Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
108. Ferdinand III. an Trauttmansdorff Linz 1646 Mai 17

19
[58] / 108/–

20

Ferdinand III. an Trauttmansdorff


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Linz 1646 Mai 17

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Ausfertigung (H.): RK FrA Fasz. 92 IX nr. 1235a fol. 85 = Druckvorlage – Konzept: ebenda
23
Fasz. 50c fol. 33.

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Beratung und Gutachten wegen französischer Reichsstandschaft bei Abtretung des Elsaß.

[p. 186] [scan. 266]


1
Waß ahn mich ihr mit und neben meinen zue denen Oßnabruggeschen frie-
2
denstractaten verordneten gevollmechtigten in nr. 58 iüngsthin gelangen
3
laßen, ob nemblich der cron Frannkreich mit uberlaßung Elsaß zuegleich
4
auch die session und votum in dem reichsrath einzuraumen, hab ich in not-
5
turfftige deliberation gnädigst ziehen laßen. Waß mir nun pro et contra hier-
6
üeber vorkhommen und weßen ich mich entlichen darauff resolvirt, das alles
7
habt ihr beyligendt zue vernehmen undt euch darnach in einem und dem
8
andern zue richten.


9
Beilage [ 1] zu nr. 108


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Gutachten deputierter Räte, Conclusum und Resolution Ferdinands III. betreffend Reichsstand-
11
schaft
Frankreichs für das Elsaß, Linz 1646 Mai 15, 17, 18. Kopie: RK FrA Fasz. 92 IX nr.
12
1235a fol. 86–92 = Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 52b fol. 42–47’ – Druck: Jacob,
13
329–333.

14
Ewer Kayserlicher Mayestät gesante zue Oßnabrug haben unter anderm in nr. 58 um reso-
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lution gebeten, wie sie sich verhalten solten, weil Frankreich wegen Elsaß session und vo-
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tum im reichsrath praetendiren thete, ob dem könig solches einzuraumen oder ob nicht
17
beßer, dieienigen stuckh, so hinterlaßen werden müesten, lieber in allodium alß feudum zu
18
geben. Die gehorsamsten räthe haben der sachen etwas weiter nachgedacht und insonder-
19
heit der notturfft befunden, nachzusehen, wie und welchergestalt das Elsaß sambt dem
20
Suntgaw und waß dem mehr anhengig, biß anher von Eurer Kaiserlichen Majestät hochlöb-
21
lichstem ertzhauß bey reichs- undt kraißtagen ist vertretten worden, dan die Frantzosen
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begehren, solches alles eo iure vom Reich zu entpfahen und zue halten, wie es höchstge-
23
dachtes hauß gehabt. In der reichsmatricul wirdt das Elsaß sambt dem Suntgaw nicht zue
24
dem Österreichischen kreiß, sondern nur die Inner-, Unter- undt Oberösterreichische lande
25
sambt der graffschafft Tyrol gerechnet, auch der anschlag zu den reichscontributionibus
26
undt türkhensteuern nur uff ietztgemelte lande gemacht

34
Der österreichische Besitz im Elsaß wurde nicht beim oberrheinischen Kreis zur Matrikel ver-
35
anschlagt
, sondern zum österreichischen Reichskreis gerechnet ( Gumpelzhaimer, 109–136;
36
Seidel, 83; Stein, 26).
. Von Elsaß aber und dem Suntgaw
27
ist dieses zue befinden, daß es vor zeiten, doch nur stuckweiß, zue dem Oberrheinischen
28
kraiß geschlagen und unterschiedlichen herrschafften zuegehört habe, die theilß mediate,
29
theilß immediate dem Reich unterworffen gewesen. Es wirdt auch noch heutiges tags von
30
den geographis zue dem Oberrheinischen kraiß gerechnet

37
Zum oberrheinischen Kreis zählten die elsässischen Reichsstädte (Dekapolis, vgl. Anm. 12), die
38
Propstei Weissenburg, das Hst. Straßburg, die Hst.e Metz, Toul und Verdun sowie die Ab-
39
teien Murbach-Luders und Münster im Gregoriental ( Gumpelzhaimer, 109–112, 134ff.;
40
Dotzauer, 236–240).
.

