Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 XI 16

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1646 XI 16
Freitag Mitteilung der Mainzer: Die Protestanten haben
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eine mündliche Konferenz mit den Katholiken beantragt, worüber man sich
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in pleno zu vergleichen.

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Buschmann bei d’Avaux. Die neuen Forderungen wegen Minden und
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Osnabrück. Weyl nun solches eine sach seye, darin nicht allein I. H. G.,
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sondern auch alle andere catholische stende keineswegs willigen wurden,

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noch ehr und gewissens halber willgen konten, es auch I. H. G. nicht umb
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ihres zeitlichen nuzens, sondern umb der catholischen religion interesse wil-
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len vornemblich zu thun, und dan dieselbe auf des herrn conte d’Avaux
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loblichen eiffer in rebus religionem concernentibus ein groses vertrawen
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gesezt, so wolten sie denselben gepetten haben, mit darahn sein zu helffen,
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daß nicht allein den protestirenden in ermeltem ihrem ungereimbten vor-
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schlag kein beyfall gegeben, sondern derselb auch gar nicht in proposition,
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zumaln daraus nichts alß eine vergeblich verzogerliches disputat endstehen
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konne, gebracht werden möge. D’Avaux: Ohn were zwar nicht, daß
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ermelter beyder stiffter halber schon viel red vorgewesen, indem erstlich
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die Schweden solche mit under ihre satisfaction ziehen, folgendts dem chur-
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fürsten von Brandenburg loco recompensae fur die Pommerische landen zu-
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geeignet haben wollen, sie Franzosen hetten aber eins und anders pro ridi-
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culo gehalten, auch den Schwedischen sowol alß Churbrandenburgischen
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außtrucklich zu verstehen gegeben, daß sie solches nicht gestatten konten
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noch wolten. Dan obwoln die cron Franckreich sich endlich in dasjenig,
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was zwischen den stenden des reichs verhandlet werden mag, nicht zu legen
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und einzumischen, so würde ihnen doch billich bedencklich fallen, daß bey
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diesen tractaten, deren sie mit ein theyl constituirten, und zwarn sub prae-
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sidio armorum Gallicorum, welche ohne das (quod per parenthesin adde-
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bat ) den uncatholischen mehr alß gut were und der cron Franckreich Inten-
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tion gewesen, zu nutz kommen, der catholischen religion dergleichen ab-
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bruch geschehen solte. Alß auch heut der Oxenstirn

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Oxenstierna war in Münster 1646 XI 14–21.
bey ihnen Franzosen
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gewesen und einen endwurff ihrer begehrenden satisfaction, und was davon
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dependirt, communicirt, were fur die Churbrandenburgische gegenerstat-
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tung oder aequivalens nichts exprimirt, sondern spatium gelaßen gewesen.
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Es seye aber deme, wie ihm wolle, so solte man doch catholischentheyls,
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wan ye dergleichen anmutthungen geschehen würden, steiff halten, auch
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die Kayserliche gleichergestalt nit zu weichen erinnern. Und were auch gut,
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wan die gravamina religionis noch insgemein in etwas zuruckgestelt und
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zuerst zugewarttet würde, daß die Schwedische satisfaction sich zu mehrer
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richtigkeit gebracht. Man konte zwarn mit den protestirenden underdeßen
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wol handlen und die puncta conferiren, mit dem schluß aber hette man
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seines ermessens biß dahin nicht zu eylen. Er konte wol sagen, se hactenus
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in illa materia sudasse et alsisse, jenes bey den protestirenden, damit er sie,
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so offt es die gelegenheit gegeben, von ihren postulatis abbringen mochte,
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und dieses bey seinen collegis, alß welche zu zeiten den eiffer, welchen er
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von ihnen desiderirte, nicht erwiesen. Nunmehr aber thue diß lezter ganz
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cessiren, dan sie alle drey hierinnen ganz einig, daß sie der catholischen
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interesse pro viribus tuiren helffen wolten, und weyln dan solches nicht ahn
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dem haffte, daß I. H. G. die stiffter Oßnabruch und Minden nur ad vitam
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behalten, sondern daß selbige fort und fort bey den catholischen verplei-

