Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
71. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Oktober 15
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Osnabrück 1646 Oktober 15
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 39–40’, 45–45’ = Druckvorlage – Kopie: RK FrA Fasz.
92 X nr. 1483 fol. 504–505; Giessen 207 nr. 340 p. 1279–1284.
Ansuchen der schwedischen Gesandten bei den protestierenden Ständen wegen ihrer Satisfaktion
und wegen der in Osnabrück abzuhaltenden Religionsverhandlungen. Verzögerung der Konfe-
renz mit den kaiserlichen Gesandten. Kaiserlicher Vortrag vor den protestierenden Ständen:
Mahnung zu maßvollem Verhalten; Aufschub der Abreise Trauttmansdorffs. Krebs in Osna-
brück; seine Äußerungen.
Auf die ksl. Weisung vom 25. September 1646
die dort erwähnten Verhandlungen der schwed. und prot. Ges. Nun sein wir
immitls in erfahrung kommen, gestalt die Schweedische dhamals denen
protestirenden fürnhemblich zwey puncta söllen fürgehalten haben: Erstlich
von der durch unß von Ewer Mayestätt und des Reichs wegen beschehenen
offerten in puncto satisfactionis angezeigt, doch in fast passionirten terminis,
gleichsamb solches anerbiethen auch invitis interessatis solchergestalt zu
verstehen, daß die cron Schweeden darbey sölle manutenirt werden, es
wöllen die interessati oder nit, von ihnen, Schweedischen, aber andergestalt
nit anngenhommen werden wölte, es seie dan vorhero der interessatorum
consensus darbey. Zum andern sölten sie denen protestirenden fürgehalten
haben, waßgestalt ihnen, Schweedischen, fürkhommen, ob wölten die pro-
testirende stende, umb die gravamina zu vergleichen, nacher Münster eingela-
den werden. Nun seie aber dieses eine sach, so einmahl zu diesem convent
und nit nacher Münster gehörig. Die cron Schweeden könte auch nit
zugeben, daß dieselbe anderswohin solte gezogen werden. Wölten also die
ständte ermahnet haben, in solches begehren nit zu verwilligen noch sich
dhahin verleiten zu laßen, die cron Schweeden würde es sönsten wiedrigen-
fals für ein afront und despect, so deroselben angethan würde, aufnhemen.
Die stendte hetten beedes ad referendum angenhommen.
Vorgestern haben wir zu den Schweedischen geschickt, dieselbe der bey
iüngster conferentz genhommenen abred erinnert und von ihnen zu ver-
nhemmen begehrt, ob sie den sachen, warüber man dhamals zu rede
kommen, nachgedacht. Solchesfals wölten wir zu ihnen kommen und ire
erclehrung vernhemmen. Die haben unß antworten laßen, daß sie selbigs
wercks halben an iren residenten Rosenhaan
Schering Rosenhane (1609–1663); 1652 Fh.; 1634 Unterstatthalter von Stockholm, 1637
landshövding in Östergötland, 1650 Kanzleirat und Reichsrat, 1652 Oberstatthalter von
Stockholm; 1643–1647 Resident in Münster, 1648–1649 in Paris, 1654 Ges. bei der
Verhandlung des schwed.-stadtbremischen Vertrags von Stade (1654 November 28/Dezember
8; Druck: DuMont VI.2 S. 94–97), 1659–1660 bei der Verhandlung des schwed.-dänischen
Vertrags von Kopenhagen (1660 Mai 27/Juni 6; Druck: Ebenda S. 319–324) ( SMK VI S.
359–360).
umb mit denen Frantzößischen gesandten daraus zu communicirn. Sopaldt
ihnen die antwort würdte zuruckkommen, wölten sie es unß wißen laßen
und es alßdan zu unserm belieben stellen, ob wir sie heimbsuchen und ferners
mit ihnen daraus communicirn wölten. Ist also handtgreiflich zu verspühren,
wie die Schweeden die sachen aller örtter understehen aufzuziehen und zu
involviren, und laßet sichs gnugsamb vermercken, daß sie auf den außchlag
der waapffen ir absehen haben müeßen.
Gemäß der Anweisung Trauttmansdorffs haben wir den prot. Reichsständen laut
der Beilage vorgetragen. Die haben es ad referendum angenohmen, ist aber
auß vorangedeüteter der Schweeden praeoccupation unschwehr abzu-
nhemmen, wohin dern erclehrung endtlich außschlagen wölle.
Gestern ist der Churbayrischer gesandter Dr. Crebs von Münster anhero
khommen , in meinung, wie er unß heüd bey gegebener visita selbst gesagt,
die Schweedische heimbzusuchen und mit denselben uber das Pfaltzische
weesen, weiln sie mit denn Churbayrischen einmal selbst immediate daraus
zu reden verlangten, zu communicirn. Hette sich zwar schon deswegen bey
denselben angeben laßen, vermercke aber, daß es beym Oxenstern wegen
gebung des churfürstlichen tituls
Kf. Maximilian I. von Bayern (1573–1651) erhob seit 1623 Anspruch auf den Kf.entitel. Zwar
hatte Ferdinand II. (1578–1637; 1619 Ks.) ihm und seinen Erben schon im Zusammenhang
mit dem Münchener Vertrag vom 8. Oktober 1619 (Druck: BA I.1 nr. 130) die pfälzische
Kurwürde mündlich zugesichert und am 21. September 1621 geheim verliehen (Druck: BA I.2
nr. 123 II), doch erst am 25. Februar 1623 war der damalige Hg. öffentlich für seine Person
mit der Kurwürde belehnt worden (Druck: Zeumer II nr. 96). Fünf Jahre später war die
erbliche Verleihung an die wilhelminische Linie des Hauses Wittelsbach erfolgt (1628 Februar
22; Druck: Londorp V. S. 796–799). Schweden und viele prot. Reichsstände erkannten diese
Vorgänge nicht an ( Albrecht, Kriegsziele S. 256–260).
