Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
177. Ferdinand III. an Trauttmansdorff Linz 1646 Juni 12
Linz 1646 Juni 12
Ausfertigung: TA Ka. 125 Bb 4c fol. 55–55’ = Druckvorlage – Konzept: RK FrA Fasz. 50c
fol. 51.
Kurbayerisches Drängen auf Abtretung Breisachs.
Hinweis auf Beilagen. Haben wir es (ohne die darin begrieffene beylagen, weil
du deren inhalt drunden selbsten besser wissen wirst) zu deiner nachrichtung
hiemit communiciren wollen.
Beilage A zu nr. 177
Kf. Maximilian I. von Bayern an Ferdinand III., München 1646 Juni 1. Ausfertigung: RK FrA
Fasz. 52c I fol. 429–429’, 439, PS fol. 437 = Druckvorlage – Kopie: TA Ka. 125 Bb 4c
fol. 57–59, PS fol. 65–65’.
Rezepisse auf nr. 127 Beilage C. Gleich wie ich nun an die Euer Majestät von mir gethane
erinnerungen, ob sie schon auß lautter sorgfalt fir daß Römisch Reich und gegen Euer Ma-
jestät und dero hochloblichem hauß tragenten affection und bestendiger treuherziger wol-
mainung hergeflossen, dannoch hart und ungern khommen bin, weil ich deroselben und
ires hausß erbländer lieber conserviert alß dergestalt geschmelert sechen wolte, auch eben
darumben sovil jar hero daß meinig Euer Majestät und dem gemainen wesen zu besten desto
lieber beygesezt habe, also hab ich hergegen mit sonderbarer consolation verstanden, nach-
dem es gleichwol im Römischen Reich zue solchen extremiteten khommen, daß dise meine
treue und wolgemeindte sorgfalt und erinnerungen von Euer Majestät dergestalt, wie sie
von mir angesechen gewest, genedigklich wol vermerckht und irem obristen hofmaister we-
gen Preysach und Neuburg ein solche vernere resolution zuegeschickht haben, daß dersel-
big wegen Preisach und Neuburg den friden mit denn Französischen plenipotentiariis len-
ger nit steckhen lassen, sonder unverlengt sich erkleren und mit inen schliessen solle, wel-
ches umb sovil mer vonnethen ist, weiln Euer Majestät nit allein auß dem, waß mich meine
gesandte bey diser lestern post laut der beylag numero 1
die Franzosen noch immerzue bestendig auf der resolution verbleiben, ohne Preisach khein
friden zu schliessen, sonder auch von iren gesandten zweifelsohne bereit werden bericht
sein, daß die Schwedischen plenipotentiarii bey iren vorigen, ohnedaß hochgespanten po-
stulatis nit verbleiben, sonder ains yber daß andere zu höchstem praeiudiz vorderist der
catholischen religion begehren und, wann man mit den Französischen nit baldt an ein orth
khommen solte, besorglich noch weiter gehen und, waß sie nur selbst wellen, vorschreiben
und behaubten werden, bevorab bey ihren in dem Wesstphalischen kraiß seithero gethanen
progressen und darin eingenomnen vortailhafftigen pläzen, da doch hingegen die Französi-
schen gesandten sich nit allein gegen meinen räthen, sonder auch gegen andere verschaiden-
lich und öffter vernemen lassen und erbotten, sobaldt inen in iren ybriegen praetensionen
mit Preisach und anderm satisfaction geschieht, nit allein dem catholischen wesen insge-
main zu assistiern und sich dessen anzenemmen, sonder, wie eben der beyschluß numero 1
mehrers in sich helt, wol gar auf ein confoederation mit Euer Majestät, mir und den catho-
lischen stenden insgesambt zue gedenckhen und befürdern zu helffen, inmassen dann der
nuncius zue Paris, inhalt seines iungst eingelangten Schreibens, davon numero 2
mitkhombt, eben dergleichen schreibt, waß die Französische plenipotentiarii zue Münster
von Preisach und anderm gesagt haben, daß also auf ainer seiten mit der cron Schweden auß
dem verzug noch greessere gefahr und schaden zu besorgen, auf der andern seiten aber auß
beschleinigung des fridens mit Franckhreich zum wenigisten diß zu hoffen ist, daß nach
verglichner sachen mit der cron Franckhreich selbiger cron gesandten sich der Schwedi-
schen weiter nit annemmen, vilweniger die catholischen stendt in puncto gravaminum hin-
dern, sonder denselben vihl mehr assistiern werden, daß man mit den Schwedischen sowol
alß mit den protestierenden leidenlicher fortkhommen und also zu einem völligen rhue-
standt im Römischen Reich würdt gelangen khönden.
