Acta Pacis Westphalicae III A 3,1 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 1. Teil: 1645 / Maria-Elisabeth Brunert
Relation des brandenburg-kulmbachischen Gesandten über seineVerhandlungen in Münster über den modus et locus consultandi Osnabrück 1645 August 5/15

2

3

Relation des brandenburg-kulmbachischen Gesandten über seineVerhandlungen in Münster über den modus et locus consultandi


40
Das Lemma lautet in der Druckvorlage: Relation des fürstlich Brandtenburgisch Culmba-
41
chischen abgesandten etc. uber gehabte commission, modum et locum consultandi betref-
42
fend . Bis auf das fehlende etc. ist das Lemma in Meiern identisch.

4
Osnabrück 1645 August 5/15

5
Brandenburg-Kulmbach A II unfol. (= Druckvorlage); damit identisch Braunschweig -
6
Lüneburg-Kalenberg A III fol. 50–53, Hessen-Kassel A II fol. 545–548, Sachsen -
7
Gotha A I fol. 308–309, Sachsen-Weimar A I fol. 131–133’, Sachsen-Weimar B I fol.
8
322–325’, Stockholm , Riksarkivet Diplomatica Germanica vol. 4, Beilage D zu einem Brief
9
Johan Oxenstiernas an die Königin von 1645 VIII 15/25, Wetterauische Grafen ( Nassau -
10
Saarbrücken ) A II fol. 110–114, Meiern I, 547–551 (Druck).

11
Der brandenburg-kulmbachische Gesandte Müller erstattete in der Sitzung fürst-
12
licher und städtischer Gesandter

1
Siehe Nr. [ 6 ] .
folgenden, auf Begehren der Stände zur Dikta-
13
tur

2
Siehe Nr. [ 6 Anm. 15 ] .
gebrachten Bericht:

14
Curialia. Uf die bey denen in neülichkeit gepflogenen deliberationen votis
15
communibus placitirte, an die zu Münster subsistirende fürstlichen herren
16
räth und gesandte mir ufgetragene commission hab ich mich verschienen fe-
17
sto Jacobi, den 25. passato [ /4. August ], nachmittag von Oßnabruckh uf Mün-
18
ster zue raisen begeben. Aldar ich volgenden nachmittags zeitlich unndt wohl
19
mit der hülff Gottes, deme ich darfür lob unndt dangk sage, angelangt, auch
20
sontags, den 27. [ Juli / 6. August ], gegen abent das mit aufgegebene creditiv

4
Siehe Nr. [ 5 Anm. 29 ] .

21
dem Österreichischen directorio bey herrn graffen von Wolckhensteins gna-
22
den einantwortten unndt umb benambsung einer stundt zur anhörung [ bit-
23
ten
], worauf zwar dieselbe sich, das sie im ausziehen in ein ander losament
24
begrieffen, entschuldigen unndt derentwegen begehren, ob ich mich etwa
25
nach 2 tagen, bis sie sich in etwas einrichten köndten, wieder anmelden
26
wolte, hernacher aber, undt zwar, wie ich berichtet, uf erinnern des Käyser-
27
lichen herrn plenipotentiarii herrn Vollmars etc., den 28. Julii [ /7. August ]
28
9 uhr vormittag mir benennen lasßen.

29
Da ich dann die aufgetragene commission beylauftig dahin abgelegt, das,
30
praemissis curialibus et oblatione officiorum, ich zu verstehen geben, wel-
31
chergestalt das churfürstliche zu Langerich gefaste conclusum

5
Siehe Nr. [ 1 Anm. 1 ] .
denen zu Os-
32
nabruckh anwesenden herren fürstlichen, gräfflichen undt der erbaren frey-
33
unndt reichsstädt räth, pottschafften undt gesandten were eröffnet

6
Am 27. Juli 1645 (s. Nr. [ 1 ] ).
undt da-
34
bey begehrt wordten, das man die sachen in consultation nehmen undt för-
35
derliche dero schrifftliche resolution dem Churmaintzischen directorio zu-
36
stellen lasßen wolten. Nun hetten sie wünschen, das die collegia beyeinander
37
sein undt von so hochwichtigen puncten, darvon subsequentes tractatus de-
38
pendiren , coniunctim deliberiren unndt schliesen mögen. Sintemahln sie aber
39
in den gedanckhen, das gleichwie ihnen diese apertur in particulari gethan,
40
also werdte dergleichen auch gegen die alhier subsistirende beschehen sein.
41
Damit nun aber gleichwohln ihnen culpa remorae nicht zu imputiren, so
42
hette[ n ] sie die sachen in deliberation genommen, sich einer resolution

