Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
238. Trauttmansdorf an Ferdinand III Osnabrück 1647 Februar 4
Osnabrück 1647 Februar 4
Drei Gründe für die Aufgabe katholischer geistlicher Gebiete und ihre Überlassung an protestie-
rende Stände.
Wie in grossen wichtigen geschefften gemeiniglich die urtheil derienigen,
welche in den sachen keinen grundtlichen bericht haben, nach eines ieden
sinnlichkeit gefehlt, auch zu zeiten wohl auff solche praesupposita gestelt
werden, daß mancher dem eusserlichen ansehen nach vermeinen solte, es
könne einmahl nicht anderß sein, waß dieser oder iener mainung zuwider-
lauffe , solches muesse irrig unnd unrecht sein, also zweiffelt mir gar nicht, es
werden auch von gegenwertigen fridenstractaten und zumahlen uber dieieni-
ge , so die satisfaction der cron Schweden unnd deren dabey ratione aequipol-
lentis interessirten ietzigen zuestandt nach auff die geistliche gueter verstat-
tet , auch in puncto compositionis gravaminum denen uncatholischen und
protestirenden der catholischen religion zu nachtheil in ein oder anderem
punct gewichen, allerhandt glossae, censurae und calumniae außgegossen und
dieselbe für ungerechte unnd uncatholische leuth bey der welt außgeschrien
werden. Dieses verursacht nun, nachdem Ewer Kayserliche Mayestät meiner
wenigen persohn die haubtdirection gegenwertiger schweren fridenshand-
lung allergenedigst aufgetragen unnd ich dahero mehr alß andere in vorbe-
rurte iudicatur gezogen werden möchte, daß ich ein notturfft zu sein erachtet,
die ursachen, warumb man hierin mit vernunfft anderer und besserer gestalt
nicht verfahren können noch sollen, kurtzlich darzustellen.
Deren seint aber (wie sie Ewer Kayserlicher Mayestät vor allem ahm besten
bekandt seindt) haubtsachlich drey. Erstlich, daß Ewer Kayserliche Mayestät
und denen catholischen unmöglich gewesen, auch dieienige stiffter, welche
die uncatholische und protestirende nur seither anno 1624 occupirt und innen
gehabt, auß deren gewalt und macht zu retten. Und obgleich Ewer Kayserli-
che Majestätt sowohl alß weilandt dero in Gott seeligst ruhender herr vatter,
christmildelsten andenckhens, bei der ietzigen sowohl alß der vorigen
Päbstlichen heyligkeit die der catholischen religion dißorths zuestehende
gefahr vielfeltig repraesentiren und umb hülff und beystand aufs beweglichste
ansuchen lassen, daß doch von dannen nit allein kein wurckhlicher bey-
sprung , sonderen auch dieses erfolgt, daß ihre churfurstliche durchlauchtt in
Bayren, welche alß der mächtigste catholische churfurst bißherzue neben
Ewer Kayserlicher Mayestätt in den waffen gestanden (wie die acta bey Ewer
Kayserlicher Mayestät reichshoffcantzley außweisen werden) selbst zum
öffteren instendigst drauff gedrungen, daß man nunmehr nicht mehr dahin
sehen solle, wie man das verlohrne wider recuperiren, sondern dasienige, waß
man noch hat, quovis modo conserviren unnd erhalten solle. Unnd obzwar
dieselbe zu zeiten ihren schreiben die clausulam „salva religione“ ange-
henckht , so hat doch der außgang zu mehrmahlen gezeigt, wan man sich in
puncto gravaminum oder sonst der religion zum besten in den tractaten
etwaß aufgehalten, daß sie alßbaldt mit ihrer zu gentzlicher undertruckhung
des catholicismi im Reich gereichender particularaccommodation getrohet.
Auß welchem allem die andere ursach entsprossen, daß, nachdem man theilß
der uncatholischen ständt obstination in vergleichung der gravaminum,
theilß daß die cron Franckhreich selbst ihrer aigenen religion zuwider die
protestirende in ihrer unfueg gesteifft und under der handt animirt hat, nicht
fortkommen können, man endtlich dahin nothwendig sehen muessen, auff
waß weiß unnd weeg das ubrige zu erhalten und die catholische religion
darbey bestmüglichst zu versicheren sein möchte, dahero eingangen worden,
daß denen uncatholischen das occupirte biß zu endtlicher christlicher verglei-
chung der religion gelassen werde, damit die catholischen auch imgleichen
bey dem noch inhabendem sicher verpleiben mögen. Hierauß ist das dritte
erfolgt, nachdem also die occupirte ertz- und stiffter nicht wider zuruckh-
gebracht werden können, daß man gleichwohl dahin gesehen, daß auß diesen
ertz- unnd stiffteren theilß die satisfaction fur Schweden, theilß das aequipol-
lens vor Pommern fur Churbrandenburg gewonnen und catholischentheilß
wenigst dieß beneficium erhebt würde, damit sie wegen ihrer ubriger stiffter
und länder dessen befreyt bleiben und der liebe frid dißorths nicht gehindert
werden möchte.
Diese drey puncta, welche wohl auff viel bögen der lenge nach außgeführt
werden könten, hab ich zu dem endt nur kurtzlichen perstringiren, Ewer
Kayserlicher Mayestät in underthenigster wohlmainung uberschreiben und
deroselben benebenß anheimb stellen sollen, ob sy selbige dero räthen zu
ihrer nachricht unnd damit sie die caussas moventes dessen, waß alhie
verhandlet worden und in unseren relationibus begriffen, [ verstehen ] unnd,
wan etwan ein oder anderer ungleicher bericht, wie nicht zu zweiffelen,
einlauffen wirdt, sie sich darnach richten mögen.