Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1647 I 2

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1647 I 2
Mittwoch

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36 Mitwochs] am Rande: Churfurstlich guettachten uber die Brandenburgische resolution.
Mitwochs, den 2. huius, haben unß die churfürstlichen
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räth ihr guettachten, waßgestalt auff deß churfürsten von Brandenburg
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resolution die tractaten mit denn Schweden fortzesetzen, zugestellt [ 1593 ].

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1 Eodem] am Rande: Nos ad Gallos super responso electoris Brandeburgensis.
Eodem haben herr graf von Nassaw und ich, Volmar, dem duca di Longa-
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villa und conte d’Avaux im namen Ihr Excellentz und unser samentschafft
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die revisita erstattet und nechst vorgangner salutation und anwunschung
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glukseeligen newen jahrs inen angezeigt, daß von dem churfürstlichen col-
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legio unß gestern abendts spat were zu wissen gemacht worden, sie hetten
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in ersehung deren inen communicirten Churbrandenburgischen anttwortt
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ebenmessig für nothwendig befunden, das die tractaten mit denn Schwedi-
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schen plenipotentiarien unerwarttet fernern Churbrandenburgischen anbrin-
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gens uff überlassung gantz Pommern fortgesetzt und, wa müglich, zu einem
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entlichen schluss gebracht, iedoch die allhiesige Churbrandenburgische räth
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erfordert und, daß man solches also zu thuen vorhabens wer, zu ihrer nach-
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richt angezeigt werden solte mit angehenkhtem ersuechen, daß herr graf
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von Trautmansdorff, wa immer müglich, zu solchem ende sich alsbaldt selbst
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nach Oßnabrukh verfüegen wolte. (Dann obwol im churfürstlichen guett-
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achten auch vermeldet, daß bei dem schluss dem herrn churfürsten zu Bran-
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denburg ein gwisse zeit zu bestimmen, in wölcher Ihre Churfürstliche
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Durchlaucht dero ratification uber die hindanlassung der Pommerischen
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landen beypringen und vermittelst deren etwa den einen theil derselben
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annoch salvirn köndten, so haben wir doch dessen in unserm vortrag an die
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Franzosen darumben keine meldung thuen wollen, damit selbige nit etwan
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daher ursach nemmen möchten, sich disem vorschlag auch ze conformirn
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und also anlaaß ze geben, daß mit denn Schweden destoweniger zu einem
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satten und unbedingten schluss zu gelangen wer, sonderlich weil die Chur-
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bayerischen abgesandten sich diser clausul bei Ihrer Excellentz und unß zum
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höchsten beschwert und, daß die unterlassen werden möchte, gebetten
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haben.)

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Demnach so hette herr graf von Trautmansdorff, weil ime noch derzeit dise
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raiß über sich zu nemmen ex iudicio medicorum einmal nit müglich, sich ent-
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schlossen , mich, Volmarn, übermorgen, freytags, mit nothweniger instruction
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nach Oßnabrukh ab- und den Kayserlichen gsandten alldort beyzeordnen.
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Und wolten wir sie, herrn Französische gsandten, zugleich ersuecht haben,
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weil dises werkh mit ihrem zuthuen angefangen, sie sich auch dabei aller
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assistentz erbiettig gemacht, sie wolten sich belieben lassen, wa nit beede,
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doch einer unter inen ebenmässig sich nach Oßnabrukh zu begeben und
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durch ihr wolvermögende interposition der sachen zum ende helffen. Wir
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vernemmen zwar so vil, als solten die Schweden mit einem newen und ver-
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muettlich eben demjenigen vorschlag, wölchen die Churbrandenburgischen
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räth oder, wie dise sagen, die Pomerischen landtstände auff die baan gebracht,
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namblich der Schweden praetension auff Pommern mit ettlichen denn catho-
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lischen zugehörigen stifftern auszewexlen. Wir weren aber darauff nit allein
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nit, sondern in contrarium instruirt und wüßten wol, daß die catholischen
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darein nimmer willigen würden. Wie wir dann von denn Churbayerischen

