Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 III 26
1645 III 26
Sonntag W bei Chigi. Dank für Chigis Schreiben an
Pamfili in der Kölner Koadjutoriesache
Camillo Pamfili-Maidalchini (1622–1667), Kardinal 1644–1647. In Köln war 1642 II
10 der Neffe des Kurfürsten, Hg. Maximilian Heinrich von Bayern (1621–1688), zum
Koadjutor gewählt worden, wogegen der unterlegene Kandidat, der Domdechant Hg.
Franz von Lothringen (1599–1661), Protest eingelegt hatte. Die endgültige päpstliche
Entscheidung stand noch aus. Vgl. J. Foerster S. 392f.
. Entschuldigung wegen
Verzögerung seiner Vorsprache in der Türkenfrage und Dank für die den
Bayern erteilte Resolution. Bitte um Verwendung für die Sicherheit des
Kammergerichtes in Speyer bei den Franzosen. Da die bisherigen französi-
schen Salvegardien nicht respektiert worden sind, werde am besten Speyer
für neutral erklärt. Auß welchem der herr nuncius mit dem
Venetianischen und folgents in gesambt mit den Franzosen zu reden sich
erpotten und alles gar guet befunden. Diesem nach gedachten I. H. G.
der tractatuum pacis dahin, es seye hochstens zu bethawren, daß die Fran-
zosen nichts auf die disseitige replic thetten, ja so gar keine andwort dar-
auff geben, welches alle gute herzen nit unbillich kleinmutthig gemacht,
sonderlich wegen ieziger coniuncturn bey dem iüngst in Boheimb
unglucklich vorgangenen treffen. Weilen nun der her nuncius ihr
schon vor guter zeit die vertrostung geben, daß er neben dem Veneto
deßwegen in die Franzosische mit ernst und eiffer tringen wolte, läßt W
sich von Chigi berichten, was während seiner Erkrankung deshalb vorge-
fallen ist: Am Montag haben die Mediatoren die Franzosen aufsuchen
wollen, die aber, weil sie um den Zweck des Besuches wußten, einige Tage
Aufschub erbaten. Unterdessen hat Saavedra den Mediatoren vorgetragen,
daß neben ihm auch die Ksl. es für bedenklich hielten, wenn man gerade
nach der Niederlage bei Jankau die Friedensbemühungen verstärke, da das
die Feinde noch übermütiger mache. Darauf haben die Mediatoren, um Ksl.
und Kurfürstliche nicht zu verletzen, alle weiteren Schritte bis zum Ein-
treffen der Post aus Frankreich verschoben. I. H. G. replicirten
hierauff, ihro komme dißes sehr befrembd und wunder vor, zumaln sie viel
mehr das contrarium wusten, indeme sowol die Kayserlichen als sie und
Churbayerische den austrücklichen befelch hetten, omni meliori modo et
quocumque tempore die tractaten zu stimuliren und fortzusezen. Und kon-
ten gar nit begreiffen, wie der Savedra dergleichen sich understehen und
sagen dörffen, weniger glauben, daß die Kayserliche davon wissenschafft
haben oder dieser mainung sein solten; gestalt sie dan nicht underlaßen,
sich deßen morgen ahm tag zu erkundigen, und ihnen herrn nuncium der
bewandtnus hinwieder zue berichten. Dabey nebens gebetten, daß doch die
erinnerung bey den Franzosischen ja lenger nit, alß dem vorhaben nach,
auf erchtag möchte verschoben werden, welches er angelobet. Und sezten
I. H. G. dießem begehren noch ferner hinzu, daß, da wieder verhoffen die
Franzoßen ye zur formalproposition ad pacem nit zue bewegen, von einem
armistitio, deßen sie underschiedlich erinnert, auf die bahn gepracht wer-
den möchte. Worauf der herr nuncius, er wisse nit, was hiebey der
herren Kayserlichen mainung eigentlich seye; vom Savedra verspuhre er
zumal keinen sinn oder lust darzu. Auf welches I. H. G., dem were wie
ihm woll, a parte des reichs würde man die Spanier, ob sie mit Franckreich
einen frieden oder stillstand der waffen in ihren konigreich und landen
wolten eingehen, nit viel bitten, und hingegen wegen fortsezung der frie-
denstractaten , auch des armistitii halber sich ohne dem wol vergleichen
konnen, und von ihrentwegen in mehrer gefahr und ruin nit sezen wollen.
