Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
149. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Dezember 6
Osnabrück 1646 Dezember 6
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 9–9’, 14 = Druckvorlage – Kopie: Giessen 208 nr. 37 p.
154–156.
Keine Bereitschaft der schwedischen Gesandten zu konstruktiven Verhandlungen. Rückkehr
Sayn-Wittgensteins. Zuspitzung in der Auseinandersetzung zwischen Kurbrandenburg und
Pfalz-Neuburg.
Auß dero Kayserlichen abgesandten zu Münster, auch unsern vorigen gehor-
samsten relationen haben Ewer Kayserliche Majestät allergnädigst vernhom-
men, waßgestalt sich die Schweedische gesandten darauf berueffen, daß der
punctus satisfactionis pro corona Sueciae nit zu Münster, sondern alhie
abgehandtlet werden müeße. Demnach dan der Salvius wieder alhie ange-
langt, haben wir alßpaldt die Schweedische heimbgesucht, dieselbe sölches
ires vorgebens erinnert, in hofnung, dies werck alhie waß beßer zum standt
zu bringen. Es geruhen aber Ewer Mayestätt iro ferners auß beyverwahrten
prothocollo allergnädigst referirn zu laßen, wie kaltsinnig sich gedachte
Schweedische gesandten alnoch darzu veranlaaßen. Wir vermercken sönder-
lich bey dem Oxenstern eine renitentz und daß derselbe mit fleiß dies werck
suche aufzuziehen. Ob nun darumb zu thuen, daß zuvorderist auß Schweden
fernere instruction und antwort uber den newen von den Churbrandeburgi-
schen gesandten und Pommerischen landtständten an handt gegebenen
vorschlag (dan es der Oxenstern ad referendum aufgenhommen haben solle)
erwartten oder aber die cron Schweeden gar kheinen frieden haben wölle, ist
Gott bekhandt. Einmahl verspühren wirs handtgreiflich, daß es den Schwee-
dischen umb beforderung dieses wercks khein rechter ernst seye.
Es ist auch gestern der Churbrandeburgischer gesandter graff von Witgen-
stein wieder alhie ankommen und gleich in selbiger stundt, wie er ankom-
men, sambt dem von Löwen zum Salvio gefahren und sich eine geraume zeit
bey demselben aufgehalten. Waß aber zwischen ihnen gehandtlet worden,
dhavon haben wir noch nichts erfahren können.
Es scheint auch, ob wölten endtlich die sachen zwischen Churbrandeburg
und Pfaltz Neüburg zum krieg außschlagen
Heinrich Christoph von Griesheim (geb. 1598); 1621 Professor der Rechte an der Universität
Rinteln, 1625 an der Universität Marburg; in administrativem und diplomatischem Dienst
der Pgft. Pfalz-Neuburg, des Kft.s Mainz und des Kg.reichs Polen, 1643–1644 polnischer
Bevollmächtigter in Münster, 1646 August – 1648 pfalz-neuburgischer Ges. auf dem WFK
( MEA Corra Fasz. 9 unfol.; ADB IX S. 605 ; APW III D 1 S. 347; zu seiner Mission nach
Schweden im Dienste der Pgft. Pfalz-Neuburg: SRP XI S. 473, 531; APW II C 3 S. 192
Anm. 2).
deswegen von irer fürstlichen durchlauchtt dem pfaltzgraven in Schweeden
geschickt sein, umb bey selber cron assistentz zu suchen. Könte auch wol die
friedenshandtlung remorirn, dan solang die Schweeden einige materi und
gelegenheit zum krieg haben werden, scheint es, daß sie die waapffen nit
werden niederlegen.
[1] Protokoll, [Osnabrück] 1646 Dezember 4. Kopie: RK FrA Fasz. 51a fol. 10–13 = Druck-
vorlage ; RK FrA Fasz. 91 II fol. 257–260; Giessen 208 nr. 38 p. 157–164.
