Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1645 X 8

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1645 X 8
Sonntag

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19 Dominica] am Rande: Spanische, waß die mediatores bei inen wegen angreiffung
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ihrer tractaten mit den Franzosen und den anfang von denn Italianischen sachen
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ze machen, angebracht.
Dominica, 8. huius, seind die Spanischen gesandten don
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Diego Saavedra und Bruin zu unß kommen, mit relation, daß vorigen tags
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die mediatores bei hern conte Pineranda gewesen, zwar unterm schein einer
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visita per cortesia, hetten aber dabei angedeüttet, daß die Franzosen sich ver-
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merkhen lassen, wie sie gern sehen möchten, daß die sachen auch mit Spania
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zu einem tractat fortgesetzt würden, da dann sie, mediatoren, zwar vor inen
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selbst und one von Franzosen gegebner anlaittung, darfür sehen wolten, es
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möchte der anfang von den Italianischen sachen gemacht werden. Sie, Spani-
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sche , hetten sich darauff noch nit vernemmen lassen, vordrist aber ein noth-
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urfft ze sein erachtet, zu continuation hergebrachten guetten vertrawens et
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tanquam in caussa communi mit unß darvon ze communicirn und unsere
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meinung drüber anzehören.

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Respondimus, wir hörten zwar gern, daß die Franzosen anfiengen, auch uff
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fortsetzung der tractaten mit Spania anregung ze thuen, umb die separatio-
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nes , so auß fortsetzung der Teutschen tractaten allein, wann künfftig ge-
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suecht werden möchten, desto besser zu verhüetten, allermaassen auß denn
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Kayserlichen responsionibus zu ersehen, daß Ihr Kayserliche Maiestät solche
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erwöhnung mit deutlicher einschliessung der cron Hispanien zufürkommen
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sich hetten angelegen sein lassen. Und ob wir wol leichtlich erachten könn-
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ten , es werden allerhandt besondere respecten mit underlauffen, daß man eben
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von der Italianischen sachen einen anfang machen soll, und wol daß besser
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wer, wann man alle praetensiones, so man ex parte Frankreich wider Spania

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haben thet, zumaln ad tractandum vorstellte, so hetten wir iedoch kein be-
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denkhen , daß die Italianischen möchten zum anfang vor die handt genom-
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men und daß sonderlich selbige mit unserm zuthuen gehandlet werden, weil
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bewußt, waßgestalt Ihr Kayserliche Maiestät ratione directi dominii dabei
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interessirt. Unß würde aber lieb sein, wann wir auch vordrist ihr meinung
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drüber vernemmen köndten.

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Darauff sagten sie, es were inen dise proposition fast bedenkhlich vorkom-
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men . Dann solte man solche Italianische sachen allein vor handts nemmen
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und ettliche mittel auff die baan kommen, solche auch von denn Fran-
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zosen , als wölche sich hierdurch der schweren uncösten, so sie selbiger
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enden spendiren müeßten, zu entladen suechten, acceptirt, von denn Spani-
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schen aber außgeschlagen werden, so wurde aller unglimpff uff sie fallen, die
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mediatores, sonderlich Venedig, wegen deß grossen interesse, so sie darbei
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hetten, von inen alienirt werden. Sollen sie dann die mittel, als der billicheit
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gmäß, auch annemmen, so stuende zu besorgen, daß man alsdann andere
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stekhen lassen würde, wölches aber dem Teutschen und Spanischen wesen
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zu hochstem unstatten außschlagen köndte. Dann die Franzosen köndten
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allzeit in 14 000 mann auß Italien füeren und sich deren in Teutschlandt,
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Niderlandt oder in Catalogna bedienen. Hingegen müeßte Spania im stato di
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Milano stetigs armirt bleiben. Wurde also der cron Hispanien hierdurch kein
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erleuchterung, sondern nur grössere beschwerung erfolgen und zumahln
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derjenige zweckh, wolchen die mediatores suechen theten, namblich Italiam
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von solchen innerlichen motibus zu befreyen, damit dem Turkhen desto
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sterkherer widerstandt gethan werden köndte, keinesweegs erhalten werden.
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Es bestüende doch die summa aller tractaten in Teütschlandt, Italia, Nider-
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landen und Catalogna hauptsechlich an deme, daß sich ein und anderer theil
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und sonderlich die Franzosen und Schweden erclärten, waß man wider vori-
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gen standt und dem vorigen innhaben restituiren woll oder nit. Also bederff
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es keiner sondern particulartractaten mit Italia. Nos his auditis, es weren dise
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considerationis considerationes nit unerheblich, und scheine wol, wann man es mit disen
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differentiis zu einigem particulartractat wurde setzen und darvon den anfang
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machen, daß die Franzosen es ebenmessig zu einer solchen confusion, wie mit
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Teutschlandt de facto beschehe, richten werden. Wir lassen es derentwegen
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dahiengestellt sein, daß denn mediatores in anttwortt angefüegt werden,
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wann die Franzosen sich in genere et specie sambtlich uff alle gegen Spania in
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Italia, Niederlanden und Catalogna füerende praetensiones werden herauß-
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lassen , daß man auch solchergestalt mit inen in tractat ze tretten erbiettig sei.
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Darbei es dißmahls gebliben.