Der her nuncius andworttete, mit I. H. G. seye ers in allem ganz eins, nur
seye zu bethauren, daß die Franzosen so gar auf keinen weg zu pringen.
Wie es dan ahn dem, daß, obgleich die mediatores etwas vorschlagen, sie
dannoch, wans ihnen nit annehmblich oder gefellig, still darzu schweigen,
und die mediatores, ihres stimulirens ungeachtet, nur ansehen. Welches
ihnen nit wenig verdrießlich, und die patientz schier verliehren machen
thette. Addebat, dem verlauth nach werde der Longeville zwarn anhero,
villeicht aber sobald nicht, alß die Franzosen außgeben, kommen, und
besorge er doch, daß durch seine praesenz, wan diese beyde verbleiben
solten, den sachen nit genug werde geholffen sein, und insonderheit mit des
Servients humor nit vergleichen konnen. Bericht Ws über Festnahme
und Freilassung des Osnabrücker Domdechanten
, alles gegen den
außtrucklichen buchstaben des praeliminarvergleichs. Und ob es woll den
nahmen haben soll, alß wan es ohn vorwissen des Oxensterns geschehen,
seye doch alles durch ihnen selbst angestelt und verhengt worden. Wo-
ruber der herr nuncius sich verwundert und angelobt, daß ers den Fran-
zosen , sonderlich dem d’Avaux, alß der ihnen in dieser sach eines weit
andern versichert, vorhalten und eiffrig remonstriren wolte. [...].
Pamfili in der Kölner Koadjutoriesache
Camillo Pamfili-Maidalchini (1622–1667), Kardinal 1644–1647. In Köln war 1642 II
10 der Neffe des Kurfürsten, Hg. Maximilian Heinrich von Bayern (1621–1688), zum
Koadjutor gewählt worden, wogegen der unterlegene Kandidat, der Domdechant Hg.
Franz von Lothringen (1599–1661), Protest eingelegt hatte. Die endgültige päpstliche
Entscheidung stand noch aus. Vgl. J. Foerster S. 392f.
Verzögerung seiner Vorsprache in der Türkenfrage und Dank für die den
Bayern erteilte Resolution. Bitte um Verwendung für die Sicherheit des
Kammergerichtes in Speyer bei den Franzosen. Da die bisherigen französi-
schen Salvegardien nicht respektiert worden sind, werde am besten Speyer
für neutral erklärt. Auß welchem der herr nuncius mit dem
Venetianischen und folgents in gesambt mit den Franzosen zu reden sich
erpotten und alles gar guet befunden. Diesem nach gedachten I. H. G.
der tractatuum pacis dahin, es seye hochstens zu bethawren, daß die Fran-
zosen nichts auf die disseitige replic thetten, ja so gar keine andwort dar-
auff geben, welches alle gute herzen nit unbillich kleinmutthig gemacht,
sonderlich wegen ieziger coniuncturn bey dem iüngst in Boheimb
unglucklich vorgangenen treffen. Weilen nun der her nuncius ihr
schon vor guter zeit die vertrostung geben, daß er neben dem Veneto
deßwegen in die Franzosische mit ernst und eiffer tringen wolte, läßt W
sich von Chigi berichten, was während seiner Erkrankung deshalb vorge-
fallen ist: Am Montag haben die Mediatoren die Franzosen aufsuchen
wollen, die aber, weil sie um den Zweck des Besuches wußten, einige Tage
Aufschub erbaten. Unterdessen hat Saavedra den Mediatoren vorgetragen,
daß neben ihm auch die Ksl. es für bedenklich hielten, wenn man gerade
nach der Niederlage bei Jankau die Friedensbemühungen verstärke, da das
die Feinde noch übermütiger mache. Darauf haben die Mediatoren, um Ksl.