Derowegen billich allen ständen deß Reichs zu einer grossen freid und consolation, Euer
Majestät aber zu unsterblichem lob und rhuemb geraichen thuet, daß sy mit diser irer er-
thailten resolution den schluß mit den Französischen und dardurch auch den friden mit den
Schwedischen befürdern und daß beengstigte Römische Reich in seinen lesten zügen vor
dem undergang noch erhalten wellen. Inmmassen ich dan nit zweifle, sie, die stendt, werden
auch wegen der von Franckhreich deß Elsäsß halber praetendirten session und voti Euer
Majestät mit einem solchen guettachten an die handt gehen, daß die dabei besorgende in-
convenientien verhietet und auch dise difficultet so zeitlich überwunden und volgents der
friden gar geschlossen werde, daß Euer Majestät raiß, die sie allein von deß gemeinen besten
wegen eingestelt, nit gar zu lang verschoben bleibe.
PS Bekhume ich gleich bei verfertigung dises meines schreiben von des herrn erzherzog
Leopold Wilhelms zu Osterreich liebden einen aignen curier, bei deme sie mich, wie Euer
Mayestät auß den copien gnädigst zu ersehen, berichten
lischen craiß disseits bestelt und dahero die Schwedischen allerorthen progredieren, also
daß sie neben deme deroselben beigestossenen succurs noch mehrere regimenter von mei-
nen reichsvölckhern begeren und ausser deren sich wol auch besorgen, nicht so wol, alß sie
verlangen, operiren zu khinnen. Wan dan Euer Majestät gnädigst wissen, wie grosse gefahr
disem herobigen craiß zuewaxen wurde, wan selbige auch der ubrigen noch hinderblibnen
reichsvölckhern solten entbehren miessen und also aller defension entsezt bleiben, da man
hingegen der Französischen völckher vorbruch sich zu befahren solte haben, diser aber al-
lein durch die anlassung der vestung Preisach khan gehindert und zugleich der frid mit
Franckhreich erhebt werden, also gelebe ich der zuversichtlichen hofnung, Euer Majestät
werden nunmehr desto weniger wollen, daß sich der graf von Trautmanstorf in selbigem
werckh lenger aufhalte, sonder durch eine firderliche erclerung die religion, daß Reich, sie
und alle stendt zu salviren verlangen, weiln in dessen hinderbleibung nicht allein dise noch
hinderblibne reichsvölckher nicht wurden khinden abgeschickht, sonder wol negstens die
ubrige auch missen zuruckhgefordert werden, da sich die Franzosen im geringsten moviren
solten.
Beilage B zu nr. 177
Kf. Maximilian I. von Bayern an Ferdinand III., München 1646 Juni 3. Ausfertigung: RK FrA
Fasz. 26 Konv. C fol. 249–251’, eigh. PS fol. 251’ = Druckvorlage – Kopie: TA Ka. 125 Bb 4c
fol. 60–64’, 67.
Rezepisse auf nr. 131 Beilage A. Wiewol nun Euer Mayestät und dero hochlobliches hauß ich
herzlich gern gohnen und wünschen mechte, daß deroselben Preisach und noch ein mehrers
verbleiben und durch ein gewarsame handlung erhalten werden khundte, auch an meinem
orth und zuethuen, so darzue dienstlich gewiß nicht erwünden lassen wolte, dieweiln es
aber gleichwohln mit den extremiteten deß Römischen Reichs, wie Euer Majestät zuvor
yberflissig bekhandt ist, in solche terminos gerathen, daß gleichsamb ein yede stundt daß
ganze werckh schwerer und geverlicher machen thuet und albereit gemacht hat, auch meni-
gelich in hoffnung und verwart gestanden, waß sich Euer Majestät wegen deß ainzigen Prei-
sachs, an deme deß Römischen Reichs hail oder undergang gleichsamb allein stehet, resol-
viern werden, so habe ich fir guett und nothwendig gehalten, Euer Majestät gefasste he-
roische und mir zu meinem trost communicirte resolution gleich alßbaldt, alß mir dieselb
zuekhommen ist, meinen gesandten nacher Münster mit dem befelch zu yberschickhen, daß
sy die beengstigte und durch den langen verzug irrig und perplex gemachte stendt mit diser
von Euer Majestät verlangten resolution erquickhen und dardurch allerhandt besorgende,
weit aussechende consequentien fürkhommen, auch mit denienigen, waß ich inen mein und
meines hauß aignen versicherung halber auß denen Euer Majestät öffters remonstrirten, an-
tringenten ursachen und motivis albereit anbevolchen gehabt, zuruckhhalten sollen .
