Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
14. Ferdinand III. an Trauttmansdorff Linz 1646 April 20

2

Ferdinand III. an Trauttmansdorff


3
Linz 1646 April 20

4
Ausfertigung: GehStReg Rep. N Ka. 96 Fasz. 68 pars 5 nr. 14, praes. 1646 Mai 1 = Druck-
5
vorlage
– Kopie: ebenda nr. 13 – Konzept: RK FrA Fasz. 50c fol. 13–15’.

6
Religionsgravamina: Behutsame Durchsetzung der kaiserlichen Positionen bei den katholischen
7
Reichsständen.

8
Auf APW II A 3 nr. 246 und PS von nr. 255. Hinweis auf Beilagen A und B.
9
Wir haben zugleich auch bey deliberation ieztermelten Churbayrischen
10
schreibens in acht genommen, waß im fürstenrath sowohl die Churbayri-
11
schen alß auch der bischoff zu Oßnabrugkh den dritten Aprilis votirt

30
Gemeint ist wahrscheinlich die Plenarkonferenz der kath. Stände vom 3. April 1646 ( Proto-
31
koll : APW III A 4.1 nr. 34, zum Votum Kurbayerns und Osnabrücks vgl. ebenda , 177ff.).
und
12
sich sowohl beede, den statum militarem alß die gravamina und zurukhlas-
13
sung der stüffter betreffend, heraußgelassen. Desgleichen ist unß referiert
14
worden die instruction, so die catholischen ständt ihren deputirten ständen
15
nach Oßnabrugg ertheilt

32
APW III A 4.1 nr. 33.
, und wirdest du nun vorderist in Churmainz lieb-
16
den gegebenen guettachten finden, das selbige nit allein meisten in substan-
17
tialibus selbst mit unnß ainig ist, sondern sich in ihren schreiben zu völliger
18
conformirung mit unnß erbiettig macht.

19
Wann wir also einerseits nochmahlen für nothwendig befunden, daß der
20
punctus gravaminum ie eher, ie besser zur richtigkeit gebracht werde, gleich-
21
wol aber deinem selbstaigenem gehorsambisten guettachten nach

33
Vgl. APW I.1 nr. 29 mit Trauttmansdorffs eigenem Gutachten ebenda . Siehe auch APW II
34
A 3 nr. 192, hier S. 386 Z. 6–12.
bei recla-
22
mirung der catholischen ständten resolutive durchzugehen nit vor rathsamb
23
erachten, zumahlen daß wir nit allein des churfürsten in Bayern liebden auf
24
unsere mainung nit disponiren

35
Zur bay. Haltung in der Gravaminafrage vgl. Ruppert , 246ff. und Immler , 287–291.
, sondern bißhero auch nit wissen können,
25
wessen wir unß hierinnen gegen Churmeintz liebden zu versehen hetten, nun
26
aber sich mit unnß mehrermeltes Churmainz liebden guetterdings verglei-
27
chen thuet und selbsten die gefahr bey verlengerung eines güettlichen ver-
28
gleichs in puncto gravaminum erkennet, alß wirdt das negste sein, das du ie
29
eher, ie besser mit den Churmainzischen abgesandten

36
Kurmainz unterhielt in Münster und Osnabrück je eine Gesandschaft. In Münster waren Rai-
37
gersperger und Cratz von Scharffenstein, in Osnabrück Brömser und Krebs akkreditiert ( APW
38
III A 1.1, 896, 898). – Hugo Eberhard Gf. Cratz von Scharffenstein (vor 1602 März-1663),
39
kurmainzischer und 1640 ksl. GR , auf dem WFK in Münster 1645–1647 kurmainzischer
40
Prinzipalges., 1654 Bf. von Worms ( Dohna , 108; Becker , Kurfürstenrat, 164 Anm. 131,
41
273; Abmeier , 43 Anm. 77; Bierther , Reichstag, 42 Anm. 61, 60 Anm. 136; Rauch ,
27
155–164). – Heinrich Brömser von Rüdesheim Frh. von Sauerburg (1600–1668), kurmainzi-
28
scher GR , Hofrat, Viztum von Mainz, auf dem WFK in Osnabrück ab 1645 kurmainzischer
29
Prinzipalges. ( Zedler IV, 1458; Gschliesser , 524; Möller T. XXXIII; Becker , Kurfür-
30
stenrat , 164 Anm. 132). – Dr. Johann Adam Krebs (Lebensdaten konnten nicht ermittelt wer-
31
den ), kurmainzischer GR und Hofrat, 1641 ksl. Rat, Stadtschultheiß von Mainz, auf dem
32
WFK in Osnabrück 1645–1649 kurmainzischer Sekundarges., 1649 Ges. auf dem Nürnberger
33
Exekutionstag ( Becker , Kurfürstenrat, 164 Anm. 133, 343; Bierther , Reichstag, 42
34
Anm. 61, 60 Anm. 136; Oschmann , 286 Anm. 200).
dich vertrewlich ver-

[p. 28] [scan. 108]


1
nemmest und mit ihrem zuethuen die Churbayrischen abgesandten zu unse-
2
rer intention soviel müglich bringest und bewegest und dahin sehest, daß sie
3
oder selbst sich neben anderen catholischen ständten gegen den uncatholi-
4
schen so weit herauslassen möchten, alß unsere und die Churmainzische
5
theologi es vor verantwortlich finden, oder, da ia Churbayrns liebden abge-
6
sandte zu einem solchen nit zu disponiren wehren, sondern villeicht lieber
7
sehen thetten, das unsersorths vorgegriffen wurde, [ du ] wenigist das werkh
8
dahin bringest, daß zu unserer entlichen entscheidung die ganze sach an-
9
heimbgestelt wurde, auf welchen fall du dan dem werkh ein solchen auß-
10
schlag zu geben hettest, wie wir und Churmainz liebden nunmehr es vor
11
rathsamb befunden und dir sowohl unnsere hierin habende bevelch alß auch
12
obbemeltes Churmainzisches guettachten an die handt geben.

13
Sovil endtlichen anlangt, ob wir auch nit, ungeacht der anderen catholischen
14
ständt reclamirung, in diser eüssersten und unß alß dem oberhaubt am besten
15
bekandter noth vorgreiffen und der sachen einen endtlichen außschlag geben
16
sollen, darüber seindt wir wie dan auch, waß die annatas

35
Ursprünglich die Hälfte der Einkünfte, die der neue Inhaber einer Pfründe innerhalb des ersten
36
Jahres erzielte, seit dem 15. Jh. im weiteren Sinn Abgaben, die bei Verleihung eines Benefizium
37
an die päpstliche Kammer gezahlt werden mußten ( 2 LthK I, 575; Feine , 349; HRG I,
38
177f.).
, menses papales

39
Recht des Papstes auf Besetzung aller Pfründen, die in Monaten mit einer ungeraden Ord-
40
nungszahl
frei wurden ( HRG IV, 929f.; Haberkern / Wallach , 534).
,
17
preces primarias

41
Sogenannte Erste Bitten, d. h. das Recht des Ks.s oder anderer F.en, nach der Krönung oder
42
dem Regierungsantritt für die erste freiwerdende Pfründe in Kapitel, Stift oder Kloster einen
43
eigenen Anwärter verbindlich vorschlagen zu können ( Feine , 387; 2 LthK II, 513ff.).
betrifft, im werkh begriffen, mit unsern theologis noch
18
weitter die sach mit fleiß deliberiren zu lassen, und wollen dich mit negstem
19
darinnen verner bescheiden

44
Vgl. nr. 41.
. Inmittels haben wir dir gleichwohl das unnß in
20
diser sach vorgetragene außführliche guettachten zu deiner bessern nachricht
21
hiebei sub C communiciern wollen.


22
Beilagen A – C zu nr. 14


23
Beilage A zu nr. 14

24
Kf. Anselm Kasimir von Mainz an Ferdinand III., Frankfurt 1646 April 9. Ausfertigung: RK
25
FrA Fasz. 52c I fol. 233–233’, praes. 1646 April 16 – Druckvorlage – Kopie: GehStReg
26
Rep. N Ka. 96 Fasz. 68 pars 5 nr. 13; ebenda nr. 4.

[p. 29] [scan. 109]


1
Euer Kaiserlicher Majestät Schreiben vom 9.

41
APW II A 3 nr. 196 Beilage [ 3 ].
, 19 .

42
Ferdinand III. an Kf. Anselm Kasimir von Mainz, Linz 1646 März 19. Konzept: RK FrA
43
Fasz. 52c I fol. 174–175’.
und 23. März

44
Ferdinand III. an Kf. Anselm Kasimir von Mainz, Linz 1646 März 23. Konzept: RK FrA
45
Fasz. 52c I fol. 186.
zu den Religionsgravamina
2
habe ich erhalten und meine Theologen dazu befragt. Hinweis auf Beilage [1.]. Instruktion für
3
kurmainzische Gesandte: Übereinstimmung mit den kaiserlichen und übrigen katholischen Abge-
4
sandten angestrebt.


5
Beilagen [ A.1. ] [ A.2. ] zu Beilage A zu nr. 14


6
Beilage [ A.1. ] zu Beilage A zu nr. 14

7
Gutachten der kurmainzischen Theologen zu den Religionsgravamina (lat.), s. l. s. d. Fehlt
8
[ Kopie: RK FrA Fasz. 52c I fol. 234–237 = Druckvorlage; StK FrA Ka. 5 (WF LXIII)
9
unfol. ].

10
Notae et considerationes super punctis tollendorum gravaminum inter catholicos et pro-
11
testantes a sua Caesarea maiestate propositis

46
Dazu vgl. den Nachtrag zu APW II A 3 in diesem Band, S. 593–596.
, a quibusdam theologis catholicis datae.

12
§ 1. Debet reservatum ecclesiasticum in suo vigore permanere, a quo etiam non possent
13
catholici salva conscientia recedere; esset enim talis pacis constituendae conditio turpis-
14
sima et principibus orthodoxis indignissima et extrema ecclesiae et Imperii ruina; tollere
15
siquidem illud reservatum est certum eliminandae religionis catholicae atque haeresis
16
propagandae et stabiliendae initium et argumentum.

17
§ 2. Cum bonorum ecclesiasticorum et fidei defensio et protectio Imperatori et principi-
18
bus Imperii, maxime vero ecclesiasticis, ex officio et iuramento incumbat, non possunt
19
consentire, ut in perpetuum protestantibus relinquantur, ad tempus vero ex gravi et
20
valde urgenti necessitate posse communis habet opinio theologorum. Inde est, quod exi-
21
stimemus non posse concedi sub termino indefinito, qui in articulo hoc ponitur, nimi-
22
rum ut bona illa a protestantibus retineantur, usque dum partes ad unitatem religionis
23
ultro redeant; nam cum hoc moraliter nunquam futurum videri possit, qui eo usque
24
indulget, in perpetuum indulsisse censetur, quod, uti diximus, non licet. Potius ergo ad
25
certum et definitum tempus fiat pactio, quo de recuperatione certior sit spes, nam spes
26
certa, licet tardior, breviori, cum periculosa est, praevalet.

27
§ 3. Gravia sunt quidem indulta, quae sic paragraphus includit et concedit, ideoque non-
28
nisi ultima et desperata necessitate, quammodo passim status politici gnari praetendunt,
29
admittenda; si haec, ut praesumitur, urgeat, bona conscientia pacisci licet, unde tituli
30
investiturae, sessiones, vota a protestantibus petita concedi possunt, quae, etiamsi sine
31
gravi religionis orthodoxae periculo non concederentur, tamen maiore cum periculo hoc
32
desperatissimo tempore negarentur.

33
§ 4. Si mitiori conditione pax impetrari nequit, concedi possunt exemplo etiam in pace
34
religionis dato.

35
§ 5. Si evitari salva pace non potest, quin turbulentus Calvinismus aequo iure cum pro-
36
testantibus

47
Zum Verhältnis zwischen Calvinisten und den übrigen Protestanten in Hinblick auf die Reli-
48
gionsgravamina vgl. Dickmann , 367–373.

