Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 I 25
1645 I 25
Mittwoch Nach Unterredung mit W verläßt Krebs in
dessen Wagen Münster.
W bei Rorté. Klage über Unterdrückung des Kapitels und der Katholiken
in der Stadt Osnabrück. Während Rorté argumentiert, die Gesandten
könnten wenig tun, da die Stadt sich auf ihr Recht und das Herkommen
berufe, gibt W die Schuld dem Einfluß der Schweden, mit denen Frank-
reich im Bündnis stehe. So würden durch Frankreichs Mithilfe auch im
Stift viele Geistliche vertrieben, die zur Zeit des lutherischen Administra-
tors Philipp Sigismund
unbehelligt blieben, und die Katholiken zum
Abfall gebracht, wogegen Rorté Einzelfälle von französischer Intervention
zugunsten katholischer Interessen anführt. I. H. G. sagten, diß sey alles
gut, wan nur auch in andern sachen ein yeder bey seinem rechten, vermög
der reichssatzungen, erhalten würde. Und hetten sie deßwegen soviel da
mehr ursach und freyheit hierzu zu reden, weil kein competitor weder
beym stifft Oßnabruck noch Minden, also ihr und den catholischen die
stiffter in handen pleiben müsten. Es were dan sach, daß die Franzosen bey
den tractaten solches ändern, und die fundationes Caroli Magni lieber den
Schweden gönnen wolten, welches aber den catholischen nicht lieb sein,
noch yemalen darin consentiren würden. Worauf er, müste bekennen,
daß I. H. G. diese zwey stiffter rechtmeßig zustehen, und seye man auch a
parte Franckreich gar eiffrig hierin, daß den catholischen, was nur immer
zu erhalten muglich, nichts vergeben werden solle. Ahn stifft Verden habe
der Danischer printz einen ansprach und sey von Ihrer Kayserlichen Maje-
stät selbst er in die possession eingesetzt. I. H. G. sagten, es seye nit
ohne, daß er vermain, einige action darauf anzustellen, solches aber seye so-
wol beym Prager schluß alß sonst dergestalt improbirt, daß sie von Ihrer
Kayserlichen Majestät die gewehnliche conferirung der regalien darueber
erlangt, in die possession kommen, und uberall, auch bey allen conventibus,
dafur biß auf diese stundt nit weniger alß mit Oßnabruck und Minden ge-
halten und respectirt worden; wiewoln die Schwedische mit Franckreich
allegirte waffen sie in so weit vertrieben, und solcher stifft dem Ranzaw
in
recompensam geschenckt, von deme es der prinz gegen erlegung 16 000
reichstaler dergestalt abgehandlet, daß ihm selbige, wan er nit dabey plei-
ben kondt, von des stiffts stenden wieder erstattet werden soll, maßen ihm
die stende daruber caution geben mußen, daß, da er bei den stift nit bleiben
konte, ihme solche summa von ihnen wieder restituiert werden sollte,
woraus genugsamb erscheinet, daß er seiner sach selbst nit gar steiff ge-
trawet, und ihme leicht satisfaction zu geben. Gestalt dan auch I. H. G. nit
gedencken, sich dero habenden juris und possession im geringsten yemalß,
maßen sie Ihrer Kayserlichen Majestät mehrmaln zugeschrieben, zu be-
geben. Daß er, der Danische prinz, aber sonst einige rechtmeßige possession
erlangt haben solt, davon seye ihr anderst nit vorkommen, alß daß er
zwarn bey Kayserlicher Majestät deßwegen vor einem jar noch ansuchens
thun laßen, hette aber zur andwort bekommen, daß I. H. G. der rechte
regalisirte bischoff, warwieder einige andere bestendige anordnung zu dero
praeiudicio nicht vorgenommen werden kondt. Und gesetzt, yedoch unge-
standen, daß der Kayser solches gethan, und er einige ansprach dannenhero
hette, so konten sie doch nit begreiffen, warumb Franckreich ihme solches
stifft der catholischen religion willen mehrer alß ihro gonnen solt. Zudem
kondten sie auch nit glauben, daß die Schwedische und Franzosische poli-
tica zueließe, daß der konig von Dennemarck und sein sohn das erzstifft
Brehmen, Verden, Halberstatt, warzu er praetension zu haben vorgibt, und
villeicht nachmalß praetendiren und andere praetextus machen möchte,
