Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 I 16
1645 I 16
Montag Mitteilung Chigis: Nach Ankunft des französischen
Kuriers wollen die Mediatoren spätestens übermorgen auf eine Erklärung
dringen, da sie wissen, daß man in Frankreich die Herausgabe der Proposi-
tion wünscht.
Saavedra bei W: Wenn die Franzosen diese Woche die Proposition nicht
vorlegen, sei deutlich, daß sie den Frieden nicht wollen. Es were zu be-
thauwren , daß der status exercitus imperii so schlecht, und man im reich nit
beßer mit dem Kayser zusammenhalte, sondern ein und ander von dem-
selben sich separirte, ja wol gar mit den Franzosen heimbliche tractatus, die
man doch wol wuste, vorhette. Ob nit ein ding und zu practiziren were, die
Franckisch-, Schwabisch-, Rheinisch- und Westphalische craiß, daß yeder 2,
3 mehr oder weniger thausend man nach proportion und muglichkeit dem
Kayer werben und dem reich zum besten underhalten möcht, zu induci-
ren ; warzu ihm nit undienlich beduncken wolt, wan gleichbalden ein
reichstag, etwan nacher Regenspurg, außgeschrieben, auf deme der Kayser
den reichsstenden der Franzosen impertinentias vorpringen und mit dem-
selben dagegen gute bestendige resolutiones nehmen kondt. I. H. G.
andwortteten ihme Savedra, daß freylich der uble zustand im reich in mili-
taribus und andern sachen zu bethauwren. Wolten, gleich er mit ihro con-
fidenter redete und wol informirt seye, hienwiederumb in confidentia an-
deutten , daß dieienige, so sich tempore belli von Ihrer Kayserlichen Maje-
stät separirt und annoch verpleiben, der wiedrigen religion zugethan; die
catholische getrewe churfürsten und stende aber hetten sich offt und
vielmaln, und sonderlich seitther von anno 1633 hero beklagt, daß ihren
aufrichtigen bestendigen consiliis ahm Kayserlichen hoff kein statt geben,
sondern offters das contrarium vorgenommen worden, und seye diß das
fundament, daß darauf künfftig mehrer und beßer reflexion billich sollte
gemacht werden. Was wegen der craise gemeldet, hielten I. H. G. derzeit
fur ein unpractizirlich und unmügliches ding, zumalen die sachen in gar zu
große verwirrung gerathen. Auffm collegialtag anno 1630 zu Regenspurg,
folgendts anno 1635 Wien, wiederumb anno 1636 und 1637 aufm collegial-
und wahltag, und 1641 auf gemeiner reichsversamblung zu besagtem
Regenspurg seye diß mittel von Churcollen und dem Westvalischen craiß
vorgeschlagen, und theylß durch I. H. G., theylß ander Churcolnische
deputirte negotiirt worden, daß nemblich in diesem craiß ein corpo formirt
und underhalten werden möcht. Man habe aber in dießen 15 jahren die
bewilligung, weniger nachtruck vom Kayserlichen hoff erhalten konnen,
sondern hetten sich nur darauf allerhandt diffidentien herfurgethan, ja die
getrewe stende mit der ublen disciplin dergestalt continiurlich beschwerdt
und heruntergepracht, daß es iezo zu dieser impossibilitet gerathen
. Und
habe es bey andern craisen oben im reich, maßen der Franckische in seinem
schreiben ahn Ihre Kayserliche Majestät starck angeführt, fast eben diese
beschafftenheit. Hierauff sagte Savedra, es seye zu verwundern, nach-
demalen im Franckischen craiß so viele ansehnliche catholische geistliche
fürsten, daß in selbigem dergleichen resolutiones genommen würden.