40
36 toleretur] Aus der Kopie entnommen; in der Druckvorlage: tolleretur.
toleretur, fiat; dubium tamen incidit, an in perpetuum ab orthodoxis princi-
37
pibus libertas haereticae opinionis novae antea non permissae (qualis est Calvinistica) per
38
conventionem et pactum in Imperio stabiliri possit. Communis theologorum sententia
39
est non posse in perpetuum et moraliter vix posse incidere circumstantiam, in qua illa

[p. 30] [scan. 110]


1
permissio honestetur. Quod equidem olim tempore Ferdinandi primi

39
Ks. Ferdinand I. (1503–1564), 1527 Kg. von Böhmen und Ungarn, 1531 röm. Kg., 1556/58
40
Ks. ( NDB V, 81ff. ; Sicken , 55–77).
et Caroli quinti

41
Ks. Karl V. (1500–1558),1516 span. Kg., 1519 Ks. (Krönung 1530), 1556 Abdankung ( Kohler ) .

2
in pace religionis

42
Im ARF vom 25. September 1555 (Druck: Brandi , 32–52) waren zwar keine eindeutigen
43
Aussagen über die Abgrenzung des ev. Bekenntnisses gemacht worden, die Calvinisten waren
44
jedoch ausgeschlossen ( Heckel , 51f.; vgl. ARF , Art. 5, Brandi , 38f.). Die Bemerkung der
45
Mainzer Theologen bezieht sich vor allem darauf, daß eine verbindliche Interpretationsnorm
46
für den ARF fehle. (Zu den Mängeln und den daraus resultierenden Interpretationen des ARF
47
vgl. Dickmann , 8–13; Heckel , Krise; Rabe , 299ff.).
conventum fuit, tenet neque potest aut debet ab Imperatore moderno
3
revocari, primo non debemus condemnare illius temporis consilium, cum evidenter erro-
4
rem non videamus et aliunde theologi saltem quidam doceant posse absolute, etsi diffi-
5
culter , accidere circumstantiam, in qua talis conventio honestetur; ergo supponere licet
6
non iniustum esse pactum Passaviense

48
Im Passauer Vertrag vom 2. August 1552 (Druck: Sammlung III, 3–10) war als Folge der
49
Niederlage Karls V. eine vorläufige Regelung des Religionsstreites vereinbart worden ( Rabe ,
50
284–290).
. Secundo Imperator et principes catholici revo-
7
cando pacem religionis animos omnium acerbius provocarent et bellum gravius in se
8
concitarent, cui ferendo non sunt neque esse possunt. Ac vero de Calvinistis vel aliis
9
haereticis hodie primum recipiendis alia est difficultas et longe sine dubio gravior. Nihilo-
10
minus , si eodem modo est necessitas, imo gravior, ut dicunt, quam olim tempore Caroli
11
quinti, putamus eadem ratione Calvinistas recipi posse, qua tunc temporis Lutherani
12
recepti fuerunt, si aliter pax Germaniae constitui non potest. Accedit autem ad publicam
13
Imperii necessitatem duplex alia ratio, quae suadere intentum possit: primum est, quod
14
licebit semper calamo et ore haeresin evertere et mediis pacificis ad fidem revocare, se-
15
cundo quia plus quam credibile est protestantes et Calvinistas pactis non staturos, ac
16
proinde catholici, si modo vires adsint, poterunt sine perfidia religionem in integrum
17
restituere, ideoque haec permissio iuxta moralem aestimationem temporanea et minime
18
perpetua aestimari potest, quae ultima ratio militare quoque potest pro affirmativa re-
19
sponsione paragraphi secundi, ubi, etsi censeretur phisice perpetua concessio, non tamen
20
moraliter, quod haud dubie theologi Viennenses

51
Zu den verantwortlichen Wiener Theologen vgl. Nachtrag 2 zu APW II A 3 in diesem Band,
52
S. 593.
subintelligi volunt. Accedit, quod ha-
21
beretur ista concessio perpetua non tam concessio quam quaedam permissio, ad quam
22
adigit extrema necessitas et invalidus resistendi conatus.

23
§ 6. Prior pars iustissima est; non enim domus Austriaca peiori debet esse iure in Imperio
24
quam status protestantes, quibus conceditur potestas subditos ad suam religionem reforman-
25
di . Altera vero in praecedente articulo satis superque definita est; si enim ad pacem reli-
26
gionis cum protestantibus sunt recipiendi, ab eo iure arceri non possunt, nisi protestantibus
27
videretur sibi et catholicis, utpote in foedere antiquioribus, specialem in hoc negotio prae-
28
rogativam esse conservandam aliasque conditiones praefigendas iis, qui ad pacem religionis
29
eiusque fructum admitti petant, quibus Calvinistarum vafri conatus cohiberentur.

30
§ 7. Ex antecedentibus et eorum data resolutione patet posse suam Caesaream maiesta-
31
tem talem pacem aut constituere, si ita inter partes conveniat, aut, si minus conveniret,
32
pro plenitudine potestatis utrisque proponere et imperare ad evitandam manifestam ec-
33
clesiae ac Imperii Germanici perniciem et ruinam.

34
Quod vero insuper in Germanico scripto Caesareo

53
Vgl. unten Anm. 76.
additur, concedendum videri, ut
35
protestantes aequali numero consiliarios habeant et praesides in camera et in aula Impe-
36
ratoris , periculosius et iniquius videtur; vix enim apparet fieri hoc posse sine aperto
37
catholicae rei detrimento et pernicie. Quare censemus illud punctum inter ea numeran-
38
dum , quae ne vix quidem admitti possint.

[p. 31] [scan. 111]


1
Fidendum in Deo; nullus hactenus Imperator Romanus periit, ut saepe notat Baronius in
2
suis annalibus

26
Caesar Baronius (1538–1607); Kirchenhistoriker, 1594 Beichtvater Clemens VIII., 1596 Kar-
27
dinal , 1597 Präfekt der Vatikanischen Bibliothek. Seine Annales ecclesiastici in 12 Bänden
28
(bis 1198), Rom 1588–1607, waren die bis dahin umfassendste quellenmäßige Darstellung der
29
Kirchengeschichte ( 2 LthK I, 1270ff.; 3 LthK II, 31).
, qui ecclesiae catholicae iura defendenda suscepit.

3
Beilage [ A.2. ] zu Beilage A zu nr. 14

4
Schenkherr an [ Kurz ]

30
Dieses Schreiben ist nicht ausdrücklich als Beilage erwähnt. Die Überlieferung deutet aber
31
darauf hin, daß der vorliegende Auszug zur Information beigefügt wurde. In APW II A 3
32
nr. 277 bezieht sich Trauttmansdorff auf ein Schreiben Schenkherrs an Kurz, mit dem dieser
33
Brief gemeint sein könnte.
, Frankfurt 1646 März 27. Kopie (Auszug): GehStReg Rep. N Ka.

5
96 Fasz. 68 pars 5 nr. 13 = Druckvorlage; ebenda nr. 4.

6
Desselben an ire churfürstliche gnaden und mein wenigkeit außgelassenes schreiben

34
Wurde nicht ermittelt.

7
neben beyschliesßung der graduum

35
Vermutlich bezieht sich Schenkherr ebenfalls auf das Konsult der ksl. Theologen (vgl. den
36
Nachtrag zu APW II A 3 in diesem Band, S. 593–596). Zum Stand der ksl. Auffassungen bei
37
den Religionsgravamina vgl. APW II A 3 nr. 177.
, welche ir Kayserliche mayestät sich in puncto der
8
religionsgravaminum allergnädigst belieben lassen, seint wol eingelifert, weil aber der-
9
selbe erwehnet, das bey erwarttend post die ganze conferenz mit dem herrn praesidenten
10
Mändl

38
Dr. Johann Mändl zu Deutenhofen (1588–1666), seit 1614 in bay. Diensten, 1622–1636
39
mehrfach kurbay. Ges. auf Kurfürstentagen und RT , verschiedene Gesandtschaften an den
40
Ks.hof, 1662 aus allen Ämtern entlassen ( Heydenreuter , 344; Immler , 13). Zu diesen Ver-
41
handlungen zwischen Mändl und den Ksl. vgl. Immler , 287ff.
und was die Römische Kayserliche mayestät weiter an Bayrisch churfürstliche
11
durchlaucht gelangen

42
Das Protokoll der Verhandlungen über die Gravamina zwischen dem kurbay. und den ksl.
43
Ges. , Linz 1646 März 19 und 20 ( RK FrA Fasz. 26 Konv. C fol. 153–161’), wurde laut
44
Kanzleivermerk in Kopie an den Ebf. von Mainz und an Trauttmansdorff übersandt ( ebenda
45
fol. 162’).
, communiciert werden soll, wollen ire churfürstliche durch-
12
laucht dann gewertig sein, solchem nach die threümainende gedanckhen unverlengt auf-
13
sezen und irer mayestät allergehorsamist übersenden lassen. Meines einfeltigen ermes-
14
sens werden wir uns fast in allem wol accommodieren können, ausserha[l]b dessen, das
15
eins und ander, bis in der religion eine vergleichung getroffen wirdt, ruehen solle, dann
16
das laufft ausdrückhenlich uf ein ewigs auß. Wann aber gewisse iar determiniert werden,
17
vermeinen wir, das wir inen wol lassen können, was wir inen nit nemmen, aber wol das
18
übrige darüber verliehren können.

19
Beilage B zu nr. 14

20
Kf. Maximilian I. von Bayern an Ferdinand III., München 1646 April 14. Fehlt [ Ausfertigung:
21
RK FrA Fasz. 26 Konv. C fol. 201–201’ ].

22
Rezepisse auf kaiserliches Schreiben vom 6. April

46
Ferdinand III. an Kf. Maximilian I. von Bayern, Linz 1646 April 6. Kopie: RK FrA Fasz. 26
47
Konv. C fol. 173–173’, 176–176, – Konzept: ebenda fol. 174–175.
, wie auch auß meines obristen cammerers

48
Maximilian Kurz von Senftenau (1595–1662), Bruder des Reichsvizekanzlers (vgl. 4 Anm. 1),
49
seit 1618 in bay. Diensten, 1636 wirklicher GR , 1643 Oberstkämmerer, 1652 Geheimer- und
50
Administrationsratsdirektor, 1657 Gf. von Valley ( Heydenreuter , 316f.).

23
mündtlichen relation mit mehrerm verstandten, waß auß Euer Mayestät allergnädigstem
24
befelch dero reichsvicecanzlar an ihne zu besserer erleitterung deroselben in puncto gedach-
25
ter gravaminum habenden gnädigisten intention under gleichem dato ausführlich geschri-

[p. 32] [scan. 112]


1
ben hat

26
Wurde nicht ermittelt.
. Hierauf thue gegen Euer Mayestät ich mich diser fernern communication gehor-
2
samist bedanckhen, und weiln ich auß obangezognen erleitterungen so vihl befünde, daß
3
man deß gaistlichen vorbehalts und andern vornembsten puncten halber quoad substantialia
4
ganz einig, alß hat es dabey sein verpleiben. Waß aber die übrige wenige belangen thuet,
5
darin noch etwas differenz erscheinen will, hab ich zwar Euer Mayestät in den vorigen
6
schreiben meine unvorgreiffliche gedanckhen in gehorsamb eröffnet, aber darneben auch
7
sovil angedeit, daß ich derentwegen den friden zu hindern nicht gedacht, sonder mich auf
8
den eüsseristen fahl, wan derselbige anderst nit zu erheben sein solte, in einem und andern
9
von dem, waß Euer Kayserliche Mayestät und andere catholische chur-, fürsten und stendt
10
für rhatsamb, thuenlich und im gewissen verandtworttlich halten, meinesthails auch nit se-
11
pariern wolle, bey welcher mainung ich auch noch verbleib, und dahero nit vonnetten sein
12
würdt, obangeregter differierenden meinungen halber weitere schreiben zu wechßlen und
13
dardurch den friden noch lenger aufzuhalten, wie Euer Mayestät, sovil ich auß obangezog-
14
nen dero reichsvicecanzlärs schreiben abnemmen khönden, besorgen wollen. Und hab ich
15
albereith alles, sowohl waß Euer Mayestät in diser materi mir gnädist communicirt alß
16
meine darauf gegebne andtwortten, meinen gesandten nacher Münster überschickht

27
Wurde nicht ermittelt.
und
17
ihnen benebenß gemessen anbevolchen, daß sie vorderist mit Euer Mayestät, dan auch mit
18
andern catholischen gesandten, darauß vertreulich communicirn und wie in andern, also
19
auch in puncto gravaminum zue möglichister befürderung des fridens eiferig collaboriern
20
sollen. Will ihnen auch bey negster ordinari daßienige, so Euer Mayestät aniezo an mich
21
weiter haben gelangen lassen, hinnachschickhen und benebens den vorigen an sie ergangnen
22
befelch widerhollen.