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ben , so hetten sie ihrestheyls obbemelt der protestirenden vorschlag, wan er
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fur sie kommen werde, pillich zu verwerffen; stelle doch zue I. H. G. gutt-
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befinden , ob sie dem herzogen von Longeville und Servient dieserthalb
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auch zusprechen wolten, damit sie bey ihrem guten willen desto mehr be-
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stettigt werden. Der canzler Buschman, negst dancksagung fur die gute
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erklehrung und wolmeinendes einrathen, resumirte zu mehrer ergründung
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des conte de Avaux gedancken oberrürten punctum satisfactionis, daß
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nemblich selbiger darumb schwer fallen werde, weyln die Schweden den
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praetendirenden antheyl der Pommerischen landen anderst nicht alß cum
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consensu Brandenburgico zue haben begehren, Churbrandenburg aber sol-
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chen consens nicht geben wolle, es werde ihm dan ein ganzer hauffen stiff-
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ter und landen dagegen wieder eingeraumbt, zu dieser einraumung aber
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würden sowol die iezige possessores ac domini alß die sambtliche
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catholische stend nimmer verstehen, was dan fur ein mittel ubrig, auß den
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sachen zu gelangen? Hierauff andworttete der conte d’Avaux, daß
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zwarn die Schweden viel thun und versuchen würden, die landen non sine
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consensu Brandenburgico zue besitzen, dafern aber derselb sich so gar
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morosum bezaigen werde, daß solcher consensus von ihm nicht zu hoffen,
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alßdan würden sie sich des mittelß, wie die Franzosen mit dem Elsaß
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gethan, gebrauchen, wie dan bewust, daß sie pro obtinendo consensu
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Austriacorum sich zue restitution des Preißgawes und erlegung 3 millionen
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francken oder livres erpotten. Wan aber die Austriaci deßen ungeacht den
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consensum nicht hetten ertheylen wollen, wurden die Franzosen dannoch
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das Elsaß behalten und hingegen weder das Preyßgaw zurückgeben noch
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auch die gelder erlegt haben. Diesen modum würden die Schweden auch hal-
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ten , daß nemblich sie dem churfürsten von Brandenburg, dafern er auff Vor-
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pommern nicht willigt, auch sogar von Hinderpommern nichts abtretten und
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sich dannoch mit denjenigen versicherungen, die insgemein diesem frieden-
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schluß werden annectirt werden, genugsamb verwahrt halten. Warnung,
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daß Kurköln wegen des ambts Wilßhausen

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Wildeshausen, ursprünglich bremisches, durch Pfandschaft an Münster gekommenes
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Amt; über das Wiedereinlösungsrecht schwebte ein Prozeß am Reichskammergericht.
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Vgl. die schwedischen Satisfaktionsforderungen in der Konferenz mit den Ksl. 1646 XI
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16 ( APW III C 2,1 S. 737); schriftliche schwedische Satisfaktionsforderungen 1646 XI
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18 (Druck: J. G. Meiern III S. 754f. ).
wol auffzumercken ursach
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hette, dan sicherlich die Schweden solches auch fur sich praetendiren wür-
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den und zwarn under dem vorwand, daß daselb zum erzstifft Brehmen
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eigenthumblich gehorig und allein pfandweis vor diesem zu stifft Munster
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kommen. Buschmann: Die Hessen äußern noch immer, daß der fried
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ohn ihre absonderliche satisfaction nit werde geschlossen werden. Wan nun
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die Marpurgische sach damit gemaint und dan mittel zu finden, dadurch
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solche mit beyder interessirter theyle belieben auß dem fundament zu ver-
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gleichen , konte ein yeder ihnen wol gönnen, außerdem aber wurde niemand
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sein, der sich der fraw landgräffin zu einiger satisfaction schuldig er-

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kenne . Worauff der d’Avaux: Er wolte in vertrawen dieses angedeu-
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ttet haben, daß man sich in diesem punct auff sie Franzosen nicht zuviel
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verlaßen solt, dan einmal gewiß, daß sie gut Hessisch weren, und trüge son-
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derlich der herzog von Longeville darin so ein grosen, ia mehrern eiffer, alß
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wan es seine aigene sach were. Man solte aber darahn sein, daß furerst die
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Marpurgische sach componirt, alßdan der schwehrste stein gehoben sein
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würde, und möchte alßdan die landgräffin sich im ubrigen mit einem stück
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geldes befriedigen laßen. Der canzler Buschman replicirt: Wer solch
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stück gelds geben solt? Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Collen etc.
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würde sich mit ihr der landgräffin in keine satisfaction einlaßen, und
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weren auch deroselben landen also erschöpfft, daß darauß kein geldmittele
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beyzupringen. Worauff der conte d’Avaux die achseln gezückt und
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den discurß abgebrochen, begehrend, daß dasienig, was er guter wolmai-
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nung eröffnet, in der enge pleiben möchte. Buschmann: Klagen des
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Klosters Malgarten im Stift Osnabrück gegen die Schweden

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Malgarten, Benediktinerkloster im Hochstift Osnabrück, als Donation an schwedische
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Offiziere vergeben.
. – Schreiben
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des ksl. Residenten in Konstantinopel

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Anlage (ksl. Residenz in Konstantinopel an Kaiser): fehlt. – Ksl. Resident 1643–1648
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war Alexander von Greiffenclau zu Vollrads.
. – [...]

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