maßen noch iungst die ansehnliche graffschafft Pinnenburg ahn sich
gebracht, sambt dem furstenthumb Holstein und anfallende graffschaft
Oldenburg
gleichsamb ein newes konigreich zusammenpringen solt. Wo-
rauf der Rordè etwas gestutzt und allein gesagt, bey den tractaten werde
sich alles geben. Were aber zu wunschen, daß der Kayser selbst nit zu der-
gleichen ursach geben, dan auß dem edicto zu Mulhausen
alles diß unhail
endtstanden were. I. H. G. sagten, die catholische religion were iez biß
zum mare Baltico wol und bestendig solidirt, wan nit der konig in Franck-
reich mit den gegentheyl allein propter privatum odium wieder das hauß
Osterreich die alliance gemacht, und zu dieser undertruckung der catholi-
schen und zerrüttung des Römischen reichs so eiffrig geholffen, welches
sich wol kein catholisch herz hette versehen, weniger glauben können, daß
das reich von einem so christlichen konig dergestalt solte angefochten und
den uncatholischen wieder daßelbe die mittele subministrirt worden sein, ja
gar die catholische liga, welche allein zu recuperation der wiederrechtlich
abgenommener land und leuth, auch conservation des Römischen reichs
libertet und praeeminenz angesehen gewesen, dergestalt von Franckreich
selbst feindlich angriffen werden solt. Auf welches er, daß man disseitz
darzu ursach geben, alß der Gallaß mit ein so ansehnlicher armada ins
konigreich Franckreich eingefallen . I. H. G. hienwieder, sie wusten
sich nit zu erinnern, daß von der catholischen liga yemaln wieder Franck-
reich etwas tentirt, so lang sie gewehret, so wenig alß in Polen gegen
Schweden oder im Mantuanischen krieg; da er einige occasion zu benennen
wuste, solte es ihro zu vernehmen lieb sein. Warauf er, köndte es in
specie nit sagen, und kame darnach von Churbayern zu sagen, daß sein
konig allezeit sonderlich des churfursten auß Bayern verschonet, und in
specie befohlen, ihnen nicht anzugreiffen noch zur ruptur einige ursach zu
geben; daß er auch bey seinen alliirten in suspicion kommen, alß wan er
mit Churbayern und den catholischen colludiren thette. I. H. G. melde-
ten hierbey, sie wisten hiervon so nicht. Es gebe aber der effectus seythero
viel ein anders, und müste es dahero folgen, daß den uncatholischen zu
gefallen ietzt dergestalt wieder Churbayern und andere catholische verfah-
ren würde. Kondten auch in specie wol sagen, daß nit wenig zu verwun-
dern, warumb Churcollen, alß welcher im Rheinischen ertzstifft keine
Kayserlichen, sondern allein seine eigene volcker gehabt, auch fur dieselbe
anderwerzher keine contributiones beygeschafft, und nur in diesen landen
erhalten, auch von Kayserlicher Majestät zugeben worden, dergestalt
feindlich gehalten, daß die landen durch den Guebrian
Jean Baptiste de Budes (1602–1643), comte de Guébriant, französicher Marschall. Über
den Einfall in das Erzstift Köln vgl. oben [S. 39 Anm. 4] . – Von den Ländern des Kölner
Kurfürsten war der Bereich des rheinischen Erzstiftes seit der Neuordnung des Kriegs-
wesens nach dem Prager Frieden in der Weise eximiert worden, daß gegen Sicherung
der Festungen durch kurfürstliche Truppen keine fremden Einquartierungen erfolgen
sollten.
nit allein
gewaltsamb angefallen, Kempen und Neuß eingenommen, besetzt, und zu
noch mehrerem betruck aller geist- und weltlichen den Calvinisten, der
landgraffin zu Heßen Cassel, ganz ubergeben und abgetretten. Dannenhero
veruhrsacht, daß der churfurst die Kayserlichen darin ruffen, und also die-
selbe refier durchgehendts in kriegsflammen nunmehr etlich jahr, ohn daß
die underthanen mit Calvinischer kezerey verführt werden, stecken laßen
muße. Hierauf sagt er Rordè allein, im krieg geb es allerley occasiones
und rencontre. I. H. G., man kondte der Franzosen vorgebene prin-
cipia ad bonum religionis catholicae et imperii ab effectu gar nit judiciren.
