequemen, son-
deren auff ihren übermessigen postulatis einen weg alß den anderen bestehen
wolten, daß ich mich alßdan von hinnen nach dero Kayserlichen hoff unnd
folgendts auf ein zeit nach meinen guetteren in Steyr wieder erheben und
daselbst dem meinigen waß abwarten und, wan Ewer Kayserliche Mayestät
ich gleich nit soviel, alß wohl meine underthenigste begirdt unnd Schuldig-
keit were, zu dienen vermöchte, ich wenigst meine sachen, weilen der All-
mechtige mich mit vielen kinderen und encklen gesegnet, noch bey lebzeiten
in mehrere richtigkeit bringen könne.
Solte aber underdessen noch einige hoffnung zum friden erscheinen, so will
ich mir diese unnd ein lengere zeit uber das werckh mit solchem ernst und
eyffer alß meine selbstaigene seeligkeit angelegen sein lassen. Ich will auch
ohne guetbefinden meiner collegarum und des Spanischen oratoris conte de
Penneranda nicht abreisen.