und Kurfürstliche nicht zu verletzen, alle weiteren Schritte bis zum Ein-
treffen der Post aus Frankreich verschoben. I. H. G. replicirten
hierauff, ihro komme dißes sehr befrembd und wunder vor, zumaln sie viel
mehr das contrarium wusten, indeme sowol die Kayserlichen als sie und
Churbayerische den austrücklichen befelch hetten, omni meliori modo et
quocumque tempore die tractaten zu stimuliren und fortzusezen. Und kon-
ten gar nit begreiffen, wie der Savedra dergleichen sich understehen und
sagen dörffen, weniger glauben, daß die Kayserliche davon wissenschafft
haben oder dieser mainung sein solten; gestalt sie dan nicht underlaßen,
sich deßen morgen ahm tag zu erkundigen, und ihnen herrn nuncium der
bewandtnus hinwieder zue berichten. Dabey nebens gebetten, daß doch die
erinnerung bey den Franzosischen ja lenger nit, alß dem vorhaben nach,
auf erchtag möchte verschoben werden, welches er angelobet. Und sezten
I. H. G. dießem begehren noch ferner hinzu, daß, da wieder verhoffen die
Franzoßen ye zur formalproposition ad pacem nit zue bewegen, von einem
armistitio, deßen sie underschiedlich erinnert, auf die bahn gepracht wer-
den möchte. Worauf der herr nuncius, er wisse nit, was hiebey der
herren Kayserlichen mainung eigentlich seye; vom Savedra verspuhre er
zumal keinen sinn oder lust darzu. Auf welches I. H. G., dem were wie
ihm woll, a parte des reichs würde man die Spanier, ob sie mit Franckreich
einen frieden oder stillstand der waffen in ihren konigreich und landen
wolten eingehen, nit viel bitten, und hingegen wegen fortsezung der frie-
denstractaten , auch des armistitii halber sich ohne dem wol vergleichen
konnen, und von ihrentwegen in mehrer gefahr und ruin nit sezen wollen.
Der her nuncius andworttete, mit I. H. G. seye ers in allem ganz eins, nur
seye zu bethauren, daß die Franzosen so gar auf keinen weg zu pringen.
Wie es dan ahn dem, daß, obgleich die mediatores etwas vorschlagen, sie
dannoch, wans ihnen nit annehmblich oder gefellig, still darzu schweigen,
und die mediatores, ihres stimulirens ungeachtet, nur ansehen. Welches
ihnen nit wenig verdrießlich, und die patientz schier verliehren machen
thette. Addebat, dem verlauth nach werde der Longeville zwarn anhero,
villeicht aber sobald nicht, alß die Franzosen außgeben, kommen, und
besorge er doch, daß durch seine praesenz, wan diese beyde verbleiben
solten, den sachen nit genug werde geholffen sein, und insonderheit mit des
Servients humor nit vergleichen konnen. Bericht Ws über Festnahme
und Freilassung des Osnabrücker Domdechanten
außtrucklichen buchstaben des praeliminarvergleichs. Und ob es woll den
nahmen haben soll, alß wan es ohn vorwissen des Oxensterns geschehen,
seye doch alles durch ihnen selbst angestelt und verhengt worden. Wo-
ruber der herr nuncius sich verwundert und angelobt, daß ers den Fran-
zosen , sonderlich dem d’Avaux, alß der ihnen in dieser sach eines weit
andern versichert, vorhalten und eiffrig remonstriren wolte. [...].