Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 X 4

9
1645 X 4
Mittwoch Mitteilung der Mainzer: Gespräch der Ksl. mit
10
den Mediatoren (vgl. APW III C 2, 1 S. 441f).

11
St. Romain bei W. Befremden über den Ausschluß einiger Stände; Oxen-
12
stierna
hat seine Proposition erst nach dem Versprechen der Stände
13
abgelegt, daß vor weiteren Beratungen diese Sache geregelt werde

43
Vgl. W. Becker S. 226f.
. Man
14
kennt die Gegenargumente, doch schlagen Schweden und Franzosen
15
als Auskunftsmittel Reversale vor, wonach die Zulassung für andere
16
öffentliche Reichsversammlungen kein Präjudiz sein soll. 2. Es ist ein con-
17
ventus extraordinarius. 3. Zusage der Osnabrücker Stände gegenüber den
18
Schweden. 4. Der Kaiser hat nie die Stände berufen wollen, 5. auch ihnen
19
insgemein das ius suffragii disputirt, den hievorgemelten aber solches aniezt
20
ganz benehmen wollen. 6. Und obwoln gesagt werden möcht, daß solches
21
von etlichen stenden geschehen, so weren doch diese tractatus zue dem endt
22
nit angesehen, daß die stend gleichsamb nur des Kaysers rhät sein und
23
nichts thun solten, alß was ihm wol gefiele; gerade daß die übrigen ohne
24
Rücksicht auf iura et libertatem imperii bedingungslos den Wünschen des
25
Kaisers gefolgt seien, habe die ausgeschlossenen Stände zu den Waffen getrie-
26
ben
. 7. Man hat auf Berufung der Stände bestanden, damit sie sich, wan der
27
Kayser sich ad aequas conditiones nit geben wolte, interponiren und pro
28
bono imperii die notturfft erinnern mochten, dahero sie billich mehr ex
29
aequitate alß affectu zu procediren hetten. Die Sache ist dadurch noch
30
schwerer geworden, daß sich beyde crohnen dergestaldt interessirt befin-
31
den , daß sie salva reputatione nicht weichen köndten [...]. W: Wehn in
32
specie dan die herren Frantzösische vermainten übell excludirt zue sein und
33
zue admittiren, nachdem sie früher die Zulassung Straßburgs mit dem
34
Argument verfochten haben, daß die Stadt sich gegen den Kaiser mitt er-
35
greiffung der waffen nicht feynd, sondern iederzeitt neutral bezaigt?

36
St. Romain: Es seye nicht ohn, daß rationes von dießer seythen vor-
37
bracht , es seye aber anietzt daß seyther gethanes versprechen und der cro-
38
nen reputation pillich in consideration zu ziehen. Alß aber I. H. G. nach-
39
mahln urgirten, wehn sie dan sub eadem classe comprehendirt haben

[p. 294] [scan. 344]


1
woltte, hatt der St. Romain darauff gelachet, aber mitt der andtwortt zu-
2
rugkgehaltten . Warnach I. H. G. vermeldet, sie kondten woll erachten,
3
obgleich er Magdeburch nicht nennen woltte, so würde doch auch deßen
4
admission von den Frantzosen gehrn gesehen werden. St. Romain:
5
Ihme seye nur auffgeben, wegen der exclusion in genere erinnerung zu
6
thuen. I. H. G.: Weylen dan Magdenburch, wie sie vor dießem sich ver-
7
nehmmen laßen, 1. loco gesetzet, woltten sie nimmer glauben noch hoffen,
8
daß die Frantzosische solche zumahln unbilliche praetension behaubten
9
wollen. Er St. Romain: Daß es sein müste, dan die Schweden davon
10
nicht weichen würden, auch den catholischen durch die reversales gnug-
11
samb vorgesehen. I. H. G.: Eß seye sich woll höchstens zu verwunderen,
12
daß man ietzo mitt dergleichen praetension herahnkomme, da doch seyther
13
anno 1566 bey deß ersten Lutherischen administratoris zue Magdeburgh

