Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
16. Trauttmansdorff an Volmar Osnabrück 1646 April 20
Osnabrück 1646 April 20
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 92 VIII nr. 1160 fol. 323–323’, 326–327.
Religionsgravamina: Überlassung der geistlichen Güter auf Zeit, Verschiebung aller übrigen Fra-
gen auf einen Reichstag, kein kaiserlicher Vorgriff auf Entscheidungen. Keine Abtretung Brei-
sachs , Beharren auf Geldentschädigung für Elsaß. Bitte um französische Assistenz bei Erhaltung
von Bremen und Verden. Restitution der Unterpfalz. Städteratsgutachten zum freien Handel.
Dauer des Schlichtungsverfahrens bei Verstößen gegen den geschlossenen Frieden? Restitution des
Herzogs von Lothringen. Kursächsischer Verzicht auf Exzellenztitel.
Waß die catholische ständt drüben zu Munster uber die ihnen zuegestelte
drey fragen fur einer mainung seint, daß hab ich auß meines herren mir uber-
schickhtem concept vom 18. unnd dabeygefuegtem extractu prothocolli, auß
seinem schreiben aber de eodem dato vernohmen
ville in materia satisfactionis der Oberen Pfaltz halben fur den ertzherzogen
zu Insprugen
annehmblich, fur pfaltzgraff Eduardn alß catholischen, item der funff millio-
nen reichsthaler und dan der Schwedischen satisfaction fur vorschläg gethan,
und mein herr uber ein und anders geantwortet hat.
Soviel nun erstlich die obangezogene drey quaestiones und der catholischen
churfursten gesandten bedenckhen darüber betrifft, haben meine herrn den-
selben recht geantwortet, und will es die zeit nit leiden, auff einhohlung ihrer
principalen weiteren befelch zu warten, sondern wan die catholischerseits
vorgeschlagene und eröffnete compositionsmittel nicht zu erheben, daß alß-
dan auf ein temporaneum remedium gedacht werde unnd die ubrige sachen
auff einen reichstag zu verschieben, dan herinnen pro authoritate Caesarea zu
verfahren, finde ich auß allerhandt erheblichen ursachen nicht dienlich zu
sein.
Furs ander ist dem duc de Longueville auff alles sehr vernunfftig unnd wohl
begegnet worden, und wollen meine herren sich wegen Breisach weiter nicht,
alß wie ich iüngst geschrieben, einlassen unnd wegen Elsas auff denen funff
millionen fest beharren, dan der Schwedische plenipotentiarius Ochsenstirn
wirdt ihme, dem duc de Longueville, oder wehr von ihnen, den Frantzösi-
schen gesandten, hieherkommen möcht, selbst remonstriren, daß sy zu weit
gegriffen und sich mit dem, waß man sich umb fridens willen zuruckzulassen
sich erklert, begnügen lassen sollen. Dan einmahl gewiß und werderis die
Frantzosen selbst erfahren, daß sy mehrers durch diesen rigor, den sy gegen
den Österreichischen pupillen
Durch den Erbteilungsvertrag vom 24. Oktober 1630 (vgl. [ nr. 127 Anm. 17 ] ) erhielt Ehg. Leo-
pold V. (1586–1632) die vorderösterreichischen Lande als erblichen Besitz. Nach seinem Tod
waren seine beiden Söhne erbberechtigt: Ehg. Ferdinand Karl (vgl. Anm. 2) und Sigismund
Franz (1630–1665, trat 1662/63 die Regierung in Tirol an). Die Regentschaft bis 1646 führte
Leopolds Frau Claudia de’ Medici (vgl. [ nr. 18 Anm. 1 ] ) ( Heydendorff I, 78ff.; Hamann ,
71f., 247ff., 420).
führten christlichen eyffer zur gerechtigkeit, der religion und andacht grös-
sere verkleinerung leiden und dißorths bey der welt gesuchten ruhmb mehr
verlieren, alß sy durch diese provincien gewinnen.
Waß aber den von ihme, duc de Longuevilla, in puncto satisfactionis Sueciae
gethanen vorschlag betrifft, daß man den Schweden ganz Pommeren und
Wißmar uberlassen und hingegen die stiffter zuruckhbehalten solte, haben
wir gestern allen mensch- und müglichen fleiß angewendt, den Ochsenstirn
darvon abzubringen. Er hat aber dar[von] durchauß nicht weichen wollen,
sonderen sich außtruckhlich vernehmen lassen, daß sein königin
cron Schweden ehender die friedtstractaten gar auffstossen alß diß nachgeben
wolte, dannenhero ich der mainung sein wolte, habs auch gesteren dem hiesi-
gen Churcöllnischen adiuncten Dr. Buschman erinnert, es möchten ihre
fürstliche gnaden zu Oßnabrugg dero guetbefinden nach mit zueziehung der
catholischen bey denen Frantzösischen gesandten und zuvorderist dem duc
de Longueville ihrestheilß instantz und underbawung thuen, daß derselb,
oder wehr von ihnen hieher kommen wirdt, cooperiren unnd die Schweden
dahin zu bewegen uber sich nehmen wolle, von denen stifftern Bremen und
Verden abzustehen und mit demienigen, waß sy, die Frantzosen, vermeinen,
daß den Schweden von denen begerten stuckhen im Reich zu uberlassen seye,
sich zu contentiren.
