Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
20. Trauttmansdorff an Nassau und Volmar Osnabrück 1646 April 23
Osnabrück 1646 April 23
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 92 VIII nr. 1164 fol. 337, PS ebenda , praes. 1646 April 26.
Verhandlung mit Servien.
PS Gleichzeitiger Übergabetermin für Dupliken, Instrumentum pacis und Satisfaktionsangebot.
Ewer Exzellenz und der herr ersehen auß hiebeygefuegtem extractu protho-
colli , waß der alhie anwesende Frantzösischer gesandter Servient in der mir
gestern erstatteter revisita fast uber alle haubtpuncten dieser tractaten bey mir
angebracht unnd ich ihme geantwortet. Ich hab zwarn nit underlassen, gleich
bey ablauffender post ihrer hochfurstlichen durchlauchtt, dem ertzhertzogen,
wie auch ihrer Kayserlichen mayestät selbsten von dem ersten puncto armi-
stitii gehorsamiste nachricht zu erstatten , damit, wan dißorths ahn dieselben
etwaß gebracht werden solte, sy dessen vorher wissenschafft haben unnd unß
darüber dero allergnedigste und gnädigste resolutiones zuekommen lassen
könten und wolten.
PS Gleich wie unß der reichsständt bedenckhen
Vgl. dazu nr. 58 Beilage [1] sowie [ nr. 49 Anm. 1 ] .
Munster zugleich uberreicht wirdt, also wolt ich auch darvorhalten, daß wir
ebenergestalt ahn beeden orthen und auff eine zeit unsere duplicam, das in-
strumentum pacis und den punctum satisfactionis zugleich ubergeben solten
Zu der hier von Trauttmansdorff vorgeschlagenen gleichzeitigen Übergabe der Dupliken, der
beiden Textvorschläge für IPO und IPM sowie der Stellungnahme zu den frz. Satisfaktionsfor-
derungen kam es nicht. Der ksl. Textvorschlag für das IPM von 1646 April 27 blieb intern,
die (Langfassung der) Duplik an Frankreich vom 1. Mai 1646 ebenfalls, die Kurzfassung die-
ser Duplik wurde 1646 Mai 5, die Duplik an Schweden 1646 Mai 1, der ksl. Textvorschlag
für das IPO 1646 Mai 8 und die postrema declaratio 1646 Mai 29 übergeben (vgl. APW III
C 2.3, 115Rf, 118R, 120R).
Protokoll, Osnabrück 1646 April 23. Kopie: RK FrA Fasz. 92 VIII nr. 1164 fol. 338–339’ =
Druckvorlage; ebenda Fasz. 50b fol. 81–82’; ebenda Fasz. 91 II fol. 157–159’; ÖstA Tirol
Fasz. 20e S. 1232–1236.
Der französische Gesandte Graf Servien hat beim kaiserlichen Prinzipalgesandten Graf von
Trauttmansdorff von nachfolgenden sachen und puncten anregung gethan: 1. Erstlich hette
er wegen eines kleinen armistit
Zur Bereitschaft der frz. Ges. , mit den schwed. Ges. über einen vierwöchigen Waffenstillstand
mit dem Ks. zu verhandeln, vgl. APW II A 3 nr. 272. Siehe auch [ nr. 1 Anm. 9 ] .
zur andtwort geben, daß sie daruber nicht instruirt, sondern befelcht wehren, da derglei-
chen etwas an dieselbe gebracht wurde, sie solches ahn den veldtmarschallen Torstensohn
remittiren solten. Sie wolten aber noch selbigen tag, alß den 23. huius, Torstensohn deren-
wegen zuschreiben
meldete darbey, daß er verhoffe, das dieß una madre d’una maggior figliola, nemlich des
friedens selbst, sein wurde. 2. Furß ander kam er uff die Pfaltzische sach, daß er auch de-
rentwegen mit denen Schwedischen geredt habe, dieselbe aber hetten sich nec pro nec con-
tra heraußgelassen. 3. Drittens gedachte er auch der Wurttenbergischen ämbter
Nach der Schlacht bei Nördlingen 1634 wurde Württemberg von österreichischen und bay.
Truppen besetzt. Als Folge zog Ferdinand II. das Oberamt Blaubeuren zum österreichischen
Hausbesitz für die Linie Tirol ein. 1637 kamen noch die beiden Pfandschaften Achalm und
Hohenstaufen hinzu ( Philippe , 20f.). Bei den Verhandlungen über die Restitution Württem-
bergs bildeten diese Ämter einen wesentlichen Streitpunkt ( ebenda , 75–80).