23
Beilage C zu nr. 14

24
Gutachten deputierter Räte (Kurz, Gebhardt

28
Dr. Justus Gebhardt (1588–1656), 1628 zum kath. Glauben konvertiert, im selben Jahr RHR ,
29
1635 ksl. Ges. beim Abschluß des PF, 1636/1656 Nobilitierungen, 1639 Zutritt zum GR
30
( Gschliesser , 220f.; Bierther , Edition).
, Söldner

31
Dr. Johann Söldner (gest. 1649), 1622 Sekretär der dt. Expedition der RK , 1634 RHR , 1638
32
diplomatische Mission nach Hamburg. Söldner war 1643 Hauptkonzipient der Weisungen an
33
Krane in Münster und 1644–1645 der Weisungen an die Osnabrücker Delegation ( Gross ,
34
387ff.; Gschliesser , 232).
, Walderode

35
Johannes Walderode von Eckhausen (1593–1674), 1643–1647 Hauptkonzipient der ksl. Wei-
36
sungen an die Münsteraner Delegation beim WFK. Seit 1626 Posten als Konzipist und Sekre-
37
tär in der böhmischen Hofkanzlei, in der lat. Expedition der RK , im GR und im RHR , 1637
38
RHR , 1657 Stimmrecht im GR , 1667 geh. Sekretär Ks. Leopolds I., 1632/1661/1662 Nobi-
39
litierungen ( Gross , 420–424; Schwarz , 378f.; Gschliesser , 240f.).
, Lindenspühr

40
Dr. Georg Ludwig Lindenspühr (gest. nach 1663), 1641 RHR , 1659 interimistischer Reichs-
41
vizekanzler ( Gschliesser , 246).
) und Con-
25
clusum
im GR (Slawata

42
Wilhelm Reichsgf. von Slawata, von Chlum und Koschemberg (1572–1652), 1597 zum kath.
43
Glauben konvertiert, seit 1604 hohe Posten im böhmischen Staatsdienst, 1618 Mai 23 Opfer
44
des Prager Fenstersturzes, 1621/1630 Nobilitierungen, 1622/25 GR ( Schwarz , 343–348;
45
Frank V, 13).
, Khevenhiller

46
Franz Christoph Reichsgf. von Khevenhiller (1588–1650), 1610/1612 zum kath. Glauben
47
konvertiert, 1621/1625 GR , 1617–1631 Botschafter in Spanien, 1647 Frühjahr und Sommer
48
diplomatische Missionen nach Bayern, Verfasser der Annales Ferdinandei, 1 1640–1646,
49
2 1721–1726 ( Schwarz , 253ff.; Ruppert , 35f., 310, 315 Anm. 119; NDB XI, 569f. ).
, Gallas

50
Matthias Gallas (1584–1647), zunächst im militärischen Dienst Spaniens, dann der Liga, seit
51
1629 in ksl. Diensten, 1634–1639, 1643–1645 und Ende 1646–1647 Oberbefehlshaber der
52
ksl. Armee, 1626 GR , 1627/1632 Nobilitierungen ( Schwarz , 234ff.; NDB VI, 46f. ).
, Martinitz

19
Georg Adam Gf. von Martinitz (1602–1651), Sohn des Gf.en Jaroslav Borzita von Martinitz,
20
des Opfers des Prager Fenstersturzes. Seit 1628 hohe Posten im böhmischen Staatsdienst, 1637
21
GR ( Wurzbach XVII, 47; Fellner / Kretzschmayr , 202ff.; Schwarz , 299; NDB XVI,
302 ) .
, Kurz, Kollowrat

23
Ulrich Franz Gf. von Kollowrat-Liebsteinsky (1609–1650), um 1637 GR und Hofkammer-
24
präsident
( Schwarz , 267f.; Fellner / Kretschmayr , 286; die Angaben zu seiner Person sind
25
unsicher).
, Puchheim

26
Johann Rudolf Reichsgf. von Puchheim (gest. 1651), 1634 ksl. Sonderges. in Konstantinopel,
27
1637 Oberstkämmerer Ks. Ferdinands III., um 1640 GR ( Schwarz , 326f.).
,

[p. 33] [scan. 113]


1
Prücklmair

28
Dr. (Johann) Matthias Prickhelmayr (Prücklmaier) (1589–1656), um 1634–1637 RHR ,
29
1636/um 1647 Nobilitierungen, 1637/1640 (?) österreichischer Hofkanzler, um 1640 GR
30
( Gschliesser , 232f.; Schwarz , 323ff.).
, Gebhardt, Söldner), Linz 1646 April 18, 19, 20. Fehlt [ Kopie (ohne Angabe der
2
verlesenen Schreiben, Conclusum und Vorschlag zu den Menses papales)

31
Das Gutachten ist wahrscheinlich von einem der deputierten Räte am 18. und 19. April ent-
32
worfen , anschließend den übrigen deputierten Räten vorgelegt, überarbeitet und zur Vorlage
33
im GR beschlossen worden. Im GR wurde es am 20. April verlesen und beschlossen. Die hier
34
als Druckvorlage gewählte Kopie war vermutlich Vorlage für die an Trauttmansdorff über-
35
sandte Abschrift. Abweichungen im Reinkonzept sind angemerkt.
: RK FrA Fasz. 52d
3
fol. 24–56’ = Druckvorlage – Reinkonzept: ebenda fol. 65–65’, 70–97’, 100–102, 98–991.

4
Es wurden die Beilagen A und B vorgelesen, sodann deß haußes Össterreich gesandte zue
5
Münster

36
Ges. des Ehgt.s Österreich auf dem WFK waren Wolkenstein, Richtersberger (vgl. nr. 13
37
Anm. 2) und Goll. – Georg Ulrich Reichsgf. von Wolkenstein-Rodenegg (um 1584–1663),
38
1645–1649 ehgl. Prinzipalges. und Direktor des FR auf dem WFK. 1629 RHR , 1630
39
Reichsgf., 1643–1663 mehrfach Ges. auf Deputationstagen und RT , 1651–1662 RHR - Vize-
40
präsident , nach 1655 GR ( Gschliesser , 222f.; Schwarz , 387f.; Becker , Kurfürstenrat, 216).
41
– Dr. Johann Wilhelm Goll (Lebensdaten und nähere Lebensumstände konnten nicht ermittelt
42
werden), seit 1645 Juli österreichischer Ges. auf dem WFK und stellvertretender Direktor des
43
FR in Münster, österreichischer Vormundschaftsrat im Dienste des Hauses Tirol, Bürgermei-
44
ster von Schlettstadt, 1649–1651 Ges. auf dem Nürnberger Exekutionstag ( Walther , 424;
45
Becker , Kurfürstenrat, 216; APW III A 1.1, 367 Anm. 1; Repertorium , 134–135; Wolff ,
46
209).
in puncto gravaminum

47
Wurde nicht ermittelt.
wie auch herr graff von Trautmanstorff unnd Euer Kay-
6
serliche Mayestätt gesandte zue Münster unnd Oßnabrugg de datis dritten, fünfften unnd
7
sechsten Aprilis in puncto satisfactionis Gallicae et Suecicae

48
Gemeint sind vermutlich die Schreiben APW II A 3 nr.n 244–246 vom 3. April, nr. 248 vom
49
5. April und nr.n 252–255 vom 6. April sowie nr. 255 Beilage [1] vom 3. bis 5. April 1646.
, item der Rittersperger in
8
puncto deß Pfälzischen weeßens de dato Oßnabrugg den fünfften Aprilis

50
Wurde nicht ermittelt.
underschiedt-
9
liche schreiben unnd relationes eingeschickhet, die alle miteinander von den deputierten
10
räthen fleißsig sein berathschlaget unnd Eüer Kayserlicher Mayestätt gehorsambist mit
11
guettachten vorzuebringen die notturfft befunden worden.

12
11 Legantur.] Im Reinkonzept fol. 65: 1. Die churfürstlich Menzische undt Beirische schrei-
13
ben . 2. Das protocoll vom chur- undt fürstenrhat zue Münster de dato 3. April. 3. Die
14
instruction pro deputatis statuum catholicorum in puncto gravaminum. 4. Die relationes
15
der Keyßerlichen herren abgesanten undt herrn grafen von Trautmanßdorff, insonder-
16
heit de datis Münster, den 3. undt 6. April, sambt extractu protocolli. 5. Relatio der
17
Keyßerlichen abgesanten von Oßnabrug, de dato 5. Aprilis. 6. Die beylage auß herrn
18
Rittersbergers relation vom 5. April.
Legantur.

[p. 34] [scan. 114]


1
Auß den abgeleßenen schreiben und relationen seindt furnemblichen drey haubtpuncten
2
zue consideriren, auff welchen aniezo die allgemeine friedenshandlung zue Münster unnd
3
Oßnabrugg sowohl mit den protestierenden alß mit den beyden cronen und den Pfälzischen
4
kindern beruehen thuet: Der erste betrifft die vergleichung der gravaminum zwischen denen
5
catholischen und protestierenden, der andere die satisfaction der beeden cronen, dabey zu-
6
gleich die handlung zwischen Spanien unnd Franckhreich interessirt ist, der dritte, daß Pfäl-
7
zische , wo und wie dasselbe tractirt und verglichen werden soll, auch was für media zue
8
dessen endtlichen vergleichung einzugehen

47
Das Gutachten über die Satisfaktion der beiden Kronen und die Pfalzfrage vom 19. April mit
48
Conclusum vom 21. April wurde nicht an Trauttmansdorff überschickt (Reinkonzept: RK
49
FrA Fasz. 52d fol. 57–62’, Conclusum fol. 63).
. Belangendt nun den ersten punct, so mueß
9
man aigentlich consideriren, [ 1. ] wie weith ihre churfürstliche gnaden zue Mainz, sodann
10
auch ihre churfurstliche durchlaucht in Bayrn sich mit Euer Kayserlicher Maiestät mainung
11
vergleichen oder nicht. 2. Wie weith die catholische stände insgemain sich dißfalls zu ercle-
12
ren gemainet sein, und ob dasselbe zue vergleichung dieses puncten noch zuelangen werde.
13
3. Wann sie sich mit den protestierenden dißfalls nicht gänzlichen vergleichen khönden, ob
14
und waß endtlich Euer Kayserliche Maiestät von tragenden ambts wegen in ordine ad pa-
15
cem dabey thuen und lassen sollen.

16
Anraichende daß erste, so beruefft sich anfangs der herr churfürst zue Mainz in seinem
17
schreiben uff seiner theologorum eingeschlossenes guettachten und erclert sich im übrigen,
18
mit Euer Kayserlicher Mayestät zu conformiren, auch seine gesandten darnach zu instruiren
19
und ihnen dabey zugleich zu befehlen, das sie anderer catholischer stende gesandten auch
20
dahin disponiren helffen sollen. Seiner theologorum bedenckhen vergleicht sich in primo
21
puncto wegen deß geistlichen vorbehalts mit der hiesigen theologorum meinungen und
22
Kayserlicher resolution, daß nemblichen derselbige in seinem werth verbleiben solle, und
23
meldet nichts circa formalia, wie etwo von Churbayrn geschehen

50
Das kurbay. Gutachten ist überliefert in RK FrA Fasz. 26 Konv. C fol. 135–140.
, das dieselbe nach dem
24
buchstaben deß religionfriedens

51
Vgl. ARF , Art. 6 ( Brandi , 40ff.).
sollen widerhollet undt außtrückhlich in den frieden-
25
schlueß gesezt werden. Da entstehet nun die frag, welcher formul sich die Kayserlichen
26
commissarii hierinnen halten und gebrauchen sollen. Und vermeinen die gehorsambiste rä-
27
the , daß die Churmainzische am sichersten und besten seye, dann die andere, so von Chur-
28
bayrn fürgeschlagen wirdt, denen protestirenden nur mehrern scrupel und unwillen ma-
29
chen , und sehen die räthe nicht, wozu es nöttig seye, viel wortt zu brauchen, wan man der
30
sach an ihm selber einig were, vor eins.

31
Zum andern sezen die Churmainzischen theologi in hoc primo puncto darzue, daß die ca-
32
tholischen mit guetem gewissen von dem geistlichen vorbehalt nit weichen könden, esset
33
enim conditio turpissima et principibus orthodoxis indignissima et extrema ecclesiae et Im-
34
perii ruina. Diß principium und medium concludendi ist zwahr nicht unrecht, auch demieh-
35
nigen voto

52
Vgl. APW II A 3 nr. 177. Ein Votum des RHR ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht
53
bekannt.
gemeß, so beide, der reichshofrath und die deputirte, hiebevor gegeben und
36
Euer Kayserliche Mayestät allergnedigist placidirt haben, aber es erleidet gleichwohl suo
37
tempore et loco seine limitation, und ist nicht rathsamb in die Kayserliche resolution gegen
38
die protestirende zu bringen, dan sie wurden gleich darauf ex contrario argumentiren und
39
sagen: Ist die cassatio deß geistlichen vorbehalts conditio turpis et ignominiosa für die ca-
40
tholische und gereicht zur ruina der catholischen kirch und religion wie auch deß Reichs, so
41
folget nothwendig, das dessen confirmation sey wider sie, die protestirende, conditio turpis
42
et ignominiosa und gereiche zur vertilgung ihrer religion; derwegen könten sie sich desto
43
weniger zu dessen confirmation verstehen.

