Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
264. Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 Juli 17
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Münster 1646 Juli 17
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 52a fol. 62–65, praes. 1646 Juli 25 = Druckvorlage – Konzept:
ebenda Fasz. 92 IX nr. 1344 fol. 438–441.
Visite bei Oxenstierna: Zurückweisung schwedischer Forderungen: Paß für portugiesische Ge-
sandte ; Reichssachen: Anmestie, Gravamina, Restitutionen; spanisch-französische Verhandlun-
gen ; Satisfaktion; Pfalz; schwedischer Textvorschlag für ein IPO?
Nach außfertigung unserer mitkommenden relation haben wir die visita ge-
gen dem Schweedischen plenipotentiario Oxernstern verrichtet und negst
vorgangner entschuldigung, das wir nit ehender uf sein iungstes anbringen zu
antworten uns eingestelt, unsere erclärung kürzlich dahin eröffnet:
Erstlich, was die verglaitung der Portugeßischen gesandten anlangte, heten
wir im nachgedencken befunden, das es dergleichen nit bederfft, dann wir
dieselbe in keinem weeg weder in- noch ausserhalb der statt anzufechten be-
gerten , inmassen sich dessen die Spanischen gleichergestalt gegen uns ver-
nemmen lassen. Das wir aber einige pasßport oder anderwertigen consensum
positivum hinaußgeben solten, das were uns nit zuezumueten noch zu begeh-
ren , das wir mit dieser nebensach allererst das haubtwerckh, so nunmehr
nachend auf dem schluss stuende, vulnerieren solten. Dess don Odoardo erlä-
digung werde sein richtigkeit erlangen, sobald die Franzosen mit Spanien frid
schliessen werden.
Belangend solchem nach die reichssachen, da köndte man sich erstlich in
puncto amnestiae ratione termini a quo weiter nit dann ad annum 1624 erclä-
ren , wir zweifleten auch nit, die reichsstände damit zufriden sein würden. Die
cronen heten hiebey kein interesse und derentwegen kein ursach, sich darwi-
der zu sezen.
Wegen der gravaminum liessen wir es dahingestelt sein, wessen wir uns gegen
denn protestierenden erclärt und erwartteten nunmehr, was selbige sich
darauf wurden vernemmen lassen.
Mit der Pfalzischen sach wer einmal kein anderer außtrag einzugehen, als das
dem pfalzgräfen die Undterpfalz cum octavo electoratu restituiert, die Ober-
pfalz Churbayrn wie auch die Bergstraaß Churmainz, als deren die undispu-
tierlich zuegehörig wer, in handts gelassen werde. Das allermeheist aber
wurde sein, das mans etwan sequestrieren thet bis zu außtrag der sachen. Das
mans aber Pfalz wider in possess solte geben, das könde man einmal nit ein-
gehen .
Der Hessen Casßelischen sach halber stüende es nochweils dahin, wessen
beede principal sich wegen voreinander güetlicher undterhandlung erclären
wurden.
Mit Baden Durlach lasß sich einmal dises werckh nit mehr retractieren, wann
aber marggraf Friderich ratione fructuum perceptorum einige vergleichung
zu suechen vermein, so halten wir darfür, es wurde sich solches marggraf
Wilhelm auch nit so hoch entgegen sein lassen.
Wegen Nassau Saabrückh und anderer dergleichen praetensionum werde es
mit der amnesti alles seine richtigkeit erlangen.
Was der Franzosen per mediatores uns beschechene anbringen belangte, dar-
über wurden wir uns morndrigen tags absonderlich erclären. Es stehe aber
nunmehr auch haubtsächlich an deme, das sie zugleich mit Spania frid mach-
ten , dann einmahl ohnediss mit dem Teütschen weesen nit zum ende zu ge-
langen sein wurde, alles mit mehrer ausfüehrung dessen, was laut unserer re-
lation hierunter mit denn mediatoren und denn Chursäxischen abgesandten
discurriert worden.
Die clausulam „salvis iis, quae Imperatori et electoribus“ etc. betreffend
Bezieht sich auf Punkt 5 des ksl. Textvorschlags für das IPO vom 8. Mai 1646, die iura
statuum betreffend ( Meiern III, 67f. ).
köndten wir uns einmal zu keiner specification, vil weniger zu außlasßung
diser clausul verstehen. Die sachen vor sich selbst seyen clar genueg und hab
man kein ursach, hierinnen zu scrupulieren.
Mit der assecuration könde es schlechterdingen bey deme verbleiben, das,
welcher disen verglich nit halten thet, die übrige alle einander zu helffen
schuldig sein sollen.
Oxenstern hat hierauf auch mit kurzem repliciert, und zwar sovil die pasß-
port und dess don Odoardo liberation belangt, fast seine vorige einwürff re-
petiert mit vermelden, die Franzosen wolten es fast vor eine conditione, ohne
die sie mit Spanien zu keinen tractaten eintretten würden, halten.
