Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1645 X 30

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Montag

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24 Lunae] am Rande: Deputati Cassellani colloquuntur cum Caesareanis.
Lunae, 30. huius, seind bei unß die Hessen Casselische
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deputati, der von Crosekh und Dr. Vulteius, erschienen. Setzen ihren vortrag
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dahien, sie weren nun lengst willens gewesen, sich bei unß anzemelden und
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anzubringen, waßgestalten ihr gnedige fürstin und fraw all ihr intention,
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willen und meinung dahien gerichtet, daß derenmal einist ein friedlicher
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ruehstandt im reich wider eingepflanzt werden möchte, wo es nit ihrestheils
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der ursachen anstehend gebliben, daß sich ein guette zeitt her allerhandt pre-
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liminar - und nebenquaestiones eraigten, derentwegen die haupthandlungen
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ins stekhen gerathen. Nachdeme aber durch die gnad Gottes unlangst der
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sachen etwas nähers getretten und solche apertur gemacht worden, daß man
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nunmehr hoffnung schöpffen köndt, es werde zu einigem hauptschluss ent-
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lich gelangen mögen, so hetten sie von ihrer gnedigen fürsten und frawen
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bevelch empfangen, sich selbst bei unß anzegeben und ze contestirn, daß
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dero intention und meinung niemaln gewesen, wie noch nit, durch ihre
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waaffen der Römisch Kayserlichen Maiestät hoheit anzegreiffen oder wi-
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der deß heyligen Romischen reichs verfassung etwas zu underfangen, son-
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dern vilmehr mit und neben andern ständen deß reichs ihre vota und consilia
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zu desselben beruewigung, ehr und wolfahrt anzewenden und die frembden

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cronen gleichergestalt darzu vermögen ze helffen. Sie hetten aber mit betau-
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ren vernemmen müessen, daß ettliche ständ ihre admission zu denn reichs-
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räthen ze disputirn unterfangen. Ersuchten unß, wir wolten es dahien helffen
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richten, auff daß dise quaestion fürderlichst ihr erledigung bekommen
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möcht. Uff wölchen fahl sie nochmaln erbiettig blieben, im namen ihrer
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gnedigen fürstin alle müglicheit anzewenden, auff daß man zu einer fürder-
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lichen beruewigung gelangen und daß heylige Römische reich in seinem
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standt und wesen erhalten werden möchte, liessend sich auch nit entgegen
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sein, in sachen, die etwan der fraw landtgräfin privatinteresse betreffen möch-
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ten , sich von denn rathgängen abzethuen, doch daß solches von ihren gegen-
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theilen auch geschehe.

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Respondimus, der Römisch Kayserlichen Maiestät, unserem allergnedig-
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sten herrn, were bißher nichts liebers gewesen, dann daß sich alle und iede
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ständt deß reichs gegen ihen als dero allerhöchstem oberhaupt der gebür
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bequemen theten, derentwegen sie auch ihres ortts einem ieden thüer und
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thor zu eröffnen niemaln ermanglet hetten. Und geben eben deroselben un-
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langst denn gesambten ständen ad deliberandum zugestellte responsiones
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gnugsamb und in specie zu erkennen, daß Ihr Maiestät nit allein insgemein
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gegen allen ständen, sondern auch benandtlich gegen der fraw landtgräfin
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sich also gnedigst erclärt, daß man an dieselben vor dißmal und nach gestalt
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ietziger laüffen nit wol ein mehrers suechen und begehren köndte. Daher
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deroselben wol sehr unlieb sei, daß man die gemeine consultationes mit sol-
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chen nebendisputaten und impertinentiis auffhalten thet. Unß seye auch zu-
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gleich laid, daß wir die zeit also vergeblich verzehren müeßten. Erinnerten
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unß, daß wir inen, abgesandten, gleich anfangs, als sie sich bei unß zu ihrer
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erstem ankunfft angemeldt, zu vernemmen geben, wie wir inen stetigs einen
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freyen zutritt offenhalten und sie in ihrem anbringen guettwillig anhören
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wolten. Wir erfröweten unß demnach, daß sie anietzt die glegenheit suechen
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theten, zumahl sich anstatt ihrer fraw principalin erclärten, daß sie Ihr
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Kayserlicher Maiestät und deß heyligen reichs hocheit in gebüerender obacht
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ze halten, deren ehr, nutz und frommen ze fürdern erbiettig. Es were aber
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an den wortten nit genueg, sondern es müeßten auch die werkh darmit cor-
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respondiren . Sie köndten leichtlich erachten, nachdem bißher ihre waaffen
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mit der cron Frankreich und Schweden kriegshörn würklich vereinigt gewe-
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sen und dardurch der Kayserlichen exercitus aller ortten feindlich verfolgt
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worden, daß es Ihr Maiestät anderst nit dan vor solche feindtschafft, die zu
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abbruch dero Kayserlichen autoritet und gwalts diente, auffnemmen mües-
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sen und derentwegen die erclärungen gegen sie nit also hetten außfallen
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mögen, wie sie es aber an ihrem ortt vermeint haben möchten.