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berichtet weren, das sie gemessnen bevelch hetten, in solche vergebung
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keinesweegs einzewilligen. Da also die Schweden solchergestalt ihre pro-
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position verendern und darauff verharren solten, so müeßten die tractaten
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nothwendig zerschlagen werden. Wir wolten aber verhoffen, sie, Franzö-
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sische plenipotentiarii, werden sie bei denn einmal gegebnen wortten fassen
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und durch ihr auctoritet zu einem entlichen schluss vermögen helffen. Der
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duca di Longavilla hatt anfenglich sein anttwortt per generalia dahien ge-
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setzt , daß sie gern vernommen, das das churfürstliche collegium sich auch
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mit deren zwischen unß beraits gefaßter resolution conformirt, und theten
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wir gar recht daran, daß wir alsogleich zur sachen thuen und ich, Volmar,
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mich nach Oßnabrukh begeben wolte. Sie an ihrem ortt wolten nit darfür
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halten, daß die Schweden ihre proposition endern, wol aber etwan ver-
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melden werden, waß inen anderwerts vor ein vorschlag gethan worden.
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Wir würden unß aber dessen nichts anzenemmen, sondern unß an daßjenig,
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waß sie, Schweden, allberait heraußgegeben, ze halten haben. Sie, Franzosen,
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wolten ihres ortts nichts unterlassen, waß zu der sachen befürderung dienlich
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sein möchte und ihrem residenten de la Cour zuschreiben, daß er denn Schwe-
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den zugleich zusprechen und sie zu endtlichem schluss vermögen solten. So-
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baldt sie auch vernemmen, daß sie, Schweden, deme also statt thuen werden,
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so werde der conte d’Avaux zugleich sich nach Oßnabrukh begeben.

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Under werendem disem discurs ist auch der Venetianische ambassador her-
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beikommen , deme kurtzlich eins und anders recapitulirt worden. Und ist
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sein meinung ebenmässig dahien gangen, daß man sich mit denn Schweden
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in einig nebendisputat nit einlassen, sondern simpliciter anzeigen solt, sie
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hetten eine alternativam proponirt und begehrt, daß man deß churfürsten
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von Brandenburg resolution erfordern solt, ob er in daßjenig, so die cron
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Schweden an sich zu behalten und hingegen ime ze restituirn gemeint, sein
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consens geben woll oder nit; casu quo dissentiret, solte gantz Pommern der
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cron Schweden cum consensu imperii verbleiben. Nun seye deß churfürsten
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resolution, quod consentire nolit, vorhanden. Also were man diserseits berait,
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mit inen, Schweden, auff überlassung gantz Pommern entlich zu schliessen.
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Werden sie dessen auch zefriden sein, so hetts sein richtigs und wer darauff
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ihr instrumentum pacis heraußzebegehren, damit selbiges möchte agiustirt
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werden. Wurden aber die Schweden sich darzu nit categorice mit ja er-
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clären , sondern auff newe vorschlag tringen oder erst resolution auß Schwe-
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den erwartten und also keinen schluss machen wollen, so wer sein rath, daß
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ich simpliciter sagen solt, daß ich dessen kein bevelch; und solt mich weiter
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nit auffhalten, sondern widerumb darvonziehen, dann sobaldt ich mich
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lenger werde auffhalten oder vermerkhen lassen, daß ich umb weiter reso-
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lution nach Münster schreiben müeßt, so wurde es ein halb geschehene
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sach sein und die Schweden von denn newen vorschlagen nit gebracht
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werden mögen. Dise meinung haben auch die Franzosen approbirt und
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sonderlich gesagt, daß sie nimmer einwilligen würden, daß denn Schweden
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oder protestierenden solche stiffter solten uberlassen werden, wa nun von

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unß Kayserlichen kein anlaaß darzu geben werd. Dise red hatt der Venetia-
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ner gefaßt und gesagt, vernommen ze haben, ob solte herr graf von Traut-
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mansdorff sich gegen dem Oxenstirn verlautten lassen, daß es wegen deß
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bisthumbs Oßnabrukh nit vil bedeuttens haben werde. Wir haben aber
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strackhs replicirt, das Ihr Excellentz unrecht geschehe, dann dergleichen
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vertröstung weder dem Oxenstirn noch sonst jemanden von der gegenpart
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niemaln geschehen, sondern es wer der streit ieweils nur wegen deß
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religionsexercitii gewesen, da man sich dan verlautten lassen, es werde
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hierinn der herr bischoff selbst schon ein moderation ze brauchen wissen.
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Aber von verlassung deß bisthumbs wer niemaln gedacht worden.