Haben wir die königliche Schweedische gesandten heimbgesucht, in hofnung, den
punctum satisfactionis pro corona Sueciae waß mehr zum standt zu bringen, gestalt wir
ihnen zu gemüth geführt, daß sich noch gutermaaßen würden zu erinnern wißen, waß
deßwegen zu Münster schrifft- und mündtlich fürgelauffen. Weiln nun sie, Schweedi-
sche, sich darauf beworffen hetten, daß selbigem werck alhie zu Oßnabruck seine
abhelffliche maaß gegeben werden müste, alß erwarteten wir, weßen sie sich endtlich
bey diesem punct auf der Kayserlichen gesandten außgebene schrifftliche antwort
wöllen vernhemmen laßen, darauf dieselbe geantwortet, daß sich alles deßen, waß dieses
wercks halben zu Münster schrifft- und mündtlich verhandtlet worden, auch irer darbey
beschehenen erinnerung, daß selbigs alhie abgehandtlet werden müeße, gar wol wüsten
zu erinnern. Seie ihnen auch nichts liebers, alß die angefangne handtlung mit unß
fortzusetzen und zu endt zu bringen. Weiln aber der Salvius allererst für zwey tagen
wieder zuruckkommen, darauf gleich der postag eingefallen, hetten sie noch kheine
gelegenheit gehabt, sich hirüber untereinander zu besprechen. Müsten also die sach
noch etwo auf ein paar tag in bedacht ziehen, auch vorhero mit denen Churbrandebur-
gischen daraus communicirn. Wölten alßdan zu unß kommen und ire erclehrung
schrifftlich uberbringen. Es seie aber in der Kayserlichen schrifftlichen antwort vom 20.
Novembris der Heßen Caßlischen praetension gar nit, noch auch des puncti satisfactio-
nis pro militia darin gedacht worden. Der Salvius hette deswegen zu Münster ein
memorial
von selbigen sachen zu reden.
Nos: Daß der Heßen Caßlischen praetension in bemelter erclehrung nit gedacht
worden, seie die ursach, daß man zuvorderist die sach mit denen cronen selbst
eingerichtet zu haben verlange, dan die seien principales, daß ubrige nur beyfällige
sachen, dha würde sich darnach von handtlen laßen. Der punctus militiae aber falle in
kheine andere handtlung, alß daß eine iede parthey ire völcker selbsten zahle. Man hette
sölches dießeits allezeit außgedingt und bestehe noch darauf. Oxenstern: So seie es
beßer, daß man sich noch waß miteinander rauffe und umb die köpffe schlage. Nos: Wir
verlangten, daß das blutstürtzen einsmals möege ein endt haben. Waß sönsten ire der
Schweedischen gesandten vorhabende erclerung in puncto satisfactionis anlangte, dha
seie es zwar umb ein paar tage nit zu thuen, beschehe auch unsere erinnerung nur auß
sorgfältigkeit, weiln man dies werck gern wölte befordert sehen. Zue Münster würde
selbiger punctus satisfactionis pro corona Sueciae für vergliechener gehalten. Wölten
unß dhahero versehen, daß es kheiner sonderbarn, fernern abhandlung zwischen unß
werde vonnöthen haben, sondern die sach nur zu papyr und in einen schrifftlichen receß
zu pringen sein. Der Kayerlichen gesandten erclehrung und waß ferners zwischen denen
Frantzösischen gesandten und dem Salvio in gegenwarth des Venedischen mündtlich
gehandtlet worden, zeige den weeg, deme müeße man nachgehen.
Salvius: Mit dem puncto satisfactionis würde man noch wol zurecht kommen, aber mit
der alternativa gegen Churbrandeburg würde schwehrlich fortzukommen sein. Der von
Löwen hette ihme, Salvio, des churfürsten instruction
In seiner Resolution vom 7./17. November 1646 (Regest: UA IV S. 467–468) hatte der Kf.
von Brandenburg seine Ges. wegen seiner Entschädigung auf eine frühere Resolution vom
8./18. August 1646 (Regest: Ebenda S. 454) verwiesen, ihnen aber verboten, die schlesischen
Ft.er Glogau und Sagan direkt vom Ks. zu verlangen. Vielmehr sollten die Ges. diese
Forderung den schwed. und frz. Ges. nahelegen.
