Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
205. Trauttmansdorff an Ferdinand III Osnabrück 1647 Januar 10
Osnabrück 1647 Januar 10
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 9–9’, 11–12’, Auflösung der Chiffre fol. 10, praes. 1647
Januar 26 = Druckvorlage – Konzept: Klattau TA Ka. 15 Inv.nr. 392 fol. 10–12 – Regest:
DB VII nr. 360 S. 308.
Kurbayerische Gesandte: Androhung eines kurbayerischen Partikularvertrages mit Frankreich
und mit Schweden. Zurückweisung durch Trauttmansdorff. Verzögerung der kaiserlich- schwedi-
schen Verhandlungen bis zum französisch-spanischen Friedensvertrag durch die französischen
Gesandten? Spanisches Interesse an der Einigung mit Frankreich. Kursächsische Gesandte:
Ausschluß der Calvinisten aus möglichen Religionskonzessionen in den kaiserlichen Erblanden!
Französisch-venezianischer Vorschlag: Aufnahme des Stifts Halberstadt in die hessen-kasselische
Satisfaktion.
Den 8. diß monats Januarii haben sich die Churbayrische abgesandten mit
einem zwar kurtzen credenzschreiben von ihrem gnedigsten herren bey mir
angemeldt und anstatt mundtlicher werbung ein ahn sy lautendes unnd in
ziffer gesetztes schreiben , wohl sechs bogen lang, abgelesen, so in substantia
alles dasienige in sich gehalten, waß an Ewer Kayserlicher Majestätt hoff der
doctor Mandel unlengst angebracht hat, mit dem ihnen darin aufgetragenen
ferneren befelch, daß sie sich zu mir verfüegen und anzeigen solten, |:wan ich
nit strackhs:| und gleich |:in selbigem instante den friden beedes, mit
Franckhreich:| und |:Schweden, realiter schließen wurde,:| daß |:sie
unerachtet aller:| dißorths |:gebender:| und |:erscheinender hoffnung:| mit
|:ihrem particularaccommodationstractat:| mit |:Franckhreich fortfahren:|
und alsobald |:schliessen, vermittels der Franzosen:| aber auch |:das werckh
in particulari:| mit |:Schweden richtig machen solten:|. Ich hab ihnen
hinwiderumb den ietzigen zuestandt der tractaten und daß ihre churfürstliche
durchlauchtt deren beschaffenheit selbigmahls nit berichtet gewesen, mit
mehrerm repraesentirt und daß ich auch unerachtet meiner leibßindisposition
mich zu dem endt anhero zu verfuegen bereits resolvirt seye. Und allermassen
ich bißhero ahn meinem eusseristen zuethun nichts hette erwinden lassen,
also ich auch hierinnen meinerseits kein zeit noch stundt verliehren wolte.
Stehe ihnen aber dabei anheimb, waß fur beschwerliche inconvenientien nach
sich ziehen würde, wan sy dergestalt |:mit voreylung ihrer particularaccom-
modation :| das |:allgemeine fridenswerckh in steckhen bringen:| und |:
hinderen:| theten. Wolten aber ihre churfürstliche durchlauchtt |:auf disem
ihrem vorhaben:| gleichwohl |:verharren, wurden:| sy hinwiderumb mit
|:fuegen niemandt verdenckhen:| können, sondern |:geschehen lassen:|
müessen, wan man |:gestalten sachen nach andererseiths auch resolution
fassen:| wirdt. Sie, die Churbayrische, haben selbst erkent, daß |:es das
exterminium des Heyligen Römischen Reichs nach sich ziehen:| würde, sich
aber dabei entschuldiget, daß sie ihres gnedigsten herren gemessenen befelch
nachkommen muesten, wolten iedoch nicht underlassen, die beschaffenheit
der Schwedischen erklerung und meiner darauff auch mit gefahr meiner
gesundtheit vorhabender anheroraiß zu berichten und inmittelst mit der
sachen einzuhalten, wiewohl mir die nachricht eingelangt, daß die Frantzösi-
sche gesandten von dieser des churfursten resolution albereit wissenschafft
haben sollen unnd daß sie zu dem endt den hiesigen Frantzösischen
residenten La Cour per posta hinüber auff Munster gefordert, der auch
gestern albereit per posta widerumb vorahn hieher kommen und ungezweif-
felt im befelch hat, unsere hiesige mit den Schwedischen gesandten vorhaben-
de handlung solang zu hinderen und aufzuhalten, biß auch sie, die Frantzo-
sen , mit Spanien ihrer intention nach zum friden kommen mögen; gestalt die
Hollendische gesandten auch ihrestheilß selbigen zwarn mit Spanien, aber
zugleich auch zwischen Franckhreich und Spanien geschlossen haben wollen,
dannenhero der Dr. Brünn alß gestern von Munster nacher Brussel zu dem
marchese Castell Rodrigo verraist
Anfang Januar 1647 reiste Brun zur Berichterstattung zu Castel-Rodrigo nach Brüssel. Von
dort versuchte er, nach Den Haag zu gelangen, um bei den Generalstaaten und bei Pz.
Friedrich Heinrich von Oranien (1584–1647; 1625 Statthalter) vorzusprechen, wurde aber,
auch auf Betreiben Serviens, abgewiesen. Über Gorinchem (31. Januar), Leiden, Amsterdam
und Deventer (11. Februar) kehrte er am 13. Februar 1647 nach Münster zurück ( Truchis
de Varennes S. 350–352).
werckh mit demselben concertirt und der Schluß auch zwischen Spanien und
Franckhreich befurdert werden könne, welcher ihrer, der Frantzosen, außsag
und vorgeben nach ahn dem Porto Longone und Piombino hafften solle.
Sonst hat mich auch der graff Penneranda selbst ersucht und sollicitirt, den
friden mit Schweden so baldt, alß immer müglich, zu schliessen, darahn ichs
dan meinerseiths gewißlich nicht erwinden lassen werde.
Die Chursachsische gesandten, alß sie mich zum abschiedt visitirt und der
accommodation gravaminum in puncto religionis mit höchster bescheiden-
heit gedacht, haben, zwarn unvermeldt Ewer Kayserlicher Majestätt erblän-
der (darauff es doch angesehen gewesen), angeregt, wan ihnen etwaß conce-
dirt werden solte, daß sie das wort „evangelici“ nicht, weilen darunder auch
die Calvinisten begriffen sein wolten, sonderen „der Augsburgischen confes-
sionsverwandten “ brauchen wolten.
Schließlichen haben Ewer Kayserliche Mayestät auß meinem allerunderthe-
nigsten schreiben vom achten diß auß Munster nunmehr ungezweiffelt
vernommen, waß der duc de Longueville gegen mir wegen des stiffts
Halberstatt, auff den fahl ihre churfurstliche durchlauchtt zu Brandenburg
wegen dero obstination kein aequipollens zuerkent noch gegeben werden
solte, fur erwehnung gegen mir gethan hat. Nun kombt dieses von ihnen, den
Frantzosen, unnd dem Venetianischen pottschaffter dergestalt in vorschlag,
daß man auff obgesetzten fahl gedachten stifft Halberstatt der landtgravin zu
Hessen Cassel theilß zu ihrer satisfaction, theilß ad dirimendam litem
zwischen ihro und des landtgraffs Geörgs zu Hessen Darmbstatt furstlichen
gnaden wegen des furstenthumbß Marpurg lassen solte.