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Inter discurrendum hatt conte d’Avaux (der sich sonst praeter solitum in
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disem accordo sehr kaltsinnig erzeigt) fast in zweifel anfangs ziehen wollen,
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ob sich die Schweden wegen gantz Pommern zu einem schluss verstehen
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werden. Und als er endtlich nachgeben, daß sie in betrachtung ihres gegeb-
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nen wortts kein weiter difficultet machen möchten, hatt er doch vermeldt,
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es wurde ein kurtzer frid sein und nit uber 2 jahr weren, ja es were auch
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zu befahren, daß der Kayser nit zuhalten, sondern dem churfürsten von
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Brandenburg fürschub thuen werde wider die Schweden. Es ist ime aber
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dise einbildung vom duca di Longavilla selbst, vom Venetus und unß gnug-
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samb widerlegt und remonstrirt worden, wann man sich mit dergleichen
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suspicionibus wolte auffhalten lassen, so wurde man wol nimmer keinen
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friden machen. Hierauff haben wir widerumb an die Franzosen gesetzt, ob
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doch conte d’Avaux nit alsogleich nach Oßnabrukh veraisen köndt. Aber
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sie seind auff deme geblieben, daß es noch derzeit unnöthig, biß man sehen
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werd, wessen sich die Schweden erclären möchten, wolten iedoch ihrem
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residenten umbständlichen bericht zuschreiben, den Schweden alles zu
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remonstrirn und sie zu ermahnen, sich mit vergeblichen einströwungen nit
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auffzehalten. Vermeldten dabei, daß sehr guett sein wurde, wann entzwi-
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schen auch die sachen zwischen inen und Spania möchten verglichen wer-
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den , dann hierauff hetten die Schweden und protestierenden ein sonders ab-
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sehen . Venetus, man müeßte interim darin auch travaglirn. Wir haben es
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dabei beruhen lassen und hierunter keinen weitern discurs movirn wollen,
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als ein sach, die wir nit erheben köndten.

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Endtlich fragten wir, wie es mit dem armistitio bewandt, ob sie davon kein
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nachricht. Respondebant, sie vermeinten, man werde beisamen im tractat
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sein. Aber d’Avaux sagte, man wer noch der maalstatt nit verglichen. Hier-
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auff namen wir anlaaß anzezeigen, daß wir von denn Churbayerischen
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gsandten bericht hetten, daß man zwar noch nit beysamen, es hette aber
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ein Churbayerischer obrister namens Mariemont

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Carl von Marimont.
hievon mit dem Franzö-
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sischen generalcommissari Tracci

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Alexandre de Prouville, seigneur de Tracy, von Turenne zu den Waffenstillstandsverhandlungen
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entsandter Generalkommissar der Armee.
geredt und von disem vermerkht, daß
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man die Tonaw zum termino setzen, jenseits die Kayserlichen und Chur-

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bayerischen , disseits aber der alliirten cronen völker einquartirn solt. Diß
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wer ein unpracticirlicher vorschlag, dann man verspürte wol, daß man
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gegentheils vermeinte, auff solche weiß die Kayserlichen und Bayerischen
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volkher ohne schwertstraich ze ruinirn, dergestalt köndte kein armistitium
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eingangen werden. Es werde nothig sein, bei den Französischen und Schwe-
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dischen generalspersonen anderwerttige erinnerung ze thuen. Duca di Lon-
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gavilla sagt, inen wer eben daß gegenspil im weeg, namblich daß sie besorg-
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ten , ihre partei, wann sie allein disseits der Thonaw logirn müeßten, wurden
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zu grundt gehen. Man würde sich ehender deß fridens als deß armistitii
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vergleichen. Sie hetten ein aignen currier in beraitschafft, sobaldt man im
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schluss nähender zusamenkommen, wolten sie selbigen zu der armada
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schikhen, damit man sich darnach richten köndt. Ein gleiches wurden die
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Schweden auch thuen, und möchte deßwegen mit inen geredt werden.
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Sodann hatt er auch meldung gethan wegen der Casselischen pretension,
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daß die ebenmässig müeßten accommodirt werden. Deßgleichen setzten die
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Schweden eben starkh auff befridigung der Schwedischen soldatesca. Der
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Venetus replicirt hierauff, waß Cassel anlangte, das hielte er vor ein auß-
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gemachte sach, daß, consentirte Brandenburg, so würde es darmit in crafft
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deren ime angedingter conditionum sein richtigkheit haben, wa nit, so hette
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man der landtgrafin pretension auff das bisthumb Halberstatt zu verweisen
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und darauß richtig ze machen. Waß Marpurg anlangte, stüende es dahien,
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waß die cronen decidirn wurden. Wegen der Schwedischen militia hielte ers
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fast vor den schweristen puncten, und wurde man einmal uff ein ripiego
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zu gedenkhen haben. Nos: quoad primum liessens dahiengestellt sein, quoad
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secundum, wan der schluss mit gantz Pommern gemacht, werden die Schwe-
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den glegenheit haben, ihre armada auß den obern craißen abzefüeren und
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voneinander ze theilen, alsdann die bezahlung leicht ze finden sein werde.
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Und haben damit unsern abschied genommen etc.

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