Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 VII 7

28
1646 VII 7
Samstag

43
28 Sambstag] am Rande: Oxenstirns revisita.
Sambstag vormittags circa nonam hatt herr Oxenstirn
29
Ihr Excellentz, herrn obristenhofmeister, die revisita erstattet me praesente.
30
Sagt post salutationis officia, er were darumb allherkommen, daß fridens-
31
werkh an seinem ortt zu befürdern, und begehrte zumahln, von dennselben
32
negociis ze conversirn. Verlangte ine zu vernemmen, ob und waß mit denn
33
ständen gehandlet und worauff dieselbe sachen beruheten. Sonderlich be-
34
stüende seins erachtens vil am termino a quo, sodann auch am termino ad
35
quem. Responsum, man were diserseits ebenmässig die zum friden gehörige
36
negocia zu befürdern genaigt und daher im werkh, der catholischen ständen
37
nechstvergangnen mittwochs eingelangtes guettachten über der protestie-
38
renden jüngstere declaration in puncto grauaminum gegen denen vorgehenden
39
actis und habenden Kayserlichen instructionibus ze conferirn und darauff die
40
fernere nothurfft zu papyr ze bringen, so alsdann ermeldten protestierenden
41
wie nit weniger ime, Oxenstirn, communicirt werden solte, in hoffnung, man
42
werde ihrestheils kein ursach haben, weiter in disputat zu stehen. Den ter-

[p. 660] [scan. 708]


1
minum a quo betreffend, gedächte man ex superabundanti in politicis et
2
ecclesiasticis ad annum 1624 ze reducirn. Wegen der 100 jahr und wie es nach
3
derselben außgang ze halten, wurde sich auch ein temperamentum finden.

4

40
4 Mit] am Rande: Religion in Kayserlichen erblanden.
Mit diser anzeig ist Oxenstirn weiter passirt und begehrte zu wissen, wie es
5
mit denn Kayserlichen erblanden ze halten. Responsum, Ihr Maiestät wolten
6
einmal von ihrer intention nit weichen, ime wer auch kein anderer bevelch
7
ertheilt, als daß Ihr Kayserliche Maiestät den terminum emigrandi weiters
8
und uff ettlich jar, als etwan zu 7 oder 8, zu erstrekhen, auch sonst uff daß
9
außlauffen ad exercitia Lutherana nit so gnaw auffsehen wolten. Sed ille
10
perseuerabat in prioribus, man hette gleichwol disen underthanen und
11
ständen das exercitium publicum contra pacta et priuilegia genommen. Sie
12
weren der cron Schweden religionsgenossen, werde von dennselben umb
13
hilff angesuecht, köndtens derentwegen wegen deß gmeinen evangelischen
14
wesens nit lassen. Verhoffte, Ihr Maiestät werden wenigst waß mehrers
15
nachgeben. Ihr Excellentz anttworttet, Ihr Maiestät blieben resolvirt, solches
16
nit zuzegeben, dise stände und underthanen hettens per rebellionem ver-
17
würkht , und were kein corpus mehr von dergleichen religionsverwandten
18
vorhanden, derentwegen einig publicum exercitium zu verstatten nöthig sein
19
solt. Ihr Maiestät hofften nit, daß die cron Schweden derentwegen mit ihnen
20
allein krieg füeren würden, so es aber geschehen solt, wurden sie sich auch
21
darnach ze richten und den außgang Gott zu bevehlen haben.

22
Dabei liess es Oxenstirn auch sine replicatione bewenden. Fragte darauff,
23
wie weit wir mit der Französischen satisfaction kommen und warauff es
24
erwenden thet. Responsum, es stüende an dem, daß die Franzosen mit disen
25
newen postulatis wegen innhaltung der vestung Philipsburg, auch anmaas-
26
sender soveranitet über die reichständt im Elsaß herfürkommen, so man
27
nit einwilligen köndte, sodann daß sie auch diejenige conditiones, so zu-
28
mahln ab arbitio der cron Schweden und ihrer alliirten dependirten, vordrist
29
richtig machen theten. Alsdann wurde es mit deme, waß daß hauß Öster-
30
reich in particulari antreff, baldt gethan sein. Ille, waß die sovranitet im
31
Elsaß anlangte, da begehrten die Franzosen, daß man inen wenigst die 10
32
landtvogteistätt iure allodii überlassen solt, er vermein aber, es soll sich
33
noch wol ein mittel finden, dann sie hetten sich verlautten lassen, wann man
34
ie nit darein willigen woll, so soll man inen hingegen die 4 waldtstätt lassen.
35
Responsum, solchergestalt könde ja nichts bestendigs mit inen gehandlet
36
werden, sie hetten nun zu underschidlich mahlen sich der waldtstätten vor
37
den mediatorn begeben. Et ego subieci, mir were auch von einer vertrawten
38
person auß Baden in Ergäw

41
Baden i. Aargau.
geschriben worden, daß sich daselbst der
39
Französische ambassador Commartin

42
Jacques Le Fèvre (1588–1667), seigneur de Caumartin, 1640–1649 französischer Botschafter
43
bei der Eidgenossenschaft.
offentlich verlautten lassen, die cron

[p. 661] [scan. 709]


1
Frankreich müeßte zum Elsaß nit nur die waldtsätt waldstätt , sondern auch Costantz

39
Konstanz am Bodensee, zunächst freie Reichsstadt, war 1548 von Karl V. unter österreichische
40
Landeshoheit gebracht worden.

