Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
300. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1645 November 21

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–/ 300 /–

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Nassau und Volmar an Ferdinand III.


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Münster 1645 November 21

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Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A ( Oktober – Dezember 1645 ) fol. 112–112’,
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129–131’, praes. 1645 Dezember 4 = Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 VI
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nr. 910 fol. 477–479 – Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 18; Giessen 206 nr. 151 S. 931–
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940 – Druck: Gärtner VI nr. 169 S. 773–779.

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Admissio exclusorum. Unzufriedenheit der Protestierenden mit dem Kassationsedikt der Sus-
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pension der Amnestie. Kurbrandenburgische Forderung auf Wiedereinräumung des Fürstentums
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Jägerndorf. Diskurs mit Salvius wegen der schwedischen Absichten auf Pommern, wegen der
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Religion und der Justiz im Reich und der Religion in den Erblanden.

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Wegen der admissio exclusorum Hinweis auf nr. 292 und nr. 295. Die katholi-
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schen
Reichsstände haben entgegen unseren Bedenken am Sonntag, den 19. November,
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in die Admission der magdeburgischen Deputierten gegen einen Revers

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Über die Form des Reverses kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Protestierenden
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in Osnabrück und Münster, vgl. die Texte bei Meiern II S. 71 und 74f. . APW [ III A 1 S. 31 Anm. 1 ] sind irrtümlich die conclusa der Plenarkonferenz der katb. Stände vom 20. No-
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vember (Druck: Gärtner VI nr. 164 S. 557–761; Auszug: Meiern II S. 70 ) mit dem
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Revers gleichgesetzt.
und ebenfalls
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in diejenige von Hessen-Kassel, Baden-Durlach und Nassau-Saarbrücken eingewil-
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ligt
. Hinweis auf beiliegendes Protokoll. Ob nun die protestierende wegen der
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Magdenburgischen admission und dabei außbedingter reservaten, deren sie
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und andere protestierende gleichwol sich hievor selbst vernemmen lassen,
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zufriden sein oder nit vilmehr dieihenige beschwärungen, so bereits durch
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die alhiesige vorgeschuzt worden, beharren werden wollen, das stehet zu
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erwarten.

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Wegen der Hessen Casßlischen heten wir es zwar durch underhandlung
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gern uf die in Ewer Mayestät bevelch vom 24. Octobris angedeüte weiß
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gerichtet, es hat aber nirgendts verfangen wollen, sondern der von Gro-
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seckh , Hessen Casßlischer principaldeputatus, mir, grafen von Nassau, ange-
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zeigt , das dergleichen schon anvor in deren mit seiner genedigen fürstin
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und frawen obgewesten handlungen, sonderlich wie die durch den herrn
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grafen von Dattenberg

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Über ihn konnte nichts ermittelt werden.
reassumiert, laut habender prothocollen weren
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bedingt worden. Es stüenden aber aniezt die sachen in anderm standt und
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könte man wider der cronen willen sich darzue nit bequemmen. Das auch
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Hessen Cassel sich von selbst der admission ad consultationes begeben solte,
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were gar ire mainung nit, wolten vilmehr hoffen, das man sie lenger nit
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abhalten solte, mit erbietung alles gueten, was sie uf erfolgende admission
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zu erhaltung Ewer Kayserlichen Mayestät und dess heyligen reichs hocheit

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votando beyzutragen bevelcht weren. In puncto satisfactionis begerten sie
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sich zwar in die consilia nit einzutringen, da sie aber darzue gezogen wer-
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den solten, so möchte man versichert sein, das sie nimmermehr in das
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geringste, so zue schmählerung dess reichs oder einigen gehorsamben
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standts ausschlagen solt, einwilligen wurden. Allein wan es dahinkommen
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müest, das man sich dessentwegen sambtlich mit denn waaffen gegen denn
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cronen zu sezen, so wurde sich Hessen Cassel umb der grossen obligation
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willen, so sie gegen denselben hete, der sachen nit annemmen könden. Er,
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von Großekh, hat auch uns beeden sambtlich angezeigt und bekent, das
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die vornembste ursach, warumb Hessen Cassel nach dem Prager friden zu
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den waaffen griffen, von der Marpurgischen controversia herkomme; im
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übrigen hete man wider Ewer Mayestät nichts gehabt und wer wol mit
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andern durchgangen.