44
Ad evitandum igitur hunc scopulum were den Kayserlichen abgesandten anzudeüten, daß sie
45
sich pro fundamento huius conclusionis nur simpliciter uf den buchstaben deß religionfriedens
46
referiren und anzeigen solten, weil der geistliche vorbehalt demselben alß ein substantialstüekh

[p. 35] [scan. 115]


1
einverleibt und Euer Kayserliche Mayestät in dero Kayserlicher wahlcapitulation

43
Die Wahlkapitulation Ferdinands III. ist u. a. gedruckt bei Ziegler , 123–152, hier S. 125:
44
Artikel II. Zur Entstehungsgeschichte vgl. Haan , 210–219. Zur Diskussion um künftige
45
Wahlkapitulationen auf dem WFK: Kleinheyer , 78–86.
darauff
2
geschworen hetten, so müsten sie es billich bey demselbigen bewenden lasßen. Item, weil
3
beide, die catholische und protestirende, in ihren gegeneinander gethanen güetlichen für-
4
schlegen diese maximam pro regula et norma compositionis gravaminum hielten, daß es bey
5
dem religionsfrieden allerdings verbleiben solte, so were dißfals weiter einig disputat wider
6
den klaren truckhenen buchstaben solches religionfriedens in hoc puncto nicht zu machen,
7
sondern es von einem theil sowohl als von dem andern billich allerdings zu lassen.

8
In secundo puncto, belangende dieiehnig erz-, bistumb, stifft und praelaturn, so dem Reich
9
immediate unterworffen und denen catholischen vor und nach dem Passauischen vertrag
10
entzogen, auch von den protestirenden noch anno 1627, den 12. Novembris stylo novo,
11
innengehabt und besessen worden, da seint die Meinzischen theologi mit den Churbayri-
12
schen simpliciter der meinung, das weil Euer Kayserlicher Mayestät und den stenden deß
13
Reichs, bevorab denen geistlichen von tragenden ambts und gelaisten iuraments wegen, die
14
beschüzung und beschirmung der geistlichen güetter und deß catholischen glaubens obligt,
15
so könten sie dergleichen güeter in perpetuum hinaus und consequenter auch nicht ad ter-
16
minum indefinitum biß zur vergleichung der religion (dan solche nimmermehr zu hoffen
17
und dernthalben solcher terminus dem perpetuo gleich zu achten) nicht vorgeben, sondern
18
man möchte solche den protestirenden ob urgentem necessitatem wohl auf eine gewisse zeit
19
noch lenger lassen, damit denen catholischen eine gewisse hofnung zu derselbigen recupera-
20
tion übrigbliebe, dan eine gewisse hofnung, wan sie schon uf ein lengern termin warnen
21
mueß, sey dennoch sterckher und beßer als eine kurze, die ungewiß und gefehrlich ist.

22
Nun können die gehorsambiste räthe diß principium, quod bona ecclesiastica non liceat in
23
perpetuum alienare in haereticos, noch nicht mit seinem fundament begreiffen, dan obwohl
24
res sacrae et deo dicatae regulariter ab omni hominum commercio eximirt sein, so hart man
25
doch in iure nicht nur ab ethnicis et gentilibus, sondern auch von christlichen catholischen
26
Kaisern diese declaration unnd ordnung, daß solche ob evidentem necessitatem vel utilita-
27
tem publicam Imperii wohl können in perpetuum vereussert werden, exempli gratia ob red-
28
emtionem captivorum (wie der Salvius nicht unrecht angezogen), dan also sezts der kaiser
29
Justinianus in libro sancimus 21, capitolo de sanctis ecclesiis

46
Cod. Iust. I,2 De sacrosanctis ecclesiis et de rebus et privilegiis earum, hier Cod. Iust.
47
I,2,21.
, ubi, postquam severissime
30
prohibuisset alienationem sacrorum et arcanorum vasorum caeterorumque donariorum,
31
quae ad divinam religionem necessaria sunt, excipit causam redemptionis captivorum et fa-
32
mis publicae et addit rationem hanc notabilem, quoniam non absurdum est animas homi-
33
num quibuscunque vel vestimentis praeferri

48
Cod. Iust. I,2,21,2 ( Nam si necessitas fuerit in redemptione captivorum, tunc et venditio-
49
nem praefatarum rerum divinarum et hypothecam et pignorationem fieri concedimus,
50
cum non absurdum est animas hominum quibuscumque causis vel vestimentis praeferri
51
[…] ) . Allgemeine Hungersnot ( famis publica ) wird an dieser Stelle nicht als Ausnahmetat-
52
bestand
genannt.
. Und in novella 7, die eigentlich de non alie-
34
nandis aut permutandis rebus ecclesiasticis immobilibus begrieffen, nachdem gemelter Kai-
35
ser allerortten ohne unterschiedt die vereüßerung der geistlichen gütter stargg verboten, sezt
36
er capitulo 2 diese formalia: „ut autem lex (praedicta de non alienandis rebus ecclesiae) ad
37
humanae naturae varietatem moderata per omnia permaneat (quid enim erit stabile inter
38
homines et ita immobile, ut nullam patiatur mutationem, cum omnis noster status sub per-
39
petuo motu consistat), necessarium existimavimus quasdam exceptiones dare legi cum mul-
40
tis vigiliis et subtilitate adinventas, ut eas habens in auxilio lex nequaquam moveatur“

53
Nov. VII,2, pr. Das Zitat ist bis auf Einzelheiten wörtlich.
.

41
Und unter denselbigen exceptionibus führet er zuvorderist diese ein, daß ein Römischer
42
kaißer selbst zue seinem nuz unnd pesten gar wohl dergleichen geistliche güetter gegen

[p. 36] [scan. 116]


1
einer andern bessern recompens und vergeltung an sich bringen könne, addendo rationem
2
hanc palmariam, „quod omnis sanctissimis ecclesiis abundantia et status ex Imperialibus
3
munificentiis perpetuo praebeatur. Alterutris itaque compensantes, quae dece[n]t, non ab
4
aliquibus iure culpabuntur“

33
Nov. VII,2,1. Das Zitat ist bis auf drei Einzelheiten ( quod statt quando, praebeatur statt
34
praebetur, existimavimus statt aestimavimus ) wörtlich.
.

5
Applicando haec uff gegenwerttige schwere leüfften unnd zeitten, so ists iezundt mit über-
6
lasßung obgemellter erz- unnd stüfft umb ein weith mehrers alß umb bloße wiederlösung
7
ettlicher gefangenen catholischen christenseelen, auch gar nicht umb Eüer Kayserlicher
8
Mayestät selbstaigenen nuzen unnd besten allain, sondern umb deß ganzen Römischen
9
Reichs hayl unnd wohlfahrt, zue erlangung desßen ruherigen wohlstandts unnd abwendung
10
eüsßerister servitut unnd dienstbarkheit, auch erhalttung der catholischen kirch unnd reli-
11
gion in den übrigen erz- und stüfften zue thuen. Unnd Euer Kayserliche Mayestätt unnd
12
dero löbliches erzhauß Össterreich haben durch recuperation unnd reformirung deß könig-
13
reichs Böhaimb unnd anderer Össterreichischen erblender

35
Zu den österreichischen Erblanden zählten Österreich ob und unter der Enns, Innerösterreich
36
und Vorderösterreich ( HRG I, 966ff.; Hellbling , 222). Böhmen wurde seit 1627 durch die
37
rechtliche Fixierung des Primogeniturprinzips zum Erbland ( Hellbling , 268).
, auch völlige restitution deß
14
erzbistumbs Prag

38
Das Bt. Prag wurde 973 errichtet und 1344 Ebt. 1421 erfolgte der Übertritt des Ebf.s zu den
39
Utraquisten, anschließend bestand eine 140jährige Vakanz. Eine erfolgreiche Rekatholisierung
40
fand vor allem unter Ebf. Ernst von Harrach (1598–1667, 1623 Ebf. von Prag, 1626 Kardi-
41
nal ) statt. ( 2 LthK VIII, 677f.; 2 LthK V, 17f.).
unnd geistlichen standts in seinen vorigen wohlstandt und weeßen so-
15
wohl durch underschiedtliche newe fundationen an viellen ortten in- unnd ausßerhalb
16
Reichs (darvon der Bäbstliche nuncius Carahfa

42
Carlo Caraffa (Carafa) (gest. 1644); 1616 Bf. von Aversa, 1621–1628 Nuntius am Kaiserhof.
43
Über seine Tätigkeit und seine Beobachtungen im Reich verfaßte er die Commentaria di Ger-
44
mania sacra restaurata, erschienen 1630 in Aversa, 1639 in Köln und 1641 in Frankfurt, auch
45
1749 in Wien. Die Relatione dello stato dell’Imperio e della Germania aus dem Jahr 1628 (hrsg.
46
Müller ) war weniger verbreitet ( Müller , Joseph Godehard, 103–117; 2 LthK II, 935).
ein ganz buch geschrieben) der christlichen
17
catholischen kirch unnd religion solche hohe beneficia erzeigt unnd erwiesen, daß dahero
18
der verlust unnd schaden, welcher ettwann auß mehrangeregter überlasßung der strittigen
19
erz- unnd stüffter im Reich, zumahlen man ohnedaß solche mit gewaltt der waaffen nicht
20
getrawet wiederzuerobern, angezogen würdt, auff ein perpetuum oder indefinitum tempus
21
reichlich vor ersezter unnd recompensierter ist, nach allem recht zue halten unnd destwegen
22
Eüer Kayserlicher Mayestätt ganz nichts zue imputiren.

23
Es stehet auch auf lengerer verwaigerung der verlust der übrigen erz- unnd stifft, so die
24
catholischen nach anno 1627 in handen gehabt, wie aus deß herrn churfürsten in Bayren
25
selbsteigenen unterschidtlichen denunciationibus, so ihre churfürstliche durchlaucht nicht
26
allein an Euer Kayserliche Maiestät unnd ihr hochfürstliche durchlaucht erzherzog Leopol-
27
den

47
Ehg. Leopold Wilhelm von Österreich OT (1614–1662), Bruder Ks. Ferdinands III., 1626 Bf.
48
von Straßburg und Passau, Abt von Murbach und Luders, 1627–1648 (/1662) Bf. von Halb-
49
erstadt , 1629 vom Papst zum Ebf. von Bremen ernannt, (1625/) 1629–1635 Ebf. von Magde-
50
burg , 1637 Bf. von Olmütz, 1639–1642 und 1645–1646 Generalissimus der ksl. Armee, 1641
51
Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ordens, 1647–1656 Statthalter der span. Ndl.,
52
1655 Bf. von Breslau ( BNB XXXVII, 531–538; NDB XIV, 296ff. ; Lorenz , Bremen, 19;
53
Hamann , 250ff.).
, sonderen auch den herrn grafen von Trautmansdorf unnd die anderen Kayserlichen
28
abgesandte zu Münster, deßgleichen an die daselbst versamblete stende unnd sonderlich an
29
die catholische abgehen lassen, genuegsamb abzunemmen, indeme ihre churfürstliche
30
durchlaucht clerlich sezen, man khönne den krieg fürs Reich lenger nicht continuieren noch
31
das verlohrne recuperieren, derwegen solle unnd müesse man friede machen, quibuscunque
32
mediis et modis, auch den cronen von demienigen, waß sie mit ihren waffen occupirt, was

[p. 37] [scan. 117]


1
mehrer, als man ihnen bereit angebotten, zuruckhe lassen

26
Zum bay. Drängen auf ein Einlenken insbesondere in der Satisfaktionsfrage und zu den ver-
27
schiedenen Schreiben Kf. Maximilians I. von Bayern vgl. APW II A 3 nr. 254, Ruppert , 161f.
28
und Immler , 232–240. Vgl. auch hier nr. 4.
. Hat dann dises in weltlichem
2
statt, warumb nicht auch in dem geistlichen? Weil dises so schwer als ienes zu recuperieren
3
ist, unnd wan man das geist- unnd weltliche, so Euer Kayserliche Majestät unnd die catho-
4
lische noch dato innenhaben unnd besizen, unnd zum theill auch dasiehnige, was sie schon
5
durch den krieg verlohren, aber durch den friden widererlangen khönnen, dagegen auf die
6
waagschale legt, so würdt man augenscheinlich sehen, daß pro praesenti statu die conditio
7
catholicorum nicht deterioriert, sonderen melioriert, unnd consequenter anders nichts alß
8
eine zuelässige permutation fürgenommen würdt, in welcher die catholische den uncatholi-
9
schen was lassen, daß sie das überige nicht vollents gar verliehren.