Mit dem termino 1624 wurden seines vermeinens wenig undter denn prote-
stierenden zufriden sein, sondern der mehrer theil uf anno 1620 tringen, dann
undter anderm theten sie vorwanden, das zwischen solcher zeit wegen dess
Pfalzischen und Manßfeldischen
Nach Ausbruch des böhmischen Aufstandes 1618 hatte Gf. Ernst II. von Mansfeld (um
1580–1626; seit 1603 Kommandant eines Reitercorps, 1618 General) mit seinen Söldnertrup-
pen für Kf. Friedrich V. gekämpft. Er verfiel der Reichsacht und trat als Condottiere in den
Dienst der Generalstaaten, Frk.s und Béthlen Gábors (NDB XVI, 80f. ; zum Problem der
Achterklärungen und Vermögenskonfiskationen gegen Mansfeld und Friedrich V. vgl. Kamp-
mann ) .
darüber man sich etwan könfftig einger inquisition und confiscation anmaas-
sen möchte.
Der Pfalzischen chursach halber hat er es dahin gestelt, wann der electoratus
octavus von gemeinen ständen approbiert, wurden auch die cronen wenig
darwider zu reden haben, allein vermainte er, die Oberpfalz solte auch aus-
serhalb eines gewissen theils, so Churbayrn in solutum ze überlassen, in die
Pfalzische restitution kommen, deßgleichen die Bergstraaß nit ausgenommen
werden.
Mit Hessen Cassel stüende es zwar dahin, wie von uns gemelt, allein werde
solche satisfaction auch deren gegen denn stiffter füerender praetensionum
halber ire richtigkeit erlangen müessen. Sie begerten die stifft Baderborn nit
zu verendern, dass capitul, exercitium religionis in seinem standt verbleiben
ze lassen.
Wegen Baaden Durlach hete sich derselb abgesandt bey ime angemelt und
angezeigt, das marggraf Friderich ime ein güetliche handlung nit wolte entge-
gen sein lassen und das etwan ieder theil ein par fürsten erwählte, welche in
der sach zu vermittlen haben solten.
Mit Nassau Sarbrückhen, verhoffte er, solte es sein richtigkeit unserm erbie-
ten gemess mit erörterung der amnesti erlangen.
Der Spanischen tractaten belangend weren zwar die Franzosen erbietig, sel-
bige fürgehen ze lassen, hielten aber der Spanischen plenipotentiarien offerta
vil zu gering, das sie darauf nit handlen köndten. Müeste seinestheils zwar
wol bekennen, das die mit denn reichssachen zimblich verknüpft weren, halte
aber beynebens nit darfür, das man anderwerts nit solte darauß kommen
mögen.
Die clausula „salvis iuribus“ etc. werde nur disput〈a〉t erwecken, vermeinte
besser zu sein, das manß gar außlasssen thet.
Wegen der Franzosen satisfaction bestüenden die noch uf ihren vorigen po-
stulatis . Heten sich aber ferrers erclärt, wann man inen die 10 reichsstätt an-
derst nit dann eo iure, was Österreich dabey als oberlandtvogt gehabt, über-
lassen wolt, so wurden sie entlich zufriden sein, doch dargegen die 4 waldt-
stätt an sich behalten.
Wegen der Schweedischen satisfaction hat er allein vermeldet, das der graf
von Witgenstein als Churbrandenburgische gesandter bei ime gewesen und
sich dahin bezogen, das er seines mitgesandten, dess von Löwen, erwartten
thet, er, Oxenstern, aber nach wie vor uf ganz Pommern blib etc. und hete
kein anderen bevelch.
Wir seint aber in ein und anderm bei unseren vorigen declarationibus verbli-
ben , haben ime auch den scrupul wegen dess termins anno 1624 mit dem
benommen, das sich niemandt dergleichen inquisition und confiscation zu
beförchten, solches auch schon mit einer clausula salvatoria zufürkommen
sein werde. Und hat er bey diser conferenz der religion in Eur Mayestät lan-
den weiters keine meldung gethan, derentwegen auch wir nichts anregen
wollen.
Der achten churstell halber hat er entlich auch von derselben officio gedacht
und das der Pfalzische agent deßwegen vorgeschlagen hete, ob nit zum weni-
gisten , so offt ein actus begibt, die der Churpfalz anhangende officia möchten
in ein alternativam gebracht werden.
Wir haben geantwortet, wann dises churweesen bey denn ständen haubtsäch-
lich in deliberation komme, so werden dergleichen sachen schon ihre gebü-
rende erlädigung erlangen.
Zum beschluss hat er vermelt, das er morgen wider nach Oßnabrugg abraisen
und die sachen zu völliger außrichtung disponieren, auch, sobald ir instru-
mentum pacis gefertigt und verhoffentlich innerhalb acht tagen, uns selbiges
zuestellen wolle
Ein schwed. Textvorschlag für das IPO ist 1646 den Ksl. formell nie zugestellt worden; der
von Salvius verfaßte, auf den 9. Juli 1646 datierte ( Meiern V, 457 –468) Entwurf blieb
intern. Vgl. dazu später APW III B 2.2.
die protestierenden mit ihrer sach auch aufkommen.