41
Joachim Friedrich von Brandenburg (1546–1608), Administrator von Magdeburg 1566–
42
1598, Kf. 1598.

14
zeitten biß auff dieße stund bey einigem reichs- oder publicis conventibus
15
sich iemahln wegen Magdeburch angeben, weniger reversales angebotten
16
worden, warzue doch der Magdenburgische inhaber anno 1586 woll ursach
17
gehabtt, als am 13. Juli bei seinem Erscheinen alle Geistlichen, Bayern, Jülich
18
und Sachsen den Fürstenrat verließen. Auf seine Erklärung, er habe nicht
19
Session und Votum durchsetzen, sondern nur einige Punkte vortragen wol-
20
len
, wurde ihm bedeutet, das könne er auf anderem Wege, worauf er nicht
21
wieder erschienen ist

43
Gemeint ist, wie die Tagesangabe VII 13 zeigt, der Regensburger Reichstag 1594 (vgl.
44
M. Ritter II S. 121).
. St. Romain: Er laße alles dahin gestellet, dieß
22
seye ein conventus extraordinarius und also dergleichen comparation hieher
23
nicht geltten köntte. W: Erläuterung der drei im Reich üblichen Ver-
24
sammlungsformen
, von denen die Kreistage hier nicht in Frage kommen,
25
der Deputationstag von den Franzosen abgelehnt worden ist und auf ihr
26
Drängen die Stände in der für Reichstage üblichen Form beschrieben worden
27
sind. Die wenigen anwesenden Stände können keine neue Beratungsform ein-
28
führen
. Die Franzosen würden auch hernechst damit villeicht nit verwart
29
sein. Und seie woll wunderlich, daß sie alleweil sagen, daß ihr intention
30
seie conservandi imperium in suo statu et libertate, und doch taglich sich
31
bemiehen, novitates einzufieren, ia gar constitutiones zu endern et quasi
32
formam imperii zu mutieren. Der St. Romain: Daß der underschiedt in
33
dehme seye, daß anietzt alle könige und potentaten auß gantz Europa
34
alhier und zue tractiren hetten. Ad 2. I. H. G.: Dieß seye abermahln
35
ein principium, so sie nicht verstünden, zumahln der Frantzosen erclehrung
36
allezeitt dieße gewest, daß sie mitt dem reich absonderlich, auch mitt Spa-
37
nien wegen der Hollender, item wegen Portugal absonderlich tractiren
38
woltten, dehme man sich a parte Caesaris et imperii gehrn bequehmen [...].
39
Weyln dan nun Ihre Majestät und das reich die Teütsche sachen allein con-
40
cerniren , man auch mitt den Frantzosen und Schweden allein zu tractiren

[p. 295] [scan. 345]


1
gemaint, warumb dan nicht dießer conventus consuetus und imperialis sein
2
solle. Die Verhandlungen über den Mantuaner Frieden haben 1630 auch
3
nicht die Form des Kurfürstentages beeinträchtigt

