Acta Pacis Westphalicae III C 2,2 : Diarium Volmar, 2. Teil: 1647-1649 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1647 XII 7
1647 XII 7
Samstag
Nachdem die catholischen sich mit ihrer deliberation
lenger, als wir verhofft, auffzehalten angefangen, haben wir in beobachtung
nechstvorgehenden Kayserlichen bevelchs und weil dergleichen erinnerung
schon zum öfftern beschehen, entlich omnibus ponderatis vor thunlich be-
funden , die protestierenden vor unß zu erfordern, und haben inen sambstag
vormittags, den 7. diß, nachfolgenden innhalts zugesprochen:
Sie hetten sich zu erinnern, waß sie nechstverwichnen montag vor eine an-
gelegenliche sollicitation bei unß angebracht, daß wir der abwesenden catho-
lischen lenger nit mehr zuwartten, sondern in crafft habender Kayserlichen
bevelchen autoritatiue verfahren und die reassumption mit denn Schwedi-
schen herrn plenipotentiarien wirklich vor handts nemmen solten, waß wir
inen auch darauff nechst vorgangner entschuldigung deß Churcolnischen ge-
sandten außbleibens zur antwortt geben und vertrostung gethan, daß gleich
folgenden tags denn alberait allhier versambleten catholischen gsandten
unsere verfaßte temperamenta ad consultandum solten proponirt werden.
Deme hetten wir auch stattgethan und ermeldten catholischen nechstver-
wichnen dinstag nachmittags, als eben Dr. Buschmann, Churcolnischer abge-
sandter , auch ankommen gewesen, alle nothurfft vorgehalten und sie zu für-
derlicher deliberation ermahnt. Nun weren diselben noch in aller handlung
begriffen, und verhofften wir, ihre erclärung ehistes zu erhalten. Nachdem wir
unß aber erinnert, waßmaassen sie, protestierende, in underschiedlichen
ihren erclärungen fast uff deme verbliben, daß sie alles daß, waß im proiec-
tirten instrumento eingerukht wer, für verglichen hielten und allein noch
von ettlich wenigen außgesetzten puncten ze handlen sein vermeinen wolten,
so hetten wir vor ein nothuerfft erachtet, auch sie entzwischen zu erfordern
und mit inen von diser meinung ze handlen. Und wüßten wir unß zwar wol
zu bescheiden, wie es mit denen hinc inde in puncto instrumenti gefüertten
handlungen hergangen, es were aber gleichwol an deme, daß derentwegen
nichts gegeneinander verschriben oder beschlossen, noch auch einige erclä-
rung von der gegenpartei einkommen, daß eben bei disem und jenem sein
entlich verbleibens haben könde und werde. Und seye nit ohne, daß die
herren catholische Ihrer Excellentz, herrn grafen von Trautmansdorff, als
Kayserlichem principalplenipotentiario und deren collegis die handlung
auffgetragen, dises were aber auch mit seiner gwissen maaß und restriction
geschehen und daher alle handlungen sub spe rati gefüert worden. Also wol-
ten die catholische diß nit vor verglichen halten, warzu sie per expressum nit
eingewilligt, sondern verhofften, daß inen billich ihre einreden vorbehalten
sein solten. Die herren protestierenden hetten gleichwol in obacht ze nem-
men , daß Ihr Kaysetliche Maiestät dißortts nit die einzig partey, sondern
daß mehiste an denn catholischen chur-, fürsten und ständen gelegen wer
und dannenher der friden nit bestehen köndte, wa derselb nit mit derselben
consens zu stabilirn. Man hette dessen ein clares exempel am Prager friden,
der zwar von Ihr Kayserlicher Maiestät und der Churfürstlichen Durchlaucht
von Saxen geschlossen, von mehrern ständen deß reichs angenommen, aber
eben darumben kein bestandt haben mögen, weil sich ettlich wenig darwider
beschwehrt befinden wollen und dardurch die sachen im reich in gegen-
werttigen trubseeligen zustandt gerathen seyen. Auß dem religionfriden
finden sich auch zwei clare exempel, als erstens mit dem gaistlichen vor-
behalt , da die protestierenden selbigen der ursachen widerfochten, weil sie
nit gestendig, daß sie der Romisch Kayserlichen Maiestät solche decision
iemaln heimbgeben hetten, am andern were die declaratio Ferdinandea von
denn catholischen als ungültig und darzu sie niemaln gewilligt hetten, wider-
