Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 IV 17

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1645 IV 17
Montag Konferenz der Ksl. mit Kölnern und Bayern

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Mit Anlage 55: Brevis recapitulatio eius responsi, quod regis christianissimi plenipoten-
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tiarii dominis mediatoribus ad plenipotentiarios Caesaris referendum crediderunt ultimo
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proxime praeteriti mensis Martii anno 1645 (mit Entwurf der Antwort der ksl. Gesand-
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ten
); vgl. J. G. Meiern I S. 377ff.

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(siehe APW [ III A 1,1 S. 47ff ] ).

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W bei Rorté. Dieser erwähnt im Gespräch, er habe bei seiner Anwesenheit
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in Schweden wegen der an Minden heimgefallenen Grafschaft Schaumburg
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gegen die Ansprüche der Gräfin-Witwe die Rechte des Stiftes verteidigt
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und erreicht, daß jener der Besitz nur für die Zeit der schwedischen Be-
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setzung
Mindens zugestanden worden sei

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Zu den Ansprüchen auf Schaumburg vgl. unten S. 379f.
. Alß I. H. G. nach beschehener
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dancksagung fur die angewendte muhe vermeldet, es werde sich besorglich
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bey dem progressu der tractatuum des dings noch viel zeigen, was die
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Schweden und uncatholische von stifft- und geistlichen guttern begehren,
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auch bemelte graffschafft ob religionem et favores, ja wol den stifft
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selbsten, wie nit zu zweiflen, ansprechen werden, alßdan sie verhoffen
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wolten, daß die cron Franckreich sowol in dießen, alß sonst mehr andern
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religion und geistlichen sachen den catholischen und der billichkeit assisti-
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ren würde. Andtworttete er mit zusammengeschlagenen händen, er
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konte es assecurieren und werde man anderst nit spuhren, dan, wie I. H. G.
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er versichern kondt, sie befelcht, den catholischen eußerist zu assistiren,
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und dahin sonderlich zue sehen, daß keine catholische stiffter zuruckplie-
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ben . Worauff I. H. G., daß sie ahn guter intention eines so christlichen
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konigs zwarn nicht zweiffleten, musten aber anstehen, ob die Schweden
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und uncatholische bey iezigen ihren so großen progressen sich viel werden
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sagen laßen. Er, Rorteè, replicirte, daß ohnangesehen solcher
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progreßen sie dannoch allezeit einen großen respect und absehen auf die
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cron Franckreich haben wurden. Wobey I. H. G., wie ihro das werck
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vorkehme, habe sich Franckreich vor ihnen, wan sie dergestalt progrediren,

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der erblanden meistens sich impatroniren, die catholische undertrucken,
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und die uncatholische ahn sich ziehen solten, selbst keine geringe apprehen-
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sion zu machen. Umb deß willen, sagte der Rortee, muste man frieden
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treffen, und benebens ferner, alß I. H. G. subnectirt, daß ex parte imperii
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kein mangel seye, faret er fort: Der St. Romain werde stundlich mit aller-
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hand guten intentionen und resolutionen erwarttet, auch der duca de Lon-
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gevill zwischen Ostern und Pfingsten gewiß anherokommen werde. Und
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weilen dieser ein herr, welcher sich von seinen guten gelegenheiten in
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Franckreich, sonderlich seine gemahl nit gern lang wurde abhalten laßen
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wollen, werde er das werck ex parte Franckreich umb soviel da mehrer ur-
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girn und befurdern. Meldete demnach, daß der sag nach die Hessen Pader-
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born belägert haben sollen. Auf welches lezter I. H. G., daß sie davon
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nichts wusten, soviel aber wol, daß durchgehendts offentlich in der Lipp-
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statt und anderwerz davon gered werde, daß es die mainung bey ihnen
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haben solle. Nun verwunderten sie sich, und konten nit begreiffen, wan
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man ex parte Franckreich der intention seye, frieden zu machen, wie man
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de novo solchen stifft und Caroli Magni fundation den Calvinisten in die
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händ kommen laßen wolt, und sonderlich, weil man, was sie im schild
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fuhren, darauß wissen konne, daß sie diesen stifft vor etlich jahren von der
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cron Schweden zu lehen angenommen

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Vgl. unten S. 283 Anm. 3.
und darauf das ganze catholische
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exercitium abgestelt, Calvinische praedicanten da und in andern kirchen
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angesezt, die geistlichen gütter außgetheylt, und die landgraffin selbst sich
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dhombdechantey daselbsten, alß weilen ihro vom landgraff die reditus
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annui davon geschenckt, nennen laßen. Fragten dabey, auß was ursachen
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die Franzosen die vorgeweste evacuation dieser landen ab utriusque partis
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milite, weßwegen sie auch hiebevor mit ihme geredet, dergestalt eiffrig und
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starck im Haag hindertrieben und gehindert. Und andworttete er,
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Rorteè, daß alles allein auf anhalten der landgraffin zu Hessen geschehen;
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zumalen habe dieselbe sich beklagt und remonstrirt, daß auf den fall, sie
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ihre völcker auß diesen quartieren abfuhren und die contribution darauß
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missen solte, daß sie ihren exercitum weitter nicht underhalten, und conse-
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quenter ihren alliirten Franckreich und Schweden keine assistenz leisten
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kondte. Worauf I. H. G., solchenfalß wan sie ihre volcker anderwerz
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geführt, wurde sie auch andere orth und gelegenheit occupiren konnen,
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darauß die contributiones zu haben. Und weren auch noch sonsten andere
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conditiones gewesen, die evacuation zu tractiren und zu schließen. Weilen
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aber diß negotium dergestalt von den Franzosen pure gesteckt und einge-
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stelt , seye es also geschehen, aber alles nur in praeiudicium catholicae
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religionis, und zu undergang der von Carolo Magno fundirter stiffter.
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Welches I. H. G. und menniglich desto mehrers befrembde, weiln ahn
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seithen Franckreich ye undt allezeit bey wehrenden diesem krieg vorgeben,
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daß sie mit den reich und deßen angehorigen stenden nichts zu thun haben,