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39 Eodem] am Rande: Electorales Brandenburgenses super admissione Cassellana.
Eodem nachmittag haben sich bei herrn grafen von Nassau die Churbran-
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denburgischen abgesandten, herr graf von Witgenstein und der von Löwen,
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eingefunden. Erstens zwar allein complimenti vorgebracht, baldt darauff
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aber angefangen vorzehalten, wie sie vernemmen müßten, daß von denn all-

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hiesigen churfürstlichen gsandten Maintz, Cöln und Bayern ein schreiben an
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die churfürstlichen zu Oßnabrukh abgeferttigt, darinn inen zugemessen
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werde, als solten sie, Churbrandenburgische, mit ihren consiliis wegen ad-
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mission der Hessen Casselischen deputatorum der Kayserlichen auctoritet zu
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nahend getretten werden wollen. Und dieweil dann dergleichen auch denn
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Kayserlichen gesandten einzebilden unterstanden werden möchte, also hetten
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sie nit umbgehen könden, hiemit zu bezeugen, daß inen damit zuvil gesche-
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hen thet. Sie hetten von ihrem gnädigsten herrn bevelch, Ihr Kayserlicher Ma-
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iestät auctoritet bestermaassen in acht ze nemmen. Wolten wünschen, daß es an-
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dere churfürstliche so wol als sie und nit nur mit denn wortten theten. Es
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were jüngst mit dem actu propositionis zu Oßnabrukh also hergangen, daß der
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Schwedische plenipotentiarius Oxenstirn sich demselben zum höchsten
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widersetzt und begehrt, das vor allen dingen die Hessen Casselischen und
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andere admittirt werden solten. Daher die stande verursacht worden, ein
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außschutz, darunder auch er, der von Löwen, geweßen, ze ime abzeordnen
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und ze pitten, daß er kein weiter verhinderung einwerffen wolte, mit vorhal-
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tung allerhandt beweglicher ursachen. Der were aber so ernsthafft und be-
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stendig auff seiner gefaßten meinung verblieben und hette sich verlautten
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lassen, ehender darvonzuzihen, daß sie daher ursach genommen, einen ab-
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tritt ze thuen und sich miteinander zu vergleichen, ime ferner vorzehalten, er
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wolte disen actum also vorgehen [lassen] und die stände, daß sie die Kayser-
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lichen responsiones vernemmen möchten, darnach sie sich so hoch biß daher
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verlangt hetten, weiters nit hindern, mit vertrösten, sie wolten alsdann zu an-
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dern consultationibus nit schreitten, es weren dise quaestiones de admitten-
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dis exclusis erörttert.

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Hie sagte herr graf von Nassau, wir hetten von unsern collegis und sonder-
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lich herr Crane, so deßwegen jüngst allhier gewesen, daß er, von Löwen,
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sich dises erbiettens halber entschuldigt mit vermelden, es köndte dises
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wortt ’erörttert‘ ebensowol negative als affirmative verstanden werden.
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Nichtsdestoweniger were daß schreiben der stände zu Oßnabrukh an die
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allhiesige dermaassen auffgestellt, daß sie dann darin außtrukhlich meldeten, man
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hette sich also gegen Schweden verbunden, zu einiger weitern consultation
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in der hauptsach nit fürzeschreitten, es were dann die gesuechte admission
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zur richtigkheit gelangt, und daß sie von solchem concluso nit weichen
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köndten. Wölches dann weit anderst lautten thue, als daß man solche contro-
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versiam allein erörttern solle. Der von Löwen anttworttete, deme wer zwar
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also, und hetten die stände dergestalt geschrieben, es wer aber anderst nit,
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dann wie von ime gemeldet, hergangen, und stüende zwar nochmaln dahien,
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daß die frembde cronen sich der sachen am mehisten annemmen theten und
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zu besorgen, daß es eintweder gantz oder halb zum bruch kommen wurde,
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wann man inen hierinnen nit deferiren thet. Ihr Kayserlicher Maiestät wurde
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es mehr zur reputation geraichen, wann sie sich hierinnen selbst überwinden,
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als umb so geringer consideration willen zum bruch kommen liessen. Herr
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graf von Nassau remonstrirt hirauf, daß es der Kayserlichen reputation nit