31
Vor zeiten ist es ein hertzogthumb gewesen und hat etwa dem hertzogen zue Schwaben,
32
sodan den hertzogen von Zäringen

41
Über die Entstehung des elsässischen Dukates und die weitere Entwicklung vgl. Dollinger,
42
60–75; LMA III, 1852–1855. Die Zähringer verfügten im Elsaß nicht über eigene Rechte
43
( Althoff; Heinemann).
zugehört, demnach ist es eine landgraffschafft worden,
33
und alß es uf die graven von Egißheimb

44
Lgf.en im Elsaß sind erstmals 1135 und 1138 belegt ( LMA V, 1662). Vor 1200 ist die Würde
45
der Lgf.en im Unterelsaß bei den Gf.en von Werd und in deren Nachfolge bei den Gf.en von
46
Oettingen gewesen ( Stammtafeln VI T. 151; Dollinger, 86). Die Gf.en von Dagsburg
47
(auch Egisheim genannt) ( Stammtafeln VI T. 160; Dollinger, 93; LMA III, 431) waren
48
zwar eine der bedeutendsten Familien des Elsaß, werden aber hier mit den Gf.en von Werd
18
verwechselt (zur Möglichkeit einer Verwechslung vgl. Zedler VIII, 312f.). Die Besitzge-
19
schichte, wie sie hier und im folgenden berichtet wird, findet sich auch in einem Memorial von
20
Giffens über das Elsaß ( Meiern IV, 720 –723) und wurde noch zu Anfang des 19. Jh.s vertre-
21
ten ( Ersch-Gruber, I/XXXI, 218).
kommen, unter denn der letzte selbig geschlechts,

[p. 187] [scan. 267]


1
mit nahmen Theodorus

22
Auch hier liegt wieder eine Vertauschung der Gf.en von Egisheim und von Werd vor: 1238
23
starb Gf. Heinrich I. von Werd, dessen Sohn und Nachfolger zu diesem Zeitpunkt noch nicht
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geboren war ( Stammtafeln VI T. 151). Dreizehn Jahre zuvor war die Erbin der Gf.en von
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Dagsburg (Egisheim) kinderlos gestorben ( ebenda T. 160; LMA III, 431). Der Name Theo-
26
dorus taucht in dieser Generation bei beiden Familien nicht auf (vgl. aber Zedler VIII,
27
312f.). Das Jahr 1218 ist wahrscheinlich eine weitere Verwechslung. In diesem Jahr starb der
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letzte Zähringerhg. Berthold V. (um 1160–1218) ( NDB II, 161f.).
, etwan umbs jahr Christi 1218 oder, wie etliche wollen, 1238 mit
2
todt abgangen, haben drey partheyen sich umb dessen succession angenommen, alß erstlich
3
die graven von Habspurg, darnach die graven von Hohenberg und drittens die graven von
4
Öttingen

29
Durch die Heirat der Erbin der Gf.en von Werd, Adelheid (gest. 1387), mit Gf. Friedrich II.
30
von Oettingen ( Zedler XXV, 805; Stammtafeln VI T. 151) hatten die Oettinger Besitz im
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Elsaß, dessen Restitution noch 1651 gefordert wurde ( Meiern, APE II, 858). – Die Habsbur-
32
ger waren schon vor dem 13. Jh. im Elsaß begütert ( LMA IV, 1815f.). – Die Gf.en von Ho-
33
henberg waren dagegen nicht im Elsaß begütert; allerdings waren sie mit den Habsburgern
34
verschwägert ( ADB XII, 659–669; Stammtafeln I T. 144).
. Unter den graffen von Habspurg ist principal gewest graff Rudolph

35
Rudolf von Habsburg (1218–1291), 1273 Kg. ( Hamann, 402–406).
. Der hat
5
sich mit den graven von Hohenberg verglichen und den halben theil deß landes, nemblich
6
daß Obere Elßaß, darinnen Enßißheimb

36
Ensisheim, Stadt im Oberelsaß, Sitz der vorderösterreichischen Regierung ( Stein, 622f.).
liegt, uberkommen. Das andere theil, alß Unterel-
7
ßäß, ist den graven von Öttingen gebliben, die solchen hernach an daß stifft Straßburg
8
verkaufft, dahero sich folgende bischöffe auch etwa landtgraven in Elßäß geschriben und
9
viler herrschaften und güetter darinnen bemechtiget, die theils uff heütigen tag noch zum
10
selbigen bistumb gehören

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Die Bf.e von Straßburg hatten bereits 1359 die Lgf.enwürde im Unterelsaß, die zu diesem
38
Zeitpunkt nur noch ein Ehrentitel war, von den Gf.en von Oettingen aufgekauft (vgl. Anm. 4)
39
( Dollinger, 86; LMA III, 1855).
. Und weil bey diser controversia vil andere mehr ständ sich ein-
11
gemischt, ist ein grosser theil deß landes andern herrschafften mehr unterwürffig bliben, die
12
theils uff heütigen tag noch immediate vom Reich dependiern oder sonst ihre gewisse frey-
13
heiten und exemptiones haben, alß der abbt von Murbach

