Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 VI 16

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1646 VI 16
Samstag

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29 Sambstags] am Rande: Andung an die Churtrierische gsandten wegen ihres particular-
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anfangs mit Frankreich.
Sambstags, 16. huius, zufolg diser erinnerung

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Vgl. oben Zeile 12.
haben
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herr graf von Nassau und ich, Volmar, die Churtrierischen gsandten vor unß
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erfordert und inen vorgehalten, wie daß unlengster tagen Ihrer Excellentz,
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herrn grafen von Trautmansdorff, und unß vorkommen wer, daß der herr
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churfürst zu Trier sein innhabend bistumb Speyr sambt andern prelaturen
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der cron Frankreich in ein erbprotection unterwürfflich gemacht, auch inen,
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abgesandten, gemessene bevelch, instruction und commission zugeferttigt
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haben soll, solches nit allein bei denn Französischen plenipotentiarien zu
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negocirn, sondern auch gar in alle drey reichsräthe ze notificirn. Nun were

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leicht zu erachten, daß solches beginnen der Römisch Kayserlichen Maie-
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stät, unserm allergnedigsten herrn, sehr befrembdtlich vorkommen, sie auch
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darfürhalten werde, daß Seiner Churfürstlichen Gnaden, dergleichen weit
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aussehende anhenkung zu suechen und sich one Ihrer Maiestät als dero
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höchsten weltlichen oberhaupts consens, wissen und willen darüber ver-
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bundtlich einzelassen, nit gebüeren thue, sondern deroselben vilmehr obge-
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legen wer, gleich wie Ihr Kayserliche Maiestät alles daßjenig, waß von ihren
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sich gegen Seine Churfürstlichen Gnaden ze thuen gebüert, Kayserlich, auff-
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recht und gnedigst volnzogen worden, daß also auch selbige, waß sie Ihrer
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Maiestät in schrifften und aidtlich zugesagt, in mehrer obacht genommen und
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dergleichen weit aussehende sachen zu nachthel Ihrer Kayserlichen Maiestät
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und deß gantzen Römischen reichs, auch zu diser ansehenlicher chur- und
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fürstlicher stiffter nachtl

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Dieses Wort nachträglich gestrichen.
zihlende sachen nit negocirt haben solte. Und
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dieweil dann unß als Kayserlichen ministris darzu still zu schweigen nit ge-
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büeren wolte, als ersuechten wir sie, abgesandte, sie wolten nit allein mit
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weiterm negocirn und publicirn diser handlungen innhalten, sondern auch
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Ihr Churfürstliche Gnaden selbst darvon beweglich abmahnen, deroselben
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auch zu gmüett legen, wann sie darinnen wider verhoffen fortfahren und
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künfftiger zeit ihren selbst und ihren stifftern mehrer unglegenheit uber
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den halß ziehen würden, daß sie alsdann Ihrer Kayserlichen Maiestät keine
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schuldt wurden zuzemessen, sondern an sich selbst ze suechen und zu
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berewen haben.

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Die abgesandte haben unß darauff nachfolgenden bericht gethan: Es were
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inen vor ungevehr 6 wochen von ihrem gnedigsten herrn ein patent zu-
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kommen, darinnen Sein Churfürstliche Gnaden dero bisthumb Speyr, die
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propstei Weissenburg, Udenheim, die abbteyen Prüm und Sankt Maximin

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Die Fürstpropstei Weißenburg (Elsaß) und das Stift Odenheim (Bruchsal) waren mit Speyer
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verbunden, die Fürstabtei Prüm mit Kurtrier; die Abtei St. Maximin bei Trier stand unter
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kurtrierischer Landeshoheit, beanspruchte jedoch für die Herrschaft Freudenburg die Reichsun-
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mittelbarkeit.

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in einen erbschutz der cron Frankreich, doch salva libertate imperii et immu-
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nitate ecclesiastica, submittirn theten [ 1275], mit der weitern commission, daß
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sie solches denn Französischen gesandten überliefern und die ratihabition
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bei inen sollicitirn solten. In dem schreiben aber were gemeldt, daß Ihrer
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Churfürstlichen Gnaden meinung nit wer, die churfürstliche ertzstifft in
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solche protection zu ziehen. Dieweil aber gleichwol im patent die abbteyen
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Prüm, so derselben incorporirt sei, vermeldet werde, so hetten sie diser und
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anderer mehr ursachen willen – sonderlich das inen bewußt, solches alles sine
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praeuia deliberatione et consensu capitulorum vorgenommen und verhand-
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let werde – die anbevohlne insinuation nit volnziehen wollen, sondern ihre
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bedenkhen dem herrn churfürsten beweglich vor augen gestellt und gebet-
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ten, solches vorhaben zu underlassen. Es hetten aber Sein Churfürstliche
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Gnaden baldt hernach dem Dr. Scherer ein verschlossen pacquet, an die

