Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
45. Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1647 Dezember 12

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–/ 45 / [ 59 ]

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Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III.


17
Osnabrück 1647 Dezember 12

18
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 53b (1647 XII)fol. 49–49’, 62–62’, PSfol. 50–53, praes. 1647
19
Dezember 22 = Druckvorlage – Kopie: KHA A 4 nr. 1628/44 unfol. (ohne PS); RK FrA
20
Fasz. 92 XIII nr. 1899fol. 234–235 (nur PS) – Konzept: ebenda fol. 232–233 (ohne PS).

21
Abschluß der Beratungen der Gesandten der katholischen Reichsstände über Amnestie und
22
Reichsreligionsrecht; Drängen der Protestanten auf Einigung über die Amnestie und das
23
Reichsreligionsrecht. Rückkehr Oxenstiernas aus Minden erwartet. Informationen über die
24
Reise Serviens nach Osnabrück: Zerstreuung der Furcht Schwedens vor bayerisch-französi-
25
schen Separatverhandlungen, Versicherung der Treue Frankreichs, gemeinsame Rachepläne.
26
PS Informationen für Krane durch Sinold: Versicherung der französischen Treue zu Schwe-
27
den durch Servien, gemeinsame (Rache-)Pläne der Kronen gegen Kurbayern; Weisung an
28
Leuber zur Rückkehr nach Dresden bei Verschleppung der Verhandlungen durch die schwe-
29
dischen Gesandten; große Verärgerung Kurfürst Friedrich Wilhelms von Brandenburg über
30
hessen-kasselische Kontributionserhebungen in Mark und Ravensberg; Nachrichten über
31
schlechten Zustand der schwedischen Armee.

[p. 171] [scan. 265]


1
Ewer Kayserlicher Mayestätt können wir mit dieser post ein mehrers in
2
gehorsamster underthenigkeit nit berichten, alß daß die catholische vor-
3
gestrigen tags mit ihrer consultation super puncto amnestiae et gravami-
4
num zuende kommen, auch heudt dato die darüber verfaste resolution in
5
pleno abhörn thuen und versehenlich unß selbige mordrigen tags zustel-
6
len werden .

7
Und dieweil die protestirende unß stetigs umb beforderung ahnlangen,
8
wir auch vermercken, daß sie selbst vor allen dingen gehrn diese beyde
9
articulos erledigt sehen mögten, alß sein wir darauff vorhabens, die
10
handtlung mit denen Schweden ahnzutretten. Immittls zweifflen wir nit,
11
auch Ewer Kayserlicher Mayestätt allergnädigste haubtresolution einlan-
12
gen werde

30
Die Hauptinstruktion ( [ Nr. 29 ] ) traf erst am 25. Dezember 1647 in Osnabrück ein.
, warnach wir unß alßdan schließlich zu richten wißen mögen.
13
Des Oxenstirns wiederkunfft von Minden ist man auff heudt gewehrtig
14
und wirdt demnach baldt zu vernehmen sein, wohin sich der feindt wen-
15
den werde

31
Oxenstierna und Erskein waren am 10. Dezember 1647 nach Minden gereist (vgl. Nr. 33
32
[ bei Anm. 16 ] ).
, gestalten die Braunßchweigische abgesandten ermelten
16
Schwedischen steetigs nachfolgen, damit diese armada ehist ahn andere
17
örtt abgefordert werden mögte, alß von denen die Braunßschweig Lüne-
18
burgische fürstenthumb nit wenig beunglegnet

33
Mit Ungelegenheiten, d. h. Unbequemlichkeiten, quälen ( Grimm XXIV, 744).
werden söllen

34
Die schwed. Armee lagerte zu dieser Zeit an der Weser, also im östlichen Teil der braun-
35
schweig-lüneburgischen Hgt.er ( Höfer , 107).
.

19
Sönsten des Servients iüngst alhier vorgehabte verrichtung anlangendt

36
Servien hatte sich vom 6. bis zum 9. Dezember 1647 in Osnabrück aufgehalten (vgl. Nr.n
37
[ 31 ] und [ 33 ] ).
,
20
wirdt unß von glaubhaffter anzeig soviel nachrichtung eingebracht, daß
21
er denen Schweden die gefaste mißgedancken, alß ob Franckreich den an-
22
standt der waffen mit ihrer churfürstlichen durchllauchtt in Bayrn zu hal-
23
ten