Damit auch mein herr brueder, deß curfürsten zue Cölns liebden, welchem die Schweden in
Westphaln ain vesstes orth nach dem andern weckhnemmen, und wie Euer Majestät ich vor
disem schon mit mehrerm bericht und inhalt dessen, waß die Französische plenipotentiarii
selbst laudt der beylag numero 1 darvon discuriern
absechen gar auf die statt Cöln richten, in diser irer hechsten betrangnuß und anligen einen
trost bekhommen, hab ich auch deroselben, wie nit weniger Curmainz liebden, alß welche
mit ihren landen gleichfahls in gefahr stehen und Euer Majestät resolution auf meine schrei-
ben mit verlangen erwarttet haben, parte darvon geben, der ungezweifleten mainung, weiln
es eine von Euer Majestät albereit resolvirte sach seye, daß inen doch ohnedaß anderwertige
communication darvon zuekhommen mechte, nachdem auch daß von den Französischen
plenipotentiariis mit gewisser masß bewilligte und auf Preisach außtruckhlich conditionir-
tes armistitium damahls schon, alß ich meinen räthen zue Münster Euer Majestät resolution
zuegeschickht, sich geendet und die bestimbte zeit der 4 wochen und noch ein merers albe-
reit zum endt geloffen gewest, und ich also nit in geringen sorgen stehen und gleichsamb
teglich erwartten miessen, ob nit die Franzosen am Obern Rhein, welches sie mit leichter
mühe thun khünden, etwaß tentiern und disseits Rhein ein diversion machen und dardurch
meine zu Euer Majestät immediatvölckhern gestossne regimenter widerumb von denselben
ab- und zuruckhzeziechen mich necessitiren mechten, zumahlen auß allerhandt zue Mün-
ster von ihnen gefihrten discursen und andern iren bezaigungen genuegsamb abzenemmen
gewest, daß sy, die Franzosen, den verzug mit der resolution umb Preisach hart empfunden
und albereit angefangen, mehr auf die continuation deß kriegs alß stifftung eines fridens
anzetragen.
Alß hab ich auß allen disen iezterzelten ursachen ein unumbgengliche notturfft ze sein er-
messen, Curmainz und Cölns liebden zu ihrem mehrern trost die von Euer Majestät er-
volgte resolution alßbalden zu communiciren und zugleich auch meinen Münsterischen rä-
then bey aignem zuezuschickhen und darneben zu bevelchen, daß sie solche vorderist Euer
Majestät principalgesandten, dem grafen von Trauttmanstorff, alß welcher sich vorhero we-
gen Preisach allein mit dem defectu mandati iedesmahls entschuldiget gehabt, verthreulich
eröffnen, mit der wohlmeinenden erinerung, numehr auf solche willfehrige Kaiserliche reso-
lution die handlung wegen Preisach mit den Französischen gesandten vortzusezen und also
noch grössers unhail im Römischen Reich dardurch zu verhietten, sodann auch daß sie,
meine räth, den Französischen plenipotentiariis, umb sie etwaß zu stillen und den zug der
reichswaffen in den Westphalischen craiß nit zu hindern, und daß ich auch mein yberiges
volckh, so ich noch heroben hab, gleichfahls hinabschickhen möge, beweglich zuesprechen
und nit allein den iezterwenten march, sonder auch von deme, waß sich Euer Majestät Prei-
sach halber numehr resolvirt hetten, parte geben, inen auch darneben zu gemiht führen
sollen, wievil dem catholischen wesen im Römischen Reich und in specie meinem herrn
bruedern, dem curfürsten von Cöln, dene ich verwandtnuß und anderer respect halber in
diser seiner noth kheineswegs hilfloß lassen khunde, daran gelegen seye, daß diser der
reichsvölckher zug in den Westphalischen craiß, von den Französischen gehindert werde,
weil sie numehr ihr völlige satisfaction mit Preisach aintweders schon erlangt haben oder
doch deßnegsten noch erlangen wurden.
