Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 VI 12

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1645 VI 12
Montag Mitteilung an die Bayern: Französische Proposi-
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tion . – Mitteilung der Bayern: Sie waren bei d’Avaux, der mit keinem
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Wort auf die Proposition eingegangen ist [...]

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Brasset bei W: Mitteilung der französischen Proposition

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Anlage 96: zweite französische Proposition 1645 VI 11 (Druck: J.G. Meiern I S. 443 ff).
. W: Erfreut,
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daß der partus, auf den man so lang gewarttet, dermalen heraußkommen,
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wunsche daß Deus pacis allerseitz spiritum consilii et fortitudinis geben
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wolle, damit zu bestendigen guten frieden gelangt werden mocht. Er
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Brasset reassumirts, spiritum consilii. Darauff I. H. G.: Fortitudinis
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muste auch dabey sein, damit der fried recht bestendig und standhafftig
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moge erhalten werden, dan man der exempla leider viel sehe, daß under

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grosen konigen und potentaten biß dato frieden geschlossen, und dannoch
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uberall nun so lange iahr hero solche krieg und mishelligkeiten weren.
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I. H. G.: Sie woltten verhoffen, daß was deß reichs sachen und Teutsch-
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landt angienge, man allerseits baldt würde zue gemeinen frieden gelangen
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können, wan allein sie die Frantzosen ihre vorgebende intention also in der
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thadt bezeigen würden. Der punctus religionis werde bey dieser handlung
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woll der schwerste sein, und sich die Frantzosen vermuhtlich deßelben
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wegen der gemachten alleantz mitt den uncatholischen, wie sie sonsten woll
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köntten und sollten, nicht würden annehmen. Er Brasset andtworttete,
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die alleantz mitt den uncatholischen zu machen hetten die zeitten et ratio
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status erfördert. I. H. G. vermeldeten, es habe anno 1630 der auch in
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Frankreich wollbekante pater Hyacinth in praesentia Caesaris, electorum,
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und deß conte de Ognate geprediget

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Da P. Hyacinth OFM Cap (Giacinto da Casale, 1575–1627) 1630 bereits verstorben
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war und Iñigo Vélez de Guevara y Tassis (gest. 1644), conde de Oñate, spanischer
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Gesandter in Wien 1617 1624, erst 1633 nach Deutschland zurückkehrte, muß ein frü-
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herer Anlaß, am ehesten der Regensburger Fürstentag 1623, gemeint sein.
, die weldt kherete derzeitt alles umb,
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indehme sie sagen soltte, status rationis, warunder die conscientia mitt be-
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griffen , nun aber solches transponirt, und ratio status gesagtt wehrde.

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Er affirmirte es, mitt vermelden, er hette bemelten patrem seer familiari-
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ter gekhant, die corona werde sich in dießem passu verhoffentlich derge-
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stalt bezaigen, daß sie statum rationis nicht würde beyseythen setzen.

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Warauff I. H. G., daß die catholische und alle guette anderst keine
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opinion von ihnnen haben soltten, und woltten sie ahn der würcklichen
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bezaigung bei diesen schweren religionstractaten auch nicht zweiffelen.

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Volmar bei W : 1. Weitergabe der französischen Proposition an die Ksl.
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[...]. 2. Bei den Mediatoren haben die Franzosen darauf bestanden, die
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Sache des Prinzen Eduard von Braganza

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Eduard Hg. von Braganza (1605 1649), Bruder Kg. Johanns IV. von Portugal, seit der
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Erhebung Portugals in ksl.-spanischer Haft.
mit den Ksl. zu verhandeln, und
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3. an gleichmäßige Behandlung der schwedischen Proposition erinnert. 4.
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Entgegen den Vorstellungen der Mediatoren haben sie auf einer Klausel de
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additione et minuitione bestanden. Waffenstillstand. Die Ksl. haben den
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Mediatoren erklärt, sie müßten über die Proposition zunächst mit den Kur-
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fürstlichen
reden. 5. Auf die Eröffnung, die Ksl. würden die hessischen Ver-
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handlungen
mit den Hessen allein oder unter Zuziehung der Franzosen
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führen, haben die Hessen Contarini um Mitteilung der Vollmacht ge-
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beten
. Ein solche Vollmacht zu Sonderverhandlungen, warzue der herr
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Volmari sich etwas hoffnung gemacht, ist von Wien angekündigt. 6. Wegen
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Geleitung der Mediatstände und Zuziehung der nicht zur Deputation
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gehörigen Stände noch Schwierigkeiten zu befürchten. [...]. Die Depu-
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tierten
des Hauses Österreich und für Burgund werden bald eintreffen,
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so daß die Reichsdeputation dann bis auf die Stadt Köln und Würz-

