Acta Pacis Westphalicae III C 2,2 : Diarium Volmar, 2. Teil: 1647-1649 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1647 XII 17

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1647 XII 17
Dienstag Dinstags, den 17. huius, a meridie haben wir unß zu
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denn Schweden verfliegt und inen dise verfaßte temperamenta zugestellt
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mit diser vorred, daß wir unß erinnerten, waßgestalten bei unserer nechst-
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vorgehenden zusamenkunfft von inen desiderirt worden, daß alle difficulte-
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ten , so man catholischentheils noch bei dem proiectirten instrumento pacis
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ze haben vermeint, simul et semel solten vorgestellt werden, wir unß auch
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benommen, darüber mit denen anwesenden catholischen handlung zu pfle-
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gen . Daß hetten wir auch gethan, erstens zwar mit ettlich churfurstlichen, so
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sich damaln an der handt gefunden, hernach aber mit überigen catholischen
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gehandlet und, daß sie hierunder ihre meinung sambtlich eröffnen wolten,
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begehrt, auch biß daher an fleissiger anmahnung zur befürderung nichts an
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unß erwenden lassen. Demnach wir aber vermerkht, daß die consultationes
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gar zu langsamb hergehen wolten, die protestierenden auch mehrmaln gantz
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innstendig in unß getrungen, daß die sachen mehrers befürdert werden
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möcht, so hetten wir entlich so vil erhalten, daß die catholischen unß nechst-
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verwichnen freytags ihre meinung in puncto amnestiae et grauaminum zu-
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gestellt , also, damit gleichwol an unß kein saumbsal erscheine, nit ermanglen
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wöllen, ihnen, Schweden, die verfaßte temperamenta über berüertte 2 punc-
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ten hiemit einzehendigen, deß erbiettens, mit inen darauff in handlung einze-
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tretten und unsers ortts nichts ze underlassen, waß zu entlicher vergleichung
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derselben dienstlich sein möge. Solten sie vor nothwendig finden, darvon
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vordrist mit denn protestierenden ze communicirn, so liessen wir es zu
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ihrem belieben gestellt sein, wie wir dann vorhabens, dessentwegen mit
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dennselben selbst ze reden.

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Illi, erinnerten sich dessen, so von unß angezogen, gar wol und weren in
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erwarttung gestanden, daß solchem nach der catholischen habende difficul-
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teten samenthafft edirt werden solten. Dieweil sie aber von unß ver-
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merkhten , daß es allein vor dißmal uff den zweyen punctis beruhen thete, so
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wolten sie gern wissen, wie es mit denn übrigen articulis beschaffen, ob es
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dann darbei sein verbleibens haben wurde. Nos, wir hetten auch unsers ortts
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lieber gesehen, daß die catholischen über alle articulos samenthafft ihre
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erinnerungen heraußgeben, wie inen auch solches in unserer proposition
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also bedeüttet worden, weil sie aber gar zu lang mit denn consultationibus
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umbgangen, hetten wir entlich darauff getrungen, daß sie wenigst dise
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zween puncten erledigen solten, damit man dermaln der handlung ein an-
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fang machen köndt. Wann dise erledigt, werde man mit den übrigen leicht
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zurechtkommen mögen. Dann auff disen bestehe daß gantze fundament.
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Wolten sie demnach ersuecht haben, die handlung hierüber anzetretten.
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Inmittelst werden die catholischen auch mit übrigen ihren consultationibus
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ferttig werden, gestalten wir sie darzu gantz eifferig ermahnen würden. Illi,
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sehen nicht, mit waß frucht und bestendigkheit auff dise puncten ze handlen
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sein könde, weil man noch, wie es mit denn übrigen beschaffen sei, nit wisse.
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Wolln zwar mit denn evangelischen darvon reden, aber es werde einmal
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vonnöthen sein, daß man auch die übrige difficulteten habe. Es scheine fast,

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daß man catholischentheils keinen friden begehr, weil man gleichsamb alles
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ab ouo disputirn woll. Sie betten mit denn Kayserlichen gehandlet und ver-
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hofft , es soll bei deme verbleiben, waß verglichen worden. Wir solten unsern
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Kayserlichen bevelchen nachgehen, Ihr Kayserliche Maiestät were selbst der
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meinung, daß es darbei verbleiben soll, deßgleichen auch Churbayern, Chur-
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maintz , Trier etc. und mehr andere, wie solches alles auß denen inen zur handt
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gelangten schreiben gnugsamb erscheine. Hingegen weren ettlich wenig
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andere, so wegen ihres priuati daß werkh nur zu verwicklen suechten, und
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erscheinte auß deroselben an Churbayern hiervor abgangnen schreiben, waß
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sie für consilia gefüert, den herrn churfürsten, sein getroffnes armistitium
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wider gegebne parola ze brechen, ermahnt und alles nur zu weitrer fort-
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setzung deß kriegs an handt gegeben. Es weren doch laut unsers den catho-
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lischen zugestellten proiects super temperamentis nit so vil puncten mehr
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übrig, daß wir nit selbige alsogleich auch heraußgeben köndten. Und ent-
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schuldigten sich theils catholische, daß nit sie, sondern wir inen solche
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temperamenta an handts gegeben betten.

