Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 XI 12

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1645 XI 12
Sonntag Reck/Buschmann bei Longueville. Kurkölnische
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Weintransporte durch das Gebiet der französischen Armee. Auf den Vor-
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wurf
, mit der Admissionsfrage verzögere man die Verhandlungen, geben
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die Kölner zu bedenken, obs catholischenseithen also leicht fallen wolt, den
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Magdeburgischen die session zu verstatten, da sie solches von anfang der
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religionsänderung bißherzu zu suchen ihnen nit hetten einbilden dorffen,
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und hetten die catholische vielmehr die hoffnung gehabt, daß die cron
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Franckreich hierin denselben balder die hand biethen alß wieder sie streben
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wurd. Gestalt dan dieses ein sach, darin Ihre Churfürstliche Durchlaucht
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zu Collen noch einiger anderer catholischer furst im reich mehr alß die cron
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Franckreich oder einiger ander außwertiger catholischer potentat nit inter-
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essirt [...] und also hierunder kein anderß interesse alß solius religionis
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versire, welches aber billich der cron Franckreich mit anderen catholischen
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gemein sein solt. Longueville: 1. Der jetzige Kongreß kein Reichstag;
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2. den Katholiken wird nichts genommen, durch den Revers ihr Rechts-
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standpunkt
sogar grundsätzlich anerkannt. Wan man alhie von anfang das
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werck mit den Hessen Casselischen so starck nit geeiffert hette, würden sie
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Franzosische kein ursach gehabt haben, sich der Magdeburgischen anzuneh-
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men , nun hetten sie aber zu erhaltung ihres intents mit den Schwedischen
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sich verbinden müßen, ihnen auch der Magdeburgischen halber die hand zu
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biethen. Er hette nun fast in allen sachen wargenommen, daß man disseits
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die resolutiones yedeßmals alßdan erst faße und von sich geb, wans nicht
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mehr zeit seye. Dafern noch zue dem werck in zeiten gethan, und ein end
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auß diesem streitt gemacht, wie es dan einmal sein muß, auch sie nicht wei-
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chen konden oder wolten, so würde noch zu verhütten stehen, wie er dan
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seinestheyls sich dafur verpflicht, daß außer der Magdeburgischen von den
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ubrigen inhabern der stiffter keiner mehr admittirt werden sol. Dafern man
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aber das werck noch lenger verschiebe, und andere sich auch angeben oder
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eintringen wurden, hette man leichtlich zu gedencken, daß es mit deren
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wiederhienaußweisung ebenso schwer alß mit der Magdeburgischen her-
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gehen werde. Der Kaiser soll an Kursachsen und den Administrator ge-

[p. 314] [scan. 364]


1
schrieben
haben

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Vgl. unten S. 315 Anm. 1.
, doch besagt des ersteren Antwort wenig, und wenn der
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Administrator verzichtet, werden die Schweden, weyl sie nun einmal die
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hand angeschlagen und die zuruckstellung fur ein schimpf achten, ahn
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deren stell yemandt anderst intrudiren und dabey handhaben [...]. Er ver-
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nemme zwar, daß yemandts von Osterreichischen hienuber nacher Oßna-
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bruck verraist, konne aber versichern, daß man dißelben auf ebensolche
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weiß, wie alhie den Hessen Casselischen geschehe, werde müßig sitzen
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laßen. Dem Hause Österreich sei umb den frieden kein ernst sondern nur
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division zu machen. Nachdem Frankreich nur gemeinsam mit den General-
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staaten
mit den Spaniern verhandeln wollte, haben diese den Staaten Son-
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derverhandlungen
unter sehr günstigen Bedingungen nahegelegt und Ora-
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nien
das Herzogtum Geldern geboten, sind aber nach Münster verwiesen
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worden. Kölner: Daß ye numehr die fortsezung der tractaten ahn nie-
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mandts als ihnen den Franzosischen hafften könd, weylen Ihre Majestät
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sich uber alle puncten cathegorice erklehrt und die replica bey ihnen be-
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stünde . Longueville: Daß das werck so schleunig sich nit thun laßen
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wolt, die Kayserlichen hetten auch bedenkzeit gnug genohmen, und musten
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sie erst mit den Schwedischen daruber mehrers vernehmen, deren sie dan zu
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solchem end ehestens alhie gewerttig. Die Kayserliche responsion finden sie
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Franzosische sonsten so bewandt, daß solche mehr anzeig zum newen krieg
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alß zum bestendigen frieden gebe, weylen Ihre Majestät sich der Spani-
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schen sachen darin nit abthun, auch den herzogen von Lottringen mit ein-
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geschloßen haben wollen. Hierauf ist replicirt, daß Ihre Majestät sich
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der Spanischen sach wieder Franckreich anderst und weitter, alß sie Fran-
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zosen anderer außwerttiger cronen oder regenten wieder das reich, nicht
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annehmen wurden, sondern nur begern, daß alles da pari gehen möcht. Mit
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Lottringen aber sey es ye die hochste billichkeit, daß Ihre Majestät fur den-
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selben spreche, weylen er occasio auxiliorum [!], die er Ihr Majestät und dem
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reich gelaist, von seinen landen vertrieben. Und wurden die herren Franzo-
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sische solches umb sovil weniger befrembden konnen, weylen sie sich ihrer
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alliirten in allen stucken so starck und eiffrig annehmen, ihre proposition
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auch selbsten mit sich pringe, daß alles in den stand worin es anno 1618 ge-
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weßen , wieder gesezt werden solt. Hierauf hatt er zwar des ersten
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puncten halber nichts gesagt, sich aber starck auf das Lottringische wesen
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gelegt, vermainent, daß ratio disparitatis darin bestunde, daß erstlich der
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Lottringische krieg aus einem andern grund herruhre, und dan 2. Lottrin-
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gen sich mit Franckreich per transactionem iuratam verglichen hab

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Zuletzt im Vertrag von Paris 1641 III 29, vgl. oben [ S. 16 Anm. 4 ] .
, welche
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er hernacher nach seinem eigenen sinn wieder gebrochen. Es ist ihm
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aber darauff geandworttet worden, daß sich kein andere causa belli quam
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quod partes Caesaris amplexus fuerit befinde, die transaction aber auch
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auß ihr der Franzosischen eigen argumentis kein bestand haben wurde,
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weyln sie sich befleißen, ebendergleichen sachen, so im reich schon lengst

[p. 315] [scan. 365]


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sopirt, wieder hier auf die bahn zu pringen. Wie man dan in specie verneh-
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men , daß die zwischen beyden Hessen Cassel und Darmstettischen linien
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abgeurtheylte und hernegst durch uberaus starcke transactiones verglichene
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sachen wieder von newem ad compositionem gezogen werden wolten.
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Nochmalige Bitte um Unterstützung der katholischen Interessen. Wel-
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ches er zwar versprochen, nichtsdestoweniger aber doch die erinnerung mit
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einlauffen laßen, daß dem hauß Osterreich umb die religion nicht allemal
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so starck, als der praetextus mit sich pring, zu thun seye, zumalen bekand,
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daß die Augspurgische confession a Carolo V. nur zu dem end zugelaßen
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worden, daß wieder die cron Franckreich der krieg desto hefftiger fort-
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gesezt werden konnen. So man doch ex hac parte wieder invertirt und
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dafur gehalten, daß eben darumb, weyl die cron Franckreich sich damals
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der protestirenden angenommen und wieder den Kayser den krieg anfan-
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gen , man zu dergleichen einwilligung genottigt worden. – [...]

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