40
Murbach, reichsunmittelbare OSB-Abtei, 727 gegründet; seit 1555 war die Abtei Luders mit
41
Murbach verbunden, 1626–1662 war Ehg. Leopold Wilhelm Abt ( 2 LthK VII, 694; Stein,
42
30f., 37).
, die herzoge von Wirttenberg
14
und Lothringen, die marggraven von Baden, die graven von Hanaw und andere mehr vom
15
adel

43
Das Haus Württemberg hatte 1397 die Gft. Mömpelgard und im 15. und 16. Jh. noch einige
44
kleinere Besitzungen erworben, unter ihnen die Gft. Horburg-Reichenweier ( Rencker,
45
157–161; Overmann, 106f.; Stein, 31f., vgl. ebenda Karte III). – Das Hgt. Lothringen hatte
46
im Elsaß 1583 Pfalzburg erworben; zum lothringischen Besitz gehörten außerdem Lixheim und
47
Saarburg. Die beiden erstgenannten Besitzungen waren 1629 zu Reichsft.ern erhoben worden
48
( Stein, 181, 442f.; Klein, 155f.). – Die Mgf.en von Baden besaßen im Unterelsaß die Herrschaft
49
Beinheim ( Rencker, 157). – Die Gf.en von Hanau waren 1480 und 1570 nach dem Aussterben
50
der Gf.en von Lichtenberg zu deren Territorium im Elsaß gekommen. Der Besitz erstreckte sich
51
von der Pfalz entlang des Vogesenfußes bis in den rechtsrheinischen Bereich ( Stein, 27, vgl.
52
ebenda Karte II). – Zu den kleineren Territorien im Elsaß vgl. ebenda, 27f.
; haben vil unterschidliche herrschafften und güeter, welche sie gantz nit von Öster-
16
reich recognoscieren. Eß seind auch in dem lande unterschidliche freye reichsstätte neben
17
Straßburg gelegen, alß Hagenaw, Colmar, Schlettstatt, Weissenburg, Landaw, Münster in

[p. 188] [scan. 268]


1
St. Gregorithal, Keisersberg, Türckheim, Oberheim und Roßheim

21
Gemeint sind hier die elsässischen Reichsstädte der Dekapolis: Hagenau, Colmar, Schlettstadt,
22
Weißenburg, Mülhausen (1515 ausgeschieden), Münster im Gregoriental, Oberehnheim, Kay-
23
sersberg, Rosheim, Türkheim und Landau (seit 1511), die seit 1354 und erneut seit 1418 in
24
einem Bund zusammengeschlossen waren ( Sittler ; Seidel, 46).
. Die landtvogtey zue
2
Hagenaw

25
Die Reichslandvogtei Hagenau war im Zuge der Revindikationspolitik Rudolfs I. zur Wieder-
26
gewinnung und Verwaltung des Reichsgutes im Elsaß gegründet worden. Die Vogteirechte, die
27
im 17. Jh. von den Habsburgern ausgeübt wurden, umfaßten die Mitwirkung bei bestimmten
28
städtischen Wahlen in der Dekapolis, die Bestimmung über den Reichswald Hagenau und ca.
29
45 Reichsdörfer sowie verschiedene Lehensrechte ( HRG IV, 699–703; Repgen, Verhand-
30
lungstechnik, 640).
ist fast das beste stuckh in Unterelßäß, welches Österreich besizt (dan dazue
3
gehören etliche von ietzbemelten reichsstätten sambt einer grossen anzahl dörffer), aber eine
4
reichspfandtschafft und vor zeiten bischoff Berchtolden von Straßburg

31
Berthold II. von Buchegg (vor 1279–1353), 1328 Bf. von Speyer und von Straßburg ( NDB
32
II, 158).
zum halben theil
5
umb 44 000 gulden pfandtweiß uberlassen, folgents der Churpfaltz für geleiste hilff wider
6
die statt Hagenaw in anno 1406 von einem andern bischoff frey und ledig ubergeben wor-
7
den

33
Vermutlich ist hier nicht die Verpfändung der Reichslandvogtei Hagenau, sondern die Ver-
34
pfändung der Vogtei Ortenau gemeint ( Stein, 28). Die Vogtei Hagenau wurde 1408 an den
35
pfälzischen Kurf.en verpfändet ( Schaab, 136f.).
. Folgents hat kayser Sigismundus