Und hab ich bey solcher gegen den Französischen nötig gehaltner comunication umb sovil
weniger bedenckhens gefunden, weiln Euer Majestät in irem, den 23. Maii abgangenem
schreiben selbsten angestanden sein, ob nit der graf von Trauttmanstorff sich zuvor schon
wegen Preisach willfehrig erklert habe, ich auch von meinen Münsterischen räthen albereit
vor 8 tagen bericht worden , daß zwar den Französischen gesandten von Euer Majestät
deputirten der vorschlag wegen demolierung Preisach und daß man ihnen das Elsäss sambt
dem Sundtgau aigenthomblich yberlassen welle, schon geschechen, aber von den Franzosen
nit angenommen, sonder rotunde abgeschlagen worden. Daß demnach bei solcher bewandt-
nuß nicht mehr res integra, noch daß, waß inmitelß beschechen, widerumb ze zuckhen oder
auch nur schwerer ze machen glegenheit sein wirdt, und zwar umb sovil weniger, weiln ich
eben heit von Münster, ohneracht sie mein negsters bevelchschreiben wegen Euer Majestät
resolution yber Preisach noch nit empfangen, den vernern bericht bekhommen, daß Euer
Majestät plenipotentiarii nit nur Penfelden sambt aigenthomblicher yberlassung deß Elsäsß
und Sundtgaus, wie Euer Majestät iezig an mich abgangnes schreiben in sich helt, pro ul-
timo gradu dargeboten, sonder noch darzue Philipsburg, Zabern, Reinfelden und Lauffen-
burg, neben demolierung der vesstung Preisach, den Französischen durch die mediatores
offeriern und vorschlagen lassen, und daß alles diß dannoch bey den Franzosen nicht ver-
fangen oder auch nur so weit angenommen werden wellen, daß sie dasselbig, wan nit Prei-
sach zugleich per alternativam angebotten werde, nacher Paris zu hinderbringen und weite-
rer instruction von dort auß zu erwarten bewilliget hetten, sonder sy haben sich gegen dem
bischoff von Oßnabrugg, wie Euer Majestät iro auß der beylag
ohnmasßgeblich referiern lassen khünden, albereit soweit heraußgelassen, daß sy Preisach
khurzumb und khein anders haben, sonder auß allerhandt gefassten impressionibus ledig-
lich darauf bestehen und, weil man inens mit gewalt nit abnemmen khan, dasselbig behaub-
ten werden, deßgleichen auch wie hoch sy den verzug und daß man den Schweden und
protestierenden alles leichter nachgibt und allein gegen inen so eingezogen gehen will, emp-
fünden, und wie vast sy deßwegen disgustirt und exulcerirt sein.
Warauß dan leichtlich vorzesechen ist, waß deß verzugs halber, wan Euer Majestät mit Prei-
sach noch lenger an sich halten und die satisfaction mit Franckhreich nit ohne einigen ver-
zug völlig vergleichen werden, noch weiter zu besorgen, und ob es nit gar dahin khommen
dörffe, daß die Schwedischen, inhalt meiner voriger an Euer Mayestät abgangner erinne-
rungschreiben, sich deß undern Rheinstrombs sambt dem Westphalischen, auch Ober- und
Nidersaxischen kraisß, die sie ohnedaß schon in irem gewalt haben, bemechtigen, die Fran-
zosen aber den obern Rheinstrom behaubten und noch darzue den Schwäbischen, Fran-
ckhischen und Bayrischen craiß in kürz under iren gewaldt bezwingen werden. Entgegen
aber ist zu hoffen, und thuen sich die Französische plenipotentiarii vermög der beylagen
selbst anerbietten, wan ihnen mit Breisach satisfaction geschicht, alßdan den catholischen
zu assistiern und die Schwedische und protestierende von ihren postulaten und vorhaben
auf andere, miltere mittel zu bewegen, danenhero einmahl die hechste notturfft ist (will man
anderst nit alles yber einen hauffen werffen und die religion sambt dem Römischen Reich in
die eisseriste gefahr noch weiter einrinen lassen), daß Euer Majestät in irer berait gefassten
loblichen resolution wegen Preisach, wie sy ohnedaß ruemblich vor sich haben, bestendig
verharren, und dardurch dem agonizierenten Römischen Reich widerumb aufhelffen.
Ich will auch nit zweiflen, Euer Majestät werden bey so bewandten sachen dero obristen
hoffmaister nochmahlen gemessen auftragen, daß, wan es nit schon albereit geschechen
were, er wegen Preisach die endtliche und willfehrige erclerung von sich geben und also mit
den Franzosen in Gottes namen den friden schliessen solle, damit daß auß dem verzug un-
felbarlich entstehende weitere ybel verhiettet, die Franzosen von ihrem sonsten gegen dem
Reich und meiner reichsarmada vorhabenden anzug abgehalten und also der succurs in den
Westphalischen craiß, wan mann heroben den ruckhen sicher hat, desto mehr befürdert und
gesterckht und dardurch der Schweden hochgefehrliche, weitaussechende dissegni und pro-
gress verhindert und zugleich alle yberige tractaten mit inen, den Schweden und protestie-
renden, umb sovil mehr facilitirt werden.
[ Eigh. PS] Allergnedigster Khayser, wan durch mittl Preisach man der Franzosen am Rhein
versichert wirdt, khan alßbald Euer Majestät armada mit meinen uberigen volkhern umb
etlich taußent mann versterkht, dardurch auch den protestierenden ire unbilliche postulata
fallenzulaßen ursach geben, der religion großerer schaden verhiettet und mit Gottes hilf der
frid lestlich mit dem degen gemacht werden.