die Sachßen Altenburg- und Braunschweig Luneburgische
Gesandte des F.enhauses Braunschweig-Lüneburg ( APW III D 1 S. 350) waren neben
Lampadius (vgl. [nr. 2 Anm. 9] ): Dr. Heinrich Langenbeck (1603–1669); 1643 Geh.
Kammerrat im Ft. Lüneburg-Celle, 1651 Kanzler, 1659 leitender Staatsmann, 1665 Geh.
Kammerrat, Konsistorialpräsident und Kanzler im Ft. Kalenberg; 1643–1644 Ges. auf dem
Frankfurter Deputationstag, 1644 Juli – 1649 Ges. auf dem WFK ( ADB XVII S. 662–664 ;
Kietzell S. 104 Anm. 28; Wolff S. 213). – Dr. Chrysostomus Coeler (Köhler)
(1607–1664); 1644 Hofrat im Ft. Wolfenbüttel, 1661 Vizekanzler; 1645 Juni – 1649 Ges. auf
dem WFK, 1653–1654 auf dem Regensburger RT ( Wolff S. 213; Früh / Goedecke /
Wilckens IV nr. 3199; freundliche Mitteilung des StA Wolfenbüttel vom 8. Januar 1986). –
Dr. Heinrich Schrader (1601–1672); 1647 Propst des Stifts ST. Cyriakus in Braunschweig;
1625 Ratskonsulent in Braunschweig, 1626 Hof- und Kanzleirat im Ft. Wolfenbüttel, 1649
Kanzler im Landesteil Dannenberg, 1652 dasselbe von Haus aus, auch gf.lich Barbyscher
Vormundschaftsrat; 1645 Juni – 1649 Ges. auf dem WFK ( Wolff S. 213; freundliche
Mitteilung des StA Wolfenbüttel vom 8. Januar 1986).
gebraucht, umb den Oxenstern zu disponirn. Solte sich aber derselb ie
opiniatrirn wöllen, so würde er mit dem Salvio (der sich selbigs praedicats
halben nit weigere) allein reden und unß hernacher von seiner verrichtung
participation thuen. Wir haben demselben entdeckt, waß unß von ver-
traweter handt uber dieses der Schweeden verlangen zu communication mit
denen Churbayrischen vorkommen und wir in voriger unser gehorsamsten
relation allergehorsamst berichtet haben, deßen er sich bedanckt und eben
selbigen bericht schon von irer excellentz herrn graven von Trautmansdorff
zu haben fürgeben. Seie ihme zu seiner nachrichtung lieb, daß ers wiße.
Wölte sich in acht nhemmen und von denen Schweeden nit betriegen laßen.
Habe anders nichts in commissione, alß von denselben zu vernhemmen, waß
sie mit ihme dieser sachen halben zu reden hetten, maßen er solches auch irer
excellentz herrn graven von Trautmansdorff bey seiner abreiß von Münster
angezeigt.
[1] Protokoll, [Osnabrück] 1646 Oktober 13. Kopie: RK FrA Fasz. 51a fol. 42–44 = Druck-
vorlage ; RK FrA Fasz. 91 II fol. 238–240; RK FrA Fasz. 92 X nr. 1483 fol. 506–507’;
Giessen 207 nr. 339 p. 1274–1279.
Den Ausschuß der prot. Reichsstände haben wir gemäß der Anweisung Trauttmansdorffs zu
moderatem Verhalten ermahnt. Dieser will zuerst mit den prot. Mitständen darüber
verhandeln und in Kürze deren Erklärung überbringen. Außerdem bitten sie um eine
Abschrift des Ga. s der kath. Reichsstände vom 30 Juni 1646. Nos: Wölten der sämbtlichen
protestirenden stendte erclehrung erwarten. Der catholischen stendte schrifft vom 30.
Junii seie in offenen truck. Man hette sich dhamit nit aufzuhalten, sondern nur auf die
schrifft vom 12. Julii zu gehen und darauf die erclehrung also einzurichten, dhamit die
fernere handlung möege an handt genhommen und die sach endtlich zu gewünschten
schluß gebracht werden. Darauf haben wir ihnen auch vorgetragen, was uns Trauttmans-
dorff wegen seiner Abreise befohlen hat. Illi: Wöllen sich nit versehen, daß ire excellentz
irenthalben zurückzugehen ursach haben sollen. Der eintzig punct des geistlichen
vorbehalts bezeige iro der protestirenden friedtliebende gedancken. Es würden ire
voreltern wol nit gedacht haben, dhabey so weith zu gehen oder so viel nachzugeben,
alß sie bereits gethan hetten. Wölten sich aber hirin nit aufhalten. Seie eine sach, so die
protestirende stendte insgesambt betreffe, wölten denselben von allen hinderpringen –
wohmit die deputirte von unß abgeschieden. Und haben wir vermerckt, daß sich nit
gern ferners in discurß einlaßen wöllen.