Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
210. Nassau an Trauttmansdorff und Volmar Münster 1647 Januar 12
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Münster 1647 Januar 12
Konzept: KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.
Konferenz mit d’Avaux über die kurbrandenburgische Entschädigung und die Notwendigkeit
einer spanisch-französischen Einigung. Neue Forderungen des Kurfürsten von Trier: Nachträgli-
che Aufnahme in die kaiserliche Wahlkapitulation; der Söternsche Fideikommiß; Ehrenbreitstein;
französisches Votum im Fürsten- und Städterat.
Waß bey deß graffen d’Avaux nach heut abgelauffener post mir erstatteter
visiten fürgelauffen, gelieben Ewer Excellenz und der herr ihnen ab hiebey-
kommendem prothocollo, sodan dessen continuatione referiren zu lassen,
waß die Churtrierische gesandte vorgebracht. Angesprochen, wan er mir als
privatus dem privato hienechst ein exemplar verehren wolte, daß auß
curiositet, weil von ihnen verstanden, daß deren viele publiciret weren, gerne
eins lesßen mechte, und dan derselb mir ein exemplar zuegeschickt, alß habe
nitt unterlassen sollen, Ewer Excellenz und dem herrn selbig hiebey einzu-
schliessen . Euer Excellenz und der herr werden gewißlich mit großer
verwendung die contenta darausß vernehmen.
[1] Protokoll, [Münster] 1647 Januar 12. Kopie: RK FrA Fasz. 54a (Teil II) fol. 36–37’ =
Druckvorlage – Konzept: KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.
Den 12. Januarii 1647 hatt herr graff d’Avaux mich, den graffen zu Nassaw, in meinem
losament besucht, mitt anzeig, er wehre gemeindt, morgen auff Lengerich und folgen-
den tags auff Oßnabrück zu reißen, ihrer excellentz herrn graffen von Trautmansdorff
und ubrigen Kayserlichen herrn abgesandten auffzuwarten und zu assistiren in allem
demjenigen, so zu befurderung deß friedens dienen wurde. Bekennete zwar, daß weder
gegen die Schwedische noch Brandenburgische directe waß tractiren oder daß ihres [!]
absprechen wurdt, iedoch sich dahin eußerist bemühen, damitt die sache mögte
verglichen und der friede befurdert werden. Fragte, warauff es itzo mitt der Schwedi-
schen satisfaction beruhete.
Ego hielte darfur, daß ihme solches selbsten ahm besten bewust, hette iedoch vernom-
men , daß die Schwedische vermögh deren schrifftlichen declaration, so sie ahn die
Frantzosen gethan, daß letzte membrum in der alternativa, nemblich gantz Pommern zu
behalten, acceptirten und die churfürstlich Brandenburgische auffschubliche antwort fur
eine negativam auffnemmen und dannenhero mitt den Brandenburgischen sich in
fernere handlung wegen Pommern nitt einzulassen gemeindt sein solten, sich auch
dessen gegen die Churbrandenburgischen gesandten zu Oßnabruck selbsten sollen
erclehrt haben, wie solches comte d’Avaux nitt unwissendt sein köndte. Ille: Müste
bekennen, Churbrandenburg hette seine erclehrung waß lang zurugg gehalten. Man
hette gleichwohl ihre churfürstliche durchlauchtt sowohl von Kayserlichen alß könig-
lich Frantzösischen gesandtschafft wegen durch furnehme leuthe umb dero declaration
beweglichen ersuchen lassen. Eß hette auch der agent Saint Romain den churfürsten, alß
der sich auff nichts erclehren wollen, sondern sehr ubel zufrieden zu sein sich erwiesen,
zugesprochen und ermahnt, ihre churfürstliche durchlauchtt wolten doch dan selbsten
ihre gemuthsmeinung, wie weit sie endtlich gehen wolten und waß sie begehrten, klar
ahn tag und zu verstehen geben, damitt nach möglichkeit bey itzigem zustandt man
ihrer churfürstlichen durchlauchtt wider helffen könte. Sie hetten sich aber nitt
heraußlassen wollen, sondern die dilatorische antwort geben
Vgl. die Proposition Saint-Romains in Den Haag (1646 Dezember 21; Druck: UA IV S.