Churcollen hette den vorschlag, so die Staden selbst vor etlichen jahren thun
laßen, den districtum zwischen Rhein, Weser biß an die Lipp und zwischen
Maß und Rhein biß ahn die Mosel von allerseitz kriegenden theylen zue
evacuiren bey Ihrer Kayserlichen Majestät, aber mit harter mühe, weiln sie,
wie notori, auß diesen landen großen vortheyl ahn volck gehabt, erhalten.
Wie nun Churcollen solches negotium reassumiren und im Haag weitter
tractiren laßen, were der effectus durch die Franzosen verhindert ; und
also, wie darauß erscheint, allein dahin gesehen werden wolte, wie der
status imperii immutirt, die chur- und fürsten gar vertrieben, ja die stiffter
von außwertigen cronen (maßen mit dem stifft Paderborn geschehen ) fur
lehen und weltliche fürstenthumb angesetzt werden wollen. Welches er,
Rordè, wie auch daß die hinderung im Haag durch Franckreich geschehen,
difficultiren wollen. Es haben aber I. H. G. das erste belangendt vermeldet,
daß authenticam copiam des Schwedischen donation- und lehenbrieffs uber
das stifft Paderborn ahn den landgraffen zu Hessen zur hand zu pringen
leicht seie. Was die hinderung antrifft, sey derienige, welcher zu dem end
meistens in Haag geschickt, alhier, nemblich der ietziger legationsecretari
Brasset, der würde davon, und was seine commission gewesen, und er
geschafft, berichten konnen. Hierauf sagte er, Rordè, sie vernehmen,
daß Churcollen einige tractaten anietzt zu Brüssel treiben laße, sich und
den craiß mit den Spanischen einzulaßen, und wüsten in specie, daß a parte
Spanien auf 200 000 reichstaler assecurirt worden. I. H. G. andwortte-
ten, gesetzt, daß es wer, obs dan Churcollen so hoch zu verublen, daß er
sich quovis modo gegen diejenige, welche sich ihro und ihren landen mit
unbilliche gewalt zu nöttigen, zu schuzen suche. Damit er aber den rechten
grund hiervon habe, seye es damit, wie Churcollen ihro bedeuttet, also be-
wandt, daß die Spanische dem Lamboy
wiederumb eine armada under-
geben, auch ihme und fur die Lottringische volcker die winterquartier in
Colnischen landen zu verschaffen begert, alß aber solches von wegen des
craises abgeschlagen worden, hetten sich die Spanische verlautten laßen,
daß sie es beym Kayser zu erhalten suchen wolten. Nachdem es aber auch
von Churcollen allda verhindert, und darauf die volcker die quartier mit
gewalt zu nehmen sich vorsehen laßen dorffen, hat sich deßen Churcollen
zu Brüssel zum hochsten beklagt, beynebens aber den graff von Geleen, alß
Kayserlichen veldmarschallcken in dießem craiß dahin bewögen, derglei-
chen antrohenden unbillichen gewalt mit gewallt abzukehren. Wie nun
hiervon zu Brüssel erschollen, hat man zu verhuttung weitlauffigkeit mit
Churcollen deßwegen zu tractiren sich veranlaßt, und seyen damaln zu
erhaltung der quartier, wie obgemelt, 200 000 reichstaler certo modo pro
satisfactione der belegten landen mit gewißen conditionen offerirt. Weiln
aber solches ganz kein thunliche sach von Churcollen erachtet worden,
auch in dero macht allein nit gestanden, so haben sie alsobald in scripto
alles rund abgeschlagen, und die tractatus genzlich abrumpirt, worauß
dieses löblichen churfürsten aufrechte gute intention abzunehmen, wiewoln
dieselbe von freund und feinden so ubel recompensirt wirdt. Der
Rordè sagt, daß ihm gar lieb, einige erleutterung hiervon zu haben, dan
man hernegst bey deßhalb movirendem discurß desto beßer darzu sprechen
kondte. Und seye zu erbarmen, daß dannoch, was die Spanier thun, alles im
reich so wol gethan seye [...]. Es gedachte der Rordè weitter, es sey ein
wunderlich ding, daß der churfurst von Tryer propter peccatum originale,
daß er den Spanier nie gutts gegonnet, und in protection des konigreichs
Frankreich zu conservirung der catholischer religion wieder die Schweden