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Mit Baaden Durlach und Nassau Sarbrückhen haben wir zwar auch eryn-
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nerung gethan, das dieselben sich vorderist zu annembung dess Prager
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fridens bekennen müesten. Dieweiln aber allem ansechen nach kein hoff-
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nung darauf ze machen, auch die catholische ständt selbst dahin fenden,
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das man es allein bei einer tali quali submissione bewenden, und anderwerts
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diese zuelasßung zu keiner ferrern beschwerung kommen lassen solt, so
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haben wir uns auch in hoc puncto von den beschechnen einrathungen nit
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sönderen können.

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Und haben Ewer Kayserliche Mayestät beynebens aus der beylag numero 2
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allergenedigist anzuhören, wie wenig die protestierende mit dem edicto
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cassatorio suspensionis amnestiae zufriden, da inen sonderlich die clausula,
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das Ewer Kayserliche Mayestät einem ieden seine gebürende exceptiones,
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als die si niemandt benemmen könten, vorbehalten haben wolten, nit in
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kopf will, und sich einbilden thuend, als solte darundter ein mehrers, als
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das edictum amnestiae selbst außweist, verborgen ligen. Das aber in protho-
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collo der catholischen ständen conclusum per maiora außgefallen sein ver-
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mörckht wirdet, haben wir von Churmainzischem directorio dise nachricht,
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das allein Bayrn uf abschlägiger resolution verharret, übrige alle aber und
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mit denselben auch Österreich uf die admission einhöllig geschlossen
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heten.

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Sodann haben Ewer Kayserliche Mayestät auch aus dem prothocoll gene-
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digist anzehören, wasgestalt der graf von Witgenstein im namen Churbran-
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denburg die widereinraumbung dess fürstenthumbs Jägerndorf

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Kf. Friedrich Wilhelm erhob nach dem Tode des Markgrafen Ernst, des Sohnes seines Groß-
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onkels Johann Georg Ansprüche auf Jägerndorf. Markgraf Johann Georg (ADB VI (1877)
S. 257 ) war als Parteigänger des „Winterkönigs“ nach der Schlacht am Weißen Berge bei Prag
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1620 in die Reichsacht gekommen und sein Herzogtum Jägerndorf in Schlesien als Lehen der
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böhmischen Krone eingezogen worden. Schon die Rechte des Markgrafen Johann Georg auf Jägern-
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dorf waren vom Kaiserbof bestritten worden, da der zugrundeliegende Erbvertrag nichtig gewesen
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sei, vgl. E. Opgenoorth S. 158; Urkunden und Akten XIV S. 60ff. und ebenda
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VI S. 202 und 207.
insinuieret,

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und wir ime darauf beantwortet, was er auch wegen Pommern und dess
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duca di Longavilla ime deßwegen beschechenen zuesprechens uns angezeigt.

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Und obwol dergleichen beschwärung mehrmaln von ime angeregt worden,
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so könden wir doch nit vermercken, ob und wie sein genedigister herr sich
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darwider mit ernst zu verwahren gedencken. Dahero wir besorgen müessen,
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das hierunder andere geheimbe practiquen mit underlauffen möchten.

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Letstens haben wir auch in prothocollo verzeichnet, das wir den Schwedi-
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schen plenipotentiarium Salvium bey seiner anweesenheit besuecht und
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was mit ime in undterschidlichen punctis occasionaliter vor discurs gewex-
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let worden. Daraus nun dess gegentheils intentiones wegen Pommern, der
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religion und iustitia in Teütschlandt auch der erbsuccession im königreich
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Böheimb und zugleich der religion halber in übrigen erblanden zimblicher-
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massen , aber auch sovil dabey zu verspühren, das noch wol darwider zu
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handlen sein wurde. Er Salvius würdet sich noch fast bis zu ende diser
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wochen alhie aufhalten, bis die replicae mit denn Franzosen entlich vergli-
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chen . Die solten auch alßdan seinem erbieten nach unverzogenlich außge-
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antwortet und der haubthandlung stattgethan werden.


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Beilagen


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1 Extractus protocolli, Münster 1645 November 18, 20. Kopie: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A
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( Oktober – Dezember 1645 ) fol. 113–127’ – Druck: Volmar S. 230–236. [ Kopie:
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Den Haag A IV 1628 nr. 18; Giessen 206 nr. 152 S. 940–978. ]

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2 fehlt

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Wahrscheinlich bandelt es sich um ein Schreiben des sachsen-weimarischen Gesandten Dr. Öl-
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hafen vom 5. November 1645 an NN, wovon sich eine Kopie in Giessen 206 nr. 153 S. 978–
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982 findet; vgl. auch das Protokoll des Fürstenrates in Osnabrück vom 5. November 1645
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bei Meiern I S. 773 ff. (= I 8, 3 N IV).
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