7
Gemeint ist Des Heil. Roem. Reichs Fuersten und Staende zu Oßnabrueck, ueber dem Modo
8
Deliberandi & Agendi, bey gegenwaertiger Friedens=Handlung, beliebter Schluß (s. Nr. [ 5 ]
9
[ Anm. 11 ] ).
ver-

[p. 78] [scan. 222]


1
glichen unndt dem Churmeintzischen directorio einantwortten lasßen, bene-
2
benst aber mir in commissis ufgetragen, solche auch denen alhier subsistiren-
3
den fürstlichen herren räthen undt gesandten zu uberreichen undt dabey ex-
4
presse zu contestiren, das sie denselben im wenigsten was praescribiren noch
5
dero hochvernünfftigen consiliis praeiudiciren oder vorgreiffen, sondern viel-
6
mehr hoffen unndt bitten wolten, sie werdten das werckh ebenmesßig in
7
reiffe deliberation dergestalt nehmen unndt befördern helffen, damit man zu
8
einer beliebender conformitet gelangen undt das haubtwerckh der so hoch
9
desiderirenden pacification undt tranquillirung patriae cum effectu antretten
10
unndt fortstellen möge, annexo voto, das der liebe Gott gnad, glückh unndt
11
seegen hierzu zu seines nahmens ehr unndt des lieben vatterlandts wohlfahrt
12
mildiglich verleihen wolle etc., adiuncta recommendatione des hauptwerckhs
13
et officiorum.

14
Worauf ihr gräfflichen gnaden antwortt ungefehrlichen dahin fiele, das sie
15
das anbringen brevibus repetirten, dann officiosae salutationis sich bedanckh-
16
ten annexa petitione, dergleichen gegen die herren abgesandte zu Oßnabruckh
17
etc. reciproce zu verrichten. Unndt weiln sie erst in neülichkeit hier angelangt
18
unndt seines herren collegae

10
Gemeint ist Dr. Leonhard Richtersberger (gest. 1650). Aus Bayern stammend, war er zunächst
11
Hof- und Gerichtsadvokat in Wien, wurde 1631 niederösterreichischer Landschreiber, später
12
ksl. GR . Er wurde 1636 geadelt mit dem Prädikat „von Richtersberg“, wurde 1638 nieder-
13
österreichischer Regimentsrat, war 1640 österreichischer Ges. auf dem RT zu Regensburg, seit
14
1642 auf dem Reichsdeputationstag zu Frankfurt und wurde 1647 Kanzler des Regiments
15
( Starzer , 439). Richtersberger kam vor dem 19. Oktober 1645 in Münster an, führte an
16
diesem Tag erstmals das Direktorium im dortigen FR und reiste am 9. November nach Osna-
17
brück , um dort das Direktorium im FR zu übernehmen ( APW [ II A 2 Nr. 288, 569 Z. 11f. ] ;
18
APW [ II C 1 Nr. 411, 801 Z. 24f. ] ; APW [ III A 1,1 Nr. 53, 367 Z. 20f. ] und [ Anm. 1 ] ).
, so das directorium ex parte Oesterreich bey dem
19
Franckfurther deputationtag geführt, erwartteten, inmittels auch ihr wenig
20
communication weder von den chur- noch fürstlichen collegio beschehen, als
21
were leichtlich zu ermesßen, bekendten auch gern, das sie noch zur zeith
22
schlechte nachrichtung weder von ietzt angebrachten noch anderen puncten,
23
was etwa mitlerzeith gehandelt wordten, hetten. Wolten aber nicht unterlas-
24
ßen , die überreichten schrifften zu durchsehen unndt anstalt zu machen, damit
25
es ad notitiam et deliberationem anderer anwesender fürstlicher herren räthen
26
undt gesandten gebracht unndt das liebe friedenswerckh haubtsächlichen der-
27
mahleinist vorgenommen undt befördtert werdte, worbey er an seinem ort
28
nichts erwindten lasßen wolte, repetito priori voto etc.

29
Welches dann, meinen grosgünstigen, hochgeehrten herrn comittenten ich zu
30
hinderbringen unndt dero gute intention zu rühmen, mich erbotten. Denen
31
es erfreülich zu vernehmen sein, in hoffnung, ihr gnaden von so heilsamber,
32
friedfertiger intention nicht aussetzen würdten, bis der vorgesetzte zweckh
33
des lieben friedens erlangt werdte.