476–477; Meiern , APW III S. 774–775 ) und seine Relation vom 1. Januar 1647 (Druck:
UA II S. 11–13). Die kurbg. Resolution ist nicht veröffentlicht (falsche Angabe bei Meiern ,
APW IV S. 225 ).
darfür, wan Brandenburg sich annoch zu pilligen dingen erclehren wolte, solches,
solang die handlung nitt gäntzlichen geschlossen were, gar nitt außzuschlagen, sondern
pillig zu hören und, soviel möglichen, in acht zu nemmen were; darbey er dan sehr gern
seines orths cooperiren und nach seinem vermögen concurriren wolte. Hienge dabey
ahn, es wurde ihme ohnedaß schuldt gegeben, er were zu gutt Kayserisch. Er müste
bekennen, daß er alzeit nach seinem vermögen dahin getrachtet, damitt ihre Kayserliche
mayestät und könig in Franckreich wider in guttes vertrawen und frieden mögten gesezt
werden. Der hertzog von Longeville und er hetten auch offters, umb den frieden zu
befurderen, ein und anders geredt, nachgeben und gethan, so nitt von allen wehre
approbirt, sondern ihnen fürgerückt worden, er wehre zwar also gutt Kayserisch, aber
nitt gutt Spanisch. Sie hetten der Kayserlichen procedere alzeit nobel und auffrichtig
gefunden; man hette zwar seine platzen wohl verthetigt, gleichwohln aber alzeit mitt
einer löblichen franchise gangen. Fienge darbey ahn, außzustreichen, wie daß dieser
friedt und tractaten zu hohem vorthl und dienst ihrer Kayserlichen mayestät und dero
höchstlöblichsten erzhauße bey ietztgestalten sachen gemacht und auffgerichtet worden.
Die Spanische aber hetten sich understanden, zwischen ihnen undt den Holländeren
eine separation zu machen. Solches könten sie nitt wohl verstehen noch auffnemmen. Es
wehre wohl wahr, daß, solang man im krieg gegeneinander stünde, könte sich ider
seines vortheils gebrauchen. Und wan einige apparentz wehre, daß die Spanischen der
Holländer separation zuwegen bringen könten, wolten sie es nitt ubel finden, daß sie
solches unterstünden, aber einmahl wurden es die Spanische nimmermehr dahin
bringen. Nehme sie darbey groß wunder, daß die Spanische in den Toscanischen
sachen (also nennet ers) sich so widrig erzeigten und hart hielten. Die Frantzosen
wurden davon nimmermehr abstehen, er wüste deß Frantzösischen hoves intention gar
zu wohl darin.
Ego: Wehre Churbrandenburg wohl zu gönnen, daß ihre resolution befurdert hetten,
dardurch sie ohngezweiffelt ihren staatt in besseren standt und sicherheit wurden gestelt
haben. Man hette dießseits ihrer churfürstlichen durchlauchtt dienst und beste iederzeit
hertzlichen gern befurdert gesehen, auch soviel nur immer möglichen und ohne
hindansetzung und auffhaltung deß von jederman so hocherwunschten friedens hette
geschehen können, darzu sich beflissen. Daß seine excellenz gutt Kayserisch wehren,
hetten wir pillig zu ihro daß gutte vertrawen, daß sie die vorgedachte gutte intention
hetten, wurden auch darzu, wan der friedt geschlossen, do mehr ursach haben. Ich sähe
aber nitt, wie ihre Kayserliche majestätt und königliche majestätt in Hispanien, alß eines
haußes und so nahe blutsangewandten, zu separiren. Eß müste die gutte devotion
allerseits sein und aller widerwillen und ungleiche impressiones auff seithe gesetzt
werden. Und könte sich ahn meinem wenigen orth nitt finden, daß die Spanische zu
verargen, wan schon etwan die mittel suchten, wie sie auß einem so beschwerlichen
krieg zum frieden gelangen könten.
Ille: Wehre auch der meinung, man müste nunmehr dahin gedencken, diese drey cronen
– Kayserliche, Spanische und Französische – mitteinander zu vergleichen. Wolten
allerseits gern darin concurriren; warauff mitt allerhandt complimenten den abscheidt
genommen.
[2] Protokoll, [Münster] 1647 Januar 12. Kopie: RK FrA Fasz. 54a (Teil II) fol. 40–41 =
Druckvorlage – Konzept: KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.
Nachdem graff d’Avaux abgefahren, seindt die Churtrierische abgesandte in mein,
graffens von Nassaw, losament kommen und angezeigt: Wehren bey dieser post auffs
new von ihrem gnedigsten churfürsten und herrn befehlicht, den Kayserlichen abge-
sandten 3 puncta furzutragen. Weil aber ihre excellentz herr graff von Trautmansdorff
und herr Volmar abwesent wehren, hetten sie es bey mir ablegen wollen. Undt
begehrten ihr churfürstliche gnaden: 1. Weil bey der königlichen und Kayserlichen anno
1636 zu Regenspurg vorgangener wahl sie wehren praeterirt worden, daß ihrer
churfürstlichen gnaden approbation anitzo noch in daß reichsprothocollum ingesetzt
werden möchte
schreibungen , klenodien und tapetzerien, welche sie zum Philippischen spital legiret, zu
Luxemburg arrestirt und auffgehalten wurden und dan bey der mitt ihro Kayserlichen
mayestät und ihro auffgerichteten accommodation und vergleichs ihre Kayserliche
mayestät allergnedigst uber sich genommen, ahn den generalgubernatorn der Niderlan-
den umb dessen relaxirung zu schreiben, solcher gubernator auch darauff die relaxation
sowohl dem fiscal alß magistrat zu Luxemburg ahnbefohlen
Kf. Philipp Christoph von Trier (1567–1652; 1623 Kf.) hatte 1635 Teile seines Vermögens
zur Sicherheit nach Metz, später nach Luxemburg bringen lassen. Diese waren bis auf 100 000
Rt., die dem hospitale Philippicum, einer Studienstiftung für bürgerliche und adelige
Theologiestudenten, zugedacht waren, für den Söternschen Fideikommiß bestimmt gewesen.