10
Zum anderen hat man vil exempla in alten unnd newen historien zu befinden, daß die christ-
11
liche catholische Kaiser den heiden unnd unglaubigen, insonderheit aber auch den Arriane-
12
ren

29
In dem zu Beginn des 4. Jh.s entstandenen arianischen Glaubensstreit um die Trinität wurde
30
zwar mit dem Konzil von Nicäa (325) ein erster Einigungsversuch gemacht. Um die Mitte des
31
4. Jh.s lebte der Arianismus jedoch wieder auf. Erst durch das Konzil von Konstantinopel (381)
32
wurde er weitgehend bedeutungslos, hielt sich aber bis in das 7. Jh. bei verschiedenen Germa-
33
nenvölkern ( 2 LthK I, 842–845; TRE III, 692–719, vor allem S. 693 zum Begriff als Partei-
34
bezeichnung ).
, als sie so mächtig worden, vil geistliche ansehentliche stifft unnd kirchen umb gemei-
13
ner ruehe willen, aus noth und mangel der mittel, ihnen zu resistieren unnd damit die Ar-
14
rianer den rechtglaubigen nur weiter nichts abnemmen möchten, gleichfalls in perpetuum
15
hinaus cediert unnd abgetretten, unnd nachdem sich die zeitten geendert unnd die christliche
16
Kaiser wider stärckher oder schwecher worden, nachdem hat man ihnen solche entweder
17
gelassen oder wider abgenommen, wie davon ein sonderlicher text in libro 16, capitulo de
18
sacrosancta ecclesia

35
Cod. Iust. I,2 De sacrosanctis ecclesiis et de rebus et privilegiis earum.
zu lesen, ubi omnia cassantur et irritantur, quae tempore tyrannidis
19
haereticorum contra Deum et orthodoxam religionem a prioribus Imperatoribus in forma
20
pragmaticae sanctionis vel aliarum constitutionum ordinata fuerant

36
Vgl. Cod. Iust. I,2,16, pr. Dies ist kein wörtliches Zitat.
. Unnd auf dem consilio
21
zu Basel

37
Das Konzil von Basel wurde 1431 eröffnet, 1437 erfolgte die Verlegung durch den Papst nach
38
Ferrara (später nach Florenz) und der Auszug der papsttreuen Minderheit. Das Restkonzil
39
tagte in Basel bis 1448, dann bis zur Auflösung 1449 in Lausanne ( 2 LthK II, 23ff.; TRE V,
40
284–296).
seindt entlich die Hussitten

41
In Prag – vornehmlich an der Universität – entstandene und zunächst durch Wyclifsche Ideen
42
geprägte Reformbewegung zu Ende des 14. Jh.s, die nach dem Tod von Johannes Hus (um
43
1371–1415) auf dem Scheiterhaufen zunehmend radikaler wurde. Die hussitische Revolution,
44
u. a. Ausdruck der Ablehnung des für den Tod von Hus verantwortlich gemachten Kg. Sigis-
45
munds (vgl. [ nr. 108 Anm. 16 ] ) als Kg. von Böhmen, konnte nicht durch Waffengewalt von
46
außen, sondern nur durch Verständigung mit den gemäßigten Hussiten beendet werden. Erst
47
durch die Rekatholisierung zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges verlor der Hussitismus in
48
Böhmen endgültig seine Bedeutung ( TRE XV, 710–735).
in Böheimb per publicum decretum

49
Die Prager Kompaktaten (1433 November 30; Druck: Monumenta Conciliorum ,
50
499–504), wurden am 5. Juli 1436 auf dem Iglauer Landtag verkündet (Druck: ebenda ,
51
775–777) und am 15. Januar 1437 vom Basler Konzil ratifiziert.
auf ein inde-
22
finitum hinaus, bis sie sich mit der catholischen kirchen in der religion vollents recht verei-
23
nigen würden, bey ihrem glauben und communion sub utraque sambt dem besiz der einge-
24
zogennen kirchen und geistlichen güetter ex caussa publicae necessitatis et utilitatis nach
25
vierzigjehrigem krieg gelassen worden. Die hat der negstabgeleibte kaiser Ferdinandus II.

52
Ks. Ferdinand II. (1578–1637), 1617 Kg. von Böhmen, 1618 Kg. von Ungarn, 1619 Ks.
53
( Albrecht , Ferdinand II.).

[p. 38] [scan. 118]


1
allerchristlöblichster gedechtnus, ob sie gleich ihr exercitium in die 200 jahr continuirt,
2
durch verleyhung deß Allmechtigen gleichwol gedempfft und wider zur catholischen reli-
3
gion gebracht, daß also daß principium, alß wann man denen uncatholischen auf ein perpe-
4
tuum oder indefinitum tempus von den geistlichen güettern nichts vergeben khönne, den
5
alten Kayserlich christlichen sazungen, exempeln und concilien nicht allerdings gemeß und
6
für bestendig khan geachtet werden.

7
Zue geschweigen, daß vors dritte solch principium der praxi Imperii

46
Vgl. zur Praxis der interimistischen Rechtskonstruktion Heckel , Krise.
von zeitten deß ein-
8
gerissenen Lutheranismi und allen darsieder

47
Seither ( Grimm XVI, 370, 757ff.).
gemachten und von dem Römischen stuel
9
selbst mit langwührigem stillschweigen approbierten friedtstendten, die alle auf ein khünff-
10
tige weitere vergleichung anfangs von einem reichstag biß zum andern, entlich aber biß zu
11
einem einhelligen, von beeden theilen angenommenen concilio oder aber, in entstehung des-
12
sen , biß zu genzlichem vergleich der spaltigen religion gerichtet sein, schnurstrackhs zuge-
13
genlauffen , und dannenhero auf solches nicht so starckh zu fuessen ist; sonst würde man,
14
wie in vorgehenden der räthe votis genuegsamb außgeführt, alle die vorigen Kaiser und
15
könige sambt chur-, fürsten und stendten, welche solche machen helffen, auf einmahl zu-
16
gleich condemnieren, so gleichwol die Churmainzische theologi in ihrem iezigen guettach-
17
ten articulo 5 selbst nicht verantwortlich halten, auch schwerlich einiger verstendiger theo-
18
logus zu thuen sich würdet mit guetem gewissen understehen khönnen.

19
So ist auch vors vierte diß principium dem iuri maiestatico und rectae rationi status zu
20
entgegen, dann die gibt einem ieglichen hohen regiment den gewaldt und macht, pro rei
21
publicae necessitate vel utilitate tam de rebus sacris quam profanis in ordine ad pacem et
22
salutem rei publicae zu disponiren. Und gefelt es dem herrn churfürsten in Bayrn wol und
23
helts nicht für strefflich, daß man contra praecipuam legem fundamentalem Imperii, nemb-
24
lich wider die guldene bull

48
Unter Karl IV. 1356 auf dem Nürnberger und dem Metzer Hoftag verabschiedetes Gesetz-
49
buch
, das vor allem die röm.-dt. Kg.swahl regelte. (Druck: Fritz ; Weinrich , 314–395 mit
50
dt. ÜS; vgl. LMA IV, 1542f.; HRG I, 1739–1746).
, den achten churfürsten, und zwar einen Calvinischen, für die
25
Pfalzische kinder nur umb deßwillen, daß er möchte für ihnen frieden haben und ihretwe-
26
gen kheinen weittern krieg continuiren dürffe, sondern er und sein hauß der churdignitet
27
und lande ruhiglichen geniessen khönne, einführen solle, warumb solt Euer Kayserliche
28
Mayestät nicht pro conservatione sui

45
28 s tatus] Aus dem Reinkonzept. In der Druckvorlage fol. 35’: statis.
status et Imperii etliche erz- und stifft, die ohnedeß
29
schon lengst verlohren und vergeben und unmüglich zu recuperiren fallen, gegen deren per-
30
petuirlichen zuruckhlasßung auch der friedt vil ehender und bestendiger alß gegen einfüh-
31
rung deß achten churfürsten zu verhoffen, denen protestirenden biß auff ein anderweitigen
32
vergleich in handen lassen khönnen. Longe enim tolerabilius est rem amissam et difficilem
33
recuperatu prorsus derelinquere quam novam et periculosam introducere.

34
Uberdiß, so ist in vorigem guetachten wegen der geistlichen güetter genuegsamb außge-
35
führt , daß in effectu dieiehnigen stifft und bisthumb, welche vor dem Passawischen vertrag
36
und religionfrieden eingezogen, durch die übrigen reichsabschiede de anno 1541

51
RA von Regensburg 1541, Druck: Sammlung II, 428–444.
und
37
1544

52
RA von Speyer 1544, Druck: Sammlung II, 495–517.
in perpetuum hinauß bereit vergeben sein, dieiehnigen aber, die nach gemeltem ver-
38
trag und religionfrieden eingezogen worden, durch den Prager friedenschluß fasst in gleich-
39
messige condition gerathen, indeme crafft dessen die inhaber auch nach verfliesßung deren
40
darinnen gesezten 40 jahren in entstehung einer entlichen und genzlichen vergleichung ihrer
41
possess nicht anders alß durch ordentlichen weeg rechtens mit zuziehung chur-, fürsten und
42
stendte von beederseits religionsverwandten entsezt werden sollen, und die catholische er-
43
cleren sich aniezt in ihrer instruction für ihre deputirte zu Oßnabrugg de dato Münsster,
44
den 22. Martii, noch innerhalb deren aufs new verwilligten 40 jahr mit denen protestirenden

[p. 39] [scan. 119]


1
ein entliche und – nota bene – ausz dem grund abhelffliche vergleichung zu treffen. Item,
2
daß sie zu einer totalpacification sich nicht ungern bequemmen wolten, do aber dieselbe
3
villeicht nicht verfangen solte, gereden und versprechen sie, daß sie dißfahls ihr habend ius
4
und gerechtsame nicht anders alß durch rechtliche mittel ohne ergreiffung der waffen sue-
5
chen und fordern wollen, welches ebensovil alß ein perpetuum zue achten. Zudem so hat es
6
bey deren gehorsambsten räthen nie die meinung gehabt, auf dieselben erz- unnd stifft in
7
ewigkheit zu renunciren, sondern allein den terminum der 40 jahr, wann sich die protestie-
8
renden mit dessen prorogation auf andere gewisse jahr nicht wolten contentieren lassen und
9
der friedt nicht anders zu erhalten, biß auf einen andern christlichen vergleich zu sezen,
10
welcher terminus gleichwol noch einige formaliteten alicuius temporis finiti in sich halt und
11
dannenher pro infinito nicht zu achten, dann es khönte khommen, daß man sich noch ehen-
12
der alß inner 40, 50, 60 und mehr jahren besser alß aniezt mit denen protestirenden zu
13
vergleichen möcht gelegenheit erlangen, und da es auch nicht geschehe, so würdt dennoch
14
denen catholischen die hoffnung, nach verfliesßung selbiger zeit auf ein andere occasion zu
15
trachten, nicht benommen.

16
Die deputirte räth seindt derohalben der gehorsambsten meinung super hoc principio, alß
17
wann man dißfahls in perpetuum oder indefinitum tempus salva conscientia sich nicht ver-
18
gleichen khönne, Euer Kayserlicher Mayestät abgesandte zu erinnern, daß sie sich in all-
19
weeg wohl fürsehen wolten, daß sie solches weder tacite noch expresse approbiren, sondern
20
vilmehr bey begebender gelegenheit denen Churmainzischen und -bayrischen sowohl ande-
21
ren confidentioribus catholicis zu gemüeth führen möchten, daß durch dergleichen maxi-
22
mam , wann solche allzu hart propugnirt werden solte, daß mißtrawen bey den uncatholi-
23
schen noch grösser gemacht und ihnen re ipsa zu erkhennen gegeben werden würde, daß sie
24
sich auf kheine pacta weiter zu verlassen hetten, sondern ihr vermeintes recht nur mit ge-
25
walt der waffen und beystandt der außlendischen cronen vollendts defendieren und außtra-
26
gen müessten, welches dann den sambtlichen catholischen bey diser schweren zeit zu grös-
27
serm nachtheil und unheil gereichen dürffte. Unnd weil es res maximi momenti und in casu
28
contradictionis aliorum etwas schwerer zu veranttwortten sein möchte, denen protestieren-
29
den die erz- und stifft auf ein perpetuum oder indefinitum hinaus zu willigen, so möchte zu
30
besserer versicherung Euer Kayserlicher Majestät den hiesigen theologis diese, der Chur-
31
mainzischen wie auch deß herrn churfürsten in Bayren, contradiction per extractum ver-
32
trewlich communicirt und ihnen in specie dise frage schrifftlich zu beantwortten aufgetra-
33
gen werden

53
Für das Gutachten der ksl. Theologen vgl. nr. 41 Beilage [1].
, ob Euer Kayserliche Majestät in casu evidentis necessitatis in ordine ad pacem
34
obtinendam denen protestierenden die erz- und stifft bis zu einem anderen christlichen ver-
35
gleich zuruckhlassen unnd verschreiben khönne, welches zwar die gehorsambste räthe nicht
36
zu dem endt nöthig achten, daß es bey ihnen einen zweiffel hette, sonderen allein, daß
37
propter aliorum theologorum contradictionem Euer Kaiserliche Majestät nicht beschuldiget
38
werden khönten, alß wan sie sich nicht gnugsamb hetten informieren lassen.