43
Zu den Verhandlungen mit Frankreich über Mantua auf dem Regensburger Kurfürsten-
44
tag 1630 vgl. oben [ S. 4 ] .
. Ad 3. Von der, seinem
4
andeuten nach, beschehener versprechung wüsten die hier anwehsende
5
stend nichts, zumahln mitt ihnen darauß nichts communicirt, weniger sie
6
darein bewilliget hetten noch den dortigen zugestanden zu thuen, außer
7
daß man die nachricht hab, daß alß von einigem dem Ochsenstirn die
8
versprechung geschehen, solches die andere auch mitdeputirte selbsten
9
empfunden und expresse gemeldet, daß ihnen davon nichts bewust ge-
10
wehsen . Warauff, alß der St. Romain, daß sie solches hernachmahln appro-
11
birt hetten, sagtten I. H. G., daß solches damahln geschloßen sein müste,
12
alß er von hier dorthin geschicket und so eyfferige remonstrationes deßhal-
13
ber geschehen. Warüber er gantz roth worden; und meldeten I. H. G. fer-
14
ner , daß solch von ihnnen beschehene proceduren die hir anwehsende zu-
15
mahln nicht binden köntte. Ad 4. Wiederholeten I. H. G., wie es mitt dene
16
außschreyben hergangen, und daß es allein ahn dehm gewest, daß die
17
Frantzosen, wie man leider gnugsamb eine zeitt erfahren, iderweyll novita-
18
tes herfürgebracht und niemahln ad rem ipsam schreyten wollen. Und seye
19
dieß, wie vorgemelt, bey dem praeliminarvergleich die intention nie geweh-
20
sen . Ad 5. Geschehe Ihrer Kayserlichen Majestät mitt solcher imputation
21
zumahln ungüetlich, welches dan darauß gnugsamb erhellen thette, daß alß
22
von ihnnen Frantzosen hiervon erstens auff die bahn gebracht und die
23
stendt durch ihr zuschreyben auffgewecket, Ihre Majestät beim deputation-
24
thag zue Franckfurt solches proponiren und consultiren laßen, auch dar-
25
auff alßbaldt, alß auff die translation der reichsdeputation geschloßen,
26
willfährig sich resolvirt. Ad 6. Seye dieß ein großer titul, dan in specie die
27
herren churfürsten in den reichsconstitutionibus deß Kaysers gehaimbste
28
und innerste consiliarii vor schon so viell hundert iahren genennet worden,
29
und seye billich, daß das haubtt cum corpore von den vorfallenden sachen
30
redd, und dießes iehnem mitt rhatschlägen an handt gehe. Worauff er:
31
Es habe aber bey ihnnen dieße mainung gehabt, daß nicht wie bißhero der
32
Kayser die reichsstendte an sich züghe und dergestaldt mitt ihrem beyfall
33
den constitutionibus imperii wiederhandlet würde. I. H. G.: Haec nimis
34
generaliter dici, und seye dergleichen von ihnen Frantzösischen vor dießem
35
auch movirt, dah aber anderst nicht vorpracht werden können, alß daß die
36
contributiones absolute außgeschrieben würden, warzue aber die Frantzo-
37
sen selbst mitt ihren adhaerenten, dagegen daß reich nothwendig quoque
38
modo conserviren müeßen, ursach geben. Ad 7. Weylen Ihre Kayserliche
39
Majestät dergestaldt allergnädigst sich erclehrt, so stehe zu hoffen, daß die
40
stendt, wan sie nicht mitt fleiß verhetzet oder wegen privat habenden
41
interesse mitt den außwendigen verblendet werden, sich mitt solcher Kay-
42
serlicher resolution, alß welche in omni aequitate et iustitia bestünde, baldt

[p. 296] [scan. 346]