Deme I. H. G. replicirten, diß seye zwar nicht ohn, er solle aber etwas
zurückgedencken, was fur große mißverstendnus sogar under den chur-,
fürsten und stenden des reichs selbst erwachsen, daß keiner dem andern
mer trawe, oder sich etwas auf einander verlaßen. Bey wehrender catho-
lischer liga hetten sich Ihre Kayserliche Majestät und das reich aller craise
weith beßer versichern konnen, zumalen die unirte stend zusammengehalten,
und cum authoritate in den craisen reden und handtlen dörfften. Nachdem
aber solche liga beym Prager schluß cassirt, werde sich von jahr zu jahren
finden, daß der krieg nichts dan lautter ruin und verlust so vieler land und
seelen, ja disreputation dem ganzen Römischen reich mitgepracht und ver-
uhrsacht . Es hette Franckreich selbst ein großes absehen auf die catholische
ligam gehabt, andere ministri aber hingegen hetten dieselb ein monstrum
genendt, welches man extirpiren müste, auch so lang keine ruhe gehabt, biß
sie anno 1635 durch den Prager Sschluß, ohne vorwissen oder beruffung der
interessirter stende, gegen die anno 1619 zu Munchen vorkommene wich-
tige motiven und gegebene assecuration, auch underschribne accordata
auffgehoben worden
. Was fur groß- und nutzliche dienste diese catholische
liga Ihrer Kayserlichen Majestät, dem Romischen reich und hauß Oster-
reich gethan, müsten propter rei evidentiam alle unpassionirte bekennen,
dahero beßer, daß man auf der chur- und fürsten wolmainenden rhat ein
mehrers absehen annoch hette. Daß von Ihrer Kayserlichen Majestätt ein
reichstag außgeschrieben werden möcht, der mainung seye man allezeit
gewesen, deßen auch durch die mediatores die Franzosische plenipotentia-
rios vertrösten laßen, nemblich bey guter anschickung der friedenstractaten
circa finem die stende pro assecuratione und confirmatione desienigen, was
geschlossen, zusammen zu beruffen. Daß aber solche convocatio, wohin es
er Savedra deuttete, gleiche iezt zu geschehen, dabey gingen ihro prima
fronte allerley zu gemüth, und wurden die Franzosen darauß treffliche
gelegenheit zu mehrer tergiversation und zeitgewinnung erlangen, zuemalen
zue der stende beysammenkunfft wenigstens 6 monat, vermög der reichs-
satzungen gehorig. Bey welchem der Savedra vermainet, daß man in
dergleichen fällen den reichsconstitutionibus so genaw nit würde nachgehen
konnen, sondern auf eheste zusammenkunfft, und daß Ihre Majestät mit
erst anwesenden ye ehender ye besser negotiiren möcht, das absehen richten
müße. Worauf I. H. G. geandtworttet, hierbey seye zu bedencken, ob
nit solchen falß die Franzosen weitter ursach nehmen wurden, zu sagen,
daß der Kayser allein mit etlichen stenden, (maßen sie sich schon under-
schiedlich vernehmen laßen) die von ihme dependirten und er beschrieben,
handlen thett. Dabenebens auch zue beforchten, wie der Franckische craiß
ahn Ihre Majestät zu schreiben understanden, also auch andere stend nach-
folgen und coram Caesare desto starkher reden möchten, welches hernegst,
wan der fried in den meisten puncten alhie getroffen, ihnen bey solcher
zuesammenkunfft benommen sein würde. Dieses aber vermainte der
Savedra, daß authoritate Caesarea (gleich auf andern conventibus) müste
dergleichen hindertrieben werden. I. H. G. replic hierauff ware, daß
iezt ein weit anderer status seye, und sehe er genugsamb selbst, wie der
respect auff seithen gesezt werde. Die uncatholische stend hetten ahn den
außwendigen feindlichen cronen einen starcken rucken und assistenz,
dahero sie audaciores gemacht, und liberius alß nie würden reden, und
sonderlich auch mit den religionsgravaminibus herfurkommen dörffen.
W bejaht die Frage, ob die Brandenburger als formales legati kämen und
erklärt wegen des Status der Bayern, daß nach dem Kollegialschluß von
1636 alle Kurfürsten durch legationes formales den Verhandlungen bei-
wohnen könnten. Saavedra bemerkt, daß die bayerische particular
abordnung der Gegenseite Anlaß gebe, die Pfälzer Frage auf den Kongreß
zu ziehen.
Mitteilung Nassaus durch Reck: Mißbilligung der französischen Proposition
vom 4. Dezember durch Geheimen Rat und Parlament in Paris, da sie sich
mit der Trierer Sache aufgehalten habe. Trotzdem höre man, die Gesandten
wollten weiter auf der Freilassung des Trierers bestehen und hofften sie
auch zu erhalten, worin sie wohl durch die Schreiben von Köln und Bayern
an Trier bestärkt würden. Auch auf die Zulassung der Stände werden sie
wohl weiter dringen, da sie merken, daß man hierin im Reich nicht einig
ist. Wegen Ankunft der Bayern und Brandenburger befürchtet er Präze-
denzstreitigkeiten zwischen Frankreich und Spanien sowie den Kurfürst-
lichen und Venedig, weshalb er eine Unterredung mit W für nötig hält.