39
Im dritten punct, was die titulos, indulta vel investituras, item session unnd vota bey bemel-
40
ten erz- unnd stifften für die protestierende belangt, vergleichen sich die Churmeinzischen
41
allerdings mit denen hiesigen theologis, daß ob necessitatem ultimam dieselbige den prote-
42
stierenden gegeben werden khönten, unnd stellen zu der erfahrnen politicorum iudicio, ob
43
dergleichen necessitet vorhanden sey, unnd casu quo halten sie vil verantworttlicher, solche
44
concession zu thuen alß dieselbe zu verweigeren, dann es würde aus der verweigerung dem
45
catholischen weesen eine grösere gefahr erwachsen. Nun gebührt den gehorsambsten räthen
46
nit zu zweiflen, daß dergleichen ultima necessitas verhanden, und solches 1. ob tot reiteratas
47
protestationes et denunciationes serenissimi electoris Bavariae, 2. aliorum ducum belli asser-
48
tiones , 3. ob praecipuorum consiliariorum intimorum iudicia, 4. ob ipsam rei evidentiam,
49
dan es mangelt ia fast an allen requisitis belli, die man nur wider einen, geschweig so vil
50
feinde haben soll, 5. ob imminentem Turcam, 6. ob metum intestinae seditionis non tantum
51
civium et subditorum sed etiam 7. ipsorum militum, waraus die allercläglichiste catastrophe
52
horum bellorum entlich wider Euer Kayserliche Majestät und dero hauß sowohl die catho-

[p. 40] [scan. 120]


1
lische insgesambt erfolgen khönte. Derhalben sovil desto mehr auf Euer Kayserlicher Maje-
2
stät gefasten resolution zu bleiben und denen protestierenden gemelte titul unnd was dem
3
anhengig, nicht so schwer zu machen.

4
Auf den vierten punct, die mediatstifft belangendt, sagen die Meinzische theologi guet
5
unndt, daß wann man den friedt nicht mit leidlicheren conditionibus erhalten khönne, so
6
khönne man den protestierenden dieselbe ad exemplum in pace religionis datum gar wohl
7
lassen. Wann man nun in disem ohne verlezung deß gewissens eine perpetuierliche bewilli-
8
gung eingehen khan, warumb nicht in den anderen, die immediate dem Reich unterworffen,
9
sinthemahl zwischen disen und ienen quoad rem ipsam et religionem khein underschiedt
10
und iene sowohl als dise zu der ehre Gottes und befürderung der heyligen catholischen
11
religion gestifftet sein, inmasßen auch der herr graff von Trautmanstorff dasßelbige in seiner
12
antwort auf des herrn bischoffs zu Oßnabrugg gemachte contradiction gar wol repraesentirt
13
und eingeführt

52
Vgl. APW II A 3 nr. 237 und nr. 245.
.

14
Beim fünfften punct wegen der Calvinisten sezen die Churmainzische theologi, das wan der
15
friden anderst nicht erhalten werden kan, so möchten sy eodem iure wie die Lutheraner
16
geduldet werden; der zweiffel bestehe nur in dem, ob mann dasßelbige per pactum publi-
17
cum auff ein perpetuum hinaus bestettigen könne, und es seye bey den theologis eine ein-
18
hellige meinung quod non. Dan obwol dasienige, was zu zeitten kayßer Caroli des fünfften
19
und Ferdinandi des ersten im religionfridt verglichen worden, nicht zu retractiren, sintemal
20
sich nicht gebühre, dieselben consilia zu straffen, weil sy keinen offenen irrthumb darinnen
21
sehen, und etlich theologen darfürhielten, das wol bißweilen die umbstendte dergleichen
22
pacta honestiren könten, und dafern Euer Kayserliche Majestätt und die catholische den
23
Passawischen vertrag und religionfridt in zweifel ziehen solten, sy nur die gemüether mehr
24
exacerbieren und einen grösßeren krieg, als der iezige ist, erwecken würden, deme man
25
aniezo nicht gewachßen, so were doch diß vil ein schwerer werck, daß man die Calvinisten
26
und andere sectirer solt in religionsfriden kommen lasßen. Nichtsdestominder, do der friedt
27
nicht anders köndt erhalten werden, so vermeinen die Churmainzischen theologi, das man
28
sy mit ebensoguetem recht in religionsfriden einnemmen könne, als man zu zeiten vorge-
29
dachter beyder Kayßer die Lutheraner in landtfrieden eingenommen, und solches seye noch
30
umb anderer zweyen ursachen willen desto mehr zuleßlich: 1. weil einen als den andern
31
weeg denen catholischen erlaubt bleibt, dieselbe haeresin mit lehren unnd predigen zu wi-
32
derlegen , 2. weil wol glaublich, das sie und die protestirende den friden doch nicht halten
33
und dannenhero den catholischen schon ursach geben würden, absque nota perfidia sich
34
nach erlangten kräfften wider in vorigen standt zu sezen, dahero dergleichen einnemmung
35
in effectu nur ein temporalwerck und blosße permission were, nach welchem verstandt auch
36
oben bey dem andern punct der Kayserlichen theologorum meinung de bonis ecclesiasticis
37
immediatis usque ad concordiam religionis controversae permittendis wol pasßiert werden
38
köndte, dan sie ohne zweiffel nit de physica, sondern morali perpetuitate reden thetten.

39
Nun befinden die gehorsamste räth under disem discurs und demjenigen, waß in dem Kay-
40
serlichen proiect der Calvinisten halben ufgesezt, in fundamento et substantia khein sonder-
41
lichen underscheidt, dann mann begehrt die Calvinisten in religionfridt anders nicht alß ob
42
necessitatem und eodem modo, wie den Luteranern widerfahren, einzunehmen. Eß hat auch
43
im andern punct wegen der geistlichen immediat erz- und stifft quoad perpetuam dimissio-
44
nem kheine andere mainung, alß wie alhier beim fünfften puncten von den Churmainzi-
45
schen theologis vermuetet würdt, und stante eo intellectu so seint auch die churfürstlich
46
Mainzische mit denen Kayserlichen in secundo puncto sowohl in ratione decidendi dessel-
47
ben , daß es nemblich in effectu khein perpetuirlich werkh in infinitum sey, ganz ainig,
48
dannenher es weiter keines disputats bedörff.

49
Ad sextum punctum wegen der underthanen, daß irer Kayserlichen mayestät und den catho-
50
lischen sowohl alß den Augspurgischen confessionsverwanten daß ius reformandae religionis
51
in iren territoriis unstrittig mög gelassen werden, da vergleichen sich die Churmainzische

[p. 41] [scan. 121]


1
ebenmessig mit den Kayserlichen wegen der Calvinisten, aber ob dieselbige auch über ire
2
underthanen, ufm fahl sie in religionfridt eingenommen würden, ebenmessig daß ius refor-
3
mandi haben sollen, haben ire Kayserliche mayestät dasselbige an seinen orth und zu der
4
partheyen composition gestelt verbleiben lassen. Die Churmainzischen erklehren sich hierauf
5
deutlich, daß uf solchen fahl die Calvinisten von dem iure reformandi suos subditos ebenso-
6
wenig alß die Lutheraner köndten außgeschlossen werden, eß wehre dann sach, daß die Lu-
7
theraner selbst für guet befinden wurden, inen dasselbe zu verhietung irer mehrern arglist
8
etwas besser zu beschneiden. Euer Kayserlicher Mayestät gehorsamiste räthe aber halten aller-
9
underthenigst darfür, daß Euer Kayserliche Mayestät sich darinnen zue kheiner parthey ma-
10
chen , sondern, wann die Calvinisten im religionfridt aufgenommen werden, inen in futurum
11
eben daß recht gönnen und lassen sollen, welches die Lutheraner auß demselben haben, dann
12
sie bekhennen sich ebensowohl zur Augspurgischen confession und lehren in effectu wider die
13
catholische nichts mehrers oder ärgers alß die Lutherischen, praestat etiam habere tres quam
14
duas tantum factiones in republica vel principatu, si non omnes concordare possunt.

15
Auf den sibenden punct vergleichen sich die Churmainzischen allerdings mit denen Kayser-
16
lichen , daß nemblich ihre Kayserliche mayestät auf obgesezte masse nicht allein der erledi-
17
gung der gravaminum approbiren, sondern auch in mangel güetlichen vergleichung baide
18
der catholischen und uncatholischen dergleichen selber proponiren und sie dazue anhalten
19
können, welches billich pro salvanda conscientia Caesarea gebührlich anzunehmen.

20
Lezlich melden sie, daß in dem Teutschen Kayserlichen scripto

47
Vgl. Anm. 76.
angehenkht würde, man
21
möchte eine gleiche anzahl räthe und praesidenten von denen protestirenden im Kayserli-
22
chen cammergericht und reichshofrath annemmen, welches sie gefährlich unnd unbillich
23
deücht und halten darfür, es sey dasselbige schwär nachzugeben, dan es der catholischen
24
religion zue högstem schaden und nachtheil gereichen möchte. Man solle Gott vertrawen,
25
der hab noch keinen Römischen kayßer verlasßen, der die christliche catholische kierch zu
26
beschüzen recht auf sich genommen.

27
Nun wirdt das angedeute Kayserliche scriptum villeicht nur ain extract von deren dem
28
herrn churfürsten zue Mainz vertreülich communicirten instruction geweßen sein, die ihre
29
Kayserliche mayestät dero gesandten nach Münster überschickht

48
APW II A 3 nr. 177.
. In selbiger aber wirdet
30
nicht simpliciter gesezt, daß die protestirende im cammergericht und reichshofrath eine
31
gleiche anzahl räthe und praesidenten von ihrer religion haben sollen, sondern allein, daß
32
ihre Kayserliche mayestät im reichshofrath eine gewisse anzahl der Augspurgischen confes-
33
sionsverwanten nemmen und, wann religionssachen fürkhemen, alßdan nur pares numero
34
utriusque religionis zu vermeidung aller ungleichen suspicion drüber sizen lasßen wollen.

35
Im übrigen würden alzeit mehrer catholische alß uncatholische unnd etwa duae tertiae ca-
36
tholisch und una tantum tertia der Augspurgischen confession zugethan sein. Wegen des
37
cammergerichts aber ist nichts mehr alß dißes einzuwilligen für guet befunden worden, daß
38
anstatt dreyer praesidenten forthin ihrer vier verordnet werden solten, deren zwene catho-
39
lisch , die andern beide aber der Augspurgischen confession zuegethan weren, und solches
40
nicht allein in krafft deß Pragerischen fridenschlußses, in welchem albereit dem herrn chur-
41
fürsten zu Sachßsen uf dergleichen temperament vertröstung und zuesage gethan worden,
42
sondern auch zu verhiettung der aniezt zu Oßnabrugg bey den tractaten von den protestie-
43
renden fürgeschlagenen und von den Schweedischen schon approbierten newen tribunalien
44
im Ober- und Nidersechßischen sowohl auch im Westphalischen und andern creißen, wel-
45
ches nicht allein zu mehrer schmelerung der Kayserlichen jurisdiction gereichen, sondern
46
viel ein ergers malum für die catholische kirch und religion sein würde

49
Der prot. Vorschlag zu einer Änderung des Reichsjustizwesens war Bestandteil der ev. Grava-
50
mina vom 15./25. Dezember 1645 (Druck: Meiern II, 522 –537, vor allem 532–536, vgl.
51
auch ebenda , 138). Zur Reaktion der ksl. Seite darauf vgl. APW II A 3 nr.n 87 (S. 131f.),
52
113, 177 (S. 310). Zur schwed. Reaktion vgl. APW II C 2 nr. 84. Zum Inhaltlichen siehe
53
Ruppert , 238f., 244f.
. Unndt weil dieß

[p. 42] [scan. 122]


1
bloß bey ihrer Kayserlichen mayestät wilkhür bestehet und mere temporale negotium ist,
2
alß seint auch hießige theologi dariber nicht befragt worden, und die gehorsamiste räthe
3
vermeinen, wan denen Meinzischen das werkh mit allen seinen umbstenden solte recht be-
4
khant sein, daß sie es nicht improbiren wurden. Es stehet dißem nach zu ihrer Kayserlichen
5
mayestät allergnedigsten erwegung, ob sie ire theologos auch über disen punct vernemen
6
lassen wollen.