1
vergleichen werden. Und köntten I. H. G. hiebey ihme anzudeüten nicht
2
underlaßen, daß die gantze weldt in Italia, Teütschlandt und anderwehrts
3
sage und schreybe, daß auß allem clahrlich zu sehen, daß den crohnen, son-
4
derlich Franckreich, zum frieden kein ernst seye und nur selbigen in
5
mundt führen thetten, oder doch nur einen frieden zue verkleinerung Ihrer
6
Kayserlichen Majestät und der stendten underdruckung begehrten. Zu-
7
mahln bißherzue all von ihnnen movirte difficulteten nur zuer verlenge-
8
rung mitt fleiß gesuchte sachen gewest, dergleichen sie contra constitutio-
9
nes , consuetudines et patrias leges gewißlich nicht herfürbringen würden,
10
wan ihnnen die fortsetzung der tractaten ein rechter ernst wehre. Man habe
11
sich ratione Magdeburch desto mehrer zu verwunderen, daß sie in Franck-
12
reich selbst mitt ihren oeconomicis oder episcopatuum administratoribus
13
saecularibus, ob sie gleich catholisch, anderst verfahren, und selbige zur
14
session nicht zulaßen thetten; dan wie sie nunmehr die reichsachen wisten
15
und wissen kinden, so weren uns Teutschen auch die sachen in Frankreich
16
nit unbekant. Abgesehen von anderen Bedenken werden auf der geistlichen
17
Bank Österreich, Salzburg, Burgund, Cambrai, Besançon und Deutsch-
18
meister
nicht Magdeburg den Vorrang lassen, auch W selbst wird als Fürst
19
nicht weichen, auf der weltlichen Bank Bayern seinen Vorrang behaup-
20
ten
. Warüber der St. Romain gantz erstummet, und folgents darzu
21
anderst nichts zu sagen gewüst, alß daß dießes kein conventus ordinarius,
22
sondern ein extraordinari werck seye. Auff welches I. H. G. nachmaln:
23
Daß man dießes nicht gestendigh sein köntte, thette auch ohne daß nichts
24
zur sachen, dan sie gleich auch andere gaistliche, auch weltliche fürsten
25
ihme Magdenburgischen inhaberen etiam in privatis conventibus nicht wür-
26
den nachgehen, zumahln sie denselben wedder im redden noch schreyben
27
dafür erkenneten, und ietzt soltte er in publico zugelaßen werden? Eß
28
würde damitt dem hertzogen von Newburch wehe und unrecht geschehen,
29
welcher so viell iahr den titulum wegen der Gülischen landen geführt, und
30
in possessione gewest, als unbelehnt aber Sitz und Stimme wegen Jülich
31
nicht erhält. Als St. Romain anführt, daß Kurbrandenburg vor Erhalt
32
der Regalien auf dem letzten Reichstag votiert habe, weist W auf das
33
unterschiedliche Herkommen besonders bei den weltlichen Kurfürsten hin;
34
zudem habe es in diesem Fall einige streythigkeit oder bedencken nicht ge-
35
habtt . Wüsten einmal nicht, waß sie zue dießen sachen sagen soltten, daß
36
die Frantzosen den ketzeren dergestaldt in allem favorisirten und deren
37
intention, so dahin gerichtet, die uncatholische inhabere der ertz- und stiff-
38
ter contra omnem antiquitatem zue underdruckung der catholischen in
39
rhadt und possession zu setzen und den anderen veris et legitimis episcopis
40
et principibus, so viell ahn ihnnen, gleich zu haltten, solchergestaldt beför-
41
deren thetten. Sie kondten dießen procedendi modum von einer so catholi-
42
schen crohn und mitt der ministrorum continuirlichen contestiren zu con-
43
servation des catholischen wehsens nicht zusahmenreihmen. Beim Abschied
44
wiederholt W, er könne als Fürst und Gesandter wegen Magdeburg nicht

[p. 297] [scan. 347]


1
weichen, ebenso verhalte es sich wegen Hessen. Die Gründe habe man nach
2
Osnabrück mitgeteilt, aber einige solida argumenta in contrarium noch
3
nicht gesehen, auch nicht beygepracht werden können. Daß aber dabey die
4
crohnen ihr interesse und respect so hoch anziehen, da könne er leicht er-
5
achten , daß man vice versa des Kaysers und des reichs reputation mitt
6
mehrern fuegen anzuziehen hab. I. H. G. hetten ihnnen schon vor etlichen
7
thagen die bedeüthung gethan, daß sie dießen punctum also nicht nehmmen
8
müesten, damitt man nicht hernegst auff keiner seyten wieder zurugk
9
könne. St. Romain: Eß seye nicht ohn, daß man auff dießer seythen
10
rationes vorgebracht, die sie aber also nicht apprehendirten. I. H. G.:
11
Daß man ihre motiven pro ratione et aequitate zu sein nicht capiren kön-
12
ne . Er St. Romain: Also werde man einen iudicem haben müeßen.

13
I. H. G.: Die herren mediatores müsten sich, ein- und andern thaill capa-
14
cem zu machen, interponiren.

Documents