Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 V 5

34
1646 V 5
Samstag Sambstags, den 5. huius, haben herr graf von Nassau
35
und ich, Volmar, den herrn mediatoribus vormittag umb 10 uhr die abge-
36
kürtzte duplicam mit nachfolgendem vortrag überraicht:

37
Illustrissimi etc. Secuti sumus consilium, quod nobis dederunt, et re cum
38
domino comite a Trautmansdorff caeterisque collegis nostris communicata
39
omnia expunximus, quae offensionem aut nouam altercationem parere pote-

[p. 616] [scan. 664]


1
rant , totamque scripturam ad 4 duntaxat folia redegimus. Eam igitur offeri-
2
mus Vestrae Illustrissimae Dominationi Vestraeque Excellentiae rogantes,
3
ut eandem plenipotentiariis Gallicis exhibeant eosdemque diligenter horten-
4
tur , ut ne diutius hoc negotium protrahent, sed quam primum de conclu-
5
dendo et finiendo toto pacis tractatu cum plenipotentiariis Suecicis conue-
6
niant . Facimus autem hoc cum expressa reseruatione, quod nihilominus
7
prior nostra scriptura intra manus dominorum mediatorum tanquam in
8
deposito remanere et, casu quo pax cum Gallis non coiret, pro vera nostra
9
duplica et pro nunc ex tunc publicata haberi debeat saluis quoque aliis
10
remediis et legitimis defensionibus pro manutenenda et propugnanda iusta
11
Caesareae maiestatis caussa adducendis.

12
Quod vero articulo 13. diximus Gallis Superiorem et Inferiorem Alsatiam
13
cum Suntgouia certis conditionibus relinqui, intelligimus omnes illas in
14
prima nostra oblatione specificatas, quas etiam huc per expressum repetitas
15
volumus. Imprimis quod ad caussam Palatinianam attinet, tanquam conditio-
16
nem sine qua non eam sequentibus membris comprehendimus: Primo,
17
ut dignitas electoralis remaneat penes serenissimum dominum ducem
18
Bauariae totamque lineam Guilhelmianam in perpetuum cum omnibus rega-
19
liis , officiis, praecedentiis, insigniis et iuribus, quibuscunque quemadmodum
20
sua serenitas eandem hactenus tenuit, exercuit et possedit nullo prorsus
21
excepto. Secundo, ut Caesarea maiestas effectiue liberetur onere euictionis
22
dictoque domino electori permaneat loco solutionis pro debito 13 millionum
23
totus Palatinatus Superior cum omnibus appertinentiis absque ulla detrac-
24
tione aut diminutione in perpetuum et irreuocabiliter. Tertio, ut princeps
25
Palatinus, qui successionem in electoratu praetendit, ad eandem quidem
26
dignitatem admittatur, sed octauo et ultimo loco; nihil tamen iuris ipsi ad
27
ea, quae hoc nomine electori Bauariae attributa sunt, competat idemque
28
princeps Palatinus restitutione Palatinatus Inferioris pro se et haeredibus
29
suis contentus maneat. Et quarto, ut plenipotentiarii Gallici non solum ipsi
30
in has conditiones consentiant, verum etiam in eandem sententiam Suecos
31
adducant.

32
Die herrn mediatores haben solches anbringen wol auffgenommen und sich
33
erbotten, den Franzosen darvon communication ze thuen, inen auch bester-
34
maassen zuzesprechen. Geben dabei ad caussam Palatinianam den bericht, daß
35
sie vernommen, daß parlament in Engellandt hette an die königin in Schwe-
36
den gar starkh geschriben, dise sach ihren bestermaassen recommendirt sein
37
ze lassen und nit zuzegeben, daß denn pfaltzgrafen das geringste zurukhge-
38
lassen werde, sondern vilmehr ihr volkommne restitution omnibus viribus
39
zu procurirn, mit erbietten, daß ermeldtes parlament denn churerben mit
40
einer armada von 24 000 mann ze assistirn nit unterlassen wolle. Es were
41
auch darauffhien denn Schwedischen plenipotentiariis solcher gemessener
42
bevelch zukommen, daher wol zu besorgen, daß nit allein wegen der Obern
43
Pfaltz, sondern auch sonst in diser quaestion grosse difficulteten entstehen
44
werden. Wunderte sie zumahln, daß die Churbayerische gesandten solche