2
haben. Also seye deß begehrens kein endt und daher wol zu schliessen, das
3
die Franzosen keinen friden ze machen gedenkhen. Oxenstirn sagt dabei, sie
4
wolten von Philipsburg nit außsetzen.

5
Solchem nach ist er auff die Pfaltzische sach kommen. Es wer eben ein
6
schwere handlung, daß das hauß Pfaltz von der chur außgeschlossen und
7
noch darzu eines guetten theils seiner landen privirt werden soll. Und als
8
replicirt, man begehr selbiges doch ad octavum electoratum ze admittirn,
9
auch die Unterpfaltz zu restituirn, sagt er, ja der octavus electoratus ge-
10
raichte dem hauß Pfaltz mehr zu einer ewigen macul als zu einem contento,
11
sei wider die Gulden Bull und nit zu veranttwortten, daß man solche sanctio-
12
nem publicam mutirn soll. Die protestierende und auch ein guetter theil
13
catholische wollen nit drein consentirn. Es werde in electionibus und sonst
14
allerhandt dissensiones und unglegenheiten causirn. Zudeme köndte nit
15
nachgeben werden, daß man die Oberpfaltz dem hertzogen in Bayern (ita
16
loquebatur) lassen soll. Waß dann Bayern auch so hoch meritirt hette, daß
17
man ime eben so starkhe recompens ze thuen? Responsum ad singula, und
18
haben Ihr Excellentz uff ein und andern puncten starkh replicirt, sonderlich
19
eingefüert, daß vor 300 jahren daß hauß Bayern besser recht zu der chur
20
gehabt als Pfaltz. Geschehe deren also nit unrecht, daß Bayern anietzt
21
widerumb postliminio darzu restituirt und dabei stabilirt werde. Pfaltzgraf
22
Friedrich hetts ja notorie verwürkht und solche feloniam begangen, die mit
23
keinem rechten verthedigt und bescheint werden oder entschuldigt werden
24
köndte. Der herr churfürst in Bayern hett solche translation mehr denn wol
25
meritirt, auch solche uncösten angewendt, daß ime darfür billich die Ober-
26
pfaltz verbleiben müeßt, die pfaltzgrafen hetten sich mit der Untern Pfaltz als
27
dem grössern und bessern theil zu begnüegen. Dergleichen exempla seyen im
28
heyligen Römischen reich mehrmaln vorgangen, als mit dem Henrico Leone

41
Heinrich der Löwe (1129–1195), Herzog von Sachsen 1142 und Bayern 1154, geächtet und
42
seiner Länder entsetzt 1180.

29
im hauß Bayern, mit Johann Fridrich

43
Johann Friedrich I. von Sachsen (1503–1554), Kurfürst 1532, verlor nach dem Schmalkaldener
44
Krieg 1547 die Kurwürde und einen Teil seiner Lande an die albertinische Linie des Hauses Wettin.
im hauß Saxen etc. Ihr Kayserliche
30
Maiestät begehren dise vermehrung deß churfürstlichen collegii nit vor sich
31
selbst, sondern de consensu statuum ze thuen, wiewol daß stättcollegium
32
nichts darzu ze reden, cum antiquitus ante institutum collegium electorale
33
die electio regis allein bei denn fürsten des reichs gestanden wer. Oxenstirn
34
fragte, waß dann die Franzosen wegen der religion in erblanden und wegen
35
der chur sagten. Responsum, wegen der erblanden werden sie ja nit wider ihr
36
religion waß aldort einzefüeren begehren, als sie sich auch dessen beraits
37
erclärt, deßgleichen werden sie wegen der chur unserer meinung sein. Hier-
38
auff schüttelt er den kopff und sagte, er köndts nit glauben.

[p. 662] [scan. 710]


1
Letstlich hatt er ex instrumento pacis angezogen, weil darinn circa priuilegia
2
statuum ein clausula eingerukht ’saluis tamen iuribus Imperatoris et electo-
3
rum ‘, daß auß diser generalitet künfftig streit und irrung entstehen möchte und
4
daher guett sein würde, solche iura ze specificirn. Item in puncto mutuae
5
assecurationis solte der casus auch exprimirt werden, quando Imperator
6
per se pactis non staret aut bellum alicui moueret, quod cum reliquis coronis
7
etiam status imperii Imperatori resistere deberent. Responsum in primo, die
8
specificatio wer unnöthig, weil solches alles in der Gulden Bulla und reichs-
9
constitutionibus determinirt, zumahln potestas Imperatoria generalis wer,
10
ausserhalb deren sachen, die ex certis legibus restringirt seyen. In secundo
11
wer solch zumuetten contra reuerentiam et autoritatem Imperatoris, und
12
werden Ihr Maiestät als Kayser sine consensu ordinum kein krieg anfangen.
13
Wann man aber ie uff solche clausul tringen wolt, so müeßte die reciproca
14
sein, und wurde mans gegen Frankreich und Schweden ebensowol ze pre-
15
tendirn haben. Oxenstirn replicabat, mit Schweden solts wol nit so groß
16
bedenkhens haben, dann daselbst sine praescitu statuum kein krieg vorge-
17
nommen werden könde, aber die Franzosen werden sich darzu nit verstehen
18
wollen. Responsum, man wüßte wol, daß ietzigerzeit in Frankreich ein
19
solch absolutum dominium eingefüert, dergleichen vor disem nit üeblich
20
gewesen, und eben darumb hette man desto mehr ursach, auff angedeütte
21
reciprocation ze tringen. Ita solutum colloquium.

22
Eodem sambstags a Caesare recepisse de 26. Junii auff unser relation de
23
15. eiusdem [ 1332 ].

Dokumente