36
Ks. Sigismund (1368–1437), 1378–1388 Mgf. von Brandenburg, 1387 Kg. von Ungarn, 1410
37
röm. Kg., 1419/1436 böhmischer Kg., 1433 Ks. ( Koller). – Tatsächlich hatte Sigismund am
38
11. Januar 1423 den Pfg.en und ihren Erben, soweit sie die Kf.enwürde innehätten, die Land-
39
vogtei im Elsaß für 50 000 Gulden verpfändet ( Regesta Imperii XI nr. 5447).
umbs iahr 1423 nit allein solche ubergab bestetti-
8
get, sondern auch den halben theil gegen erlegung 50 000 goldgulden darzuegeschlagen, so
9
lange zue besizen und zu genießen, biß von Römischen Kaysern und königen solche 50 000
10
gulden wider bezahlt wurden. Und obwohl underschidliche enderungen damit fürgangen,
11
ist sie doch bey selbigem Pfalzischen hauß verbliben, biß kayser Ferdinandus I., hochlöb-
12
lichsten

20
12 angedenckens] Im Konzept (fol. 44): angedechtnus.
angedenckens, solche anno 1558 abgelöst und ahns hauß Österreich gebracht

40
Im Gegensatz zu der im Ga. geäußerten Auffassung war die Reichslandvogtei im Elsaß bereits
41
von 1504 bis 1530 in österreichischer Hand gewesen. Den Pgf.en wurde 1530 auf dem RT zu
42
Augsburg die Landvogtei erneut verpfändet; jedoch war in der Pfandverschreibung die erneute
43
Auslösung des Pfandes durch Österreich vorgesehen. Im Jahr 1557 schlug Ks. Ferdinand I.
44
diese Auslösung vor, die nach Aufbringung der erforderlichen Geldsumme im April 1558 er-
45
folgte. Anders als im Ga. angedeutet, wurde nicht die unter Sigsimund festgesetzte Pfand-
46
summe von 50 000 Gulden bezahlt, sondern ein Betrag von 40 000 Gulden sowie einige an-
47
dere Schuldsummen in Höhe von über 15 000 Gulden ( Becker ; Stein, 28).
. Im
13
Sundtgau ist die grafschafft Pfirt, welche nach absterben deß lezten graven von selbigem
14
geschlecht in anno 1324 durch seine dochter Johannam, alß herzog Albrechten von Öster-
15
reichs gemahlin, ans hauß Österreich gebracht worden

48
Johanna von Pfirt (1300–1351), Erbtochter von Pfirt, Tochter von Gf. Ulrich III. von Pfirt
49
(gest. 1324) und Johanna von Mömpelgard (gest. 1347/1349), heiratete 1324 Hg. Albrecht II.
50
von Österreich (1298–1358), 1330 Übernahme der Regierung in Österreich und Steiermark
51
( NDB I, 168f. ; Stammtafeln VI T. 146; Hamann, 34f., 179f.).
, darinnen nun auch underschid-
16
liche reichsstendt und herrschafften gelegen, welche andern zuegehören.

17
Von allen disen landen und herrschafften nun können die gehorsamsten räthe noch derzeit
18
nicht finden, daß daß löbliche hauß Österreich sich einiger session und stimm uf reichs-
19
oder creißtagen absonderlich gebraucht hete. Ob es aber davon in complexo mit und neben

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1
den andern Österreichischen erblanden, so eigentlich ein ganzen creiß begreiffen, session
2
und votum gebraucht, werden die herrn Österreichischen räthe am besten wißen. Solte dan
3
daß haus von Östereich dergleichen weder separatim noch coniunctim nicht gehabt haben,
4
so were es ein guetes argument, die Franzosen von ihrer praetension dardurch zu diver-
5
tirn.

6
Es considerirn aber die gehorsamsten räthe dargegen, daß wangleich daß hauß Österreich
7
sich dergleichen gerechtigkeit nit gebraucht hette, daß doch die Franzosen, wan ihnen ein-
8
mahl solche lande als ein feudum Imperii oder auch nur alß ein allodium verschriben wer-
9
den solten, dennoch befuegt weren, session und votum davon zu begern auß ursachen, daß
10
gemelte lande einmahl ein immediatstandt deß Römischen Reichs gewesen und in solcher
11
qualitet vom hauß von Österreich besessen worden, quilibet autem status Imperii immedia-
12
tus habet ius sessionis et voti in comitiis Imperialibus, und kan davon wider seinen willen
13
nit außgeschloßen werden.