7
Sonsten ist sich, bevorab wo man der religion und justiz halben in gefahr gerathen, wohl auf
8
Gott fest zu verlassen, jedoch daneben auch diß jederzeit zu fürchten, waß in sacris literis
9
geschriben stehet und unser catholischer glauben mit sich bringet, nescimus an amore vel
10
odio dignissimus

45
Ecl. 9, 1.
, deßgleichen, waß Chursachsen vorm jahr an ire Kayserliche mayestät
11
geschriben

46
Wurde nicht ermittelt.
, daß Gott auß seinem gerechten willen offt auch in ainer gerechten sach die
12
seinen stekhen läst, item, waß Thucydides schreibt „multi, qui iustitia confisi iniustos adorti
13
sunt, non modo non depulerunt iniurias, sed etiam succuberunt“

47
Die einzig sinngemäße Entsprechung wäre Thukydides, 3,40,4, obgleich das Zitat nicht genau
48
der damals gängigen Lateinübersetzung des Thukydides durch Lorenzo Valla entspricht.
, und solches hat entlich
14
kaiser Carl der fünffte nach getrentem Schmalkaldischen bundt

49
Hier wird wahrscheinlich darauf angespielt, daß Karl V. seinen Sieg aus dem Schmalkaldi-
50
schen Krieg über die Protestanten 1546–1547 politisch nicht dauerhaft umsetzen konnte, dazu
51
Rabe , 258–303).
sowohl der allerseeligst
15
kaiser Ferdinandus II. nach publicirung deß edicts

52
Gemeint ist das Restitutionsedikt Ferdinands II. vom 6. März 1629 (Druck: Frisch ,
53
184–194, vgl. Bireley , 85–100).
erfahren, derwegen in consilio politico
16
bey solchen schweren leuffen zugleich uf die causas secundas zu sehen, und wan dieselben
17
recht bestelt sein, alß dann ist guet und heylsamb, sich getrösst uf Gott in gerechter sachen
18
zu verlassen und demselben den außgang zue bevehlen, in mangel aber deren, ihn nicht zu
19
versuechen, sondern sich mit ainer leidtlichen regierung zu betragen und mit dem, waß
20
mann noch haben und behalten khan, zue contentiren. Und weil ir churfürstliche gnaden
21
noch überdiß, wie obgehört, sich gegen ire Kayserliche mayestät erklehren, die ihrige dahin
22
zu instruiren, daß sie sich in allem ihrer Kayserlichen mayestät gesanten conformiren und
23
andere zu gleichmessiger conformation bewegen helffen sollen, so wehre ihrer churfürstli-
24
chen gnaden darfür gnedig dankh zu sagen, auch solches neben dem, waß hiesige theologi
25
noch weiter dabey resolviren möchten, denen Kaiserlichen abgesanten zu irer nachricht ein-
26
zueschliessen .

27
Sovil dann Churbayern anlangt, thuet derselbe in effectu seiner vorigen mainung, daß man
28
denen protestirenden die erz- und stiffter nur ad certum tempus, ohne session und voto,
29
lassen solle, inhaeriern und sich nochmahls dahin erkhleren, daß ob er wohl in disem diffe-
30
rent , so sey er doch deswegen den friden zu hindern nicht gedacht, sondern wolle sich uf
31
den eussersten fahl, wann derselbe anders nicht zue erheben sein solte, in ainem und anderm
32
von dem, waß ihre Kayserliche majestätt und andere catholische churfürsten und ständte für
33
rathsamb, thuenlich unnd im gewisßen verantworttlich hielten, seinestheils auch nicht sepa-
34
riren , auch seinen gesandten diß alles, was ire Kayserliche majestätt weitter an in und seinen
35
obristen cammerer, graff Kurzen, gelangen lasßen, mit widerholung voriger an sy ergange-
36
nem bevelch uberschicken, das sie zuforderst mit irer Kayserlichen mayestett, dann auch mit
37
andern catholischen gesandten hierauf vertrewlich communiciren und wie in anderm also
38
auch in puncto gravaminum zu mögligster befürderung des fridens eyfferig collaboriren
39
solten, dahero unvonnöthen, wegen angedeüter differentien weittere schreiben mehr zu
40
wechßlen, welches auch sein obrister cammerer an Ewer Kayserlicher Mayestatt reichsvice-
41
canzler in antwortt widerholen thuet. Nun were zu wünschen, das ire churfürstliche durch-
42
laucht hierinnen sich so klar und deütlich, alß Churmeinz gethan, herausgelassen hetten,
43
weil aber solches nicht zu erhalten, seine churfürstliche durchlaucht und dero ministri auch
44
gar kein schrifft mehr darüber wechßlen wollen, so muest man es nur dahingestelt verblei-

[p. 43] [scan. 123]


1
ben laßen und ihre iezige schrifftliche erclerung dahin aufnemmen, daß sie sich entlich wer-
2
den der Kayserlichen mayestät intention und resolution bequemen, dessen auch die Kayser-
3
lichen abgesandten mit einschliessung der copey seines schreibens also zu erinneren, undt
4
sovil von der Churmainzischen und Bayerischen erclerung.

5
Betreffendt vors andere der sambtlichen catholischen intention und meinung, wie dieselbe
6
iezt zu Münster und Oßnabrug vermög der einkommenen relationen außgefallen, so siehet
7
man wohl, daß dieselbe von den protestierenden haubtsachlich in den zweyen puncten dis-
8
crepieren und darinnen nicht nachgeben werden: 1. daß sie ihnen die streitigen erz- und
9
stifft nicht weiter alß auf eine gewisse jarzahl lassen wollen, 2. sine titulo, investitura, ses-
10
sione et voto, dagegen die protestierende sich, wie auß deß Salvii discurs gegen dem Vollmar
11
abzuenemmen

40
Vgl. APW II A 3 nr. 255 und APW III C 2, 585 Z. 14 – 588 Z. 40.
, schwerlich damit contentieren, sondern auf ihrem postulato de renunci-
12
atione in perpetuum, item de titulis, investitura, sessione et voto concedendis unbeweglich
13
stehen bleiben werden. Und solang man über disen beeden puncten, alß den haubtursachen
14
deß bluetigen kriegs, nicht einig sein würdt, so lanng ist sich auch keines richtigen friedens
15
zu getrösten, wan man gleich mit denen cronen circa punctum satisfactionis zum vergleich
16
gelangen möchte, dann die protestierende werden die cronen quovis pretio et prece an sich
17
halten, biß sie dißfalls ihr contento haben. Die deputirte räth füchtet auch nit an, daß der
18
herr bischoff zue Oßnabrugg vertröstung gibt, es würden die Franzosen sich hierinnen der
19
catholischen annehmen und den Schwedischen und protestierenden selbst resistiren, dann
20
solches 1. ungewis und das contrarium vielmehr auß ihrem foedere und testamento deß
21
verstorbenen khönigs in Franckhreich

41
Ludwig XIII. (1601–1643), 1610 Kg. von Frankreich ( GDEL VI, 6407f.). – Die Verträge
42
zwischen Frankreich und Schweden, auf die hier angespielt wird, sind die von Bärwalde (1631
43
Januar 23; Druck: ST V.I, 438ff.; erneuert 1633 April 19), Compiègne (1635 April 28; Druck:
44
DuMont VI.1, nr. LXIV, 88), Wismar (1636 März 20; Druck: DuMont VI.1, nr. LXXX,
45
123), Hamburg (1638 März 5; Druck: DuMont VI. 1, nr. CVII, 161f.) und nochmals Ham-
46
burg (1641 Juni 30; Druck: ST V.2, 471–474). – Zur Verständigung zwischen Frankreich und
47
dem Heilbronner Bund kam es 1634 November 1 (Vertrag von Paris; Druck: Londorp IV,
48
444–446; DuMont VI.1, nr. LX, 79f.). – Die Anspielung auf das Testament Ludwigs XIII.
49
ist vermutlich als Hinweis auf Ludwigs Regentschaftsregelung zu verstehen. Danach wurde
50
Kg.in Anna als Regentin (vgl. [ nr. 43 Anm. 8 ] ) ein Regentschaftsrat an die Seite gestellt, durch
51
dessen Zusammensetzung die Kontinuität der frz. Außen- und Kriegspolitik gewährleistet blieb
52
(Druck des Testaments vom 21. April 1643: DuMont VI.1, 271ff.; zum Sachverhalt vgl.
53
Chéruel I, 29ff.).
, auch andern mehr umbständen zu vermuethen.
22
2. Hat man schon von den mediatoribus genuegsambe nachricht, daß es allein verbis et of-
23
ficiis amicabilibus möchte geschehen, unnd also mehr in speciem oder pro forma alß re ipsa.
24
3. Da dergleichen officia passiren und statthaben solten, würde es doch ihre Kayserliche
25
mayestät unnd die catholische wenig helffen, sondern vielmehr einen fomitem perpetuum
26
belli in Teütschlandt zwischen ihrer Kayserlichen maiestät und die catholische sowohl den
27
protestierenden erhalten, dessen sich die cron Franckhreich iederzeit nach ihrem willen wi-
28
der ihre Kayserliche majestät unnd dero hauß bedienen köndte. 4. Posito, daß die Franzosen
29
ihrer Kayserlichen majestät und den catholischen hierinnen mit gewalt der waaffen assisti-
30
ren wolten, so würde aber dieses nicht den frieden, darnach yedermann so hoch verlangt
31
unnd welcher ihrer Kayserlichen mayestätt zuvorderst nöttig ist, befürdern, sondern nur
32
denselben noch mehr hintern und ganz einen newen krieg erweckhen, in quo si vincerent
33
catholici, so würde der danckh denn Franzoßen bleiben und die Kayserliche majestätt und
34
ihr hauß von denselben hernach desto besser mit hülff der catholischen selbst vollents ganz
35
und zumahl unterdruckht werden können. Sin vero vincerentur, würden die catholische
36
geistliche für ihre persohnen wenig oder nichts, aber wohl Euer Kayserliche Majestätt und
37
ihr hauß alle ihre königreich und lande darüber in perpetuum verliehren. Sin autem neutra
38
pars vinceret vel vinceretur, so würde man doch steets darüber in einem müeheseeligen,
39
geferlichen krieg verbleiben und entlich zu desselbigen abhelffung eben diß, was man aniez

[p. 44] [scan. 124]


1
thuen soll und villeicht weit ein mehrers, wie bishero die exempel hier unnd anderßwo
2
außgewiesen, umb geliebten fridens willen thuen und eingehen müssen. Euer Kayserlicher
3
Majestätt und des Reichs notturfft erfordert den friden und nicht den krieg, derhalben mueß
4
man die obstacula pacis und fomenta belli wie ehender, wie besser aus dem weege raumen
5
und sich mit scheinbaren tituln und vertröstungen von disem scopo ganz nicht dimovieren
6
lassen; kombt der krieg nur einmahl auß dem Reich, so würdt es an gelegenheit nicht mang-
7
len , solchen anderswo mit besserm vortheil alß in Teütschlandt und in den erbländern zu
8
continuieren.

9
Die gehorsambste räth weren, derohalben uf die dritte frag in disem punct zu kommen, der
10
schließlichen meinung, Euer Kayserliche Majestätt möchten ihren gesandten anbevehlen,
11
daß sie nunmehr, wan sie sehen, daß man mit den außlendischen cronen köndt zum friden
12
kommen und es weren die catholische und protestirende der gravaminum halben miteinan-
13
der nicht verglichen, sondern es wolte sich noch an disen beiden puncten stossen, denen
14
catholischen etwas besser zuesprechen solten, daß sie sich hierinnen der zeit accommodiren,
15
und weil sie in ihrer instruction für ihre deputierte nach Oßnabrugg bereit sich der viae facti
16
et executionis militaris gänzlichen begeben, via iuris aber in effectu ihnen contra contuma-
17
ces doch nichts nuzen würde, sondern einer genzlichen zurükhlassung gleich sein würde,
18
(welches eben auch die ratio decidendi bey Euer Kayserlicher Majestätt gewest, daß sie sich
19
entlich uf obgedachtes medium bis zu einem andern christlichen vergleich resolviert) sich
20
vollents überwinden und entweder guetwillig denen protestierenden hierinnen selbst nach-
21
geben oder, do sie dessen noch etwas bedenkhen trügen, daß werkh Euer Kayserlicher Ma-
22
yestät , wie hiebevor bey kayser Carl des fünfften zeitten in vil geringerer gefahr geschehen,
23
heimbstellen wolten, uf welchen fall dan die Kayserlichen abgesanten die handlung innhalts
24
voriger instruction mit denen protestierenden fürnemmen und nicht nur per gradus uf weit-
25
schichtige tractaten gehen, sondern alßbald ultimum gradum eröffnen und darauf schliessen
26
theten, dan es ist Euer Kayserlicher Mayestät tragenden ambt gemes, den künftigen periculo
27
beyzeitten zu begegnen, sonderlich wegen des Türkhen höchstbesorgenden fürbruchs

51
Im Sommer 1645 hatte das Osmanische Reich mit einem Angriff auf die in venezianischem
52
Besitz befindliche Insel Kreta einen erneuten Vorstoß im südöstlichen Europa begonnen ( HEG
53
III, 1185; Eickhoff , 17–48).
.