begeben hette, dergestalt leiden muste, und gegen die reichsconstitutiones
gethan zu haben, außgeschreyen werde; dha doch dem churfürsten von
Mainz alles hingehe, da er sich zuvor eben auch in Spanische protection
begeben, Spanische volcker in sein land genommen, und anietzt mit selbi-
gen konigreich alliirt were. Er hette den hern (Churtryer mainendt) so lang
gekhendt, gestalt seine, des Rorde, mutter und des Conradt von Sötern
fraw
seyen zwo schwestern gewesen, daß er also offt bey ihme, dem chur-
fürsten, gewest und von seiner aufrechten guten intention wol zeugnus
geben kondt. I. H. G. sagen hierauff, sie wusten, daß er allzeit fur
einen verstendigen hern gehalten worden. Sonsten belangendt vernehmen
sie, daß ahm Kayserlichen hoff allerley schwere sachen, die mehr alß den
bey Franckreich gesuchten schutz antreffen, specificirt wurden, immaßen
die acta, was mit dem St. Chaumont und Bussi tractirt, bey ubergang der
statt Tryer in originali gefunden worden. Darauf andworttete er, man
müste sehen, daß dergleichen sachen aufgehoben und fried gemacht werde,
wie er dan verhoff, daß man zu den tractaten bald schreitten werd.
Solches, sagten I. H. G., were zu wünschen ye bälder ye beßer, wan aber
dergleichen mißtrawens, wie mit der herren churfursten tractament iez de
novo hervorgebracht wirdt, weitter gemacht, seye davon so bald nichts zu
hoffen. Er aber gab gute vertrostung.
Mitteilung Nassaus: Laut Schreiben der Ksl. in Osnabrück bestehen die
Schweden auf einem Paß für die Stadt Straßburg. W sieht keine diffi-
cultet darin, zumalen Straßburg alß ein reichsstatt bey den tractaten zu
erscheinen befugt, auch sonsten vorhin under den alliirten stenden mitbe-
griffen were; und nit zu zweifflen, dha mans abschlagen solt, der gegen-
theyl ursach haben würde, uberall außzuschreyen und zue ruffen, daß man
nomine Caesaris weder die mediat noch immediat stende zu dießsen trac-
taten verglaiten wolle, und also damit einen großen undanck auf sich laden.
– Zustimmende Antwort Nassaus.
dessen Wagen Münster.
W bei Rorté. Klage über Unterdrückung des Kapitels und der Katholiken
in der Stadt Osnabrück. Während Rorté argumentiert, die Gesandten
könnten wenig tun, da die Stadt sich auf ihr Recht und das Herkommen
berufe, gibt W die Schuld dem Einfluß der Schweden, mit denen Frank-
reich im Bündnis stehe. So würden durch Frankreichs Mithilfe auch im
Stift viele Geistliche vertrieben, die zur Zeit des lutherischen Administra-
tors Philipp Sigismund
Abfall gebracht, wogegen Rorté Einzelfälle von französischer Intervention
zugunsten katholischer Interessen anführt. I. H. G. sagten, diß sey alles
gut, wan nur auch in andern sachen ein yeder bey seinem rechten, vermög
der reichssatzungen, erhalten würde. Und hetten sie deßwegen soviel da
mehr ursach und freyheit hierzu zu reden, weil kein competitor weder
beym stifft Oßnabruck noch Minden, also ihr und den catholischen die
stiffter in handen pleiben müsten. Es were dan sach, daß die Franzosen bey
den tractaten solches ändern, und die fundationes Caroli Magni lieber den
Schweden gönnen wolten, welches aber den catholischen nicht lieb sein,
noch yemalen darin consentiren würden. Worauf er, müste bekennen,
daß I. H. G. diese zwey stiffter rechtmeßig zustehen, und seye man auch a
parte Franckreich gar eiffrig hierin, daß den catholischen, was nur immer
zu erhalten muglich, nichts vergeben werden solle. Ahn stifft Verden habe
der Danischer printz einen ansprach und sey von Ihrer Kayserlichen Maje-
stät selbst er in die possession eingesetzt. I. H. G. sagten, es seye nit
ohne, daß er vermain, einige action darauf anzustellen, solches aber seye so-
wol beym Prager schluß alß sonst dergestalt improbirt, daß sie von Ihrer
Kayserlichen Majestät die gewehnliche conferirung der regalien darueber