man in dem ubrigen und mit den anderen sachen richtig, die cron Franckreich neben ihrer
Kayserlichen mayestät die Österreichische pupillen wol darbey handthaben und die fursten
mit demyenigen, waß die cronen wolten, wol zufrieden sein musten. Die negativam wegen
Breisach aber betreffendt dörfften sie, die Frantzosische gesandten, nach Paryß nicht berich-
ten , weylen sie besorgten, daß solche dem gantzen werck hinderlich sein wurde. 4. Virttenß
fragte er, wehme die recompens, welche Franckreich wegen Elsaß zu geben, zukommen
wurde. Ob sie fur ihre Kayserliche majestätt oder die Ynspruckische ertzherzogen were. Der
Kayserliche plenipotentiarius und principalgesandter andtwortete, daß ihre Kayserliche ma-
jestätt davon keines hellers geniessen wurde, sondern solche fur die Ynspruckische lini und
das Elßass gehörte, warmit er, Servient, r[ echt ] zufrieden und sagte, die cron Franckreich
wehre diesmal mit ihrer Kayserlichen majestätt und dem hochlöblichen ertzhauß Osterreich
in feindtschafft gerathen, versicherte [ aber ] den Kayserlichen gesandten darbey, wan sie, wie
durch diesen frieden zu hoffen, wieder in vorige freundtschafft gerathen und der Turck in
diesem vorhabenden krieg wieder die chrisienheit mit ihrer Kayserlichen majestätt auch
brechen solte
Der Friedensschluß von Zsitva-Torok (1606 November 11) zwischen Ks. Rudolf II. und Sul-
tan Achmed I. (Druck: DuMont V.2, 78ff.) war 1625 im Vertrag zu Gyarmath (Druck:
ebenda , 475f.) verlängert worden. Zum osmanischen Angriff auf Kreta vgl. [ nr. 14 Anm. 85 ] .
Ungarn recuperiren
In ihren Verträgen mit der Pforte (s. Anm. 8) hatten Ks. Rudolf und Ks. Ferdinand II. den
durch den Türkenkrieg geschaffenen Besitzstand anerkennen müssen, durch den nur ein kleiner
Teil des Kg.reichs Ungarn beim Haus Habsburg verblieb ( Rönnefarth , 43f.; HEG III, 1099;
vgl. zum ungefähren Grenzverlauf Grosser Historischer Weltatlas III, Karte 122a).
und leuthen zurücklassen theten. 5. Funfftens fragte er, wan den Schweden der ertzstifft
Bremen verbleiben solte, waß fur ein recompens dem yetzigen inhaber des ertzstiffts
ob demselben nit daß stifft Halberstatt zu geben. Alß aber der Kayserliche plenipotentiarius
replicirte, daß Halberstatt ihrer ertzfurstlichen durchlaucht ertzherzog Leopoldt Wilhelmen
zue Osterreich gehörte und sie davon weder weichen noch die Kayserlichen plenipotentiarii
solches nachgeben könden, sondern daß die cron Schweden dem hertzogen zue Holstein
gegen abstandt des ertzstiffts Bremen ein hauß zur residentz und ein jährlichs deputat auß
des ertzstiffts einkommen ad dies vitae verordtnen und geben musten, ist ermelter Servient
gewichen. 6. Begehrte aber darbey zu wissen, waß dan Churbrandenburg gegen hinderlas-
sung Pommeren fur ein satisfaction wiederfahren solte und woher solche zu nehmen. Ihr
excellenz andtworteten ihme, herrn Servient, daß man seiner churfürstlichen durchlaucht
eben die satisfaction in geldt geben würde, welche man den Schweden zu offeriren befelcht
seye, nemblich 4 millionen gulden
zahlt werden solten. 7. Fragte diesem nach, wie es mit der amnistia zu halten und von
welcher zeit solche den anfang zu nehmen. Und alß der Kayserliche herr plenipotentiarius
sagte, daß solche bey dem gesetzten termino auff anno 1630 ihr verbleiben haben und darvon
in specie die Pfaltzische sach auch außgenohmmen werden muste, ist er, Servient, zufrieden
gewesen, hinge diesem ahn, daß folgenden tags, alß den 24. Aprilis, die catholische deputirte
zu ihme kommen und ihne ansprechen wurden, bey denen Schwedischen instantz zu thun,
damit dieselbe von denen beeden erz- und stifftern Bremen und Verden abstehen wolten. Er
wurde daß seinige bey der sachen gar gern thun, gab gleichwol soviel zu verstehen, daß es
desto mehren nachtruck haben wurde, wan auch obgemelter herr Kayserlicher principalge-
sandter seinesorths mit darzu concurriren wolte. Ihr exzellenz replicirten, daß sie daß ihrige
albereits gethan hetten, waß möglich gewesen, und ersuchte ihne, herrn Servient, dahero, er
wolte nit weniger seinesorths alle gute und ersprießliche officia einwenden.
Endtlich ist er auch auff die gravamina kommen und daß er den Schwedischen gesandten
außtrucklich gesagt habe, er könne nicht zugeben, das die eingezogene geistliche gütter de-
nen uncatholischen auff ewig verbleiben solten, dan es seye yetzt ein andere der sachen
beschaffenheit, alß es anno 1555, da man den religionfrieden auffzusetzen und zu stifften
auff einen allgemeinen reichstag zu dem endt allein zusammenkommen, gewest. Es lauffe
auch ein solches wieder die zwischen den cronen und Franckreich undt Schweden auffge-
richte confoederation
zusetzen gezwungen. Anno 1555 habe man compositionem religionis auff einen concilio
generali gehofft, seithero seye die discrepantz größer worden, auch kein hoffnung einiges
concilii oder vergleichung der religion.