38
Am 14. September 1647 hatte Kf. Maximilian von Bayern den Ulmer Waffenstillstand
39
lediglich ggb. Schweden, nicht jedoch ggb. Frk. aufgekündigt. Die Aufkündigung des Waf-
40
fenstillstands zwischen Kurbayern und Frk. erfolgte schließlich von frz. Seite, jedoch erst
41
am 29. Dezember 1647 ( Albrecht , Maximilian, 1077f).
oder sönst heimbliche verständtnuß mit derselben einzugehen vor-
24
habens wehre, zu benehmen und versiecherung zu thuen, daß Franck-
25
reich mit Schweden alle crefften zusamensetzen wölle, solang und soviel,
26
biß sie sich ahn ihrer churfürstlichen durchllauchtt werden gerochen
27
haben, wie dan solches auch von der königin in Schweden in beyliegender
28
ihrer ahn könig

42
Ludwig XIV. (1638–1715), seit 1643 Kg. von Frk. unter der Regentschaft seiner Mutter,
43
Kg.in Anna ( ABF I 676, 1–161; II 426, 27–34, Malettke , Ludwig).
und königin

44
Anne d’Autriche (1601–1666), 1615 Gemahlin Kg. Ludwigs XIII. von Frk. (1601–1643,
45
Kg. 1610), nach dessen Tod Regentin als Vormund ihres Sohnes Ludwig XIV. ( DBF II,
46
1309–1320; Dulong , Anne d’Autriche; Kleinman ).
in Franckreich, wie auch den cardinal

[p. 172] [scan. 266]


1
Mazzarini

35
Jules Mazarin (Giulio Mazzarini) (1602–1661), seit 1641 Kardinal und seit 1643 als Nach-
36
folger
Richelieus frz. Prinzipalminister ( Goubert ; Treasure ; Dulong , Mazarin;
37
Sturdy , 87–148; DMAE, 39–53).
abgangenen schreiben gantz instendig gesucht wirdt. Auß
2
welchen allen dan kein solche große friedensbegierde bey diesen beyden
3
feindtlichen cronen erscheinen wil, wie aber die Frantzösische pleni-
4
potentiarii sich gegen den Churbayrischen abgesandten laut seiner rela-
5
tionum so hoch contestirt und bezeugt haben.

6
PS Gestern ist der |:fürstlich Hessen Darmbstättische

32
6 abgesandte:|] In der Kopie RK FrA Fasz. 92 XIII folgt Dr. Schütz.
abgesandte:|

38
Gemeint ist hier Dr. iur. Justus Sinold gen. Schütz (1592–1657), 1645–1649 hessen-darm-
39
städtischer Ges. ; 1629 hessen-darmstädtischer Rat ( Lehsten II, 84, 193) – Hessen- Darm-
40
stadt wurde außerdem vertreten durch: Johann Jakob Wolff von Todtenwart (1585–1657),
41
1645–1649 hessen-darmstädtischer Ges. ; 1623 hessen-darmstädtischer Rat, erhielt 1628
42
den Titel „ksl. Rat“. Todtenwart votierte auch für die Reichsstadt Regensburg ( Kaster /
43
Steinwascher , 284f; Lehsten II, 100f, 220–226).
bey
7
mir, Crane, gewest und allerhandt particularia eröffnet, so wir dieser un-
8
ßer gehorsamsten relation beyzufügen für nöttich erachten.

9
Erstlich hat bemelter gesandter in conformitet deßen, waß wegen des
10
Frantzösischen gesandten Servient verrichtung alhie in bemelter unßer re-
11
lation angezogen worden, berichtet, daß deßen negotiation nit bloß auff
12
benehmung des verdachts der cron Franckreich, alß ob dieselbe mit der
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churfürstlichen durchllaucht in Bayrn die neutralitet zu continuirn ge-
14
meindt wehre, sondern fürnemblich in deme bestanden, daß er eine runde
15
erclehrung und anthwortt auff der cron Schweden ahn die cron Franck-
16
reich abgangene und von unß itzo beygeschloßene schreiben dieses in-
17
halts soll eingebragt haben, daß die cron Franckreich mit der cron Schwe-
18
den wieder Churbayrn wegen auffgekündigten armistitii causam commu-
19
nem mache und, umb sich ahn demselben zu rechnen, alle mittl von geldt,
20
volck und andern nothwendigkeiten hergeben, auch die waffen ehender
21
nit niederlegen wölle, es stünden dan dieselbe im hertzogthumb Bayren.
22
Und hette der Servient darauff denen Schwedischen gesandten solche
23
hohe versprechen und versiecherung gethan, daß sich der Oxenstirn selbst
24
zu ubernehmung der reiß nacher Minden, umb alles ahn die Schwedische
25
generalitet zu überbringen, resolvirt