erlangt, in die possession kommen, und uberall, auch bey allen conventibus,
dafur biß auf diese stundt nit weniger alß mit Oßnabruck und Minden ge-
halten und respectirt worden; wiewoln die Schwedische mit Franckreich
allegirte waffen sie in so weit vertrieben, und solcher stifft dem Ranzaw
recompensam geschenckt, von deme es der prinz gegen erlegung 16 000
reichstaler dergestalt abgehandlet, daß ihm selbige, wan er nit dabey plei-
ben kondt, von des stiffts stenden wieder erstattet werden soll, maßen ihm
die stende daruber caution geben mußen, daß, da er bei den stift nit bleiben
konte, ihme solche summa von ihnen wieder restituiert werden sollte,
woraus genugsamb erscheinet, daß er seiner sach selbst nit gar steiff ge-
trawet, und ihme leicht satisfaction zu geben. Gestalt dan auch I. H. G. nit
gedencken, sich dero habenden juris und possession im geringsten yemalß,
maßen sie Ihrer Kayserlichen Majestät mehrmaln zugeschrieben, zu be-
geben. Daß er, der Danische prinz, aber sonst einige rechtmeßige possession
erlangt haben solt, davon seye ihr anderst nit vorkommen, alß daß er
zwarn bey Kayserlicher Majestät deßwegen vor einem jar noch ansuchens
thun laßen, hette aber zur andwort bekommen, daß I. H. G. der rechte
regalisirte bischoff, warwieder einige andere bestendige anordnung zu dero
praeiudicio nicht vorgenommen werden kondt. Und gesetzt, yedoch unge-
standen, daß der Kayser solches gethan, und er einige ansprach dannenhero
hette, so konten sie doch nit begreiffen, warumb Franckreich ihme solches
stifft der catholischen religion willen mehrer alß ihro gonnen solt. Zudem
kondten sie auch nit glauben, daß die Schwedische und Franzosische poli-
tica zueließe, daß der konig von Dennemarck und sein sohn das erzstifft
Brehmen, Verden, Halberstatt, warzu er praetension zu haben vorgibt, und
villeicht nachmalß praetendiren und andere praetextus machen möchte,
maßen noch iungst die ansehnliche graffschafft Pinnenburg ahn sich
gebracht, sambt dem furstenthumb Holstein und anfallende graffschaft
Oldenburg
rauf der Rordè etwas gestutzt und allein gesagt, bey den tractaten werde
sich alles geben. Were aber zu wunschen, daß der Kayser selbst nit zu der-
gleichen ursach geben, dan auß dem edicto zu Mulhausen
endtstanden were. I. H. G. sagten, die catholische religion were iez biß
zum mare Baltico wol und bestendig solidirt, wan nit der konig in Franck-
reich mit den gegentheyl allein propter privatum odium wieder das hauß
Osterreich die alliance gemacht, und zu dieser undertruckung der catholi-
schen und zerrüttung des Römischen reichs so eiffrig geholffen, welches
sich wol kein catholisch herz hette versehen, weniger glauben können, daß
das reich von einem so christlichen konig dergestalt solte angefochten und
den uncatholischen wieder daßelbe die mittele subministrirt worden sein, ja
gar die catholische liga, welche allein zu recuperation der wiederrechtlich
abgenommener land und leuth, auch conservation des Römischen reichs
libertet und praeeminenz angesehen gewesen, dergestalt von Franckreich
selbst feindlich angriffen werden solt. Auf welches er, daß man disseitz
darzu ursach geben, alß der Gallaß mit ein so ansehnlicher armada ins
konigreich Franckreich eingefallen . I. H. G. hienwieder, sie wusten
sich nit zu erinnern, daß von der catholischen liga yemaln wieder Franck-
reich etwas tentirt, so lang sie gewehret, so wenig alß in Polen gegen
Schweden oder im Mantuanischen krieg; da er einige occasion zu benennen
wuste, solte es ihro zu vernehmen lieb sein. Warauf er, köndte es in
specie nit sagen, und kame darnach von Churbayern zu sagen, daß sein
konig allezeit sonderlich des churfursten auß Bayern verschonet, und in
specie befohlen, ihnen nicht anzugreiffen noch zur ruptur einige ursach zu