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Franzosen überschriben, zugeschikht und ernstlich bevohlen, selbiges als-
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baldt ze überlifern, auch darauff ein anttwortt ze sollicitirn und neben andern
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conditionibus auch diß an die Französischen gsandten zu begehren, daß die
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cron Frankreich schuldig und verbunden sein soll, ime widerumb ze ein-
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raumung derjenigen gaistlichen güettern zu verhelffen, so in seiner Trier-
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und Speyrischen dioecesi durch uncatholische weren seither deß Passawi-
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schen vertrages entzogen worden. Als nun die Franzosen ihre resolution
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etwas auffgezogen, seyen inen sambtlichen ein bevelch zukommen, alsbaldt
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und insgesambt bei dennselben auff ein anttwortt ze tringen. Wölches sie
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gethan, und were selbige dahien gangen, daß sie sich noch derzeit hauptsach-
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lich nit erclären köndten; es wer ein sehr wichtige sach und müeßte vordrist
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an königlichen hof referirt werden. Waß aber die verhelffung zu wider-
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erlangung deren entwendten gaistlichen guetter anlangte, da würde man
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dessen so weit erbiettig sein, wann es solche güetter, wolche nach anno
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1618 entzogen worden, wegen derjenigen aber, so vor anno 1618 in der
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uncatholischen handen kommen, da köndte die cron Frankreich in prae-
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iudicium derselben nichts vornemmen; dann obwol Churtrier mit Frank-
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reich confaederirt, so weren doch hingegen auch die uncatholische dero
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confaederati und müeßten billich handtgehabt werden. Betreffendt zum
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andern, daß Philipsburg lenger nit dann allein, biß ein universalfrid mit
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dem hauß Österreich geschlossen würde, besetzt sein soll, darzu köndte
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sich Frankreich nit verstehen, sondern wann die protection erblich sein soll,
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so mueßte auch die besatzung erblich sein. Drittens quoad iura metropolitica
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über die episcopatus Metz, Tull und Verdun, da begehrte man zwar selbige
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nit zu entziehen, man köndte aber auch nit gestatten, daß die caussae occur-
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rentes ausserhalb derselben bisthumb districtu nach Trier gezogen wurden,
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sondern es möchte herr churfürst einen iudicem metropolitanum nach Metz
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verordnen, wölcher aldort solche caussas terminirn thet.

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Sie, Trierische abgesandte, hetten zwar hiebei nit unterlassen, damit inen
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inskünftig diser expedition halber nit etwan unglegenheit zugezogen würde,
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sich auch absonderlich mit gebürenden protestationibus zu verwahren. Als
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sie nun diß alles Ihrer Churfürstlichen Gnaden referirt und sie vermerkht,
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daß es nit nach ihrem wunsch bei denn Franzosen ablauffen wolt, hetten sie
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in einem an Dr. Scherern abgangnen schreiben wol so vil zu verstehen
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gegeben, daß sie den rewkauff bekommen und daher gern sehen wolten,
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daß die Kayserlichen plenipotentiarii sich der sachen starkh opponirn theten,
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dann Sein Churfürstliche Gnaden erkenten, daß solches alles ze thuen nit in
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ihrer macht gestanden, wüßten allein nit, wie sie mit glimpff widerumb
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draußkommen köndten. Im übrigen bedankhten sie, abgesandten, sich der
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beschehenen erinnerung und wolten auch nit ermanglen, solches Ihrer Chur-
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fürstlichen Gnaden bestermaassen ze representirn, und were ingleich die er-
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wöhnte publication in die reichsräthe nit geschehen, solte auch noch fürter
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unterlassen bleiben.

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Sambstags, 16. huius, referirn wir an herrn grafen von Trautmansdorff, waß-

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gestalt wir sein bevelch bei denn mediatoribus abgelegt und dabei discurirt
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worden [ 1281].

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3 Eodem] am Rande: Graf Trautmansdorff desperat de pace.
Eodem von herrn grafen von Trautmansdorff, daß mit denn catholischen
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ständen, sonderlich mit dem bischof von Oßnabrukh wie auch denn Baye-
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rischen, geredt werden soll, weil einmal auß allen actionibus mit denn gegen-
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theilen erscheine, daß kein erträglicher frid zu hoffen, sonder den krieg fort-
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zesetzen von inen resolvirt, also wolten sie ihre principales ermahnen, sine
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respectu daß eüsserist auffzesetzen, damit man sich pro aris et focis defendirn
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könde, de 16. huius [ 1282].

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