44
Vgl. Anm. 3.
. Und verspühre er, abgesandter,
26
eine solche rachgirichkeit bey diesen leuthen,

33
26 daß – müße] In der Kopie RK FrA Fasz. 92 XIII diß ortts darfürhaltend.
daß ers darfürhalten müße,
27
daß die

34
27 cronen] In der Kopie RK FrA Fasz. 92 XIII cron.
cronen ehender alles wagen, alß sich nit ahn Churbayrn rechnen
28
werden, ia wan man denselben itzo alles, waß sie in instrumento pacis
29
noch verlangen, solte einraumen und nachgeben wölten, so würden sie
30
doch nit schließen, umb die handt zu vorgesetzter vindicta offen zu hal-
31
ten .

[p. 173] [scan. 267]


1
Zum andern berichtete selbiger abgesandter, daß dem Chursachsischen
2
alhie

33
Leuber.
von seinem gnädigsten herrn befehl zukommen

34
Gemeint ist wohl die Weisung vom 29. Oktober/8. November 1647 (Text: APW II A 6
35
Nr. 274 Beilage [1]; vgl. auch [ Nr. 60 bei Anm. 10 ] ).
, wofehrn er ver-
3
mercken würde, daß sich die Schwedischen gesandten bey reassumption
4
der tractaten nit zum ziehl lencken, sondern ethwo auffzug und verzöge-
5
rung suchen wölten, daß er, Chursachßische, sich alßdan wieder von hier
6
nach hoff erheben und bey seinem abzug denen Schwedischen deutlich
7
anzeigen solte, die churfürstliche durchllauchtt zu Sachßen wölten des
8
kriegs ein endt und den frieden

30
8 befördert] Fehlt in der Kopie RK FrA Fasz. 92 XIII.
befördert haben; weilen sie aber ver-
9
merckten , daß durch die tractatus nit darzu zu glangen, so wölten sie sich,
10
so gutt sie könten, selbst und ihr im Reich tragendes ertzmarschalcken-
11
ambt

36
Das Ehrenamt des Erzmarschalls ( sacri imperii archimarescallus ) besaß eine militärische
37
Tradition und damit verbunden gewisse, in der Praxis fragwürdige, Vorrechte in Kriegs-
38
angelegenheiten
(vgl. Buder , 362–366, bes. 364 § 6; LMA VI, 324f).
in acht nehmen.

12
Zum dritten, so laße sich zwischen Churbrandeburg und der frau landt-
13
gräffin von Heßen Caßel eine offension vermercken, weilen die chur-
14
fürstliche durchllaucht umb auffheb- und einstellung dern contributio-
15
nen , womit ihre underthanen von der Heßen Caßlischen seithen

31
15 belegt] In der Kopie RK FrA Fasz. 92 XIII beygelegt.
belegt
16
sein

39
Gemeint sind die hessen-kasselischen Truppen in den kurbg. Gft.en Mark und Ravens-
40
berg . Diese erhoben Kontributionen, so daß Kurbg. de facto in die Kreisdefension des nie-
41
derrheinisch-westfälischen Reichskreises einbezogen wurde. Kf. Friedrich Wilhelm von Bg.
42
war der dortigen Kreisdefension jedoch niemals beigetreten und betrieb seit dem Herbst
43
1647 zunehmend energisch die Einstellung der hessen-kasselischen Kontributionserhebun-
44
gen in seinen Landen, die er im Januar 1648 auch erreichte ( Foerster , Ferdinand, 300ff;
45
vgl. auch [ Nr. 118 Anm. 27 ] ).
, bey der frau landtgräffin insinuirn laßen, aber eine abschlaglich
17
anthwortt zurückentfangen hetten, warüber ihre churfürstliche durchl-
18
laucht dermaßen entrüstet sein sollen, daß in diese rede heraußgefallen,
19
sie bedörfften keiner vormünderin, sönderlich eines weibs nit, in regie-
20
rung ihrer underthanen, wölten ihro von einem nebenstandt keine leges
21
vorschreiben, weniger ihre underthanen

32
21 collectirn] In der Kopie RK FrA Fasz. 92 XIII molestieren.
collectirn laßen. Wan die landt-
22
gräfin nit wölte, so würde sie müßen und ihre churfürstliche durchllaucht
23
zu errettung ihrer underthanen noch mittl zu finden wißen. Ein vorneh-
24
mer minister hette der churfürstlichen durchllaucht darüber einreden und
25
sie waß senfften wöllen, sagendt, daß sich die sachen mit der fraw landt-
26
gräffin noch woll würden vergleichen laßen. Es hetten sich aber die chur-
27
fürstliche durchllaucht ab solcher erinnerung offendirt befunden und ge-
28
sagt , wer ihro dergleichen sachen rathe, der seie ihr freundt nit noch ge-
29
trewer diener.