Kuriers wollen die Mediatoren spätestens übermorgen auf eine Erklärung
dringen, da sie wissen, daß man in Frankreich die Herausgabe der Proposi-
tion wünscht.
Saavedra bei W: Wenn die Franzosen diese Woche die Proposition nicht
vorlegen, sei deutlich, daß sie den Frieden nicht wollen. Es were zu be-
thauwren , daß der status exercitus imperii so schlecht, und man im reich nit
beßer mit dem Kayser zusammenhalte, sondern ein und ander von dem-
selben sich separirte, ja wol gar mit den Franzosen heimbliche tractatus, die
man doch wol wuste, vorhette. Ob nit ein ding und zu practiziren were, die
Franckisch-, Schwabisch-, Rheinisch- und Westphalische craiß, daß yeder 2,
3 mehr oder weniger thausend man nach proportion und muglichkeit dem
Kayer werben und dem reich zum besten underhalten möcht, zu induci-
ren ; warzu ihm nit undienlich beduncken wolt, wan gleichbalden ein
reichstag, etwan nacher Regenspurg, außgeschrieben, auf deme der Kayser
den reichsstenden der Franzosen impertinentias vorpringen und mit dem-
selben dagegen gute bestendige resolutiones nehmen kondt. I. H. G.
andwortteten ihme Savedra, daß freylich der uble zustand im reich in mili-
taribus und andern sachen zu bethauwren. Wolten, gleich er mit ihro con-
fidenter redete und wol informirt seye, hienwiederumb in confidentia an-
deutten , daß dieienige, so sich tempore belli von Ihrer Kayserlichen Maje-
stät separirt und annoch verpleiben, der wiedrigen religion zugethan; die
catholische getrewe churfürsten und stende aber hetten sich offt und
vielmaln, und sonderlich seitther von anno 1633 hero beklagt, daß ihren
aufrichtigen bestendigen consiliis ahm Kayserlichen hoff kein statt geben,
sondern offters das contrarium vorgenommen worden, und seye diß das
fundament, daß darauf künfftig mehrer und beßer reflexion billich sollte
gemacht werden. Was wegen der craise gemeldet, hielten I. H. G. derzeit
fur ein unpractizirlich und unmügliches ding, zumalen die sachen in gar zu
große verwirrung gerathen. Auffm collegialtag anno 1630 zu Regenspurg,
folgendts anno 1635 Wien, wiederumb anno 1636 und 1637 aufm collegial-
und wahltag, und 1641 auf gemeiner reichsversamblung zu besagtem
Regenspurg seye diß mittel von Churcollen und dem Westvalischen craiß
vorgeschlagen, und theylß durch I. H. G., theylß ander Churcolnische
deputirte negotiirt worden, daß nemblich in diesem craiß ein corpo formirt
und underhalten werden möcht. Man habe aber in dießen 15 jahren die
bewilligung, weniger nachtruck vom Kayserlichen hoff erhalten konnen,
sondern hetten sich nur darauf allerhandt diffidentien herfurgethan, ja die
getrewe stende mit der ublen disciplin dergestalt continiurlich beschwerdt
und heruntergepracht, daß es iezo zu dieser impossibilitet gerathen
habe es bey andern craisen oben im reich, maßen der Franckische in seinem
schreiben ahn Ihre Kayserliche Majestät starck angeführt, fast eben diese
beschafftenheit. Hierauff sagte Savedra, es seye zu verwundern, nach-
demalen im Franckischen craiß so viele ansehnliche catholische geistliche
fürsten, daß in selbigem dergleichen resolutiones genommen würden.