14
Zum andern mögten auch die reichsstendt selbst, insonderheit die catholischen, nit gern
15
sehen, wan den Franzosen solches ius verweigert werden solte, sonderlich wan es dagegen
16
den Schweden wegen Pommern gestattet würde, dan eine cron für der anderen disfalß nit
17
conditionis deterioris zu achten, und so guet die protestirende an Schweden wegen irer reli-
18
gion ein beystandt suchen in consiliis zu haben, so guet werden auch die catholischen der-
19
gleichen sich bey Franckreich getrösten und dannenhero inen in diser praetension schwer-
20
lich ablegen.

21
Es dürffte auch fürs dritte eine unbeliebende weitleuftigkeit und disputation wider die cron
22
Spanien erweckhen, indem die cron Franckreich einwenden möchte, weil sy nunmehr ein
23
feudum regale Imperii cum titulo legali et ex pacto publico besizen thete, so sey sie ebenso-
24
guet alß Spania zur session und voto in den reichsräthen qualificirt, und wie mehr man sich
25
darwiderstreben wolte, wie weniger man damit richten möchte.

26
Es befinden zwar die räthe, daß es sehr vil unglegenheit causirn wirdt, wan die Franzosen
27
dergestalt ad iura statuum Imperii legitimirt wurden, dan sie künftig die irigen auch auf die
28
hohen stiffter bringen und mit der zeit wohl gar zue Kayserlicher hocheit sich gnugsam
29
qualificirt erachten möchten. Aber die gehorsamsten räthe sehen diserzeit kein mitl, wie
30
daßelbe füeglich abzuwenden, es were dan sach, daß man alles, was inen von disen landen
31
gelaßen würde, vom Reich genzlich eximirn und inen gleich wie die drey stiffter Mez, Tull
32
und Verdun

46
Die drei Stifter Metz, Toul und Verdun standen seit der Wende vom 16. zum 17. Jh. unter
47
dauernder frz. Protektion, nachdem sie 1552 durch Heinrich II. (1519–1559; 1547 Kg. von
48
Frk.) besetzt worden waren ( Zedler ; Dickmann, 35–38; Stein, 48–54). Trauttmansdorff
49
hatte Frk. im Dezember 1645 einen Rechtstitel (titolo) über die drei lothringischen Hst.e und
50
die Reichsstadt Metz anbieten lassen ( Repgen, Zessionsbestimmungen, 533). Volmars Entwurf
51
des ksl. Textvorschlags für das IPM vom 27. April (nr. 44 Beilage 1) sah die Abtretung der
52
iura superioritatis der genannten Hst.e und der Reichsstadt Metz vor.
zu irer cron incorporirn laßen wolte, welches aber die stendt des Reichs auch
33
nit gern gestatten wurden.

34
Und ob man wohl dabei ein anders mitl in fürschlag gehat, daß inen etwan zuegemuetet
35
werden solte, wan sie session und votum wegen des Elsas haben wolten, so solten sie Mez,
36
Tull und Verdun darzueschlagen und also von demselbigen ganzen corpori ein session und
37
stimm, gleich wie Schweden von Pommern, Bremen und Verden, haben und, da sie sich
38
deßen verweigerten, so hete man etwae beßere ursach, ihr petitum hernach abzuschlagen, so
39
besorgen doch die räthe, es werde solches nit wol vonstatten gehen, aldieweil uff Metz, Tull
40
und Verdun den iuribus Imperii so weit schon renunciiret und sich nit leicht zurughandlen
41
lasst, auch dises alß ein newer fürschlag nur ein newe remoram zue dem so hoch verlangten
42
fridenschluß causiern wurde.

43
Derowegen die gehorsambste räthe vermeinen, eß seye daß sicherste und beste, noch zur
44
zeit wegen session und stimm vor Elßäß gantz nichts zue moviren, sondern zue sehen und
45
zue erwarthen, ob die Franzosen solche selbst begehren und urgieren würden. Thun sie es

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1
nicht, so hat man disseits auch zu schweigen, urgiern sie es aber, so hette man es ledig an die
2
stende zue weisen und ex parte Eurer Kayserlichen Mayestät sich weder mit ia noch nein
3
vermercken zu lassen, biß die stendte darüber ihr guetachten abgelegt. Die werden auch am
4
besten ermessen, wan ihnen, den Franzosen, session und stimm gegeben werden solte, waß
5
ihnen für ein locus einzueraumen und wie sie sich dißfahls gegen andere zu comportieren
6
hetten, nach welchem alßdan Eure Kayserliche Mayestät alß daß oberhaubt der sachen vol-
7
lents ihren außschlag geben und immittelst ihres haußes abgesanten im fürstenrath die not-
8
turfft auch bedencken lassen könten. Jedoch stehet alles zue Euer Kaiserlicher Majestät
9
allergnädigstem wohlgefallen, dero sich die räthe allerunthertänigst gehorsam befehlen.