Und dieweilen numehr auch von der Pfaltzischen sach gehandelt werden
solle, also wolle mein herr, wan ers selbst nicht hat, bey herrn graven von
Nassaw exzellenz nachsuchen und mir zukommen lassen, mit waß fur condi-
tionibus ihre Kayserliche mayestät vermeint haben, daß die Underpfaltz zu
restituiren.
Zum andern so thut man sich in unserer duplica auf der stätt guetachten in
puncto commerciorum
Vgl. die ksl. Duplik an Schweden, Osnabrück 1646 Mai 1 (Druck: Meiern III, 59 f.). Zusätz-
lich zu dem Gutachten der Hansestädte, 1646 März 19[/29] (Druck: APW III D 1 nr. 129;
vgl. auch Meiern II, 958 und 974ff.), vgl. auch den Beschluß des SR Osnabrück 1646 April
6/16 de commerciis und die Re- und Korrelation des KFR mit dem FR Osnabrück, 1646
April 17/27 (Druck: APW III A 6 nr. 47, 49 sowie III A 1/1 nr. 85).
wie unnd auff waß weiß man sich verglichen habe unnd nicht erst verglei-
chen möchte, dannenhero der herr auch dißfals bey dem Churmayntzischen
directorio erinnerung thuen wolle, unß zu communiciren, waß die stätt diß-
orths fur ein guetachten gegeben unnd chur- und fursten darzue sagen.
Drittens wirdt in articulo 17 responsionis Caesareae
Ksl. Responsion an Schweden vom 25. September und 22. Oktober 1645 (Druck: Meiern I,
618–623, hier 622 ).
Suecicae propositionis gesetzt: „nec ea res intra spacium iam conveniendum
possit amicabiliter componi“ etc. und haben die Schwedische plenipotentiarii
in ihrer replica
Mündliche schwed. Replik vom 7. Januar 1646 (Druck: Meiern II, 183 –200, 203f., hier
187).
tractiren seye, also were nit weniger bey dem Churmayntzischen directorio
erinnerung zu thuen, von diesem spacio mit denen anderen chur-, fursten und
ständen des Reichs zu conferiren unnd unß ihre mainung wissen zu lassen.
Ich wolte darvorhalten, daß solcher terminus auff drey jahr zur tractation
hinaußgestelt werden könte.
Im ubrigen wirdt man auch in beeden duplicis und in allen darüber erfolgen-
den handlungen des herrn hertzogen zue Lotthringen
Hg. Karl (III.) IV. von Lothringen (1604–1675), antifrz. Parteigänger und als Heerführer
u. a. in den Diensten der Liga, Spaniens und des Ks.s, mußte als Hg. von Lothringen 1634
zugunsten seines Bruders abdanken, wurde 1641 durch den Frieden von Saint-Germain
(Druck: DuMont VI.1, 211–214) wiedereingesetzt, widerrief den Vertrag jedoch bald wie-
der . Er erhielt 1659/1661 noch einmal seine Länder zurück, verlor sie aber 1670 endgültig
( NDB XI, 231–234 ; vgl. [ nr. 4 Anm. 12 ] ).
düng unnd instantz thuen unnd darvon nit außsetzen muessen, wundert mich
sonst, daß unß von ihrer durchlauchtt kein antwort oder nachricht zue-
kombt .
Zum beschluß hab ich meinem herrn auch zur nachricht nicht pergen wollen,
daß die Chursachsische gesandten die visitam von unß zum ersten, wie an-
dere gethan, nicht begert, sondern unß alßbaldt besucht
titul excellentz praetendirt haben, wohl aber soviel zu verstehen gegeben, daß
sy von ihrem gnedigsten herrn befelcht, dergleichen vaniteten nit zu suchen
oder zu begeren, sondern es bey dem alten herkommen verbleiben zu lassen,
welches denen andern churfurstlichen und sonderlich denienigen, so auff der-
gleichen titulen und complimenta so starckh getrungen, mit gelegenheit wohl
zu verstehen gegeben werden könte.