Deme I. H. G. replicirten, diß seye zwar nicht ohn, er solle aber etwas
zurückgedencken, was fur große mißverstendnus sogar under den chur-,
fürsten und stenden des reichs selbst erwachsen, daß keiner dem andern
mer trawe, oder sich etwas auf einander verlaßen. Bey wehrender catho-
lischer liga hetten sich Ihre Kayserliche Majestät und das reich aller craise
weith beßer versichern konnen, zumalen die unirte stend zusammengehalten,
und cum authoritate in den craisen reden und handtlen dörfften. Nachdem
aber solche liga beym Prager schluß cassirt, werde sich von jahr zu jahren
finden, daß der krieg nichts dan lautter ruin und verlust so vieler land und
seelen, ja disreputation dem ganzen Römischen reich mitgepracht und ver-
uhrsacht . Es hette Franckreich selbst ein großes absehen auf die catholische
ligam gehabt, andere ministri aber hingegen hetten dieselb ein monstrum
genendt, welches man extirpiren müste, auch so lang keine ruhe gehabt, biß
sie anno 1635 durch den Prager Sschluß, ohne vorwissen oder beruffung der
interessirter stende, gegen die anno 1619 zu Munchen vorkommene wich-
tige motiven und gegebene assecuration, auch underschribne accordata
auffgehoben worden
liga Ihrer Kayserlichen Majestät, dem Romischen reich und hauß Oster-
reich gethan, müsten propter rei evidentiam alle unpassionirte bekennen,
dahero beßer, daß man auf der chur- und fürsten wolmainenden rhat ein
mehrers absehen annoch hette. Daß von Ihrer Kayserlichen Majestätt ein
reichstag außgeschrieben werden möcht, der mainung seye man allezeit
gewesen, deßen auch durch die mediatores die Franzosische plenipotentia-
rios vertrösten laßen, nemblich bey guter anschickung der friedenstractaten
circa finem die stende pro assecuratione und confirmatione desienigen, was
geschlossen, zusammen zu beruffen. Daß aber solche convocatio, wohin es
er Savedra deuttete, gleiche iezt zu geschehen, dabey gingen ihro prima
fronte allerley zu gemüth, und wurden die Franzosen darauß treffliche
gelegenheit zu mehrer tergiversation und zeitgewinnung erlangen, zuemalen
zue der stende beysammenkunfft wenigstens 6 monat, vermög der reichs-
satzungen gehorig. Bey welchem der Savedra vermainet, daß man in
dergleichen fällen den reichsconstitutionibus so genaw nit würde nachgehen
konnen, sondern auf eheste zusammenkunfft, und daß Ihre Majestät mit
erst anwesenden ye ehender ye besser negotiiren möcht, das absehen richten
müße. Worauf I. H. G. geandtworttet, hierbey seye zu bedencken, ob
nit solchen falß die Franzosen weitter ursach nehmen wurden, zu sagen,
daß der Kayser allein mit etlichen stenden, (maßen sie sich schon under-
schiedlich vernehmen laßen) die von ihme dependirten und er beschrieben,
handlen thett. Dabenebens auch zue beforchten, wie der Franckische craiß
ahn Ihre Majestät zu schreiben understanden, also auch andere stend nach-
folgen und coram Caesare desto starkher reden möchten, welches hernegst,
wan der fried in den meisten puncten alhie getroffen, ihnen bey solcher
zuesammenkunfft benommen sein würde. Dieses aber vermainte der
Savedra, daß authoritate Caesarea (gleich auf andern conventibus) müste
dergleichen hindertrieben werden. I. H. G. replic hierauff ware, daß
iezt ein weit anderer status seye, und sehe er genugsamb selbst, wie der
respect auff seithen gesezt werde. Die uncatholische stend hetten ahn den
außwendigen feindlichen cronen einen starcken rucken und assistenz,
dahero sie audaciores gemacht, und liberius alß nie würden reden, und
sonderlich auch mit den religionsgravaminibus herfurkommen dörffen.
W bejaht die Frage, ob die Brandenburger als formales legati kämen und
erklärt wegen des Status der Bayern, daß nach dem Kollegialschluß von
1636 alle Kurfürsten durch legationes formales den Verhandlungen bei-
wohnen könnten. Saavedra bemerkt, daß die bayerische particular
abordnung der Gegenseite Anlaß gebe, die Pfälzer Frage auf den Kongreß
zu ziehen.
Mitteilung Nassaus durch Reck: Mißbilligung der französischen Proposition
vom 4. Dezember durch Geheimen Rat und Parlament in Paris, da sie sich
mit der Trierer Sache aufgehalten habe. Trotzdem höre man, die Gesandten
wollten weiter auf der Freilassung des Trierers bestehen und hofften sie
auch zu erhalten, worin sie wohl durch die Schreiben von Köln und Bayern
an Trier bestärkt würden. Auch auf die Zulassung der Stände werden sie
wohl weiter dringen, da sie merken, daß man hierin im Reich nicht einig
ist. Wegen Ankunft der Bayern und Brandenburger befürchtet er Präze-
denzstreitigkeiten zwischen Frankreich und Spanien sowie den Kurfürst-
lichen und Venedig, weshalb er eine Unterredung mit W für nötig hält.