Churbrandeburgische einkommen, zu verlesen geben. Darauß könte er noch nit
abnhemmen, daß der churfürst wegen uberlaßung Vorpommern lust habe oder seinen
consensum hergeben werde. Der mache dhagegen so große praetensiones und so
schwehre conditiones, die er pro impossibilibus hielte und in effectu eben so viel sein,
alß schlüge der churfürst consensum gar ab. Der begehrte gegen uberlaßung Vorpom-
mern zehen stücke: 1. die stiffter Halberstadt, 2. Magdeburg, 3. Hildesheimb
Minden, 5. Oßnabruck, 6. die Gülische lande und solte Pfaltz Neüburg darauf
renuntiiren, 7. die graffschafft Schaumburg, 8. Großglogaw, 9. Sagan 10. und benebens
eine ansehenliche summa gelts vom Reich. Setze solches alß seine letzte und endtliche
erclehrung mit ernstlichen bevehl, daß die abgesandten im geringsten dhavon nit
weichen oder waß nachgeben solten, es komme daraus, waß daraus wölte. Und dha man
ihnen etwoh beträwlich zusetzen möegte, sölten sie sich an dergleichen minas (wie
solchs formal Lateinisch worth darin gebraucht seie) nit kehren. Daß seie in effectu so
viel gesagt, daß der churfürst in ewigkeit seinen consensum nit hergeben wölte. Es seie
auch der graff von Wittgenstein beym churfürsten nit gewest, sondern vom churfürsten
unterweegs wieder anhero zurückgeschafft worden, mit befehl, daß sich an selbe
instruction halten und zu irer churfürstlichen durchlauchtt nit kommen sölte, er würde
dan erfordert; gestalt bemelter graff zu Münster dieser befehl zukommen und seine reiß
darauf wieder eingestelt und gewendet, würde auch paldt wieder hir sein.
Nos: Ergo gebe die alternativa den außschlag und würde sölchergestalt gantz Pommern
bey der cron pleiben.
Illi: Waß würde aber die cron Schweeden für assistentz und sicherheit von Kayserlicher
mayestätt undt dem Reich zu handthabung gantz Pommern haben? Dan die cron
Schweeden nit unzeitig zu besorgen, daß der churfürst den könig in Polen, Denne-
marck
Kg. Christian IV von Dänemark und Norwegen, Hg. von Schleswig und Holstein
(1577–1648); 1588 Kg. ( NDB III S. 234–235 ).
wider auß Pommern, auch wol gar zum Reich hinausschlagen dörffte.
Nos: Man habe sich Kaiserlicher seithen in der schrifftlichen antwort erclehrt, daß
solchesfals Kayserliche majestätt und das Reich den frieden mit der cron nit brechen
werde. Seie eine große versicherung, und wüsten wir von keiner andern.
Illi: Seie nit gnug. Sie müsten sich hirin waß beßer fürsehen. Der Oxenstern: Die
Churbrandeburgische giengen noch mit andern vorschlägen umb, so ihnen, Schweedi-
schen, aber nit gefellig noch annhemblich sein. Er wüste khein beßers mittel, auß dieser
sach zu kommen, alß daß man die cron Schweeden auch zum churfürsten annhemme.
Nos: Man müeße von keinen newen vorschlägen reden, wan man anders begehre, auß
der sachen zu kommen und diesem punct seine endtschafft zu geben. Dan dardurch
würde das werck von newen involvirt und schwehrer gemacht. Es müeße dem einmahl
gelegten fundament mit der alternativa nachgegangen werden. Dha seie der cron
Schweeden selbst mit gedient, und man komme dhamit auß dem krieg zum frieden,
warnach die gantze christenheit, bevorab im Römischen Reich Teütscher nation,
höchstes verlangen hab. Ersuchten sie, Schweedische gesandten, daß sich zu keinen
andern vorschlägen, alß warüber man in handlung stehe, wölten verleiten laßen und ihre
erclehrung darüber ehistes befordern. Dha seie der cron Schweden reputation selbst
angelegen, dan die gantze welt wiße, daß sich die gantze haubthandlung itzo an diesem
puncto satisfactionis coronae Sueciae stecke. Illi: Wölten sich ehister tagen schriftlich
erclehrn, und sölte ahn ihnen khein mangl erscheinen. Darauf man voneinander
geschieden.