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gemäß, wir auch außtruklichen bevelch hetten, in solche admission, ehe
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dann die reconciliation vorgangen, nit einzewilligen. Die fraw landtgrafin
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köndte sich nit darob beclagen; es were in der Kayserlichen responsion
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solche erclärung ihrethalben einkommen, daß ihre interessi gnugsamb
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dabei in acht genommen und nur an deme stüende, daß sie dasjenig, was sie
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vor disem selbst vorgeschlagen und eingewilligt, nochmaln belieben thue.
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Ja, sie sei denn frembden cronen gleichsamb an die seitten und in gleichem
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grad der tractation mit inen gestellt, waß sie dann weiters pretendirn köndt.
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Churbrandenburgische weiters, die allhiesige churfürstliche machten allhie
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conclusa und notificirtens denen zu Oßnabrukh, als wann sie nur puri execu-
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tores sein müeßten, da es doch nit also verglichen. Wolten der Churbran-
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denburgischen gesandten contradictiones nit hören noch in acht nemmen,
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sondern müeßte alles bei der übrigen conclusis bleiben. Es bekandte gleich-
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wol der von Löwen, daß der fraw landtgräfin pretension nit sonders fundirt.
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Vermeinte iedoch, man solte deren umb friedlibens willen nit so hoch zu-
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wider sein. Es were ia zu betauren, daß man umb so geringer sachen willen
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die tractatus lenger solle anstehen oder ins stekhen gerathen lassen. Bezoge
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sich damit uff den modum deß Passawischen vertrags und daß diser convent
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kein formblicher reichstag, sondern allein ein fridensunderredung sei, darzu
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man ja billich alle interessirte kommen und ihre nothurfft representirn lassen
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müeßte. Die fraw landtgräfin würde hailsame consilia ze proponiren nit
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underlassen. Responsum, die Churbrandenburgischen weren recht daran,
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daß sie erkenten, wie übel sie, landtgräfin, fundirt, stüende allein bei inen,
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solche remoram auß dem weg zu raumen, damit die handlungen mit denn
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frembden cronen fortgesetzt werden könden. Die formb deß Passawischen
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vertrags wer diser intention gantz zuwider. Dann allda parteyen gegen par-
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teyen gehandlet, und seye kein formb der reichsräthen, so mit dem Kayser
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oder dem Römischen könig über die vorgefallne fridensarticul zu deliberirn
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hetten, gehalten, vil weniger die Französischen gsandten bei selbigen tractaten
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im geringsten zugelassen worden. Daß man aber anietzt in formb eines
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reichsconuents beysammen, geben die bißher gefüerte handlungen und daß
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jüngste Kayserliche außschreiben an alle reichstände gnugsamb zu erkennen.
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Man seye nit darwider, daß alle diejenige, so besonder interesse bei disen
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fridenshandlungen ze haben vermeinen, dabei erscheinen mögen, solten auch
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der gebür angehöret und vernommen werden. Folge aber nit, daß man
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selbige eben alle one underschiedt ad sessionem et votum in denn reichs-
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räthen zulassen müeßte. Man köndte, und weren es die stände erbiettig, der
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fraw [landtgräfin] abgeordnete per deputatos auß allen dreyen reichsräthen,
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wie zu Regenspurg beschehen

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Zur Frage der Zulassung Braunschweig-Lüneburgs und Hessen-Kassels auf dem Regensburger
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Reichstag 1640/41 vgl. K. Bierther S. 135ff, 197ff.
, anhören. Der von Löwen aber replicirt auff
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disen puncten, die Hessen Casselische und Braunschweigischen deputati
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weren zwar zu Regenspurg solchergestalt angehört, aber hernach un-
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verrichter dingen zur statt hinaußgeiagt worden. Sie hetten salutare con-

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silium vorgetragen. Wa man deme gefolgt, wurde man lengst frid gehabt
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haben. Er, von Löwen, hette sein instruction uff gleiche weiß eingerichtet
3
gehabt, auch hernach befunden, daß sein abgelegtes votum mit disem con-
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silio fast durchauß gleichstimmend gewesen. Dessen er sich etwas entsetzt und
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besorgt, man möchte gedenkhen, es were diß also auß sonderem verstandt
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mit den Hessischen und Braunschweigischen zuvor verglichen worden.

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Endtlich liessen sie, Churbrandenburgische, sich vernemmen, weil man in
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disem puncten sich ie nit vergleichen köndt, obs nit der weeg, daß die
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Kayserlichen plenipotentiarii die replic, unerwarttet weiterer consultation
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von denn ständen, immediate denn gegentheilen einhändigen lassen theten.
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Die responsiones weren doch also gestellt, das die stände nit vil darüber
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würden zu scrupulirn haben. Und beruhete meistens auff deme, so die cro-
13
nen berüeren thet, als auff der satisfaction, abdankhung oder abfüerung deß
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kriegsvolks und assecuration der beschlossnen handlung. Dann obzwar die
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allhiesige churfürstliche vermeinten, man solte der consultation allhier und
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zu Oßnabrukh uff den 12. diß einen anfang machen, so werde es sich doch
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nit thuen noch die stände sich auff solchen angesetzten terminum binden
18
lassen. Unter anderm vermeldteten sie, Churbrandenburgische, auch, die
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Kayserlichen gsandten zu Oßnabrukh hetten sich vernemmen lassen, daß dise
20
disputatio de excludendis allein die stände und Ihr Kayserliche Maiestät
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nichts berüeren thet. Herr graf replicabat, man habe dessen von inen keine
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nachricht, sondern vilmehr daß gegenspiel, und da waß dergleichen von
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dennselben geredt, müßte es zu einem andern intent gemeint worden sein.

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