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Wie dem allem, so bleibe es nochmaln dabei, daß Ihr Maiestät eine rechte
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vereinigung deß reichs von hertzen suechten und wünschten, und erwartte-
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ten wir demnach deroselben allergnedigste weitere bevelch über dise biß
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daher emporgeloffene missverständt, nach gestalt derselben wir unß als-
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dann würden zu erclären haben. Daß dann hiebei sie, abgesandten, erbiettig

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weren, in sachen, ihrer fraw principalin aigen nutzen betreffend, abzetretten,
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wer von selbsten billich und in allen dergleichen handlungen üeblichen her-
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kommens . Wer aber ihre gegentheil sein sollen, wölche uff solchen fahl eben-
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mässig beiseits ze stehen hetten, daß wer unß biß daher unbekandt gewesen.
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Stellten es dahien, waß uff begebende fähl sich hierunder eröffnen werde.

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Nach disem haben wir anlaaß gesuecht, mit inen zu etwas particulariteten
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zu kommen, worauff entlich der Franzosen und Schweden praetensiones,
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sonderlich in puncto satisfactionis gestellt sein möchten. Sie haben sich aber
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zu einigem rechten discurs nit einlassen wöllen, sondern dahien bezogen,
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daß die cronen selbst sich noch nit recht gegeneinander außgelassen, aber
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ehister tagen die Schwedischen allherkommen und mit denn Franzosen sich
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unterreden solten. Wann dise materia in denn reichsräthen vorkommen
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werde, so wolten sie dabei gewißlich erweisen, daß sie es mit deß heyligen
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Römischen reichs conseruation auffrecht und redlich vermeinten. Die Schwe-
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dischen wollen sich noch zu deme, waß in denn Kayserlichen responsionibus
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auff die Schönbeksche handlung bezogen werde, nit bekennen, lassen sich ie-
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doch verlautten, daß sie ihre pretension auff billiche ding aussetzen wolten.
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Die Franzosen hetten sich ebenmässig zu keiner particularitet außgelassen,
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machten iedoch distinction zwischen Ihr Kayserlicher Maiestät als Römi-
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schem Kayser und als ertzhertzogen zu Österreich und vermeinten, Ihr Maie-
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stät hetten bei disem krieg sich sehr augmentirt, quod cum negaremus,
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exemplificirten sie mit dem königreich Boheimb. Wir sagten, daß wir solcher
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vermeinten distinction wol berichtet weren, es hett aber damit solche be-
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schaffenheit , daß solche qualitates in eodem subiecto concurrentes absque
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destructione subiecti nit köndten abgesöndert werden. Waßgestalt Öster-
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reich ein standt des reichs etc., das were bekandt, und wir hettens auch den
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Französischen plenipotentiariis selbst gnugsamb remonstrirt, daß aber das
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königreich Böheimb ein sonderbarer acquisto durch krieg sein solle, da
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werden die circumstantiae sehr ungleich proponirt, dann posito casu non
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concesso, es wer ein wahl- und nit ein erbkönigreich, so wer doch notori, das
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kayser Ferdinand II. durch ordenliche handlung dazu kommen und per in-
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iustam factionem durch pfaltzgraf Friedrich darvon vertriben worden. Also
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hette er iure naturali et gentium sich billich dabei ze mantenirn gehabt, aller-
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maassen deß konigs in Frankreich legatus, duc d’Angoulesme

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Charles de Valois (1573–1650), natürlicher Sohn Kg. Heinrichs III. von Frankreich, duc
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d’Angoulême 1619.
, uffm uniontag
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zu Ulm anno 1620

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Frankreich vermittelte den Vertrag von Ulm vom 3. August 1620 zwischen Liga und Union.
selbst deß pfaltzgrafen action vor unbillich gehalten.
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Ferner sagten wir, es stüende an deme, ob man sich nit ex pacto zu einiger
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specialsatisfaction verholffen ze sein verbunden hette. Darauff anttwortteten
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sie, es were dißortts nichts anders vorgangen, als waß die confaederation
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zwischen Frankreich, Schweden und Hessen insgmein in sich hielte, wölches
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dann gnugsamb bekandt wer. Dabei wirs auch bewenden lassen.

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