fochten worden, und möchte wol gesagt werden, daß dise zween streit ein
guetten theil ursach diß leidigen kriegs geben hetten. Derentwegen die herrn
protestierenden bei sich selbst leichtlich ermessen köndten, wann man denn
sambtlichen catholischen eine solche handlung wider ihren consens aufftrin-
gen wolte, daß nit vil guetts darauß entspringen köndte. Wir hetten auß
underschiedlichen discursibus vermerkht, daß fast praesupponirt werden
woll, die herren churfürsten Mainz
, Trier, Cöln, Bayern, die bischöffe Saltz-
burg , Würtzburg, Bamberg, Aichstett, Costantz weren allerdings mit dem
auffgesetzten instrumento zefriden. Wir müeßten aber die warheit bekhen-
nen , daß unß dergleichen erclärung noch nit vorkommen, wol aber so vil,
daß dise alle sich eüsserist angelegen sein lassen, den friden ze befurdern,
benebens aber sambtlich der meinung seyen, daß noch wol einige tempera-
menta zu erheben sein werden, mit denen man mehrers zufriden und in con-
scientia besser versichert sein würde könden, sonderlich in ettlichen sachen,
so eines oder andern standts particularinteresse berüeren thue. Der catholi-
schen beschwehrungen bestunden hauptsachlich in nachfolgenden puncten:
Als circa amnestiam uff einigen reseruatis beeder herrn churfürsten Maintz und
Trier geburrender rechten, dem fueg an religionsexercitio bei Pfaltz Sultz-
bach , decision der Baden Durlachischen successionssach, ettlichen dem hauß
Lothringen nachtheiligen widerrechtlichen decisionibus, der herren chur-
fursten Cöln und Trier iuribus bei Freysburg, Valendar, Hachenburg,
Zu Hachenburg vgl. [ oben S. 854 Anm. 3 ] ; als gleichfalls nach Erlöschen der altsaynschen Linie des
Hauses Sayn-Wittgenstein erledigtes Lehen beanspruchte Kurtrier das Amt Freusburg (bei Alten-
kirchen , Westerwald) und Vallendar (bei Koblenz).
Pir-
mont
Die Grafschaft Pyrmont wurde von Kurköln als erledigtes Lehen des Stiftes Paderborn bean-
sprucht ; sie war, nachdem Paderborn 1583 schon die Erbfolge der Grafen von Gleichen zu verhin-
dern gesucht hatte, von diesen 1625 durch Erbvertrag an die Grafen von Waldeck gekommen, doch
hatte sich während des Krieges Kurköln zeitweise in den Besitz der Grafschaft setzen können.
und dann bei befahrender ungleicher consequentz auß denn para-
graphis ’contractus‘, ’debita‘, ’sententiae‘; circa compositionem grauaminum
auff gentzlicher und unbedingter cassation rerum iudiciatarum, determina-
tion der perpetuitet, verenderung deß status politici bei der statt Augspurg
und andern statten, cassation der Hildeßheimischen pacten, allzu weiter ex-
tension der autonomiae in der catholischen stenden landen, verenderung der
policei- und iustitisachen, sodann waß etwan bei denn satisfaction-, aequi-
valentz -, assecuration- und exemptionarticulis
executionarticulis
zu erinnern vorfallen möcht.
Wir hofften demnach, die herren protestierenden wurden in disen puncten
noch einige und solche temperamenten zu ergreiffen unbeschwert sein, auff
daß die catholischen desto leichter in daß übrig einwilligen und gwissens-
halber desto mehr entschuldigt bleiben, mithien also ein rechtes vertrawen
zwischen beeder religion ständen gepflantzt werden köndte, als wir sie auch
wolmeinlich ersuecht haben wolten, solches alles in reiffe berathschlagung
ze nemmen und unß hiernechst mit einer zuverläßlichen antwortt zu beschei-
den . Unsertheils wolten wir nit underlassen, bei einer und anderer partey
unsere eüsseriste einwendung ze thuen, auff daß man ohne verlierung
einiger zeit zum erwünschten schluss gelangen möge, als wir auch solches
von Ihr Kayserlicher Maiestät bevelcht weren. Die suechten nichts anders
als einigkheit der ständen, weren als daß hochste oberhaupt beedes den
catholischen und protestierenden gleiche iustitiam und gleichen schirmb ze
halten schuldig, wolte deroselben fast beschwerlich fallen, einen theil dem
andern zu gefallen wider allen consens und einwilligung ze nöthigen, köndte
also der sachen besser nit dann durch solche guettmuettige accommodation
geholffen werden. Illi nemmens ad deliberandum.
