Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 XI 24

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1646 XI 24
Samstag Sambstags a Caesare de dato Preßburg, 8. Nouembris,
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uff unser relation vom 16. und 19. Octobris, die einliferung der Französi-
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schen condolentzbriefen wie auch daß mutuum maiestatis praedicatum
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betreffendt, sodann die Schwedische satisfaction, item der reichständen Inter-
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vention pro Brandenburg betreffendt, daß es nit rathsamb, sonder zufür-
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kommen sei [ 1532 ].

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Eodem vom ertzhertzog Leopold Wilhelm recepisse de 13. Novembris, die
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ankunfft deß von Rosenberg und dabei eingeliferter schreiben betreffend
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[ 1533 ].

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Eodem ab eodem, Hessen Darmbstatt in daß armistitium einzeschliessen,
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betreffendt [ 1534 ].

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29 Eodem] am Rande: Catholici remittirn denn Kayserlichen die tractation cum prote-
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stantibus in puncto grauaminum etc.
Eodem vormittags seind die ordinari deputati statuum catholicorum vor
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unß sambtlich erscheinen mit mundtlicher anzeig, waß die catholischen in
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deren mit denn protestierenden angestellten conferentz fortzekommen nit ge-
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traweten , sondern sich communiter entschlossen, unß zu ersuechen, daß wir
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unß der sachen annemmen und die handlung mit ermeldten protestierenden
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in conformitet unsers vom 12. Julii außgeliferten proiects, darzu sich nun-
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mehr fast alle ständt außer 8 oder 10 vota bekennen theten, vor die handt
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nemmen und außfüeren wolten, iedoch mit underschiedlichen reseruatis und
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limitationibus, wie in deren vom Churmaintzischen directorio ad protocol-
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lum eingeliferter schrifftlicher anzeig zu sehen [ 1535 ] bei denn grauaminibus.
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Ihr Excellentz haben darauff selbst kurtzlich geanttworttet, daß sie sich mit

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ihren collegis der sachen gern underfangen wolten, seitemaln wir aber dises
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anbringens beraits zuvor etwas nachricht gehabt und deme waß nachgedacht
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hetten, als wurden sie solches von mir vernemmen, und solten auch die unß
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beygefallne considerationes dem Churmaintzischen directorio zugestellt
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werden. Darauff hab ich zwar die red genommen, weil aber allerhandt dis-
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curs entzwischen gefallen, als ists bei communication bedeütter considera-
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tionum verblieben, so apud acta [ 1536 ] ze finden.

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8 Nachmittag] am Rande: Protestierende widerholen ihr begehren, mit inen praesente
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Salvio ze tractirn.
Nachmittag seind auch die deputati protestantium, als Saxen Aldenburg und
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Weimar, sodann ex collegio ciuitatum Straßburg, erschienen, haben noch-
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maln begehrt, daß wir unß der handlung mit dem Salvio, als welchen sie
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darumb auch beraits erbetten hetten, vor die handt nemmen wolten, weren
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ihrestheils erbiettig, sich zugleich in einem nebenzimmer praesentes einze-
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finden , uff den fahl, waß mit inen ze reden nothwendig, man sie an handt
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haben köndt, hofften, die catholischen solten es ihres ortts auch belieben.
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Wir haben unß darauff erclärt, daß wir biß nechstkommenden montag der
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sachen ein anfang machen wolten, und haben Ihr Excellentz inen beweglich
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zugesprochen, daß sie sich unsern vom 12. Julii außgehendigten composi-
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tionsvorschlägen accommodirn und weiter in die catholischen nit tringen
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wolten, dann man were ie darinn so weit gangen, als man sonst ze thuen
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niemaln gedacht hette. Illi haben darauff vermeldet, wan nur die sachen mit
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dem geistlichen vorbehalt uff ein gleiche bestendigkheit beederseits gerich-
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tet , so wurden damit vil andere difficulteten erledigt und ein bessers ver-
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trawen under denn ständen erhalten sein.