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Nos, wir wollen unß versehen, sie werden der sachen besser nachgedenkhen
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und über die zugestellte puncten ze handlen nit außschlagen. Wir wüßten
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noch derzeit von keinem solchen verglich, darauff wir unserstheils hetten
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gesichert sein mögen, dann sie hetten unß dergleichen vor disem niemaln
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angezeigt, sondern wir hetten vilmahl allerhandt enderung erfahren mües-
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sen . Dise handlung treffe nit nur Ihr Kayserliche Maiestät, sondern auch die
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catholischen chur-, fürsten und stände an, und könde dasjenig, so verglichen,
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nit bestehen, wa selbige nit auch drein consentirn theten. Die temperamenta
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seyen so schwer nit, als man sie ansehe, und konden ohne nachtl der pro-
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testierenden wol nachgeben werden. Die catholischen alle begehren deß
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fridens und keines krigs, wollen aber auch den friden dermassen gestaltet
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haben, daß man sie nit gar under die füesse tretten thue. Inen sei nit zu ver-
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argen , daß sie dem herrn churfürsten in Bayern zugeschriben, dann sie streitten
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umb erhaltung deßjenigen, so inen von rechts wegen geburt und zustehet. Es
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hettens doch die protestierenden uff ihrer seitten auch gethan, wann man sie
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zu hartt trukhen wollen. Waß von unsernn denn catholischen zugestellten
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temperamentis angezogen werde, so inen, Schwedischen, zu banden kom-
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men sein sollen, da erkennen wir dergleichen schrifften nit für authentisch,
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wölche nit auß unserer handt inen communicirt worden, sondern lassen an
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sein ortt gestellt sein, daß etwan ein untrewe handt dergleichen communica-
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tiones thuen dörff. Es seye nit ohne, nachdem die catholischen in ihrem be-
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denkhen fast alles, so in dem proiectirten instrumento begriffen, contradicirn
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und protestirn, daß sie darin nit consentirn köndten, daß wir unß mit ett-
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lich churfürstlichen zusamengethan und, waß für temperamenta zu ergreiffen
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sein möchten, wardurch man zu einem consens getrawte zu gelangen, mitein-
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ander underredt, solches auch bester meinung, und daß werkh desto mehrers
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zu beschleünigen, also vorgenommen. Solten aber die catholischen der mei-
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nung sein, daß alles, waß im instrumento verglichen, bestandt haben soll,

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unß auch dessen anzeig thuen, so wurden wir unß gar baldt resolvirt haben
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und keiner vergeblichen bemüehung nöthig sein. Biß daher hetten wir der-
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gleichen nit vernommen, sondern alle diejenige schreiben, so sie von Kay-
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serlicher Maiestät und Churbayern angezogen, gehen auff temperamenta.
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Der ietzig churfürst von Maintz

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Johann Philipp von Schönborn.
selbst hab kein andere intention, wie seine
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noch als bischoff von Würtzburg an Churbayern abgange schreiben auß-
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weisen . Ein und anderer von denn catholischen sei genaigt, den friden ze
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schliessen, aber ein ieder woll sein interesse beobachtet haben. Stellten es
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entlich dahien, daß wir die catholischen umb erledigung deren noch restie-
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renden puncten belangen, inmittelst gleichwol hoffen wollten, sie, Schweden,
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werden interea von deren beraits insinuirten materi mit unß ze handlen nit
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außschlagen, und haben hiemit den abschied genommen.

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Sobaldt wir nach hauß kommen, haben sich die sambtliche protestierende
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bei unß erfordertermaassen eingestellt, denen wir fast gleichen vortrag
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gethan und auch ein exemplar der temperamenten zugestellt, mit fleissiger
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ermahnung, sie wolten gleichwol nit uff den extremiteten verharren, sondern
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sich also schiedlich darüber vernemmen lassen, auff daß man die so lang desi-
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derirte innerliche einigkheit zwischen denn ständen mit ihrem oberhaupt
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dermaln erheben köndt. Sie werden gleichwol ersehen, daß die catholischen
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nichts unbillichs suechen, sondern allein dahien zihlen, wie sie salua con-
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scientia zum schluss tretten und auch inskünfftig bei dem ihrigen gesichert
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bleiben mogen. Wir blieben deß erbiettens, unsers ortts allen fleiß anzewen-
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den , daß man zum erwünschten zihl und ende gelangen könde. Illi per
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Dr. Laüber, Chursäxischen gesandten: Hetten verhofft, die catholischen wur-
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den allein sich über daßjenig, so noch unverglichen, erclärt haben, daß übrig
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aber, so verglichen, sein verbleibens haben, gestalten es bei inen, evange-
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lischen , nochmaln die meinung hab. Weil sie aber vernemmen, daß sie noch
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weiter gehen und daß gantze werkh widerumb disputirlich machen wollen,
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so würde ihren principaln beschwerlich fallen, sie noch lenger mit schwerem
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uncosten diser enden ze underhalten. Wolten doch nit unterlassen, sich in
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der übergebnen schrifft zu ersehen und unß ehist ihre meinung darüber zu
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eröffnen. Ita dimissi.

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