Nach der Gefangennahme des Kf.en ließ der Ks. alles einziehen. Zwar war im ksl.-
kurtrierischen Vertrag vom 12. April 1645 (Druck: Meiern , APW I S. 391–393) die
Beschlagnahme aufgehoben worden, doch hatte sich der Ks. nicht gegen die span. Regierung in
Brüssel durchsetzen können ( Abmeier S. 139–141).
nichts darauff erfolgt, alß begehrten ihre churfürstliche gnaden, daß bey ihro Kayserli-
chen mayestät die allerunderthänigste erinnerung thun wolten, damitt ihre Kayserliche
majestätt die obgedachte relaxation allergnedigst verfugen wolten. 3. Daß dem churfur-
sten Ehrenbreitstein wider mögte, vermöghen ihrer churfürstlichen durchlauchtt zu
Cölln mitt den Frantzosen auffgerichteten reces
churfürstliche gnaden genötigt wurden, anderwertliche mittel und hulff zu suchen, sich
selbsten zu helffen. Zeigten dabey ahn, daß ihre churfürstliche gnaden eine deduction in
trück ausgehen lassen, selbige ihro Kayserlicher mayestät selbsten wie auch andern
chur- und fürsten, und in specie ihrer churfürstlichen durchlauchtt zu Cölln, albereit
eingeschickt hetten. Beym Churcöllnischen schreiben were zwar, wie sie berichtet
worden, die deduction beygelegt, aber im schreiben nitt angezogen noch einige
meldungen davon geschehen.
Ego recapitulirte ihre 3 puncta mitt anzeig, daß mir in abwesen ihrer excellentz herrn
obristhoffmeistern und herrn Volmars allein auff diesen vortrag zu antworten nitt
gepühre. Wolte aber nitt underlassen, herrn graffen Trautmansdorff und herrn Volmar
davon zu referiren. Die gedrückte deduction, weil ich deren inhalt nitt wüste, mich aber
erinnert, daß sie vor etlichen wochen unß etliche weitaußsehende sachen zustellen
wollen, die aber von unß nitt hetten können acceptirt werden, also ich dieses
anzunehmen pillig bedenckens, haben sie die schrifft in handts behalten.
Illi: Wehren dieser commission gern uberhoben gewesen. Weiln sie aber auffs new von
ihrer churfürstlichen gnaden darzu befelcht worden, hetten sie deren nitt uberhoben
sein können. Die gedrückte deduction wehre zwar fast allenthalben publiciret, sie hetten
aber wohl wunschen mögen, daß mehrere moderation darin wehre gebraucht worden
und ihr churfürstliche gnaden ihre desideria und sachen auff die weiß, wie andere chur-,
fursten und ständte zu thuen pflegen, anbrächten. Berichteten benebens, daß sie auch
außtrücklichen vom churfürsten aufs new befehlicht, zu proponiren, daß die cron
Franckreich vota im Reich – im fürstenraht eins und eins im stättrath – haben möchten
und solches zum contrepese der cron Schweden und protestirenden. Eß hetten aber die
Französischen abgesandten ihnen selbst widerrathen, selbige anitzo zu thuen, sondern
damitt biß nach dem friedenschluß inzuhalten. Einer unter ihnen sagte, es nemme ihn
wunder, daß dem churfursten auß dem churfurstlichen collegio kein verweiß als
antwort erfolgte, dardurch ihre churfürstliche gnaden von dergleichen beginnen abge-
mahnt wurden, so selbigen etwan auff andere gedancken bringen möcht, in dergleichen
sachen waß moderater zu gehen.
[3] Fehlt. [ Instrumentum Deductionis, Protestationis, Retorsionis, Reservationis, et Defen-
sionis Jurium Electoratus Trevirensis, contra quoscunque violentos Occupatores et
Grassatores, nec non respectivé, eventualis resolutionis super punctis pacificationis
Monasteriensis à Caesarea Maiestate propositis, D[ omini ] Archiepiscopi Principis Elec-
toris Trevirensis, etc. Druck: Hontheim III S. 505–514].