Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 II 4

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1646 II 4
Sonntag Volmar bei W. Vom österreichischen Direktorium
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hat Trauttmansdorff erfahren, bei den hiesigen Beratungen werde erwogen,
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1. die Ksl. zu ersuchen, die französische Satisfaktion bey zeiten zu behan-
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delen , 2. unter dem Vorwand näherer Erläuterungen über die Replik an die
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Franzosen zu deputieren. Trauttmansdorff ist befremdet, da er 1. doch
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albereits daßienige, was er von Ihrer Maiestätt den Franzosen zu offeriren
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in befelch gehabt, von sich gesagt, und ein mehrers nit zu thun wuste. Wan
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mit denselben noch weiters solte gehandlet werden, wurde furerst eine not-
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turfft sein, daß die stendt sich untereinander vergleichen und entschließen

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theten, wohero solche satisfaction zu nehmen, und demnegst Ihrer Maie-
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stätt daruber ein gutachten eroffneten. Bey dem 2. ginge ihme zu gemuth,
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daß wan dergleichen deputation zu den Französischen geschehen solte, es
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fast das ansehen gewinnen wolte, alß gedächten die stendt absonderlich sich
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mit ihnnen in tractaten einzulaßen, und gleichsamb von Ihrer Kayserlichen
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Maiestätt zu separiren, da doch das churfürstliche collegialgutachten de
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anno 1636

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Vgl. oben [ S. 11 Anm. 2 ] .
dahin gangen, daß die stendt Ihrer Kayserlichen Maiestät bey
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den tractaten assistentz, Ihre Maiestät aber dieselbe hauptsachlich fuhren
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sollen. Zudeme vernehme man, daß under anderen auch daruber von den
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Frantzosen erleuterung zu begehren vorhabens, was under dero von ihnnen
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in der replica gesetzter linea communicationis zwischen Philipßburgh und
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Franckreich verstanden. Dafern nun solches geschehen solte, wurden die
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Frantzoßen außer allen zweifell die vermutungh schöpffen, daß man diß-
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seits ihnnen das vorige auser solcher linea anbegehrte landt und leuthe
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schon tacite einwilligen und nachgeben thete. Derowegen sie dan nicht
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umbgehen konnen, solches alles I. H. G. und ubrigen Churcollnischen,
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gleichwie sie den herren Churmaintzischen und Churbayerischen alberaitz
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gethan, zu gemuth zu fuhren, mit dem begehren, darahn zu sein, damit
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diese inconvenientien verhuetet werden möchten. I. H. G. andtworte-
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ten , daß es bey den stenden quoad punctum satisfactionis die meinungh gar
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nit gehabt, alß thete man gern sehen oder Ihrer Kayßerlichen Maiestät und
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dero loblichen hauß gönnen, daß sie von ihren landen etwas zurucklaßen,
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und eben dadurch den frieden zuwegh pringen solte, sondern es seye nur
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dahin verstanden worden, sintemahln ietzo die Schwedische und Frantzosi-
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sche replic zur haubtsachlichen consultation proponirt, daß immittelst, da
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die stendt der ubriger puncten halber in rathschlagung begriffen, sie herren
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Kayserliche mit der negotiation in puncto satisfactionis also fortfahren und
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die Frantzoßen von der ubermäßigkeit ihres anbegehrens dergestalt herab-
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pringen möchten, damit hernach, wan alles ander geschlichtet, das werck
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sich an selbigem passu allein nit stoßen thete, und seye also dieser vor-
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schlagh nur zur beschleunigung der sachen, keineswegs aber Ihrer Maiestät,
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. dero hauß, oder einigen andern standt zu nachtheil angesehen geweßen.
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2. Bei Ablehnung der ursprünglich von den Franzosen geforderten Depu-
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tation
hat man sich eine spätere Abordnung zwecks näherer Erkundigung
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vorbehalten. Da sich bei Beginn der Beratung über die Replik jetzt zeigt,
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daß ettliche puncten zimblich obscur und general, hette man vermeint, zeit
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zu sein, solche deputation vor sich gehen zu laßen, und sonderlich bey sol-
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cher occasion ihnnen den Frantzoßen die exorbitantz ihrer postulatorum
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rechtt zu gemuth zu fuhren, wabey man dan vermeint gehabtt, Ihrer
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Kayserlichen Maiestät viel mehrers gehorsambste und treweste dienst, alß
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ettwas zum nachtheil zu thun, zumahln unschwer zu gedencken, daß wan
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die Frantzosen spuren, daß die stendt ahn solchen ihren postulatis gantz

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kein gefallens tragen, sie alßdan in sorgen stehen mueßen, daß es mit deren
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hinaußtruckungh so gar leicht nicht fallen werde. Weiln nun gleichwoll sie
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herrn Kayßerliche dem beschehenen andeuten nach, mitt den ubrigen chur-
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fürstlichen gesandten auch hierauß geredet, so wurde dahin stehen, was die
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fernere consultationes hierin geben wurden, underdessen I. H. G. der sachen
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auch ihres theylß nachdencken wolten.

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Longueville bei W. Dank für Ws Gratulation, wobei Longueville bemerkt,
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er wolle seinen Sohn später zur Erlernung der Sprache nach Deutschland
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schicken. Worauf I. H. G. post curialia lachendt geandtwortet, daß der
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sohn in Teutschland zwarn willkom seye, nichtt aber armirt, wie vor die-
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ßem der herr vatter gethan, kommen muste. Ille replicabat, imo er solte
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armirt kommen, nit zwarn widder Teutschlandt, sonder Ihrer Kayserlichen
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Maiestät widder den Turcken zu assistiren, unnd deroselben dasienige, was
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ihro legitime zustehe, widder recuperiren zu helffen. I. H. G. andtwor-
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teten eß wurden Ihre Kayßerliche Maiestät fur erst lieber sehen, daß man
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ihro daßienige was sie noch haben, ruhig unnd mit frieden laße. Nach
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diesem thete er duc de Longueville der religionsgravaminum meldung, und
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erinnerte, daß man catholischen theilß mit der außandtwortungh eylen
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wolte. Qua occasione I. H. G. die materia gravaminum ettwas berurt
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unnd endtlich ihme diesen vorhalt gethan, was die Frantzoßen bey diesem
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werckh thun wolten, wan die catholische stendt sich resolvirten, ihnnen das
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gantze werck in die handt zu geben, ihr gewissen also damitt zu beschwe-
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ren , daß sie darin verfahren solten, wie sie es vor Gottes angesicht und dem
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iungsten gerichtt zu verandtworten gedächten. Waruber er gelachet
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und vermeldet, daß solches eine frage seye, die nachdenckens bedurfftig, eß
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hetten aber sonsten die vorige Kayßer schon den uncatholischen viele
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sachen eingeraumbt, welche sie Frantzoßen zu ändern, noch auch, wo es
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zweifelhafftig, zu declariren vermöchten.

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