Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
36. Nassau und Volmar an Trauttmansdorff, Lamberg und Krane Münster 1646 April 25
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Münster 1646 April 25
Kopie: Giessen 210 nr. 91 S. 1013–1018 = Druckvorlage – Konzept: RK FrA Fasz. 92 VIII
nr. 1166 fol. 347–349 – Druck: Gärtner IX nr. 49, 203–207.
Kurmainzischer Anspruch auf die Bergstraße und Beschwerde gegen hessen-kasselische Satisfak-
tionsforderungen . Beschwerde Kurtriers wegen Ehrenbreitstein und Hammerstein.
Gestrigen tages haben die Churmaynzischen bey uns angebracht, nachdem
bey gegenwärtigen friedenshandlungen nunmehr auch von restitution der
Pfälzischen erben zu tractiren seyn werde und darbey ihr gnädigster churfürst
und herr wegen deren an der Bergstraße gelegener ämter, so hievor diesem
von der erzstift Maynz an Churpfalz mit vorbehaltener ewiger wiederlosung
versezt worden
Die kurmainzischen Ämter Starkenburg, Heppenheim, Bensheim und Mörlenbach an der
Bergstraße waren 1461 an Kurpfalz verpfändet worden. 1544 wurden auch Sobernheim,
Monzingen und Böckelheim als Pfand gegeben (Druck der entsprechenden Texte: DuMont
III.1, 291ff.; ebenda IV.2, 278f.). Diese Gebiete hatte Mainz 1644 wieder in Besitz genom-
men , ohne jedoch die Pfandsumme zu zahlen ( Mentz II, 63f.; Jürgensmeier , 125f.).
churfürstlichen gnaden befehl empfangen, sich bey uns anzumelden und zu
ersuchen, daß wir in bedeuter Pfälzischen restitutionshandlung gegen den
herrn mediatorn und der beeden cronen plenipotentiariis wegen restitution
der Untern Pfalz ausdrücklich dahin eröfnen, daß ihre Kayserliche majestät
darvon die dem erzstifft Maynz an der Bergstrase gehörige und durch recht-
mäßige bekänntnis zugeurtlete ämter per expressum ausgenommen haben
wolten, nicht zweyfelnd, daß uf solche fall der sachen würde geholffen wer-
den mögen, wie sich dann herr nuntius Apostolicus solchen vorschlag sehr
wohl hätte gefallen laßen und das seinige darbey nach äuserstem vermögen
anzuwenden erbothen. Sie haben uns auch zu mehrer information beylie-
gende schrifft übergeben.
Sodann beschwerten sie sich wieder die Heßen Caßelischen deputatos, wel-
che ihres vernehmens befehlicht seyn sollen, drey ansehnliche, der erzstifft
Maynz zugehörige ämter
an das fürstenthum Heßen Caßel zu behalten, mit fleyßiger bitte und begeh-
ren , weil dis je aller billigkeit entgegen- und zuwiederlauffen thät, auch mit
der amnestie, welche billig reciproca inter status Imperii seyn soll, nicht be-
stehen könnte, wir wolten solche unbilliche praetension abzuwenden uns an-
gelegen seyn laßen und nicht zugeben, daß diese churfürstliche erzstifft mit
augenscheinlichem verlust so vieler catholischer seien dergestalt an ihren ein-
und zugehörten gestimmlet werden, deßen alles auch Euren Exzellenzen und
dem herrn umständlich berichten, auf daß sie an ihren wohlvermögenden or-
then gleichergestalt darzu mit würden helffen thun. Wir unserstheils finden
dis begehren und anlangen billich und halten ihrer Kayserlichen mayestät al-
lergnädigsten intention gemäß zu seyn, daß ihrer churfürstlichen gnaden
hierunter nach äuserster mögligkeit an hand gegangen werde. Haben allein
zu erwarten, was Eure Exzellenzen und der herr an ihren orthen am rathsam-
sten zu seyn erachten werden, damit wir uns zugleich deme zu conformiren
wißen mögen.
Heut nachmittag seynd die Churtrierische gesande
Kurtrierische Ges. auf dem WFK seit 1645 Oktober waren: Eltz, Breuer, Anethan und Scherer,
der zugleich im FR die Voten für das Hst. Speyer, die Propsteien Odenheim, Weißenburg und
die Abtei Prüm führte. Der Offizial Dr. Johann Dietrich Breuer ( Abmeier , 19f.) wurde schon
im Dezember 1645 seines Postens enthoben. Im Gegensatz zum Prinzipalges. Eltz und zu
Anethan war Scherer Vertrauensperson des Kf.en. Eltz verließ im Sommer 1647 den Kongreß,
im Juli 1648 Anethan ( Abmeier , 17–23). – Hugo Friedrich von Eltz-Blieskastel-Rodendorf
(1597–1658), Domherr zu Würzburg, Domkapitular von Trier und Mainz ( Dohna , 120). –
Lic. iur. Johann Anethan (1594–1668), seit 1620 in kurtrierischen Diensten, 1629 Kanzler
( Repertorium , 540; Abmeier , 18f., 22). – Dr. iur. Hermann Adolf Scherer (gest. 1685),
speyrischer Rat ( Abmeier , 21f.).
haben vorgebracht, daß sie von ihren gnädigsten herrn
Philipp Christoph von Sötern (1567–1652), 1610 Bf. von Speyer, 1623 Kf. und Ebf. von
Trier, 1635–1645 in span. und ksl. Gefangenschaft ( ADB XXVI, 50–69 ; Abmeier ).