geben; daß er auch bey seinen alliirten in suspicion kommen, alß wan er
mit Churbayern und den catholischen colludiren thette. I. H. G. melde-
ten hierbey, sie wisten hiervon so nicht. Es gebe aber der effectus seythero
viel ein anders, und müste es dahero folgen, daß den uncatholischen zu
gefallen ietzt dergestalt wieder Churbayern und andere catholische verfah-
ren würde. Kondten auch in specie wol sagen, daß nit wenig zu verwun-
dern, warumb Churcollen, alß welcher im Rheinischen ertzstifft keine
Kayserlichen, sondern allein seine eigene volcker gehabt, auch fur dieselbe
anderwerzher keine contributiones beygeschafft, und nur in diesen landen
erhalten, auch von Kayserlicher Majestät zugeben worden, dergestalt
feindlich gehalten, daß die landen durch den Guebrian
Jean Baptiste de Budes (1602–1643), comte de Guébriant, französicher Marschall. Über
den Einfall in das Erzstift Köln vgl. oben [S. 39 Anm. 4] . – Von den Ländern des Kölner
Kurfürsten war der Bereich des rheinischen Erzstiftes seit der Neuordnung des Kriegs-
wesens nach dem Prager Frieden in der Weise eximiert worden, daß gegen Sicherung
der Festungen durch kurfürstliche Truppen keine fremden Einquartierungen erfolgen
sollten.
gewaltsamb angefallen, Kempen und Neuß eingenommen, besetzt, und zu
noch mehrerem betruck aller geist- und weltlichen den Calvinisten, der
landgraffin zu Heßen Cassel, ganz ubergeben und abgetretten. Dannenhero
veruhrsacht, daß der churfurst die Kayserlichen darin ruffen, und also die-
selbe refier durchgehendts in kriegsflammen nunmehr etlich jahr, ohn daß
die underthanen mit Calvinischer kezerey verführt werden, stecken laßen
muße. Hierauf sagt er Rordè allein, im krieg geb es allerley occasiones
und rencontre. I. H. G., man kondte der Franzosen vorgebene prin-
cipia ad bonum religionis catholicae et imperii ab effectu gar nit judiciren.
Churcollen hette den vorschlag, so die Staden selbst vor etlichen jahren thun
laßen, den districtum zwischen Rhein, Weser biß an die Lipp und zwischen
Maß und Rhein biß ahn die Mosel von allerseitz kriegenden theylen zue
evacuiren bey Ihrer Kayserlichen Majestät, aber mit harter mühe, weiln sie,
wie notori, auß diesen landen großen vortheyl ahn volck gehabt, erhalten.
Wie nun Churcollen solches negotium reassumiren und im Haag weitter
tractiren laßen, were der effectus durch die Franzosen verhindert ; und
also, wie darauß erscheint, allein dahin gesehen werden wolte, wie der
status imperii immutirt, die chur- und fürsten gar vertrieben, ja die stiffter
von außwertigen cronen (maßen mit dem stifft Paderborn geschehen ) fur
lehen und weltliche fürstenthumb angesetzt werden wollen. Welches er,
Rordè, wie auch daß die hinderung im Haag durch Franckreich geschehen,
difficultiren wollen. Es haben aber I. H. G. das erste belangendt vermeldet,
daß authenticam copiam des Schwedischen donation- und lehenbrieffs uber
das stifft Paderborn ahn den landgraffen zu Hessen zur hand zu pringen
leicht seie. Was die hinderung antrifft, sey derienige, welcher zu dem end
meistens in Haag geschickt, alhier, nemblich der ietziger legationsecretari
Brasset, der würde davon, und was seine commission gewesen, und er
geschafft, berichten konnen. Hierauf sagte er, Rordè, sie vernehmen,
daß Churcollen einige tractaten anietzt zu Brüssel treiben laße, sich und
den craiß mit den Spanischen einzulaßen, und wüsten in specie, daß a parte
Spanien auf 200 000 reichstaler assecurirt worden. I. H. G. andwortte-
ten, gesetzt, daß es wer, obs dan Churcollen so hoch zu verublen, daß er
sich quovis modo gegen diejenige, welche sich ihro und ihren landen mit
unbilliche gewalt zu nöttigen, zu schuzen suche. Damit er aber den rechten
grund hiervon habe, seye es damit, wie Churcollen ihro bedeuttet, also be-