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24 Eodem] am Rande: Saluius ad me.
Eodem ist auch der Salvius zu mir, Volmarn, kommen anzeigend, daß ime
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vom Oxenstiern zugeschriben werde, sich widerumb nach Oßnabrukh zu be-
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geben , dann es hetten zwar die Churbrandenburgischen eine newe pleni-
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potentz vorgewisen, die wer aber also bewandt, daß darauff nichts endtlichs
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geschlossen werden köndt, derentwegen sich der graf von Witgenstain ent-
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schlossen , selbst zum churfürsten ze raisen. Alldieweil nun die handlung sich
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verziehen wolt, so wer es wider der cron Schweden reputation, daß er sich
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extra locum proprium tractatus auffhalten thue. Nun wüsse er nit, waß ze
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thuen; die Franzosen, der Venetianische ambassador und auch die protestie-
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renden ersuechten, allhier ze bleiben und denn handlungen ferner abzewart-
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ten . Wann er wüßte, daß in kurtzem waß hauptsachlichs geschlossen werden
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köndt oder solte, so derffte er sich wol waß lengers auffhalten, were der-
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wegen zu mir kommen, mit mir auß denn sachen ze conversirn. Ich hab
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ime geanttworttet, das er sehr wol thuen und sich umb daß gmeine weesen
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allerseits wol meritirn wurde, solte auch versichert sein, daß wir unsers ortts
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nichts mehrers als die befürderung und endung diser tractaten verlangten,
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wie dann Ihr Excellentz sich gar nit auffhalten, sonder gern zu endtlichem
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schluss wie balder ie lieber tretten werden.

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Demnach ist er ad capita satisfactionis fürgeschritten: 1. Waß Vorpommern
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anlangte, wolt er im vertrawen eröffnet haben, daß sie endtlich darauff gehen
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würden, daß die Oder zwischen Vor- und Hinderpommern der terminus,
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und zwar die insul Wollin mit gegen Vorpommern eingeschlossen, solte sein,
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waß aber jenseit der Oder gelegen, daß alles sambt dem stifft Camin soll
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Brandenburg verbleiben. Von der inuestitura simultanea et aequiualente,
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donec casus contingat, hatt er gar kein meldung gethan. 2. Poel und Neu-
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closter

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Neukloster bei Wismar.
köndten sie nit lassen wegen der beholtzung, so darauß zu erbawung
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der schiffen und erhaltung der fortezza ze nemmen wie auch wegen der
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underthanen frondienst. Jenes wer gar von geringem einkommen, dises wer
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vor jaren ein munchscloster gewesen, hette waß mehrers einkommen, der
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hertzog von Mechelburg aber seye umb ein und anders mit dem bisthumb
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Ratzenburg gnugsamb satisfacirt. 3. Bremen und Ferden vermeinten sie,
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Ihr Kayserliche Maiestät wol in statum secularem verendern möchten; man
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müeßte nit eben deß Papsts consens haben, wer gnug, wann die ecclesia
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Germanica consentirte. 4. Daß wir inen priuilegium uniuersitatis zu Griffs-
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walden

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Greifswald (Vorpommern), Universität seit 1456.
bewilligten, wer daselbst vorhien ein universitet, der cron intention
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gienge auff Staden, allwo sie nun studium uniuersale auffzerichten vorhabens.
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Daselbst wer ein Lutherisch manscloster, die lebten aber mit hueren und
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bueben so ippiglich, daß man wol ursach hette, sie außzeiagen und die ein-
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kommen besser anzewenden. 5. Daß priuilegium de non appellando hetten
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sie vernommen, solches auch andern ständen im reich gegeben sei, hofften
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derwegen, man solts der cron nit abschlagen. 6. Wegen der besatzung zu
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Wißmar hetten sie im bevelch, die continuation derselben zu begehren, der-
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gestalt daß die contribution auß dem hertzogthumb Mechelburg zu deren
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unterhalt gezogen oder aber der cron der zoll zu Warnemünde

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Warnemünde (Mecklenburg), Seehafen von Rostock.
zu solchem
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ende überlassen werden solte. Müeßte zwar bekennen, daß er disen puncten
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etwas schwer befinden thet, sie hettens aber in instructione.

