Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
26. Trauttmansdorff an Ferdinand III Osnabrück 1646 April 23
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Osnabrück 1646 April 23
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 64–64’, 67, PS fol. 68, praes. 1646 Mai 3 – Druckvorlage
– Konzept: Klattau TA Ka. 15 Inv. nr. 391 fol. 130–131 (ohne PS); TA Ka. 111 Z 5 nr.
69–70 unfol. (PS) – Druck (Regest): DB VII nr. 808, 264.
Französisch-spanische Verhandlungen: Bitte um zusätzliche kurbayerische Vermittlung. Wenig
französische Hilfe bei Verhandlungen mit Schweden.
PS Kurbayerische Erinnnerung an kaiserliche Verpflichtungen aus dem Krieg.
Ewer Kayserliche Mayestät werden von dem duca de Terranova ungezweivelt
vernehmen, waß sich die Spanische plenipotentiarii des fridens halber mit
Franckhreich erklert haben, welches einmahl solche erbiethen seindt, daß ich
nit sehe, wie die cron Franckreich solche mit füegen außschlagen könne, eß
seye dan, daß dieselbe einen ewigen krieg zu führen begeren, sonst bekennen
die Frantzösische plenipotentiarii selbst, daß der friedt mit dem Reich ohne
Spanien nicht geschlossen noch einigen bestandt haben könne, dahero die-
ienige irr gemacht werden, welche vermeinen, daß Franckhreich mit dem
Reich allein schliessen werde. Wie ich dan gestern bey meiner dem Servient
alhie erstatteter visita wohl soviel wahrgenommen, daß sy sich mit der unser-
seits wegen Elsas unnd an seithen der Spanischen wegen hinderlassung der
graffschaft Rossilion unnd der in Artoys inhabender vestungen gethaner ob-
lation gar nicht zufriden sein unnd solche gleichsamb fur nichts schätzen
wollen. Man underlast zwar nicht zu Munster vermittelst der mediatorum
bey denen Frantzösischen gesandten und dan durch iezgedachte mediatores
bey dem nuncio
Venezianischer Botschafter in Paris war seit 1643 Giovanni Battista Nani (1616–1678/82),
seit 1641 hohe Ämter in der Republik Venedig, 1652 Ernennung zum Historiographen der
Republik, 1654–1660 als ordentlicher und ao. Botschafter am Ks.hof und in Frankreich, ver-
faßte u. a. die Historia della republica Veneta, zuerst Venedig 1662 ( ABI, 690, 259–272,
300–303; Jöcher III, 809f.; Repertorium , 548f.).
thuen, daß sy an selbigem hoff alle guete officia zu annehmbung solcher bil-
ligmessigen conditionen einwenden wolten. Eß will aber der Spanischer pott-
schaffter , conte Penneranda, darvorhalten, weilen Churbayren mit obgedach-
tem nuncio zu Paryß correspondiren thuet, daß eß der sachen nit wenig be-
furderlich sein würde, wan auch ihre churfurstliche durchlauchtt ihresorths
demselben die billigkeit der den Franzosen beederseits gethanen oblation re-
monstriren und denselben ersuchen theten, bey der cron Franckreich zufolg
der ihrer durchlauchtt gegebener vertröstung fernere instanz zu thuen, zu
welchem endt dan deroselben ich lauth hiebeygefuegter abschrifft zuege-
schrieben habe.
Sonst hat obgedachter Servient, alß ich ihme remonstrirt, daß die Schweden
von denen beeden stiffteren Bremen und Verden neben gantz Pommeren
nicht weichen wolten, mit ersuchen, sy dahin zu disponiren, daß sy gemelte
stiffter zuruckhlassen möchten, mir selbst bekendt, daß er zwar den Schwee-
den zuezusprechen kein bedencken hette, dieselbe darzue zu disponiren
stunde in seiner macht nit, unnd, wie ich replicirte, die protestirende könten
sich auff die Schweden verlassen, sy theten auch denselben sonderlich in sa-
chen die religion betreffendt ganz eyfferig beystehen, hingegen daß man nit
spürte, daß die catholische sich auff die Frantzosen alß ihre glaubensgenossen
das geringste verlassen könten, hat er auch solches nicht widersprochen.
PS Auß beygefuegter abschrifft ersehen Ewer Kayserliche Mayestät allergne-
digst , waß die Churbayrische abgesandten zu Munster an mich under dato
den 20. diß monats Aprilis geschrieben, daß nemblich ihre churfurstliche
durchlauchtt, wan die Obere Pfaltz nit solte ewig unnd proprietarie zu erhal-
ten sein, sich pure ahn Ewer Kayserliche Mayestät und dem land ob der Enß
wegen dero gerechter privilegiirter schuld halten werden. Wie nun hierauß
die schlechte erkandtnuß so vieler von Ewer Kayserlicher Majestät unnd dero
hochloblichsten ertzhauß empfangenen gnaden unnd wohlthaten erhellet,
also waiß ich mit diesen leuthen mich dißorths in kein schrifftwechßlung
oder disputirung einzulassen, dan hoffentlich der casus iezo sich nicht bege-
ben möcht. Eß wirdt aber endtlich menniglich, ia den cronen selbsten ver-
driessen , daß Bayren alles geschliffen unnd auß anderer leuth beutel den fri-
den erkaufft unnd bezahlt haben, von dem seinigen aber nichts hinderlassen
oder contribuiren wolle.