[p. 617] [scan. 665]


1
conditiones von unß gesetztermaassen ze proponirn begehrten, da sie doch
2
von inen mehrmaln verstanden, daß sie nit auff der Oberpfaltz ze halten
3
begehrten, sondern ihr herr hielte sich an das landt ob der Enß. Und sagte
4
der Venetus hiebei, er wüßte wol, daß die Schweden und die protestantes
5
sagten, der herr churfürst in Bayern hab kein fueg, solche starkhe uncösten
6
ze pretendiren, dieweil er sein armada auff der liga uncosten auffgebracht,
7
von derselben und mehr anderer reichständen contribution erhalten. Nos
8
replicavimus, wir liessen an seinen ortt gestellt sein, waß die Schweden und
9
die protestirenden erwöhnen möchten, wann aber Pfaltz restituirt sein
10
wolle, so müesse der Kayser auch der kriegscösten halber billich unange-
11
fochten verbleiben, dann einmahl daß landt ob der Enß seyen Ihr Maiestät
12
deßwegen zu verlieren nit gedacht.

13
Von der Pariser risposta haben sie anregung gethan, daß ihre collegae da-
14
selbst berichten, sie deßwegen mit dem cardinal Mazzarini nit hetten zu red
15
kommen mögen, weil der nit in Pariß gewesen, aber vom secretario d’estat

42
Henri-Auguste de Loménie, comte de Brienne (1595–1666), französischer Staatssekretär des
43
Äußeren 1643–1663.

16
hetten sie vernommen, das die resolution dahien gienge, Preysach müeßte
17
der cron Frankreich bleiben und die investitur ad quoscunque reges Galliae
18
gerichtet werden; waß die übrige conditiones anlangte, solten die Franzo-
19
sische plenipotentiarii selbige facilitirn, so guett müglich. Wir haben hierauff
20
auch vermeldt, sie, herren mediatores, wolten den Franzosen auch zuspre-
21
chen , sich nunmehr deß catholischen interesse mit ernst anzenemmen, dann
22
sovil wir nachricht von Oßnabrukh hetten, so wolten sich die protestierende
23
durchauß nit accommodirn, sondern einmal eine renunciationem perpetuam
24
auff die gaistlichen guetter haben; deßgleichen in der Hessen Casselischen
25
praetension gegen die stiffter ein absolutam negatiuam ze geben. In quo
26
posteriori puncto respondit Venetus, der Servient hette sich vernemmen
27
lassen, daß man solche praetension mit gelt abkauffen und etwan an 1½
28
million nit sehen solt. Seyen sie, mediatores, sonst erbiettig, dise erinnerung
29
den Franzosen bestermaassen ze representirn.

30
Von der Spanischen sach haben wir die quaestion proponirt, casu quo herr
31
graaf von Trautmansdorff die Spanische ministros dahien brachte, daß sie
32
denn Franzosen neben der grafschafft Rossiglion auch die gantze grafschafft
33
Artois mit Sankt Omar und Ayr uberliessen, ob sie, mediatores, vermeinten,
34
daß alsdann die Franzosen, alles übrig in Flandern, Luxemburg, Burgundt
35
ze restituirn wie auch Catalonia wider mit gewissem reservat vor selbiger
36
ständen freyheit etc. der cron Spania abzetretten und mit Portugal sich der
37
assistentz zu entschlagen, zu behandlen sein wurden. Responderunt, quod
38
non; Theonville, Gravelingen und Bourbourg

44
Bourbourg (Flandern) bei Dünkirchen.
wolten sie nit mehr resti-
39
tuirn . Die überlassung Rossiglion hielten sie vor nichts, dann dise grafschafft
40
gehördte onedas zum konigreich Frankreich. In Artoiß geben Spania inen
41
nichts, waß sie nit vor hetten. Daß sie aber in der risposta ad Hispanorum

[p. 618] [scan. 666]


1
oblationem waß anregung gethan, ettlich plätz außwexlen ze lassen, daß
2
wolten sie uff andere und nit die bemeldte drei plätz verstanden haben.
3
Noch darzu erscheinte, daß sie mit restitution Catalogna grosse difficulteten
4
machen würden. Sei also wenig hoffnung zu einigem verglich mit Spania
5
vorhanden.