34
Discurrendo gedachten ihr gnaden, das sie vermeindt, es were in puncto mo-
35
dum et locum consultandi betreffend durch die translation des Franckfurthi-
36
schen deputationtags abhelffliche mas gegeben wordten.

37
Wargegen ich aber remonstrirte, das, weiln viel anderer fürsten unndt ständte
38
gesandte bey der stell, so wolten sie sich von den deliberationibus nicht ex-
39
cludiren lasßen, sondern competentia vota et suffragia pari iure als die ordi-
40
narii deputati exerciren, worauf sie es uf einhoelung besßerer information ge-
41
stellt sein liesßen.

42
Den 29. [ Juli / 8. August 1645 ] gegen abent hat das Österreichische directo-
43
rium zu einer conferenz uf morgenden tag umb 9 uhr ansagen lasßen. Da
44
dann mitwochs, den 30. Julii [ /9. August ], in hochwohlgemelden herrn graf-

[p. 79] [scan. 223]


1
fens von Wolckhenstein logement erschienen unndt die örtendtliche sessio-
2
nes eingenommen, nemblichen uf der geistlichen banckh:

3
Oesterreich

19
Österreichs Session auf der geistlichen Bank: s. Nr. [ 3 Anm. 22 ] . Österreich war am 9. August
20
1645 in Münster nur durch Gf. Wolkenstein vertreten ( Wien Österreichisches StA
21
HHStA RK FrA Ka 1, Mappe WFr XXIX fol. 28).
, Burgundt

22
Ges. der Hoch- und Freigft. Burgund war der aus Löwen gebürtige Peter Weyms
23
(1610–1650). Er war Jurist, Mitglied des Hohen Rat zu Mecheln und seit 1639 Präsident des
24
Privinzialrats zu Luxemburg. Weyms votierte als einziger lat. ( Wien HHStA StK , FrA
25
Ka 1, Mappe WFr XXIX fol. 30–30’ = burgundisches Votum im Protokoll von 1645 VII 30 /
26
VIII 9; Neyen III, 468; Arendt , 215; Lonchay / Cuvelier , 223; Dickmann , 114).
, Bamberg, Costnitz, auch mit vollmacht wegen
4
Würtzburg

27
Bf. Johann Philipp von Schönborn (1605–1673, seit 1642 Fürstbf. von Würzburg, seit 1649
28
Kf. von Mainz, seit 1663 Fürstbf. von Worms und Reichsfhr.: Jürgensmeier , Schönborn,
29
J. Ph., 438–442) entsandte erst im September 1645 einen eigenen Ges. , der im November am
30
Kongreß eintraf ( Dietz , Vorburg, 77, 83f.).
, Münster

31
Bf. von Münster war Kf. Ferdinand von Köln (1577–1650), 1612 Kf. von Köln, Fürstbf. von
32
Lüttich, Hildesheim und Münster, Fürstabt von Stablo-Malmedy ( Foerster ; Gatz , Ferdi-
33
nand , 107–111).

34
Ges. des Hst.s Münster waren der Kanzler des Hst.s, Merfeldt (s. Nr. 3 Anm. 16), Adolf Hein-
35
rich Droste von Vischering und Christoph Bernhard von Galen ( APW [ III D 1, 349 ] ; Wolff ,
36
210). Droste von Vischering (gest. 1650) wurde 1612 Dompräbendar, 1621 Scholaster und
37
1625 Dompropst zu Münster. 1643 war er bfl. Kommissar bei der Neutralitätserklärung der
38
Stadt Münster ( APW [ III D 1 Nr. 18 ] , [ 23 ] ; Germania Sacra NF 17.2, 64f.).

39
Christoph Bernhard von Galen (1606–1678) hatte das Gymnasium Paulinum in Münster be-
40
sucht und seit 1622 Studium in Mainz, Köln, Löwen und Bourges studiert. Er war seit 1619
41
bzw. 1627 Domherr in Münster, wurde 1642 Domthesaurar, war in diesem Jahr als Ges. von
42
Kurköln bzw. vom Hst. Münster auf dem Frankfurter Deputationstag, wurde 1644 fürstbfl.
43
Rat und 1651 Bf. von Münster ( APW [ III A 4,1, 561 ] ; Kietzell , 104 Anm. 28; Gatz , Galen,
44
144f.).
, Osnabruckh mit vollmacht der stiffter Minden
5
unndt Ferdten

45
Das Hst. Osnabrück wurde durch Wartenberg vertreten (s. Nr. 3 Anm. 16).
, uf der weltlichen banckh aber Bayern

46
Bayern war bei dieser Sitzung durch den Sekundarges. Dr. Johann Adolf Krebs vertreten
47
( DKurbayern II fol. 517; zu Krebs: Nr. 3 Anm. 16).
, Culmbach, Würt-
6
tenberg .