Beilagen [ 1 ] – [ 2 ] zu nr. 26
Beilage [ 1 ] zu nr. 26
Trauttmansdorff an Kf. Maximilian I. von Bayern, Osnabrück 1646 April 23. Kopie: RK FrA
Fasz. 50b fol. 65–65’.
Der königliche Spanische plenipotentiarius und principalgesander zu den universalfriedens-
tractaten , herr graff Penneranda, hat mir durch seinen mitabgesanden, Dr. Brün, parte geben
lassen, waßmassen sie nit weniger ihresohrts den herrn mediatoribus an hand gegeben, bey
denn Französischen plenipotentiariis zu versuchen, ob gegen uberlassung der graffschafft
Rossiglion, auch der statt Arras und anderer von ihnen in Artois inhabender platze neben
denen ihnen offerirten vier plätzen
ihres rechtens auff der Underen Pfaltz jenseits Reins mit der vestung Franckenthal
umb soviel ehender möchte erhebt werden, wie solches Ewer Churfürstlicher Durchlaucht
dero abgesandten ungezweivelt auch gehorsamist berichten werden.
Um die Verhandlungen mit Frankreich zu unterstützen, haben die kaiserlichen Gesandten in
Münster die Mediatoren gebeten, durch den Nuntius und den venezianischen Botschafter in
Paris den französischen Hof zur Annahme der kaiserlichen und spanischen Angebote zu be-
wegen .
Nachdem ich aber auß Ewer Churfürstlicher Durchlaucht ein zeithero ahn mich abgange-
nen gnedigsten communicationschreiben soviel wahrgenommen, daß zu deroselben ge-
dachter nuncius ein sonderbahre underthenigste confidentz tragt und deroselben von dem
dasigen verlauff zu zeithen parte gibt, so ist mir beygefallen, daß es zu der sachen nicht
wenig befurderlich sein würde, wan Ewer Churfürstliche Durchlaucht das werck umb so-
viel mehrers zu facilitiren und zum schluss zu bringen, sich gnedigst gefallen lassen wolten,
ihme, nuncio, zuzuschreiben und denselben zu ersuchen, daß er von ihrentwegen nicht we-
niger gehoriger orthen mit remonstrirung der sachen billichkeit anregung und instantz thun
wolte, damit Franckreich endtlich sich mit so grosen oblationibus contentire, der christen-
heit den innerlichen frieden und die beschutzung derselben wieder den erbfeind vergönne.
Beilage [ 2 ] zu nr. 26
[ Haslang und Krebs ] an Trauttmansdorff, Münster 1646 April 20. Kopie: RK FrA Fasz. 50b
fol. 69.
Ewer Exzellenz sollen wir hiemit dienstlich, auch gehorsamblich nit verhalten, daß, weilen
conte Servient heut nach Oßnabrugg verreist, wir ihme causam Palatinam, die gravamina
und armistitium bestermassen recommendirt, welcher sich gantz willfahrig zu allem erklert,
auch daß er in der Pfaltzischen sachen sowohl gegen die herrn Schwedische legatos alß auch
die protestirende sich formaliter erkleren wolle, daß einmahl der cron Franckhreich mai-
nung , daß die churwürde bey unserm gnädigsten churfursten und herren und der gesambten
Wilhelmischen linea, auch die Obere Pfaltz deroselben in solutum ewig und proprietarie
verpleiben solle. Eß haben aber die herrn Frantzösische plenipotentiarii begert, daß Ewer
Exzellenz gegen den herrn Schwedischen gesandten, wan eß nit albereit beschehen, eben in
conformitet dessen und daß die Pfaltzische sach bey der Frantzösischen und Schwedischen
satisfaction conditio sine qua non seie, sich erkleren wollen. Uff die weiß, hielten sy darvor,
wurde die handlung und die Pfaltzische sach in effectu bald und pari passu mit beeder cro-
nen satisfaction ihre perfection erreichen.
In puncto gravaminum haben wir gebetten, daß er die Schwedische und protestirende uff
media suspensiva und ein gewisse anzahl jahr bewegen, dahingegen von ewiger renunciation
uff die geistliche guetter divertiren wolle, warbey er dan seine operam versprochen.
Eben bey beschliessung dieses, empfangen wir Ewer Exzellenz beliebtes antwortschreiben ,
darauf deroselben wir kurtzlich nicht bergen können, daß fals die Obere Pfaltz nicht solte
ewig und proprietarie zu erhalten sein, daß ihre churfürstliche durchlaucht pure an Kayser-
liche majestät und deren land ob der Enß wegen dero gerechten privilegiirten schuld sich
halten werden.