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burg
vollständig ist. Würzburg könne Mainz, Köln der Kurfürst von
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Köln wenigstens indirekt erinnern. W: Bereit zur Mitteilung der Pro-
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position
an Bayern und Brandenburg, damit danach eine gemeinsame
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Beratung stattfinden kann. Gespräch mit Brasset. Der zweytter und
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dritter punct würden bey angestellter consultation vorkohmen, unnd in-
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sonderheit circa 2. I. H. G. erachtens guett sein, daß die herrn Kayser-
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lichen sich darüber alß wovon den Churfürstlichen nichts bewust, ver-
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nehmen ließen. [...]. Ad 4. seye ein gahr gewünschte occasion gewest,
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vom stillstand der wapffen ohnvermerckter dinge auff die bahn zu
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bringen, wie dan auß er erclehrung erscheinet, daß sie solches bei ietzigen
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coniuncturen so gahr weith nicht werffen, sondern noch woll handlung
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darüber leyden möchten. Von den Schwedischen seye wegen prosperirender
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wapffen in den Kayserlichen erblanden weniger hoffnung zu machen, so
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hetten auch die Hessen sich vor dießem angehen laßen, alß wan sie nicht
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dargegen, nur daß sie sowoll darin, alß in negotio evacuationis von den
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Frantzosen verhindert würden. Also wehrde sich nun dißfalß die warheitt
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baldt an den tag thuen. I. H. G. wie auch die Churbayerischen seyen ein
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armistitium zue promoviren instruirt, und habe man auch auß der Kayser-
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lichen erclehrung unlengst dergleichen vernohmmen, wenigers nicht, daß
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der Spanischen erclehrung ebenmeßig zur handt sein solle, davon gleichwoll
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die herrn Kayserlichen die beste nachricht haben würden, unnd lege nun
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ahn dehme, daß man sich de tempore et modo mitteinander recht unter-
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rhede unnd vereinbahre. Ad 5. wehre guett, daß die absonderliche
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Kayserliche vollmacht anglangtt, oder in kurtzem anlangen möchte, unnd
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stunde woll etwaß zue muthmaßen, daß sich die Hessen propter religionem
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ahn den Frantzosen so hart nicht haltten möchten, daß sie aber der
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Schweden confoederation unnd assistentz sich dergestaldt rebus sic
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stantibus soltten abandoniren, köntten sie sich nicht imaginiren. 6. [...]
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Kurkölnische Bedenken gegenüber der Stadt Köln wegen der nicht zuge-
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standenen
Reichsstandschaft. Die Mainzer hat er schon gebeten, Würzburg
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zu erinnern. Mitteilung der Mainzer Anfrage und der Antwort an Brasset.

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Fragtte demnach der herr Volmari, ob I. H. G. die proposition, weylen
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Ihro solche von den Frantzosischen alberait zukommen, gelehsen hetten,
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unnd wie es ihr vorkehme; alß darauff I. H. G. geandtworttet, daß selt-
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sahme sachen darinn, vermeldet er, es scheine alß wan die exteri iura
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imperii gahr ad suam cognitionem et directionem, ia alles nach ihrem belie-
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ben ziehen und haben woltten; wan dieße articull solcher gestaldt ein-
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gangen werden soltten, wehre nicht allein dem Kayser alle seine authoritet
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benohmen, sondern auch deren die chur- unnd fürsten im reich nicht viell
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behaltten würden, de securitate imperii inßkünftig, wie auch religionis zu
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geschweigen; daß dan auch der Kayser, wie in articulo tertio gesetzet, nicht
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bemechtigt sein solle, den Spanniern, wan sie attaquirt würden, alß einem
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so nahen anverwandten zue succurriren, köntte er nicht sehen. I. H. G.:
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Eß beduncke sie daß die Frantzosen es nicht nehmmen pro persona alß