lenger, als wir verhofft, auffzehalten angefangen, haben wir in beobachtung
nechstvorgehenden Kayserlichen bevelchs und weil dergleichen erinnerung
schon zum öfftern beschehen, entlich omnibus ponderatis vor thunlich be-
funden , die protestierenden vor unß zu erfordern, und haben inen sambstag
vormittags, den 7. diß, nachfolgenden innhalts zugesprochen:
Sie hetten sich zu erinnern, waß sie nechstverwichnen montag vor eine an-
gelegenliche sollicitation bei unß angebracht, daß wir der abwesenden catho-
lischen lenger nit mehr zuwartten, sondern in crafft habender Kayserlichen
bevelchen autoritatiue verfahren und die reassumption mit denn Schwedi-
schen herrn plenipotentiarien wirklich vor handts nemmen solten, waß wir
inen auch darauff nechst vorgangner entschuldigung deß Churcolnischen ge-
sandten außbleibens zur antwortt geben und vertrostung gethan, daß gleich
folgenden tags denn alberait allhier versambleten catholischen gsandten
unsere verfaßte temperamenta ad consultandum solten proponirt werden.
Deme hetten wir auch stattgethan und ermeldten catholischen nechstver-
wichnen dinstag nachmittags, als eben Dr. Buschmann, Churcolnischer abge-
sandter , auch ankommen gewesen, alle nothurfft vorgehalten und sie zu für-
derlicher deliberation ermahnt. Nun weren diselben noch in aller handlung
begriffen, und verhofften wir, ihre erclärung ehistes zu erhalten. Nachdem wir
unß aber erinnert, waßmaassen sie, protestierende, in underschiedlichen
ihren erclärungen fast uff deme verbliben, daß sie alles daß, waß im proiec-
tirten instrumento eingerukht wer, für verglichen hielten und allein noch
von ettlich wenigen außgesetzten puncten ze handlen sein vermeinen wolten,
so hetten wir vor ein nothuerfft erachtet, auch sie entzwischen zu erfordern
und mit inen von diser meinung ze handlen. Und wüßten wir unß zwar wol
zu bescheiden, wie es mit denen hinc inde in puncto instrumenti gefüertten
handlungen hergangen, es were aber gleichwol an deme, daß derentwegen
nichts gegeneinander verschriben oder beschlossen, noch auch einige erclä-
rung von der gegenpartei einkommen, daß eben bei disem und jenem sein
entlich verbleibens haben könde und werde. Und seye nit ohne, daß die
herren catholische Ihrer Excellentz, herrn grafen von Trautmansdorff, als
Kayserlichem principalplenipotentiario und deren collegis die handlung
auffgetragen, dises were aber auch mit seiner gwissen maaß und restriction
geschehen und daher alle handlungen sub spe rati gefüert worden. Also wol-
ten die catholische diß nit vor verglichen halten, warzu sie per expressum nit
eingewilligt, sondern verhofften, daß inen billich ihre einreden vorbehalten
sein solten. Die herren protestierenden hetten gleichwol in obacht ze nem-
men , daß Ihr Kaysetliche Maiestät dißortts nit die einzig partey, sondern
daß mehiste an denn catholischen chur-, fürsten und ständen gelegen wer
und dannenher der friden nit bestehen köndte, wa derselb nit mit derselben
consens zu stabilirn. Man hette dessen ein clares exempel am Prager friden,
der zwar von Ihr Kayserlicher Maiestät und der Churfürstlichen Durchlaucht
von Saxen geschlossen, von mehrern ständen deß reichs angenommen, aber
eben darumben kein bestandt haben mögen, weil sich ettlich wenig darwider
beschwehrt befinden wollen und dardurch die sachen im reich in gegen-
werttigen trubseeligen zustandt gerathen seyen. Auß dem religionfriden
finden sich auch zwei clare exempel, als erstens mit dem gaistlichen vor-
behalt , da die protestierenden selbigen der ursachen widerfochten, weil sie
nit gestendig, daß sie der Romisch Kayserlichen Maiestät solche decision
iemaln heimbgeben hetten, am andern were die declaratio Ferdinandea von
denn catholischen als ungültig und darzu sie niemaln gewilligt hetten, wider-
fochten worden, und möchte wol gesagt werden, daß dise zween streit ein