wandt, daß die Spanische dem Lamboy
geben, auch ihme und fur die Lottringische volcker die winterquartier in
Colnischen landen zu verschaffen begert, alß aber solches von wegen des
craises abgeschlagen worden, hetten sich die Spanische verlautten laßen,
daß sie es beym Kayser zu erhalten suchen wolten. Nachdem es aber auch
von Churcollen allda verhindert, und darauf die volcker die quartier mit
gewalt zu nehmen sich vorsehen laßen dorffen, hat sich deßen Churcollen
zu Brüssel zum hochsten beklagt, beynebens aber den graff von Geleen, alß
Kayserlichen veldmarschallcken in dießem craiß dahin bewögen, derglei-
chen antrohenden unbillichen gewalt mit gewallt abzukehren. Wie nun
hiervon zu Brüssel erschollen, hat man zu verhuttung weitlauffigkeit mit
Churcollen deßwegen zu tractiren sich veranlaßt, und seyen damaln zu
erhaltung der quartier, wie obgemelt, 200 000 reichstaler certo modo pro
satisfactione der belegten landen mit gewißen conditionen offerirt. Weiln
aber solches ganz kein thunliche sach von Churcollen erachtet worden,
auch in dero macht allein nit gestanden, so haben sie alsobald in scripto
alles rund abgeschlagen, und die tractatus genzlich abrumpirt, worauß
dieses löblichen churfürsten aufrechte gute intention abzunehmen, wiewoln
dieselbe von freund und feinden so ubel recompensirt wirdt. Der
Rordè sagt, daß ihm gar lieb, einige erleutterung hiervon zu haben, dan
man hernegst bey deßhalb movirendem discurß desto beßer darzu sprechen
kondte. Und seye zu erbarmen, daß dannoch, was die Spanier thun, alles im
reich so wol gethan seye [...]. Es gedachte der Rordè weitter, es sey ein
wunderlich ding, daß der churfurst von Tryer propter peccatum originale,
daß er den Spanier nie gutts gegonnet, und in protection des konigreichs
Frankreich zu conservirung der catholischer religion wieder die Schweden
begeben hette, dergestalt leiden muste, und gegen die reichsconstitutiones
gethan zu haben, außgeschreyen werde; dha doch dem churfürsten von
Mainz alles hingehe, da er sich zuvor eben auch in Spanische protection
begeben, Spanische volcker in sein land genommen, und anietzt mit selbi-
gen konigreich alliirt were. Er hette den hern (Churtryer mainendt) so lang
gekhendt, gestalt seine, des Rorde, mutter und des Conradt von Sötern
fraw
fürsten, gewest und von seiner aufrechten guten intention wol zeugnus
geben kondt. I. H. G. sagen hierauff, sie wusten, daß er allzeit fur
einen verstendigen hern gehalten worden. Sonsten belangendt vernehmen
sie, daß ahm Kayserlichen hoff allerley schwere sachen, die mehr alß den
bey Franckreich gesuchten schutz antreffen, specificirt wurden, immaßen
die acta, was mit dem St. Chaumont und Bussi tractirt, bey ubergang der
statt Tryer in originali gefunden worden. Darauf andworttete er, man
müste sehen, daß dergleichen sachen aufgehoben und fried gemacht werde,
wie er dan verhoff, daß man zu den tractaten bald schreitten werd.
Solches, sagten I. H. G., were zu wünschen ye bälder ye beßer, wan aber
dergleichen mißtrawens, wie mit der herren churfursten tractament iez de
novo hervorgebracht wirdt, weitter gemacht, seye davon so bald nichts zu
hoffen. Er aber gab gute vertrostung.
Mitteilung Nassaus: Laut Schreiben der Ksl. in Osnabrück bestehen die
Schweden auf einem Paß für die Stadt Straßburg. W sieht keine diffi-
cultet darin, zumalen Straßburg alß ein reichsstatt bey den tractaten zu
erscheinen befugt, auch sonsten vorhin under den alliirten stenden mitbe-
griffen were; und nit zu zweifflen, dha mans abschlagen solt, der gegen-
theyl ursach haben würde, uberall außzuschreyen und zue ruffen, daß man
nomine Caesaris weder die mediat noch immediat stende zu dießsen trac-
taten verglaiten wolle, und also damit einen großen undanck auf sich laden.
– Zustimmende Antwort Nassaus.