7
Nach beschehener proposition, auch abgelesenen credentialen

48
Wie oben Anm. 5.
undt des
8
ubergebenen gutachtens oder schlusßes

49
Wie oben Anm. 8.
, seindt die maiora dahin gefallen,
9
weiln dieser punct von sehr wichtiger, nachdenckhlicher consideration, als
10
von welchem subsequentes tractatus dependiren undt besorglich mit vielen
11
schrifftwechseln mehr die zeith zu verliehren, als was fruchtbarliches auszu-
12
richten , so erfordere die hohe notturfft, das die gesandte an einen ort zusam-
13
menkommen undt sich eines gewisen modi et loci vergleichen. Undt nach-
14
dem man sich diesseits in hoc negotio nun zum zweiten mahl nach Osna-
15
bruckh verfliegt, so würdten die alda subsistirende für das dritte mahl hinwie-
16
derumb anhero zu kommen verhoffentlich nicht difficultiren, weiln zumahln
17
auf gutbefinden der herren Kayserlichen undt churfürstlichen die aus ihren
18
mitteln zu Osnabruckh anwesende die gesanden auch hierzu [ zu ] disponiren
19
helffen würden. Undt solte zu dem endt ich, der Brandenburg Culmbachi-
20
sche , wiederumb eine reise dahin nehmen, diese ihre meinung den herren ge-
21
sandten alda zu erkennen geben unndt beweglich ersuchen, das sie sich, weiln
22
ja bey dem haubtwerckh kein tag noch stundt zu verabsaumen, vor dismahl
23
allein, quoad hunc actum absque ullo praeiudicio der haubttractaten alhero
24
begeben unndt ein richtiges conclusum machen helffen wolten, zu welcher
25
commission mir bedörffende recredentiales undt schreiben mitgegeben werd-
26
ten solten, inmasßen beygelegtes protocoll

50
Siehe Nr. [ 5 Anm. 30 ] .
mit mehrerm, wie die vota gefal-
27
len , ausweiset.

28
Ob nun wohin ich mich praetensa inhabilitatis excusatione zu endtschuldi-
29
gen vermeint, so hab ich jedoch uf weither zuredten, bevorab in erwegung
30
meines gnädigen fürsten undt herrns befelch unndt habender instruction, das
31
man ja omnem lapidem moviren unndt quovis modo licito das heilsame paci-
32
ficationswesen befördern helffen solle, desßen mit füegen mich nicht zu ent-
33
schuldigen gewust, sondern nachdeme sontags, den 3. [ /13. ] dies, von dem
34
Österreichischen directorio ein creditivschreiben

51
Siehe Nr. [ 6 Anm. 1 ] .
, so dem hochlöblichen di-
35
rectorio ich einantwortten lasßen, mir zugeordtnet wordten, hab ich mich
36
gleich volgenden tags uf den weg gemacht undt mit der hülff Gottes gestern
37
abents alhier angelangt.

38
Inmittelst

52
Inmittelst bedeutet während (vgl. Grimm X, 2123 s. v. inmittels ) .
dieser ausferttigung bin von Kayserlicher maiestätt hochansehen-
39
lichen herrn legato herrn graffens zu Nasßau

53
Gf. Johann Ludwig von Nassau-Hadamar.
excellenz ich zur mittagsmahl-
40

41
40 9. [ ! ] Augusti] So auch Sachsen-Gotha A I, Sachsen-Weimar A I, Sachsen-Weimar
42
B I, Wetterauische Grafen ( Nassau-Saarbrücken ) A II und Meiern , fehlt in
43
Braunschweig-Lüneburg-Kalenberg A III und Hessen-Kassel A II.
zeith den 31. Julii / 9.[ ! ] Augusti eingeladen wordten, deren auch herr Vol-

[p. 80] [scan. 224]


1
mar , dann die Churmeintzischen, als herrn graff Gratzens gnaden, herr Dr.
2
Krebs, wie auch die Fränckische undt Schwebische craisgesandten