[p. 174] [scan. 268]


1
Endtlich hette sich der Schwedische commendant zu Holtzmünden

30
Holzminden, am östlichen Weserufer nördlich von Höxter. Die schwed. Armee hatte die
31
Stadt auf ihrem Rückzug aus Böhmen Anfang November erreicht ( Höfer , 99). Der
32
schwed. Kommandant wurde nicht ermittelt.
die-
2
ser tagen gegen einen seines, gemelten abgesandtens, gnädigen herrn be-
3
dienten , der durch Caßel auff der post anhero kommen und von selbigen
4
commendanten für einen Heßen Caßlischen bedienten angesehen wor-
5
den , dieser rede vernehmen laßen, das Schwedische kriegswesen stehe
6
itzo in so ublen zustandt, alß es die gantze zeit uber, da die cron Schwe-
7
den mit Kayserlicher mayestätt im krieg gewest

33
D.h. seit 1630.
, niehmahlen gestanden.
8
Er, der durchreisender, solte es gegen die Schwedischen gesandten alhie
9
erinnern und ihnen sagen, daß sie den friedenschluß befordern

29
9 solten] In der Kopie RK FrA Fasz. 92 XIII wolten.
solten.
10
Dörffte sonsten eine schwehre veranthworttung auff sie fallen, wan das
11
werck solte lenger auffgezogen werden.


12
Beilagen [1] – [3] zu Nr. 45

34
Die folgenden Beilagen sind datiert nach der schwed. und frz. Überlieferung (zur frz.
35
Überlieferung vgl. APW [ II B 6 Nr. 254 Anm. 6 ] ). Die ksl. Überlieferung ist jeweils datiert
36
auf 1647 Oktober 24/November 3. Zur Flugschriftenüberlieferung s. [ Nr. 59 Anm. 3 ] .


13
Beilage [1] zu Nr. 45

14
Königin Christina an Königin Anna (lat.), Stockholm 1647 [Oktober 29/November 8]. Ko-
15
pie
: RK FrA Fasz. 53b (1647 XII)fol. 56–57; KHA A 4 nr. 1628/44 unfol.; Giessen 200fol.
16
125–126

37
Weitere Kopien: ÖstA Tirol Fasz. 20h p. 1681–1682; RK FrA Fasz. 98efol. 1104–1104’;
38
StK FrA Ka. 11fol. 1639–1640.
– Druck: TE VI, 94f (dt. ÜS, dat. 1647 Oktober 24); Londorp VI, 235 (dat. 1647
17
Oktober 24); Meiern V, 85f (dat. 1647 Oktober 24); APW [ II C 4/1 Nr. 46 ] .

18
Beilage [2] zu Nr. 45

19
Königin Christina an König Ludwig XIV. (lat.), Stockholm 1647 [Oktober 29/November 8].
20
Kopie: RK FrA Fasz. 53b (1647 XII)fol. 58–60’; KHA A 4 nr. 1628/44 unfol.; Giessen 200
21
fol. 127–129

39
Weitere Kopien: Osta Tirol Fasz. 20h p. 1677–1680; RK FrA Fasz. 98efol. 1103–1104;
40
StK FrA Ka. 11fol. 1637–1639.
– Druck: TE VI, 94f (dt. ÜS; dat. 1647 Oktober 24); Londorp VI, 234 (dat.
22
1647 Oktober 24); Meiern V, 86f; APW II C 4/1 Nr. 45.

23
Beilage [3] zu Nr. 45

24
Königin Christina an Mazarin (lat.), Stockholm 1647 [Oktober 29/November 8]. Kopie: RK
25
FrA Fasz. 53b (1647 XII)fol. 54–55’; KHA A 4 nr. 1628/44 unfol.; Giessen 200fol.
26
131–132’

41
Weitere Kopien: ÖstA Tirol Fasz. 20h p. 1673–1675; RK FrA Fasz. 98efol. 1105–1106;
42
StK FrA Ka. 11fol. 1641–1643.
– Druck: TE VI, 96f (dt. ÜS; dat. 1647 Oktober 24); Siri X, 1587ff (it. ÜS);
27
Londorp VI, 235f (dat. 1647 Oktober 24); Meiern V, 87f (dat. 1647 Oktober 24); APW
28
II C 4/1 Nr. 47.

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