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wan sie gegen dieselbe in kriegssachen sich nichts einmischten. Wie man
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aber sehe, daß die neutralitet underschiedlich ertheilt, und de facto einer
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undt der ander verschont würde, so muste etwas anderß darunter verbor-
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gen , und mit den catholischen und geistlichen dieser endts vor sein.

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Warauff er, daß ihme anderst nichts wissend, alß was schon vorgemelt.
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6–8 Zweiffele – werden] am Rande: an Curbairn außzulassen
Zweiffele sonsten nit, wan Churcollen bey Franckreich die neutralitet
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wurde suchen, daß selbe nit allein nit verwaigert, sondern noch bey andern
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nomine coronae Gallicae eußerist wurde befurdert werden. I. H. G.
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replicirten,

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9–10 solches – solt] am Rande: similiter
solches wurde noch lange weil veruhrsachen, wan man erst zu
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Pariß darumb einkommen, und folgendts daruber tractirt werden solt. Ob
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er also nit vermainte, daß andere mittel, etwan hier oder sonst, das Calvini-
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sche fewer, alß etwa durch ein armistitium, zu stillen. Ad hoc er
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Rortèe hinwieder, ein stillstand der waffen werde bey allerseiz alliirten der
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zeit hart zu erheben sein, es were dan auf eine gute anzal von jahren, und
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daß alles in dem stand, worin es iezo, verpliebe. Dieses, sagten I. H. G.
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hierauff, wurden schwere, ia unmuglich und im gewissen unverandtwort-
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liche conditiones sein, und in specie mit Paderborn, wan in selbigem stifft,
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der veranlaßung nach, deßgleichen auch im stifft Oßnabruck, Minden, Ver-
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den , Münster – des erzstiffts Mainz, Speyer, Wormbs, Fulda und anderer
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orthen iezo zu geschweigen – die catholische religion, auch die herrschafft
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wieder alles recht und billichkeit so lang exuliren und vertrieben pleiben
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solten. Mit welchem der baron de Rortèe das propositum geändert, und
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vermeldet, daß sie des St. Romain

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Melchior Harod de Senevas (1614–1694), baron de Saint-Romain, französischer Resi-
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dent in Münster 1643–1648.
mit verlangen, wie auch des duca de
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Longeville erwartteten. Und werde man sich Franzosischen theilß zum frie-
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den selbst zu schreitten angelegen sein laßen [...].

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W bei Contarini: Den discurß von gefehrlichem zustand des krieges im
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reich und in der ganzen christenheit angefangen. Wobey der Venetus
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vermeldet, daß um soviel da mehr die Schweden auch von den Franzosen
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selbst zue apprehendiren, weilen sich mit ihnen die Staden gegen Denne-
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marck sicher alliiren wurden, auch daß die anseestätt, indeme es, der
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Schweden außgeben nach, pro liberatione onerum im Sund angesehen, mit
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ihnen umb assistenz in tractat stunden. So halte auch mit ihnen das par-
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lament in Engelland, daß es also eine newe ligam der uncatholischen in
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Europa abgebe, die Schweden sich gleichsamb caput machen, und andere
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ahn sich ziehen, welches alles wol zu apprehendiren. Auf welches I. H.
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G., dieses alles könten chur- und fursten des reichs wol begreiffen, hettens
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auch Churcollen und Bayern alhier bißdato mehrmaln remonstriren laßen.
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Es seye aber wenigers nit den Franzosen gar wol aufzumercken und zu be-

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dencken , ob ihnen selbsten dienlich, dergestalt mit den Schweden lenger zu-
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zuhalten , oder nit mehrers zu befurdern ursach hetten, daß die catholische
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coniunctis animis et viribus zusamenstehen mochten. Warauff der Ve-
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netus , daß er offt und vielmaln sowol mit dem herrn nuncio in gesambt,
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alß fur sich allein dieses hier und zu Pariß remonstrirt, und erwartteten der
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resolution von dar mit verlangen, kondten sich auch nit genugsamb uber
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langes des St. Romain außpleiben verwundern. Er schließe diß darauß, daß
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man zu Pariß selbst uber der Schweden progressus und iezige coniuncturn
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perplex sein, und die resolution, was deßhalber zu thun, sobald nit werde
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finden konnen. Wavon I. H. G. occasion genommen, ihme zu erzehlen,
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was fur discurß sie mit dem Rorteè sowol ratione evacuationis alß armisti-
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tii gefuhrt. Und gedachte der Venetus dabey auch des vorgehenden rueffs
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wegen obsedirung Paderborn, mit vermelden, obs wol I. H. G. andeutten
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nach noch nit beschehen, so were doch der erfolg zu besorgen. Und
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erzehlte hiebey, welchergestalt er die versöhnung zwischen beyden Franzo-
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sischen , dem d’Avaux und Servient, getroffen [...].

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