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Folgendts ist er ad caussas imperii kommen: 1. Quoad grauamina wer er
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von denn protestierenden durch ein deputation ersuecht worden, mit unß,
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Kayserlichen, ze handlen in forma, wie oben von den Saxen Aldenburgischen
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selbst gemeldt, setzt dabei gleichergestalt auff einwilligung einer renuncia-
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tion in perpetuum. 2. Quaerit, ob doch wegen der Oberpfaltz nit ein mittel
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ze treffen. Die cron Schweden wer nunmehr als ein ciuis imperii ze halten,
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und darumb hetten sie ursach, auff desselben nutzen ze sehen. Sie verspürten
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wol, daß der Franzosen artificium, warumb sie Bayern mit einraumung dises
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landts mächtig ze machen gedächten, dahien gienge, damit sie dem hauß
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Osterreich ein perpetuum aemulum im reich pflantzten, darauß wurde man
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nur stetiger dissensionum und uneinigkheiten gewärttig sein müessen. Her-
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gegen , wann die Oberpfaltz denn vorigen innhabern restituirt, so wurden

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die gegen Ihr Kayserliche Maiestät und deren hauß höchlich obligirt und
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weren im reich allein mächtig, consequenter mehr bestandige ruhe ze hoffen.
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3. Waß für ein mittel mit Baden Durlach ze treffen. 4. Waß wir uff die Hessen
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Casselisch pretension resolvirn wurden.

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Respondi, daß ich solches alles Ihr Excellentz referirn wolte, und solte er
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nit zweiflen, daß sie ihres ortts alles, waß zu erhebung eines fridens immer
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müglich, praestirn würden. Ad singula per discursum ze respondirn: 1. Wegen
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Pommern, wan die cron Schweden den consensum deß churfürsten von
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Brandenburg ze haben verlangte, so wer besser, daß sie es bei deren von unß
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gesetzten circumscription verbleiben liessen, dann sovil ich noch vernom-
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men , so wolte der churfürst einmal Stettin nit zurukhlassen; wann sie aber
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etiam ipso dissentiente drauff zu verharren gedächten, so würdts villeicht bei
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Ihr Kayserlicher Maiestät wenig bedenkhens haben, allein würden die einige
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andere recompens als daß bisthumb Halberstatt nit einwilligen. Ich hörte
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zwar, daß die Brandenburgischen auch daß ertzstifft Magdenburg praeten-
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dirn wolten, doch erst nach abkommen deß ietzigen administratoris

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Hg. August von Sachsen.
. Ille,
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man köndt ein wexl treffen, daß Brandenburg Magdenburg, Saxen aber
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Halberstatt haben soll. Und als ich sagte, ja die Brandenburgischen ver-
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meinten beede stifft ze haben, replicirt er, daß wer zu grob. Der churfürst
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köndte sich wol mit eim allein contentirn. Er müeßte ja auch waß leiden,
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und köndte man mit ime wegen Preüssen, Crossen, der stiffter Lebus,
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Havelberg und Brandenburg

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Joachim Friedrich von Brandenburg (1546–1608) war in Havelberg (1553), Lebus (1555) und
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Brandenburg (1571) Administrator geworden und hatte diese Stifter, als er 1598 Kurfürst wurde,
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mit Brandenburg vereinigt.
wol ein abrechnung treffen. 2. Poel und New-
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closter betreffendt, wer es allein umb den hertzogen von Mechelburg ze
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thuen. Aber mit continuation deß presidii, und zwar uff desselben landts
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costen oder innbehaltung deß zolls Warnemünde, da werdts nit geringe
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difficulteten haben und dißortts alle reichsstande, so an der seecanten ange-
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sessen , zuwider sein. Sie solten gedenkhen, daß sie newe hospites imperii
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weren, und derentwegen mit dergleichen schweren zumuettungen inen die
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benachbarte reichstände nit gleich in ipso principio zu feinden machen.
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30 3. Den] am Rande: Extinctio status ecclesiastici Suecis negata.
3. Den statum ecclesiasticum beeder stiffter Bremen und Ferden köndten
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Ihr Maiestät nit endern, es sei nit nur umb deß Papsts, sondern umb der
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catholischen chur-, fursten und ständen im reich consens ze thuen, wölche
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darinn gar nit willigen wolten. Man köndte die clausulam reseruationis zwar
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wol außlassen und allein in genere die ertz- und bisthumb inen verleihen,
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so möchten sie darnach darmit disponirn, wie es ihre conscientia außweisen
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thet. Er vermeint aber, sie wurden nit gesichert sein, dann man köndt es
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inen künfftig vor eine contrauention außdeütten. 4. Daß priuilegium uni-
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uersitatis hetten wir darumb auff Grifswald bestimbt, weil wir vermeint, es
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were nur ein gymnasium und hett kein studium uniuersale. Er behauptet