guetten theil ursach diß leidigen kriegs geben hetten. Derentwegen die herrn
protestierenden bei sich selbst leichtlich ermessen köndten, wann man denn
sambtlichen catholischen eine solche handlung wider ihren consens aufftrin-
gen wolte, daß nit vil guetts darauß entspringen köndte. Wir hetten auß
underschiedlichen discursibus vermerkht, daß fast praesupponirt werden
woll, die herren churfürsten Mainz
burg , Würtzburg, Bamberg, Aichstett, Costantz weren allerdings mit dem
auffgesetzten instrumento zefriden. Wir müeßten aber die warheit bekhen-
nen , daß unß dergleichen erclärung noch nit vorkommen, wol aber so vil,
daß dise alle sich eüsserist angelegen sein lassen, den friden ze befurdern,
benebens aber sambtlich der meinung seyen, daß noch wol einige tempera-
menta zu erheben sein werden, mit denen man mehrers zufriden und in con-
scientia besser versichert sein würde könden, sonderlich in ettlichen sachen,
so eines oder andern standts particularinteresse berüeren thue. Der catholi-
schen beschwehrungen bestunden hauptsachlich in nachfolgenden puncten:
Als circa amnestiam uff einigen reseruatis beeder herrn churfürsten Maintz und
Trier geburrender rechten, dem fueg an religionsexercitio bei Pfaltz Sultz-
bach , decision der Baden Durlachischen successionssach, ettlichen dem hauß
Lothringen nachtheiligen widerrechtlichen decisionibus, der herren chur-
fursten Cöln und Trier iuribus bei Freysburg, Valendar, Hachenburg,
Zu Hachenburg vgl. [ oben S. 854 Anm. 3 ] ; als gleichfalls nach Erlöschen der altsaynschen Linie des
Hauses Sayn-Wittgenstein erledigtes Lehen beanspruchte Kurtrier das Amt Freusburg (bei Alten-
kirchen , Westerwald) und Vallendar (bei Koblenz).
mont
Die Grafschaft Pyrmont wurde von Kurköln als erledigtes Lehen des Stiftes Paderborn bean-
sprucht ; sie war, nachdem Paderborn 1583 schon die Erbfolge der Grafen von Gleichen zu verhin-
dern gesucht hatte, von diesen 1625 durch Erbvertrag an die Grafen von Waldeck gekommen, doch
hatte sich während des Krieges Kurköln zeitweise in den Besitz der Grafschaft setzen können.
graphis ’contractus‘, ’debita‘, ’sententiae‘; circa compositionem grauaminum
auff gentzlicher und unbedingter cassation rerum iudiciatarum, determina-
tion der perpetuitet, verenderung deß status politici bei der statt Augspurg
und andern statten, cassation der Hildeßheimischen pacten, allzu weiter ex-
tension der autonomiae in der catholischen stenden landen, verenderung der
policei- und iustitisachen, sodann waß etwan bei denn satisfaction-, aequi-
valentz -, assecuration- und
Wir hofften demnach, die herren protestierenden wurden in disen puncten
noch einige und solche temperamenten zu ergreiffen unbeschwert sein, auff
daß die catholischen desto leichter in daß übrig einwilligen und gwissens-
halber desto mehr entschuldigt bleiben, mithien also ein rechtes vertrawen
zwischen beeder religion ständen gepflantzt werden köndte, als wir sie auch
wolmeinlich ersuecht haben wolten, solches alles in reiffe berathschlagung
ze nemmen und unß hiernechst mit einer zuverläßlichen antwortt zu beschei-
den . Unsertheils wolten wir nit underlassen, bei einer und anderer partey
unsere eüsseriste einwendung ze thuen, auff daß man ohne verlierung
einiger zeit zum erwünschten schluss gelangen möge, als wir auch solches
von Ihr Kayserlicher Maiestät bevelcht weren. Die suechten nichts anders
als einigkheit der ständen, weren als daß hochste oberhaupt beedes den
catholischen und protestierenden gleiche iustitiam und gleichen schirmb ze
halten schuldig, wolte deroselben fast beschwerlich fallen, einen theil dem
andern zu gefallen wider allen consens und einwilligung ze nöthigen, köndte
also der sachen besser nit dann durch solche guettmuettige accommodation
geholffen werden. Illi nemmens ad deliberandum.