28
Casu autem quo die catholischen deren keins thuen unnd die protestierenden von ihren
29
postulatis auch nicht weichen wolten, so stehets zwar wohl zu bedenkhen, ob Euer Kayserliche
30
Majestätt sich darüber ihres Kayserlichen gewalts gebrauchen und für sich selbst den prote-
31
stierenden auß eigner macht hierinnen eine willfehrige resolution ertheillen solten, dan wan
32
die catholischen, und sonderlich Churbayren, es nicht für genem hielten, sondern sich drüber
33
zue Frankhreich schlüegen, und man hette auch keinen gewissen fridt und beystandt von den
34
Schwedischen und protestirenden, so würden Euer Kayserliche Majestätt neben der schweren
35
verantworttung ebenso grosse und noch grössere gefahr alß zuvorhin auf sich laden, hier-
36
umben man iederzeit darfürgehalten, daß man sich in disem punct Churbayrens recht ver-
37
sichren soll, und solches hielten die gehorsambste räth nochmals für nöttig und rathsamb, daß
38
es etwan durch ein sonderliche schikhung, die nicht nur wegen dises, sondern auch wohl des
39
ganzen fridtwerkhs halben nüzlich köndte angelegt sein, versuecht werden möchte, dan durch
40
ihne kan man nicht allein die übrige catholische vollents bedeüten, sondern auch die Franzosen
41
disponieren, daß sie dergleichen bewilligung für die protestierende selbst ratificieren helffen,
42
uf welchen fall Euer Kayserliche Majestätt und dero hauß nicht allein des kriegs, sondern auch
43
der verantworttung gegen die catholische kirch und geistligkeit desto mehr überhoben blei-
44
ben . Es köndte auch dem bischoven zu Oßnabrugg, wan er sehe, daß Churbayern seiner
45
meinung zu entgegen mit Euer Kayserlicher Majestätt und ihr churfürstlicher durchlaucht zu
46
Mainz einstimmig were, seine gefehrliche principia, alß wan der Passawische vertrag ein
47
unverantwortliches ding und der friedt wohl uf andere leidliche weis und weeg ohne der-
48
gleichen zueruekhlassung zu erhalten, desto leichtlicher benommen werden.

49
Jedoch, weil periculum in mora und die schikhung zu Churbeyren ungewiß, so stehet zu
50
Euer Kayserlicher Majestätt und dero herrn geheimben räthen besseren erwegung, ob nicht

[p. 45] [scan. 125]


1
in eventum, wan man des fridens mit der cron Schweeden recht versichert were, dem herrn
2
graven von Trautmanstorff anzubefehlen, daß er uf solchen fall sich seines habenden ge-
3
walts gebrauchen und denen protestirenden, auch unerwarttet der catholischen einwilligung
4
oder heimstellung, do sichs mit derselbigen verweilen solte, die versicherung thuen möchte,
5
daß ex parte Vestrae Maiestatis sie bey mehrbesagten erz- und stifften bis zu einem andern
6
christlichen vergleich gelassen und ausser solchem wider ihren willen weder via facti noch
7
iuris davon getrungen werden solten, nur allein daß dieiehnige conditiones dabey außge-
8
dingt und vorbehalten wurden, welche hiebevor schon auffgesezt unnd ihme, herrn graven,
9
per instructionem singularem zugeschickht und an die handt gegeben worden

45
Siehe APW II A 3 nr. 179.
. Neben de-
10
nenselbigen conditionen aber möchte zuegleich versucht werden, ob man anstatt der men-
11
sium papalium, welche die unkatholischen uff ihren innhabenden erz- und stüfften ganz
12
und gar nicht mehr annehmen noch erkennen wollen, dieses köndt erhalten, daß Euer Kay-
13
serliche Majestät anstatt ihrer Bäbstlichen heiligkeit dieselbige gebrauchen und daneben die
14
annaten zue erhaltung des reichshofraths und cammergerichts erheben könten, auf maaß
15
und weise, wie hiervon beyligender fürschlag

46
Vgl. die folgende Textanmerkung.
mit mehrerm zu erkennen gibt, doch daß
16
dasselbe dextre tractirt und nicht ehender proponirt werden möchte, man habe sich dan
17
zuvorher etlicher protestierenden, von denen die andern dependiren, wol versichert, und
18
auch solchergestalt, daß ihr Bäbstliche heyligkeit nicht ursach haben möchten, einen arg-
19
wohn zue schöpffen, alß wann man ihr an ihren rechten was zu entziehen und dasselbe sub
20
praetextu, daß die protestierenden es also haben wolten, auf ihre Kayserliche majestät zu
21
transferiren gedechte, dann dasselbe ihrer Kayserlichen mayestät mehr hinderlich und
22
schädlich als nuzlich sein wurde.

23
22 Legatur der fürschlag.] Im Reinkonzept fol. 98–99’: Vorschlag in puncto mensium papa-
24
lium et annatarum. Im fall denen uncatholischen ex necessitate die indulta oder investi-
25
turae una cum sessione et voto in conventibus Imperialibus bewilligt werden miesten,
26
weiln dises gleichwohl eine große sach, mögte etwa dahin zu handlen sein, daß alßdan
27
ihrer Kayserlichen majestät nicht allein die preces Imperiales vorbehalten, sondern auch
28
die menses papales (da sie fur ihre Päbstliche heyligkeit nicht zu erhalten oder von der-
29
selben , auf weiß und maß, wie folget, nicht angenohmen oder gebraucht werden wolten)
30
durchgehendt auf mediat- und immediatstiffter zugeaignet werden, disergestalt, daß ihr
31
Kayserliche majestät obligirt sein sollen, keine andere alß derienigen religion, der daß
32
stifft zuegethan, [ zuegethan ] und nach denen biß anhero hergebrachten statutis qualifi-
33
cirte persohnen zu befürdern, item ihrer majestät gleichfalß die annatae zu underhaltung
34
deß reichshofraths und cammergerichts und andern nottürfften zugeschlagen werden.
35
Und solches in betrachtung 1. deß großen vortheils, so denen uncatholischen durch die
36
obbedeutete concession eingeraumbt wurde, 2. damit die uncatholischen postulirten
37
quoad provisiones nicht melioris conditionis seyen alß die catholischen bischove, welche
38
der Päbstlichen heyligkeit ihre menses gestatten, zudeme die confirmationes und pallia
39
mit großen spesen zu Rom suchen sowohl auch die annatas entrichten müeßen, 3. weiln
40
solches nichts newes, sondern disergestalt ein Römischer kayser zu theilß derienigen
41
iurium, so demselben ab antiquissimis temporibus zuegestanden, wider gelangete. 4. Es
42
hetten auch die uncatholischen sich umb sovil weniger zu weigern, weiln es allein umb
43
daß temporale zu thuen und damit sie sich der imputation, mit welcher sie bey einfüh-
44
rung ihrer confession (wie bey dem Sleidano

47
Johann Sleidan (1506/1508–1556), prot. Geschichtsschreiber, seit 1545 im Dienst des Schmal-
48
kaldischen
Bundes, 1552 im Dienst der Stadt Straßburg. 1555 erschienen die von ihm verfaß-
49
ten
De statu religionis et reipublicae Carolo V. Caesare Commentarii, die in der zweiten
50
Hälfte des 16. Jh.s und im 17. Jh. sehr verbreitet waren ( ADB XXXIV, 454–461 ). Welche
51
konkrete Stelle in der Darstellung von Sleidan hier gemeint ist, wurde nicht ermittelt.
zu sehen) von denen catholischen beladen
27
werden wollen, alß wan sie sich von dem Pabstumb mehr wegen der geistlichen güeter
28
und gefälle alß der lehr halben abgesondert, umb sovil mehr entschlagen. 5. Es entgienge
29
ihnen hierdurch nichts oder wenig, weilen sie ebensowohl alß die catholischen der con-
30
tributionen zu unterhaltung deß cammergerichts enthebt wurden. 6. Es mögte etwan
31
auch hirauf mit ihrer Päbstlichen heyligkeit wie zu zeiten Caroli V.

50
Welche konkreten Verhandlungen hier gemeint sind, wurde nicht ermittelt.
zue handlen und
32
umb sovil leichter zu erhalten sein, daß sie ihrer majestät die annatas gleichfals oder
33
noch was mehrers zu einer hilff pro defensione christiani orbis contra Turcas bewillig-
34
ten . Diß alles mögte auch zu verhietung einiger offension bey ihrer Pabstlichen heylig-
35
keit zuvorderist mit denen uncatholischen dahin underbawet werden, daß sie diß mittel
36
gleichsamb von sich selbsten vorschlügen, da aber solches nicht alsogleich zu erhalten,
37
von denen Kayserlichen gesandten selbsten proponirt und darnach gehandelt werden.
Legatur der fürschlag.

[p. 46] [scan. 126]


1
Daß aber Euer Kayserliche Majestät mit ihrer resolution auf obgedachten fall denen catho-
2
lischen endtlich fürgreiffen möchten, daß halten die gehorsambste räthe noch umb zweyer
3
ursachen willen desto mehr verantworttlich: 1. weil ihr Kayserliche majestät hierinnen des
4
herrn churfürsten zue Mainz als des fürnembsten erzbischoffs unnd churfürsten, auch erz-
5
canzlers im heyligen Reich Teütscher nation, consens und willen für sich haben, dem sich
6
hoffentlich auch andere bequemen werden, 2. weil churfürstliche durchlaucht in Bayern zue
7
befürderung des fridens ihrer Kayserlichen majestät selbst underschiedlich mahlen in hoc
8
negotio pacificationis fürgegriffen, als [ 1 .] in puncto satisfactionis Gallicanae, welchen sie
9
begehrt, vor allen dingen in den consultationibus fürzunehmen und zue der Franzosen con-
10
tento zu richten, 2. mit einführung deß achten, und zwahr eines Calvinischen churfürsten,
11
3. mit offentlicher protestation und denunciation, daß man den krieg nicht weiter führen
12
könne und deßwegen quovismodo frieden machen müesse, 4. mit betrohung, wan man nit
13
gleich in sovil tagen schlüesse, daß seine churfürstliche durchlaucht von ihrer Kayserlichen
14
majestät sich separiren und für sich selbst den frieden machen wolle, wie sie wüssten unnd
15
vermöchten, da doch ihr Kayserliche Majestät alß dem oberhaubt in disem allem vielmehr
16
der respect und fürzug gebühren thuet.

17
In summa, wie bälder man mit denen protestierenden hierinnen einig werden kan, wie nuz-
18
licher und besser ist es für ihre Kayserliche majestät und dero hauß, wan man nur auch
19
dabey der Schweeden mit zum frieden recht versichert wehre. Daferrn aber auch der friedt
20
mit Schweeden nicht gewiß, so entspringet ein andere frag, ob man alsodan nichtsdestomin-
21
der gegen die protestierende sich in soweit heraußlassen solle, auf welche sich die gehorsam-
22
biste rethe propter ignorantiam facti, wie weit es mit den Schweeden von dem herren graven
23
von Trautmanstorff in seiner handlung gebracht worden, sich nicht wissen zu declarieren,
24
bevorab weil man bißhero alles, was zu güetlicher hinlegung der gravaminum den protestie-
25
renden zum besten cingerathen worden, nur in ordine ad pacem und pro conditione sine
26
qua non etc. et non aliter gemeinet und verstanden haben wollen.

38
26 Conclusum. ] Im Reinkonzept fol. 101’–102: Und haben ihre Kayserliche majestät, sovil
39
daß Churmainzische schreiben und seiner theologorum votum, auch daß Churbayrische
40
schreiben betrifft, geschlossen, dieselbigen dem herrn obristen hoffmaister sambt diesem
41
guettachten zu communiciren und daß sich derselbe dahin bearbeitten wolle, damit sich
42
die catholische stendt selbst untereinander und mit ihrer Kayserlichen majestätt und
43
dem churfürstlichen Meinzischen guettachten verglichen oder, da solches nit zu erhe-
44
ben , daß die stendte es ihrer Kayserlichen majestätt und dero abgesandten anheimbstel-
45
len , da dan ihrer Kayserlichen majestätt intention und des churfürsten zu Maintz gegeb-
46
nen guettachten gemeß der ausschlag zu geben were. Ob aber obstante reclamatione
47
catholicorum ihre Kayserliche majestätt selbsten per se vorgreiffen sollen, item wegen
48
der annaten, mensium Papalium et precum primariarum etc. darüber sollen die theologi
49
vernommen werden.
Conclusum.

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