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aber, daß es ein rechte uniuersitas wer. 5. Daß priuilegium de non appe-
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lando hetten zwar die weltliche churfürsten und Österreich, aber die gaist-
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liche allein pro 500 goldgulden, die benachbarte reichstände wurden sich
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hoch darwider beschweren. Ille, hielt darfür, die cron Schweden wer wol
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auch denn churfürsten gleich ze tractirn. Respondi, die cron Schweden wer
6
dißortts nit tanquam talis, sondern allein ex natura ditionum, so ihren im
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reich eingeraumbt, ze considerirn.

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Ad singularia imperii: 1. Die gravamina betreffendt, werde es der conferentz
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halber kein bedenkhens haben, de renunciatione in perpetuum geb es
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schwere disputationes pro et contra, die catholischen wolten gar nit dran.
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2. Mit der Obern Pfaltz sei es ein vergeblich ding, die Franzosen hetten es
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beraits placitirt, als müeßts dabei verbleiben. 3. Wegen Durlach köndte die
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sententia einmal nit retractirt werden. Waß aber die vergleichung, so her-
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nach super fructibus perceptis erfolgt, da dann marggraf Wilhelmen zwei
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ämpter, als Stain und Remchingen

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Stein über Pforzheim und Remchingen (bei Wilferdingen über Pforzheim, im 16. Jh. eingegan-
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gen ), später vereinigte Ämter in der Markgrafschaft Baden-Durlach.
, übergeben und ein järliche pension uff
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dem ambt Mühlberg

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Mühlberg (heute Karlsruhe).
assignirt worden, anlangen thet, da möchte marggraf
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Wilhelm zu bewegen sein, selbige wider zurukhzegeben, und diß wer der
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einzige weeg zum vergleich. Marggraf Fridrich sei an allem seinem unglükh
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selbst schuldig. Wann er anfangs gwollt, so hette er uff weilandt ertz-
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hertzog Leopoldts interposition wol ringer auß dem handel kommen kön-
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den . 4. Wegen Hessen Cassel müeßten die interessati vordrist vernommen
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werden und in allweg vordrist die satisfaction mit der cron Schweden
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agiustirt sein. Auff diß hatt er sein instrumentum pacis in einem grossen
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convolut heraußgezogen, aber nit auffgethan, sondern vermeldt, wie mans
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mit andern particularien machen wolt. Es weren deren vil und wol über 60,
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so sich alle bei inen angeben. Deren caussas hette er allein summariter ange-
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zogen und gesetzt, restituatur ille et ille etc. Respondi, wir köndten unß
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einmal mit dergleichen sachen nit auffhalten lassen, dann er leichtlich ge-
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denkhen köndt, weil dise alle ihre contrapart hetten, daß absque praeuia
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caussae cognitione darin nichts möchte statuirt werden, sondern es wurde
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ex nostra parte nur haißen, non restituatur. Dergleichen sachen gehörten
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eintweder ad amnestiam oder ad grauamina oder ad mere ciuiles contro-
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uersias priuati status. Die erste und andere hetten und bekömen ihre gene-
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rales decidendi regulas ex praesenti tractatu, die andere müeßten ex legibus
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et constitutionibus decidirt werden, gehörten also alle ad imperii tribunalia
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und müeßten derentwegen über einen hauffen dorthien siue pro executione
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siue pro decisione gewisen werden.

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Der abschied unsers colloquii war, daß er seine ultima in puncto satisfactio-
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nis den Franzosen eröffnen wolte, wölche es folgendt per Venetum an unß
40
ze bringen und wir unß darauff mit ime eines schrifftlichen uffsatz zu ver-
41
gleichen haben solten.

[p. 749] [scan. 797]


1

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1 Eodem] am Rande: Saluii declaratio in puncto satisfactionis.
Eodem hatt er, Salvius, auch seine erclärung ad nostras responsiones in
2
puncto satisfactionis eingeben [ 1537 ].

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