Teilnehmer waren also: Volmar, Cratz von Scharffenstein, Johann Adam Krebs, Göbel, Oel-
hafen von Schöllenbach, Köberlin und Burckhardt.
beyge-
3
wohnt . Da nach verrichter mahlzeith vorhochwohlgedachter herrn graffens
4
excellenz lang mit mir von diesen sachen conferirt undt praevia officiosa sa-
5
lutatione gegen die herrn abgesandten mir das werckh cum contestatione eyf-
6
feriger friedensbegierdte zu guter expedition de meliori recommendirt, wel-
7
ches hernacher auch von den andern herrn convivis beschehen, undt aus den
8
discursen wohl zu verspühren gewest, das sie gute hoffnung, die herren abge-
9
sandte sich also erzeigen, damit die haubttractaten diesfalls nicht lenger retar-
10
dirt werdten möchten, gestaltsamb dann aus denen hinc inde gefallenen dis-
11
cursen nachfolgende rationes undt motiven zu recolligiren gewest:

12
1. Weiln gleichwohln der Römischen Kayserlichen maiestätt unnsers aller-
13
gnädigsten herrn, uf welche zweiffelsfrey der ständte alleruntertänigste refle-
14
xion principaliter gerichtet, herren comissarii et plenipotentiarii die gute con-
15
fidenz zu den hieigen

Hieig bedeutet hiesig ( Grimm X, 1310).
herren abgesandten diesfalls stellten.

16
2. Die herren churfürstlichen dieselbe darzu disponiren zu helffen sich erbot-
17
ten , auch vielleicht gereith

Gereith bedeutet bereits ( Grimm V, 3623f. s. v. gereit Punkt 3b).
gethan oder noch thun werdten.

18
3. Die fürstlichen sie deswegen freündtlich undt dienstlich ersuchen undt bit-
19
ten lasßen.

20
4. Die herren gesandte auch im ersten bedenckhen

Bezug auf das Bedenken vom 29. Juni 1645 (s. Nr. [ 2 Anm. 13 ] ). Der gemeinte Passus: Meiern
I, 467
.
selbsten erinnert, das die
21
wichtigkeit der tractaten sonderlichen anfangs erfordern wolle, das alle zu
22
Oßnabruckh undt Münster anwesende abgesandte zusammenkommen unndt
23
sich eines gemeinen conclusi vergleichen,

24
5. nicht wenigers auch sich in beeden bedenckhen

Bezug auf das Bedenken vom 29. Juni 1645 (s. oben Anm. 25; der hier gemeinte Passus: Mei -
ern I, 468) und das Conclusum vom 24. Juli / 3. August (s. Nr. [ 5 Anm. 11 ] ; der hier gemeinte
Passus: Meiern I, 523 ).
erbotten, da ein füegli-
25
cher modus [ agendi ] zu ersinnen, das man sich nach befindenden dingen gern
26
dar{zu} accommodiren wolle, undt aber die Münsterischen eben diesen der
27
völligen zusammenkunfft pro expeditiori halten,

28
6. ingleichen expressa clausula

Bezug auf das Conclusum vom 24. Juli / 3. August 1645, in dem es heißt: Erbiethen sich auch
hiernebenst nochmahls dahin, […] daß sie auch also, da ein besser und bequemer Mittel
ohne Offension bey den auswärtigen Cronen zu ersinnen, dasselbe mit zu belieben sich
jederzeit willig wollen erfinden lassen ( Meiern I, 523 ) .
annectirt, das etliche nach Münster sich be-
29
geben undt alda subsistiren solten.

30
7. Und da man gleich in loco tertio, als etwa zu Lengerich, zusammenkom-
31
men wolte, solches jedoch propter loci incapacitatem et discommoditatem,
32
gestalltsam die herrn Kayserlichen undt churfürstlichen, welche doch in ge-
33
ring {erer anzahl}, erfahren, sehr beschwerlich fallen würdte,

34
8. dieses auch des zu Münster subsistirenden collegii erstes petitum an die
35
herrn abgesandte,

36
9. dabey gleichwohln das Oesterreichische wie auch Churmeintzische als das
37
allgemeine reichsdirectorium sowohln das zu Münster subsistirende electo-
38
rale collegium, als mit denen man sich nach gemachten conclusis im fürsten-
39
rath ohnedas dem reichsherkommen gem{äß} per re- et correlationem eines
40
entlichen notwendig vergleichen mus

Gemeint ist die Vergleichung, bei der das Reichsdirektorium durch Relation und Korrelation
eine Übereinkunft von KFR und FR herbeiführte ( Oestreich , 207).
, zu beobachten.