6
Dise duplicae aber seind apud acta [ 1193a ].

7

43
7–42] ursprünglich auf einem besonderen, aber mitfoliierten Blatt bei S. 617,38 wolten eingelegt.
Eodem post meridiem referirt mir, Volmarn, herr Bruin, es weren heut die
8
Hollender bei inen gewesen. Primo sich excusirt, das sie bißher nichts mit
9
inen negocirn könden wegen abwesenheit ihrer mitgesandten. Weil die nun
10
widerkommen, weren sie gewillt, dasjenig im werkh zu erweisen, so sie
11
hievor contestirt, und nunmehr die handlung vor handt zu nemmen. Sie
12
hetten inen ihr verbesserte vollmacht eingeschikht, verhofften, wurden
13
damit zefriden sein. Begehrten zugleich zu vernemmen, waß sie sich über
14
die wider ihr, der Spanischen, vollmacht eingewendte bedenkhen erclärt
15
und ob sie mit einer andern gefaßt. Responsum, weren mit der Hollendi-
16
schen vollmacht, weil die ad nutum corrigirt, zefriden, waß aber die Spanische
17
anlangte, wer es erstlich umb den titul zu thuen wegen hertzogs zu Braband
18
etc. Da wüßten sie, daß solches under christlichen potentaten nichts newes,
19
Frankreich schreibe sich konig zu Navarra, hab es doch nit, Engellandt
20
konig in Frankreich, hab es auch nit, tractirn doch ie ein standt mit dem
21
andern, wievil mehr gebür dem könig in Spania der titul eines hertzog zu
22
Brabandt, als der noch ein guetten theil und ansehnliche stätt drin hette.
23
Mit diser erclärung weren sie zufriden geweßt. Daß sie aber in der vollmacht
24
liberi declarirt ze werden begehrt, daß wer ein punct, so in tractatum der
25
hauptsach gehörte, es wer bei vorigem anstandt dergleichen nit gesuecht
26
worden. Sie, Hollender, selbst schrieben sich in ihrer vollmacht nit freye
27
staaden, noch wurde inen auch diser titul nit von denn Franzosen geben.
28
Damit sie aber sehen, daß die Spanischen umb solcher preliminarien willen
29
den friden nit auffzehalten begehren, so seyen sie zufriden, daß solche wortt
30
’liberi‘ in der vollmacht eingerukht werden. Wolten sich auch in scripto ver-
31
binden , innerhalb bestimmender zeit ein solche originalvollmacht einze-
32
bringen , doch mit diser condition, daß entzwischen alsbaldt zu denn haup-
33
tractaten fürgeschritten werden und dessen beederseits gegeneinander
34
schrifftliche versicherung geben sollen. Wölches die Hollendischen deputati
35
gar guettwillig angenommen und hoch auch mit anrüeffung göttlichen ein-
36
sehens certatim contestirt, das sie es auffrecht und redlich meinten und den
37
friden von hertzen ze fürdern begehrten. De modo et forma procedendi sei
38
es also verglichen, daß es in schrifften geschehen, auch beede sprachen
39
Französisch und Niderlandisch gebraucht werden, sie, deputati, erstens zu
40
den Spanischen, folgendts dise zu inen kommen und die abwexlung also
41
fortan gehalten werden solle, und werde der anfang biß nechstkommenden
42
montag geschehen.

[p. 619] [scan. 667]


1
Vom 4. huius begehrt herr graaf von Trautmansdorff bericht, waß mit dem
2
conte Peneranda conferirt, item, das ich den Venetianischen ambassador
3
erfragen soll, ob er vermeinte, wann man den Franzosen gantz Rossiglion
4
und Artoiß lasse, sie mit Spania frid machen und das übrig restituirn
5
würden [ 1194 ].

6

39
6–10] ursprünglich hinter 17.
Vom 5. huius würdet herrn grafen von Trautmansdorff extractus protocolli
7
überschikht, darauß zu sehen, waßgestalt uff dato den mediatorn die abbre-
8
virte duplic eingehendigt worden, waß auch die Spanischen gsandten wegen
9
der Hollendischen handlung communicirt, sambt der Franzosen resolution
10
[ 1196 ].

Dokumente