Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
11. Trauttmansdorff an Ferdinand III Osnabrück 1646 April 19
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Osnabrück 1646 April 19
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 57–58’ = Druckvorlage – Konzept: TA Ka. 111 Z 5
nr. 69–70 unfol.
Ankunft der kursächsischen Gesandten; erstes Gespräch: Religionsgravamina, Verdoppelung der
böhmischen Kurstimme, Pommern. Unterredung mit Oxenstierna: Verzicht auf Schlesien und
Wismar, Satisfaktionsforderungen: Pommern, Bremen, Verden. Kaiserliche Duplik erst nach Er-
halt des Gutachtens der Reichsstände. Unterrichtung Kurbayerns über Gespräch mit Kursachsen;
Pfalz.
Nachdem von ihrer churfurstlichen durchlauchtt zu Sachsen nunmehr auch
zween gesandten, alß Hannß Ernst Pistoris zu Seuselitz unnd Johan Leübern,
der rechten doctorn, alhir angelangt, haben sy sich bey mir umb audientz, die
ich ihnen den 17. dits vormittag umb 9 uhr ertheilt, angemeldt unnd nach
abgelegten sehr höfflichen complimenten vorgebracht, daß sy in krafft des
anno 1641 auf dem reichstag zu Regenspurg gemachten schlusses
gnedigsten herren zu dem endt abgefertigt worden unnd instruirt seyen, daß
sy unß Kaiserlichen in diesem allgemeinen fridenswerck assistiren und bey-
springen solten. Unnd alß ich ihnen zu gemüth geführt, auf waß fur unbilli-
chen postulatis die protestirende in puncto compositionis gravaminum beste-
hen theten unnd daß gleichwohl ihre churfurstliche durchlauchtt bey sich
selbst, alß man sich bey dem Prager friden auff die 40 jahr verglichen
werckh so hochvernunfftig considerirt und abgewogen, daß kein bessers ex-
pediens zu finden alß ein gewisse determinirte zeit von jahren unnd daß es
billig dabey bewenden und verpleiben solle, haben sy geantwortet, daß dieser
passus zuversichtlich wohl voreinander wirdt gebracht werden.
Unnd wie unß der discurs auf die Pfalzische sach geführt und ich ihnen anlaß
geben, daß die alternativa fur kein bestendiges medium gehalten werden
wolle, von dem achten churfursten zu reden, seindt sy so weit heraußgangen,
ob eß nit ein weeg, daß bey erwehlung eines Römischen königs beede, Chur-
bayren und Pfaltz, nur ein votum electorale machen und dasienige, wessen sy
sich dißorths vergleichen würden, nur fur eine stimb gezehlt werden möchte,
bin ich ihnen gleichsamb mit fleiß in die redt gefallen (weilen es sich begeben
möchte, daß sy beede in diesem actu sich keines einhelligen voti vergleichen
könten), daß ein ieder zwar sein stimb der ordnung nach behalten, damit aber
die paritet vermitten pliebe, dem könig in Boheimb in casu paritatis votorum
zwey vota passirt oder sein votum fur zwey gerechnet werden könte, welches
sy ihnen auch nit mißfallen lassen.
Leztlichen seint wir auch auf den punctum satisfactionis coronarum kom-
men , unnd alß ich ihnen communicirt, warauff derzeit das werckh mit
Schweden wegen Pommeren beruhe, haben sy, die Chursachsische, auß-
truckhlich gesagt, Brandenburg muesse ihme nit einbilden, daß sy und alle
andere ständt des Reichs lenger in gefahr stehen wolten, das ihrige seinetwe-
gen vollendts gar zu verliehren, und wan das hochlöbliche erzhauß Öster-
reich von seinen erbpatrimonialgüettern umb des lieben friedens willen so
viel zuruckhlasse, so werde Churbrandenburg sich umb so viel weniger zue
beschweren befuegte ursachen haben, von landen, die er noch nie in possess
gehabt und auß gnaden zumahl des Römischen Kaisers uberkommen, ihnen
selbst mit zum besten unnd das ubrige auß feindts handt zu retten, etwaß
zuruckhzulassen.
Selbigen nachmittag umb 4 uhren ist der Schwedische gesandter Ochsenstern
zu mir kommen und hat sich nach abgelegten complimenten, alß wir des
friedenwerckhs zu red worden, anfangs so weit hinaußgelassen, daß sy ohne
unsere vorher habende duplicam sich formaliter nit erkleren könten, gab
iedoch darbey klar zu verstehen, daß sy Schlesien ganz und zumahl quittir-
ten , von Wißmar
chendter gesagt) neben Bremen und Verden praetendirten. Beschlusse aber
damit, wir solten nur unsere duplicam befurderen, die ständt in ihren gegen-
einander habenden gravaminibus vergleichen helffen, wie sy dan ihrerseits
das ihrige auch darbey thuen wolten, unnd unß versichert halten, daß sy in
gar wenig tagen, und zwarn dergestalt sich darauff erkleren wolten, daß wir
unß unserstheils nit allein darwieder nit zu beschweren ursach haben solten,
sonderen auch solchem nach und darauff das instrumentum pacificationis
verglichen unnd außgefertigt werden könte. Ich hab ihme hinwiderumb dar-
auf geantwortet, daß der verzug nicht an unß, sondern an der stendt des
Reichs bißhero erfordertem guetachten und bedenckhen gehafftet, wolten
sonst in dreyen wochen nach beschehener replica unserseits mit der duplica
fertig unnd gefast gewesen sein. Eß hette aber solches reichsbedencken ehen-
der nicht zur handt gebracht werden können, warauff wir noch stundtlich
warteten, und wolten alßdan unsere duplicam alßbaldt ablegen und under-
dessen an unß nichts erwinden lassen, waß zu ehist furderlicher beylegung
der reichsgravaminum vorträglich sein könte, auch zu gewinnung der zeit das
instrumentum pacificationis aufsezen lassen.
Im ubrigen hab ich auch ihrer churfurstlichen durchlauchtt in Bayren von
demienigen, waß die Chursachsische gesandten in der Pfalzischen sach gegen
mir gemeldt, gehorsamist parte gegeben, allermassen Ewer Kayserliche Ma-
yestät hiebey in abschrifft zu ihrer gnedigsten nachricht zu vernehmen.
Trauttmansdorff an Kf. Maximilian I. von Bayern, Osnabrück 1646 April 19. Kopie des Schrei-
bens ohne PS
Schreibens: TA Ka. 109 Z 3 nr. 40–44 fol. 361–361’, 364, PS fol. 362–362’.
Gemäß kaiserlichem Befehl befördere ich die pfälzische Sache nach Möglichkeit. Über die Resti-
tution der Pfalz, die Stimmzählung bei der Königswahl und das Beharren Brandenburgs auf
Pommern habe ich auch mit den kursächsischen Gesandten gesprochen
haben mir am 6. April befohlen , wan die Pfalzische abgeordnete auff ihren extremis beharren
und des churfurstlichen collegii interposition nicht statt thuen wollen, daß ich alßdan mir
angelegen sein lassen solle, damit denen Pfalzischen mit einwilligung der cronen die condi-
tiones praescribirt unnd also Ewer Churfurstliche Durchlauchtt in krafft dieses verhoffen-
den friedenschlusses bey der churdignitet und landen desto bestendiger manutenirt werden
möchten, und hab ich solchem allergnädigsten befelch zufolg beeden satisfactionsproiecten
fur Franckhreich und Schweden dieses pro conditione albereit mit angehenckht.