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einem vom hauß Oisterreich, sondern alß Römischen Kayser consideriren,
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zumahln auch daß reich iederzeitt bedenckens gehabtt, sich auser derselben
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außlendischer sachen theilhafftig zu machen, und sehe man dan auch gahr
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woll, wie übell der auff der Spannier begehren undd des Collalt

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Rambold Gf. von Collalto (1575–1630), ksl. General, Hofkriegsratspräsdent 1624 (vgl.
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ADB IV S. 404f. ).
antreyben
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angefangener Mantuanischer kriegh außgeschlagen, unnd daß reich darüber
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noch zu leyden hab, wiewoll derselb ohnvorbewust ia gegen willen der
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herrn churfürsten fomentirt unnd geführt worden, deßgleichen mitt dem
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Polnischen, also auch ietzt ihres ermeßens die reichsstende samentlich nicht
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gehrn sehen würden, wan man sich in die Portugesische unnd andere der-
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gleichen daß reich immediate nicht concernirende hendell schlagen unnd
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mischen wollte. Worauff er Volmari anderst nichts geandtworttet, alß
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daß es mitt dem Mantuanischen wehßen also hergangen und bekandt seye,
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daß die churfürsten, ja Friedlandt

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Albrecht von Wallenstein (1583–1634), Hg. von Friedland, ksl. Oberfeldherr.
selbsten demselben zugegen gewest; man
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müeße aber bey den consultationibus die sachen woll uberleggen unnd be-
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obachten . Wohmitt er seinen abschiedt genohmmen, beim auffstehen aber
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noch vermeldet, wie er von Oßnabrugk berichtet seye, daß ein vornehmer
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von den protestirenden sich verlauthen laßen, weylen die catholische ietzo
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nach erlangtter Churbayerischer victori dergestalt muhtig worden, hetten
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sie die uncatholische desto mehrer ursach recht zusahmenzusetzen, mittein-
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ander sich zu verbinden, und bey der cron Schweden zu stehen, damitt sie
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wedder in dießen tractaten, noch sonsten underdrucktt würden, sondern
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dermasen ihre habende intentiones durchtringen köntten, wehre also umb
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soviell mehrers nöthig, catholischer seythen under sich unnd mitt dem
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Kayser, alß ihrem oberhaubtt, zusahmenzuhaltten. Welcher intention
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I. H. G. allezeit gewehsen, auch noch zue sein vermeldet; es wehre aber zu
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betauern, daß die catholische liga, welche so baldt, wie zu besorgen, nicht
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mehr dergestalt zusahmenzubringen, also urplötzlich unnd ohne befragung
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der stendt cassirt unnd abgedanckett, da seyther der augenschein also clär-
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lich geben, daß von iahren zue iahren alle sachen in religion und kriegh
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mehrers herunderkommen, darauß auch daßjenig haimblich erfolget, unnd
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auß ietzo angehortem nicht wenig zu beförchten, sich öffentlich zeigen
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werde, daß die uncatholische eine bündtnuß under sich, unnd mitt den
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exteris machen werden, welches man durch abolirung ligae catholicae zu
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verhindern an Kaiserlicher seiten vorgeben, aber von den catholischen
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stenden weit anderst und wie es ietz gehet, apprehendirt worden.

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Mitteilung der Proposition an Bayern und Brandenburger, die sie durch
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Brasset auch schon erhalten haben.

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Da die spanisch-französischen Verhandlungen noch darauf beruhen, daß
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Spanien die Rückgabe, Frankreich die Abtretungen aller Eroberungen
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fordert, haben die Mediatoren heute die Spanier zu einer näheren Erklä-
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rung zu bewegen versucht [...].

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