41
10. Benebenst dieselbe sich zu dergleichen ab- unndt zuraisen reciproce sich
42
erbiethen.

43
11. Undt in vorigen deliberationibus jedesmahls dahin gesehen wordten, ut
44
vel minima suspicio separationis foret evitanda.

[p. 81] [scan. 225]


1
12. Zumahln aber die sachen an ihr selbsten also beschaffen, das es viel ehr
2
unndt besßer durch mündtliche conferenz als vielen schrifftwechseln, daraus
3
offtermahls nur grosße differentien entstehen können, tractirt unnd geschlos-
4
ßen werdten.

5
13. Worbey das principalius zu errinnern, das man sich auch darumb desto
6
weniger damit aufzuhalten habe, weiln ie länger die haubttractaten gehindert
7
undt verzögert, ie mehr jammer, noth und devastation, bevorab im Fränckhi-
8
schen undt Schwäbischen craisen, da ietzo die armeen subsistiren unndt nach
9
belieben insolentissime hausen

Franken war im Sommer 1645 erneut Kriegsschauplatz geworden; der schwed. General Hans
Christopher von Königsmarck erzwang Kontributionen, Proviant und Munition ( Weigel ,
211; Dietz , 97). Zu den militärischen Operationen im schwäbischen Raum s. Heilmann II
2, 686f..
, verursacht wird, dabey andere crais mitlei-
10
denlich zu betrachten tritum illud: „Et tua res agitur, paries cum proximus
11
ardet

nam tua res agitur, paries cum proximus ardet : Horaz , ep. I 18,84.
“, undt dahero desto stärckher zu beschleüniger abhelfung dieses er-
12
barmblichen zustandts zu collaboriren, sintemahln zu besorgen, wann immer
13
einer nach dem andern aufgefresßen, das alsdann gegen die noch übrigen illud
14
leonis ex Aesopo: „Te ultimum reservavi devorandum

Konnte in den Fabeln des Aesop nicht nachgewiesen werden. Erinnert an Polyphems Dank an
Odysseus Te postremum devorabo, eine im 17. Jh. geläufige Sentenz ( Koser , 199; Wan-
druszka
, Reichspatriotismus, 78).
“ practicirt werdte.

15
Als würdte es nachdenckhlich fallen, wann die hiesigen herrn abgesandten
16
diesen ihren petito soferr

Das Wort ferr ist eine veraltete Form für fern ( Grimm III, 1540).
nicht deferiren undt die ehr [ nicht ] anthun, das sie
17
sich zu diesen mahl dahin verfüegen undt zu beförderung des hauptwerckhs
18
ein guten anfang, darzu der liebe Gott gnadt undt seegen von oben herab
19
verleyhen, unverzüglich machen helffen wolten, weiln es zumahln nur auf
20
diesen actum, auch etlich wenig tag angesehen undt allen andern subsequen-
21
tibus unpraeiudicirlich, noch zur continuirlichen consequenz zu allegiren
22
seind, inmasßen solches expresse reservirt undt bedingt wordten, auch keinen
23
andern noch weithern verstandt haben solle. Dannenhero auch zu hoffen, das
24
die auslendischen cronen, bevorab Schweden, desto weniger ursach zur offen-
25
sion oder aemulation zu arripiren, in erwegung, weiln dero intention zu wie-
26
derbringung der reichsständte ad pristinum statum zielen, so würdten sie
27
auch liberos statuum conventus et consultationes nicht zu verhindern, son-
28
dern vielmehr, gleichwie sie mit den ständten universim zu tractiren begeh-
29
ren , also ihnen auch den modum consultandi in Imperio solitum desto weni-
30
ger misfallen lasßen. Im übrigen aber würdte es auch hierzu dienen, das per
31
hunc actum die starckhe praetension ordinariae deputationis aufgehoben, hin-
32
gegen die handlung per tria collegia introducirt undt confirmirt [ werde ].

33
Wormit ich also die anvertraute commission undt recommission ablegen,
34
wegen meiner tenuitet undt schlechter expedition mich entschuldigen, be-
35
nebens den herren abgesandten mich zu günstigem favor bestes fleises befeh-
36
len wollen.

37
Actum Münster, den 3./13. Augusti anno 1645.

38
(Unterfertigt vom brandenburg-kulmbachischen Gesandten Müller.)

39
Sachanmerkungen zu Nr. 6a

[p. 82] [scan. 226]

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