10
Conclusum: Ihrer Kayserlichen mayestät einzurathen, daß deroselben ertzhauß, auch dem
11
Heyligen Römischen Reich selbst, umb allerhandt inconvenientien zue verhuetten, am nutz-
12
lichsten seye, daß beede Elsäß sambt dem Suntgaw weder iure feudi noch allodii der cron
13
Franckreich uberlassen, sonder vilmehr totaliter von dem Reich eximiert und der cron, so
14
weit man sich der königlichen linien halben in tractatu vergleichen würd, incorporiert
15
werde. Da es aber ia nit zue erheben, dem herren obristen hoffmeistern freye hand zu lassen,
16
was undt wie weit er die session et votum decliniren möchte können, da auch der fried
17
daran hafften solte, derentwegen denselben nit ufzuhalten. Ratione loci et ordinis in ses-
18
sione, da es darzu khommen solte, in acht zu nehmen des löblichen ertzhauß praerogativ
19
und praecedentz in omnibus, im ubrigen es uff die ständt zu remittiren.

20
2. Von allem dem Spanischen pottschaffter parte zue geben. Haec relata et conclusa absente
21
Caesare.

22
Hora 10 post obitum augustissimae Imperatricis pientissimae memoriae

43
Maria Anna (1606–1646), Tochter Philipps III. von Spanien, seit 1631 mit Ferdinand III.
44
verheiratet, starb am 13. Mai ( Hamann, 289ff.).
comparuit Caesar
23
primo in consilio et relata ipsi omnia ut superius. Placuere omnia suae maiestati et iussum,
24
ut votum ipsum comiti a Trautmanstorff una cum concluso transmitteretur. Haec facta
25
17. Maii mane.

26
A prandio communicata omnia cum oratore Hispanico

45
Terranova, vgl. [nr. 1 Anm. 8] .
, cuius ea mens fuit: Non expedire
27
omne ius Imperii in Alsatias adimere et coronae Galliae easdem incorporare, nec etiam, ut
28
sessionem et votum habeant. Praestare, ut recognoscant hoc nomine Galli Imperium, ut iure
29
feudi possideant, sed sine sessione et voto, prout status Mediolanensis aliique complures
30
status in Italia praestant

46
Karl V. hatte 1540 Philipp II. von Spanien (1527–1598; 1556 Kg.) mit Mailand belehnt.
47
Diese Belehnung erfolgte an die Krone Spanien und auf ewig ( Dickmann, 289; HEG III,
48
883).
, et tenentur ad obedientiam et fidelitatem, quamvis sessionem et
31
votum non habeant. Pericula, oppositiones, arma,

41
31 aemulationes] In der Kopie nachträglich eingefügt.
aemulationes Gallorum, quae imminent
32
ex sessione et voto, non defutura, quamvis etiam sessionem et votum non habitura sit Gallia.
33
Cum responsum fuisset Gallos, si quid respectus in Caesarem vel contributio reservaretur,
34
tanto magis inhaesuros sessioni et voto, replicavit

42
34–40 legatus – expedire] Fehlt im Konzept; das Konzept bricht nach replicavit ab.
legatus sessionem et votum a sua maiestate
35
omnino denegandam; si quid aliud urgeant et quasi cogant suam maiestatem status Imperii,
36
cedendum fore vi maiori.

37
18. Maii

49
Die Weisung, die in der Ausfertigung eindeutig das Datum des 17. Mai trägt, ist offensichtlich
50
erst einen Tag später, nach der hier angeführten Entscheidung Ferdinands III., ausgefertigt
51
worden.
relatum herum suae Maiestati, quis sensus esset legati Hispanici, et conclusit Cae-
38
sar: Mittantur domino comiti a Trautmanstorff omnia ista temperamenta et relinquantur
39
ipsius discretioni, quid pro ipsius dexteritate et integritate iudicaverit secundum cursum
40
tractatus augustae domui omnium maxime expedire.

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