worden , sich bey uns wegen so langer vorenthaltung der vestung Ehrenbreit-
stein
Ehrenbreitstein war eine kurtrierische Festung gegenüber von Koblenz, 1632 Einräumung des
Besatzungsrechtes für die Franzosen bis Kriegsende, 1637 durch den bay. Reitergeneral Werth
erobert ( Lahrkamp , Werth, 66–78) und durch Übergabevertrag als Depositum dem Kf.en
von Köln übertragen; 1645 erzwang der Ks. freies Verfügungsrecht über die Festung ( Ab-
meier , 90–92).
churfürstliche gnaden bis daher nicht allein die völlige abtretung berührter
vestung Ehrenbreitstein nicht hätten erhalten, sondern auch nicht nur soviel
zuwege bringen könnten, daß zum wenigsten der commendant daselbst
In den Jahren 1643–1646 war Johann Konstantin von Neukirch, gen. Nivenheim (gest. 1657,
kurkölnischer Obrist und Generalmajor, Amtmann zu Kaiserswerth) Kommandant von Eh-
renbreitstein . Sein Verhältnis zu Sötern war sehr gespannt. Ende Mai/Anfang Juni 1646 wurde
er abgelöst ( Abmeier , 91f., 107ff.).
ändert und ein ander von deren hierzu ihro Kayserlichen majestät vorgeschla-
genen subiectis vorgenommen werden mögte, seiner churfürstlichen gnaden
auch allerhand verdruß von dem iezigen commendanten zugefügt und iezt
erst unterm praetext nothwendiger fortificationsgebäuen ein zoll aufgeschla-
gen worden, so wären sie gänzlich entschloßen, wo der sachen nicht unein-
stellig geholffen, sich um dieses hauß recuperation mit ernst anzunehmen
und nicht allein der creyß, sondern auch deren ihr assistirenden cron Franck-
reich hülfe zu bedienen. Desgleichen wolten sie begehrt haben, die besazung
auf Hammerstein abzuschaffen, dann sie willens, selbige fortificationes zu
schleiffen und abzuwerffen.
Wir haben geantwortet, es wären dieses solche sachen, so an die Kayserliche
generalität gehörig und mit denen wir in krafft unserer instruction nichts zu
schaffen. Hörten zwar nicht gern, daß ihre churfürstliche gnaden von bemel-
den commendanten uf Ehrenbreitstein beunlustiget werden sollen, hergegen
würde aber auch beschwerlich fallen, wan eben selbige zu der zeit, da man
ohnedas in voller friedenshandlung begriffen und mit ehestem zu einen
schluß zu gelangen verhoffte, wodurch dann die geklagte beschwehrungen
von selbsten aufhören würden, zu einiger neuen empörung anlaß geben sol-
ten . Es wäre leicht zu gedencken, daß ihre Kayserliche mayestät sich disorths
an ihrer churfürstlicher gnaden gegebenen revers
Dem Ks. stand zwar laut Revers, der bei der Entlassung des Kf.en Philipp Christoph von Trier
aus ksl. Haft unterzeichnet worden war (zum Druck vgl. Abmeier , 14 Anm. 57), freies Ver-
fügungsrecht über Ehrenbreitstein zu, jedoch konnte der Kf. erreichen, daß die Garnisonsbesat-
zung auch auf ihn vereidigt wurde ( Abmeier , 92f.).
seyn werden, daß es billig dabey zu verbleiben und sie inmittelst was anders
vorzunehmen keine ursach hätten. Wegen Hammerstein wären ihre Kayser-
liche mayestät entschloßen, die Lothringische guarnison abzuschaffen und
das hauß mit andern Kayserlichen immediatvölckern unterm commando des
herrn feldmarschallen grafen von Holzapfel
Peter Reichsgf. von Holzappel, gen. Melander (eigentlich Peter Eppelmann), (1589–1648;
1641 Reichsgf.), calv., zunächst in ndl., venezianischen und hessen-kasselischen Diensten, 1642
ksl. Feldmarschall, 1645 November-1647 Mai Oberkommandierender der ksl. Armee im nie-
derrheinisch -westfälischen Reichskreis, 1646 Oktober Mitglied des Wetterauer Gf.envereins,
1647 Mai Oberbefehlshaber der ksl. Hauptarmee ( NDB IX, 571 ; Schmidt , Wetterauer Gra-
fenverein , 585f.; Salm , 28f.).
Hierauf sagten die gesanden, sie hätten ihro churfürstlichen gnaden vor die-
sem selbst geschrieben , daß man sich bis zu endigung dieser friedenstracta-
ten möchte zu gedulden haben. Deßen ungeacht aber wäre ihnen dieser neue
befehl zukommen. Sie bäthen, wir wolten wenigst dahin bedacht seyn, dem
commendanten zuzuschreiben, daß er die geklagte neuerungen abschaffen
und sich beßerer bescheidenheit gegen ihrer churfürstlichen gnaden bezeigen
wolte. Und dieweil sie sonderlich ein solches an Eur Excellenz, herrn grafen
von Trautmannsdorf, zu gelangen gebethen, so haben wir deme stattthun und
erwartten sollen, was deroselben gefallen möchte, diese churfürstlichen ge-
sanden ferner bescheiden zu laßen.
[ Kurmainzische Informationsschrift betr. Bergstraße ]. Fehlt, vgl. aber Declaration und Deduc-
tion der kurmainzischen Gesandten zu den pfälzischen Partikularverhandlungen in Wien betr.
die Bergstraße, Wien 1642 Januar 16, dict. 1647 März 3 (st.?), Druck: Meiern IV, 359–362
(mit Beilage S. 362–366).