Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
254. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Juli 12
–/ 254 /–
Osnabrück 1646 Juli 12
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 34–36’, 39 = Druckvorlage – Kopie: Giessen 207
nr. 183 S. 708–714.
Hessen-darmstädtischer Gesandter: Bemühungen protestantischer Gesandter um Vollmacht zur
Ratifikation eines Friedensinstrumentes; Probleme. Neutralitätsvertrag zwischen Hessen-Kassel
und Stadt Köln.
Bey iüngster von den protestirenden stendten in der Magdeburgischen losament
gehaltener consultation soll under andern auch (wie der |:fürstliche Hessen
Darmbstattischer abgesanter doctor Schüz:| mich, Crane, in vertrawen berich-
tet ) in propositione vorkhommen sein, obs nit zu beforderung des friedenschluß
vorträglich, daß, nachdeme es mit der handlung so weith khommen, daß das
instrumentum pacis aufgesetzt und die handlung sich algemach zu einem schluß
lencken thete, sich eins gewißen concepts einer volmacht, crafft deren die an-
weesende gesandten in nahmen irer principaln den schluß und instrumentum
pacis ratificirn möegten, zu vergleichen und ein solches concept den principaln
und oberen ad expediendum einzuschicken. Umb die expedition darnach ein-
gerichteter forderlichst zu handen zu pringen, wehre auch gleich dhabey der-
gleichen concept schon abgefaßeter bey handen gewest und in pleno abgelesen
worden. Weiln aber |:er, abgesante:|, in voto erinnert, nit styli zu sein, daß die
concepten vorhero, ehe dan von der materia geredet, gleichsamb ploß ad rati-
ficandum solten vorgelegt werden, er auch seinsorts eine sölche volmacht noch
zur zeit für unnötig erachtet und nit darzu verstehen wöllen, hette er von dem
mehren theil beyfall gehabt, zumahl das concept auch also abgefast gewest, daß
es nit allen gefallen, dhadurch dan das werck ersitzen plieben.
Ich habe mich der vertrewlichen communication halben gebührlich be-
danckt , des abgesandten trew und sorgfalt, so derselbe hiebey pro bono pu-
blico erwiesen, billich gerhümbt, auch ersucht, ferners zu advigilirn, dhamit
nit etwoh die stendte unterm schein beförderung des friedens verläitet und in
einen krieg gezogen werden. Mit der ratification des instrumenti pacis be-
dörffe es desgleichen voreilens nit, man seie noch nit zum schluß kommen.
Wans aber darzu khomme, so würden auch Ewer Mayestätt und die cronen
ire ratificationes herzuschicken und alßdan zeit gnug sein, die ratificationes
statuum zu handen zu pringen. Es khönte unter diesem werck gefahr verbor-
gen sein. Die Schweedische ließen sich verlauthen, daß sie auch ein instru-
mentum pacis aufgesetzt, so denen Kayserlichen ploß ad acceptandum solle
vorgelegt oder continuatio des kriegs angekhündigt werden. Khönte also eine
solche ratificatio statuum leichtlich mißbraucht, auf das Schweedische con-
cept gedeütet und die stendte dhadurch in größere schwihrigkeit gesetzt wer-
den , darumb man sich hirin wol vorzusehen.
Ille: Es liggen ihme und mehr anderen eben diese bedencken für augen, seie
auch bekhandt, daß dieienige, so die formulam aufgesetzt, alzusehr ire passio-
nes gegen die Schweeden scheinen ließen, dhahero sich die übrige soviel de-
sto mehr in acht nhemmen, und gebe es schon under denen protestirenden
factiones, daß fast in kheinen sachen mehr einig werden könten, er wölte
seinsorts ahn trewer sorgfalt forthan nichts ermanglen laßen.
Erzehlete mir dhabenebens, waß für große undienst der Heßen Caßlischer
bey denen protestirenden thue, indeme er dieselbe mit extenuation Ewer
Mayestätt und dero ertzhauß macht, hingegen erhebung und großmachung
der außwertichen cronen, wie dieselbe ire sache ahn allen örtern so trefflich
und wol underlegt hetten, daß unmöeglich seie, daß deren intent nit zu gue-
tem endt außschlagen sölte, underhalte, viel sachen anders, alß sich verhalten,
fürbringe und dhabey starcke versicherung thue, daß alle sölche der außwer-
tigen cronen vorhabende executiones den protestirenden stendten zum trost
und der religion zum besten angesehen und dieselbe sich darbey des gering-
sten nachtheils nit sölten zu befahren haben, wohmit dan deren viele, die
sönsten andere consilia ergreiffen möegten, zurückgehalten würden.
Nun ists wol zu glauben, daß die Heßen Caßlische den außwertichen cronen,
sönderlich denen Frantzosen, große dienst zu thuen müeßen versprochen ha-
ben , in erwegung, die Frantzosen sich so eiffrig umb deren angemaste satis-
faction annhemmen, stehet auch zu besorgen, daß die Heßen endtlich die
stadt Cölln und dhamit den gantzen Rheinstromb den Frantzosen in die
handt spielen dörfften, weiln die sach einkhommendem bericht nach mit sel-
biger stadt schon so weith khommen, daß sich dieselbe mit denen Hessischen
in eine neutralitet, darüber unß beyliggende abschrifft von guetem ort com-
municirt worden, eingelaßen und sich dhadurch in solche gefahr gesetzt, daß
nit mehr schwehrfallen wirdt, underm nahmen der Heßischen völcker eine
gantze Frantzösische armada unvermerckter dingen in selbe stadt zu bringen
und dieselbe hinwegzunhemmen, welches weithaußehendes werk auch diese
tractaten wil schwehrer machen, weiln dhadurch denen Frantzosen, so ohne-
daß nit zu ersettigen, zu fernerer acquisition und erweiterung ires dominats
wirdt lufft und hofnung gemacht, zu geschweigen, daß selbiger vergleich sehr
verschraufter gestelt, auch der cleresey, so sonsten fast den dritten theil der
statt machet, mit kheinem wortt darin gedacht worden. Demnach unß aber
darbey wirdt zugeschrieben, daß der gemeine man und bürgerschafft zu
Cölln mit diesem werck nit zufriden seie und sich deswegen bey denselben
ein unlust vermercken laße, alß stellen wir zu fernerm nachdencken, ob nit
eine solche hochschädliche, wieder den iüngsten reichsschluß lauffende neu-
tralitet alsopaldt ex officio zu cassirn und bürgermeister und rath zu schül-
digster trew, auch standthafftigkeit, anzuweisen sein.